BGH Urteil v. - IX ZR 90/08

Leitsatz

[1] Die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen im Eröffnungsverfahren hindert den Erwerb einer zuvor abgetretenen, erst nach Anordnung entstandenen Forderung des Insolvenzschuldners nicht (Anschluss an BGHZ 135, 140).

Gesetze: BGB § 185 Abs. 2; BGB § 398; BGB § 566b; BGB § 873 Abs. 1; BGB § 929; HGB § 355; InsO § 21 Abs. 2; InsO § 24 Abs. 1; InsO § 81; InsO § 91; InsO § 130; InsO § 131; InsO § 140 Abs. 1; KO § 106 Abs. 1 S. 3

Instanzenzug: OLG Köln, 2 U 19/07 vom LG Köln, 30 O 205/06 vom

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. GmbH & Co. KG in O. (im Folgenden: Schuldnerin). Die Schuldnerin führte ein Autohaus, das Kraftfahrzeuge der Beklagten zu 1, Rechtsnachfolgerin der F. AG, vertrieb. Zur Einkaufsfinanzierung bediente sich die Schuldnerin der Beklagten zu 2, an welche sie ihre derzeitigen und künftigen Forderungen gegen die F. AG mit einem im Jahr 1995 geschlossenen Rahmenvertrag zur Sicherung abtrat. Diese Forderungen der Schuldnerin, die insbesondere aus Gutschriften für Garantie- und Kulanzleistungen, Nachlässen und Boni entstanden, erfasste die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 vereinbarungsgemäß auf einem Verrechnungskonto, in das auch Verbindlichkeiten der Schuldnerin aus Warenlieferungen und anderen Gründen eingestellt wurden.

Am beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom gleichen Tag wurde der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Unmittelbar danach setzte der Kläger die Beklagten von seiner Bestellung in Kenntnis. Am erstellte die Beklagte zu 1 einen Kontoabschluss, der ein Guthaben der Schuldnerin von 140.504,94 EUR auswies. Der Kläger forderte die Beklagte zu 1 mit Schreiben vom auf, diesen Betrag an ihn auszuzahlen. Die Beklagte zu 1 überwies das Guthaben jedoch am an die Beklagte zu 2. Mit Beschluss vom wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Kläger hat die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 140.504,94 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen und die Beklagte zu 2 in der Hauptsache antragsgemäß verurteilt. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten zu 2 blieben ohne Erfolg. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen erstrebt der Kläger die Verurteilung - auch - der Beklagten zu 1, die Beklagte zu 2 die vollständige Abweisung der Klage.

Gründe

Beide Revisionen bleiben ohne Erfolg.

I.

Revision des Klägers

1.

Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in WM 2008, 1598 veröffentlicht ist, hat gemeint, die Beklagte zu 1 sei dem Kläger gegenüber nicht mehr zur Auszahlung des Guthabens verpflichtet, weil sie durch die Zahlung an die Beklagte zu 2 von ihrer Schuld befreit worden sei. Es hat dabei angenommen, durch den Kontokorrentabschluss vom , der von der Schuldnerin und dem Kläger mit Schreiben vom anerkannt worden sei, sei eine abstrakte Saldoforderung der Schuldnerin in Höhe ihres Guthabens entstanden. Diese Forderung habe die Beklagte zu 2 aufgrund der Vorausabtretung wirksam von der Schuldnerin erworben. Zwar sei die Forderung erst nach Anordnung des Zustimmungsvorbehalts entstanden. Es genüge aber, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vorausabtretung in ihrer Verfügungsmacht nicht beschränkt gewesen sei.

2.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision des Klägers stand. Die Revision nimmt hin, dass die Globalzession ursprünglich wirksam war, das Konto der Schuldnerin bei der Beklagten zu 1 in laufender Rechnung nach § 355 HGB geführt wurde und die Forderung auf Auszahlung des Guthabens auf diesem Konto am als abstrakte Saldoforderung entstand. Sie hat allerdings in der Revisionsverhandlung die Ansicht vertreten, die Saldoforderung sei sogleich wieder kontokorrentgebunden und deshalb nicht abtretbar gewesen. Dies findet aber in den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Stütze. Unzutreffend ist auch die Auffassung der Revision, die Beklagte zu 2 habe die Saldoforderung wegen der zuvor angeordneten Verfügungsbeschränkung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO nicht mehr erwerben können.

a)

Der Senat hat in seinem Urteil vom (BGHZ 135, 140) die Auffassung vertreten, dass die Anordnung eines Veräußerungsverbots nach § 106 Abs. 1 Satz 3 KO in Verbindung mit der Bestellung eines Sequesters den wirksamen Erwerb einer zuvor abgetretenen, aber erst danach entstandenen Forderung durch den Zessionar nicht hindere. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Verfügungsbefugnis des Zedenten müsse zum Zeitpunkt des Entstehens der Forderung nicht mehr vorliegen. Es genüge, wenn sie beim letzten Teilakt der Verfügung vorgelegen habe. Die Abtretung einer zukünftigen Forderung enthalte bereits selbst alle Merkmale, aus denen der Übertragungstatbestand bestehe; das Entstehen der Forderung gehöre sogar dann nicht dazu, wenn noch nicht einmal der Rechtsgrund für sie gelegt sei (BGH a.a.O. S. 144). Der Zweck eines mit einer Sequestration verbundenen Veräußerungsverbots nach § 106 KO rechtfertige es nicht, eine Vorausverfügung aus der Zeit davor, die sich erst nach Anordnung jener Maßnahmen auswirke, entgegen diesen Grundsätzen als hinfällig anzusehen (BGH a.a.O. S. 144 ff unter c).

b)

Dieses Urteil hat im Schrifttum zum Teil Zustimmung gefunden (Stürner/Bormann LM KO § 106 Nr. 16; Henckel EWiR 1997, 943; Marotzke JR 1998, 31; Bode WuB VI B § 37 KO 1.97; Herchen EWiR 2008, 565; nunmehr auch Bork FS Kirchhof S. 60), aber auch Kritik erfahren (Eckardt ZIP 1997, 957 ff; Häsemeyer ZZP 111, 83 ff; MünchKomm-InsO/Ott-Vuia, 2. Aufl. § 81 Rn. 8; MünchKomm-InsO/Haarmeyer, a.a.O. § 24 Rn. 12; Jaeger/Gerhardt, InsO § 24 Rn. 6 f; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 24 Rn. 8; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 24 Rn. 2 und 19; Peschke, Die Insolvenz des Girokontoinhabers S. 147). Manche Autoren meinen, dem Urteil sei zumindest im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung nicht zu folgen (FK-InsO/Schmerbach, 5. Aufl. § 24 Rn. 9; HmbKomm-InsO/Schröder, 3. Aufl. § 24 Rn. 7; einschränkend auch OLG Dresden ZInsO 2006, 1057, 1058 und OLG Naumburg ZInsO 2008, 1022, 1023).

c)

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung, wonach die Verfügungsbefugnis beim Abschluss des Verfügungstatbestands, nicht notwendig jedoch bis zum Eintritt des Verfügungserfolgs vorliegen muss, auch unter der Geltung der Insolvenzordnung fest (vgl. auch , z.V.b.).

aa)

Regelmäßig fällt der Rechtserwerb als Verfügungserfolg mit dem letzten Akt des Verfügungstatbestandes zusammen. So tritt die Rechtsänderung bei Einigkeit über den Rechtsübergang bei unbeweglichen Gegenständen mit der Eintragung im Grundbuch (§ 873 Abs. 1 BGB), bei der Übertragung beweglicher Sachen mit der Erlangung des unmittelbaren (§ 929 BGB) oder mittelbaren Besitzes (§ 930 BGB) oder der Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB), bei der Abtretung einer bestehenden Forderung bereits mit der Einigung (§ 398 BGB) ein. Der Rechtssatz, wonach die Verfügungsmacht des Verfügenden noch zum Zeitpunkt des Rechtserwerbs vorliegen muss (etwa MünchKomm-BGB/Schramm, 5. Aufl. § 185 Rn. 26; Palandt/Heinrichs, BGB 68. Aufl. § 185 Rn. 5), trifft in diesen Fällen zu und wird von der Ausnahmeregelung des § 878 BGB bestätigt. Anders verhält es sich bei der Verfügung über künftige Forderungen. Sie ist gesetzlich nicht geregelt. Nach allgemeiner Meinung genügt als Tatbestand der Verfügung wie bei der Abtretung bestehender Forderungen die Einigung der Beteiligten. Der Übergang des Rechts vollzieht sich jedoch erst, wenn die Forderung entsteht (, NJW 1995, 1668, 1671 m.w.N.). Verfügungstatbestand und Verfügungserfolg fallen daher ausnahmsweise auseinander (vgl. Staudinger/ Busche, BGB Neubearbeitung 2005 § 398 Rn. 63 a.E.). Der Bezug der Verfügungsbefugnis auf den Verfügungstatbestand führt hier zu dem Ergebnis, dass Beschränkungen dieser Befugnis nach bereits erfolgter Einigung über die Abtretung unschädlich sind.

bb)

Der Einwand, bei der Vorauszession könne nicht auf die Verfügungsbefugnis zum Zeitpunkt der Abtretung abgestellt werden, weil Verfügungsmacht sich immer auf das von der Verfügung betroffene Recht beziehe und deshalb "sinnlos" sei, solange dieses Recht nicht existiere (Eckardt a.a.O. S. 960), berücksichtigt nicht die Besonderheiten der Vorauszession. Hält man eine solche für zulässig (das Gesetz geht hiervon aus, wie beispielsweise § 566b BGB zeigt), muss man in Kauf nehmen, dass sich sowohl die Einigung als auch die Verfügungsmacht auf ein künftiges, gegenwärtig noch nicht bestehendes Recht beziehen. Gleichwohl ist anerkannt, dass die Einigkeit über den Rechtsübergang nicht bis zum Entstehen der Forderung fortbestehen muss (Palandt/Grüneberg, a.a.O. § 398 Rn. 11; Staudinger/Busche, a.a.O. Rn. 71). Entsprechendes hat für die Verfügungsmacht zu gelten.

cc)

Die genannten Besonderheiten der Vorauszession erlauben es auch nicht, sie der Verfügung eines Nichtberechtigten über ein bereits bestehendes Recht gleichzustellen. § 185 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB setzt voraus, dass der Verfügende den Gegenstand der Verfügung erwirbt und damit die Verfügungsmacht erlangt (Konvaleszenz). Dem gegenüber hat der Verfügende bei der Vorauszession bereits alles von seiner Seite Erforderliche für den Rechtsübergang getan. Aus der Regelung der Konvaleszenz kann deshalb nicht geschlossen werden, bei der Abtretung künftiger Forderungen müsse die Verfügungsbefugnis zum Zeitpunkt des Entstehens der Forderung vorliegen (a.A. Eckardt a.a.O. S. 961).

dd)

Schließlich lassen sich auch aus der Entstehungsgeschichte der §§ 571, 573 BGB (jetzt §§ 566, 566b BGB) keine entscheidenden Argumente ableiten (so aber noch Bork, FS Seiler S. 289, 302 f). Die Regelung in § 566b BGB, nach der eine Vorausverfügung des bisherigen Eigentümers über die Miete für eine bestimmte Zeit nach Übereignung des Grundstücks wirksam bleibt, mag auf der Vorstellung beruhen, dass ohne eine solche Regelung die Vorausverfügung mit der Eigentumsübertragung für die Folgezeit ihre Wirkung verloren hätte (Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des BGB, S. 1889 = Mugdan, Materialien Bd. II S. 822 f). Mietforderungen stehen nach einem Eigentümerwechsel aber von vorneherein dem neuen Eigentümer zu (§ 566 Abs. 1 BGB). Sie werden von Vorausabtretungen des bisherigen Eigentümers nicht erfasst, weil diese nach richtigem Verständnis nur Forderungen betrifft, die ohne die Abtretung dem Zedenten zustehen würden. Um einen Fall der nachträglichen Verfügungsbeschränkung geht es deshalb hier nicht.

d)

Der Regelungszusammenhang der Insolvenzordnung rechtfertigt keine andere Beurteilung als derjenige der Konkursordnung (vgl. schon BGHZ 174, 297, 305 f Rn. 27).

aa)

Das Insolvenzgericht kann dem Schuldner im Eröffnungsverfahren ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO). Für den Fall, dass der Schuldner gegen eine solche Verfügungsbeschränkung verstößt, verweist § 24 Abs. 1 InsO auf § 81 InsO. Verfügungen nach Anordnung der Verfügungsbeschränkung sind danach unwirksam. Dies spricht dafür, im Fall einer Vorauszession auf den Zeitpunkt der Abtretung und nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens der Forderung abzustellen. Hätte das Entstehen der Forderung und damit der Zeitpunkt des Rechtserwerbs maßgeblich sein sollen, hätte es näher gelegen, in § 24 Abs. 1 InsO auf § 91 InsO zu verweisen. Denn diese Norm erklärt den Erwerb von Rechten an den Gegenständen der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für unwirksam. Als Beispiel für einen solchen Rechtserwerb hat der Gesetzgeber den Fall einer Vorausverfügung genannt (BT-Drucks. 12/2443 S. 138 zu § 102). § 91 InsO ist im Eröffnungsverfahren jedoch weder kraft gesetzlicher Verweisung noch analog anwendbar (BGHZ 170, 196, 199 Rn. 8).

bb)

Der Bundesgerichtshof hat in der Vergangenheit entgegen dem Hinweis Kirchhofs (HK-InsO, a.a.O.) für die insolvenzrechtlichen Wirkungen bei Vorausabtretungen nicht "allgemein" auf den Zeitpunkt des Entstehens der abgetretenen Forderungen abgestellt, sondern nur für das Anfechtungsrecht (BGHZ 30, 238, 240; 64, 312, 313; 174, 297, 308 Rn. 33 a.E.; , ZIP 1997, 513, 514 unter II. 1.a) und für die Auslegung der §§ 15 KO, 91 InsO (BGHZ 27, 360, 367; 106, 236, 241; 135, 140, 145; 167, 363, 365 Rn. 6; , WM 1955, 338, 339 f). Einer abweichenden Beurteilung im Rahmen von § 81 InsO steht dies nicht entgegen.

cc)

Es ist schließlich auch kein unabweisbares Bedürfnis zu erkennen, den Rechtserwerb des Zessionars in Fällen dieser Art der Vorschrift des § 81 InsO zu unterstellen und ihn somit scheitern zu lassen. Ein angemessener Schutz der übrigen Insolvenzgläubiger wird durch die Möglichkeit erreicht, die Abtretung nach §§ 143, 140, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO anzufechten (HK-InsO/Kayser, 5. Aufl. § 91 Rn. 19). Im Übrigen könnte die Fortdauer der Einziehungsbefugnis des Zedenten im Falle einer stillen Sicherungszession (BGHZ 144, 192, 198; , NZI 2006, 403) und der Weiterveräußerungsermächtigung bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt nicht gerechtfertigt werden, wenn dem Zessionar oder dem Vorbehaltsverkäufer nicht als Ausgleich ein insolvenzfestes Recht an der eingezogenen Forderung oder dem Veräußerungserlös zuwachsen würde (MünchKomm-InsO/ Ganter, 2. Aufl. vor §§ 49-52 Rn. 31).

3.

Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage gegen die Beklagte zu 1 auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung begründet.

Zwar hat der Senat entschieden, dass in der Insolvenz des Zedenten sowohl der Zessionar als auch der Schuldner der abgetretenen Forderung als Anfechtungsgegner in Anspruch genommen werden können, wenn der Zedent eine ihm obliegende Leistung an den Drittschuldner erbringt und dadurch die abgetretene Forderung nachträglich werthaltig macht (, WM 2008, 363 f Rn. 14-17). Dies gilt jedoch nur, sofern die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (BGH a.a.O. Rn. 17). Daran fehlt es im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. Die Deckungsanfechtung nach §§ 130, 131 InsO setzt eine Rechtshandlung voraus, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat. Um eine solche handelte es sich bei dem Anerkenntnis des Saldos auf dem Verrechnungskonto nicht, denn dieses Konto wies ein Guthaben zugunsten der Insolvenzschuldnerin auf. Das Anerkenntnis des Guthabens betraf die Beklagte zu 1 nicht als Insolvenzgläubigerin, sondern als Schuldnerin, und gewährte ihr keine Sicherung oder Befriedigung. Anders könnte die Beurteilung allenfalls ausfallen, soweit durch die anerkannte Saldierung auch Forderungen der Beklagten zu 1 erfüllt wurden. Dies ist aber nicht Gegenstand der Klage. Denn der Kläger macht nicht das durch Verrechnung mit Forderungen der Beklagten zu 1 getilgte Guthaben der Schuldnerin, sondern das nach Verrechnung verbleibende Guthaben geltend.

II.

Revision der Beklagten zu 2

1.

Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu 2 für verpflichtet gehalten, den von der Beklagten zu 1 erlangten Betrag nach § 143 Abs. 1 InsO an den Kläger auszukehren, weil sie diesen in nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO anfechtbarer Weise erlangt habe. Der Anfechtung unterliege das Werthaltigmachen der im Voraus an die Beklagte zu 2 abgetretenen Forderung durch den Kontoabschluss und das nachfolgende Anerkenntnis der Schuldnerin.

2.

Auch dies hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.

a)

Die nach dem Eröffnungsantrag erfolgte Auszahlung des Guthabens der Insolvenzschuldnerin auf dem Verrechnungskonto an die Beklagte zu 2 benachteiligte die Insolvenzgläubiger, weil die Beklagte zu 2 durch die Vorauszession kein insolvenzfestes Recht an diesem Guthaben erlangt hatte.

b)

Ein insolvenzfestes Absonderungsrecht lässt sich nicht aus der Vorausabtretung herleiten. Die Abtretung ist bezüglich der Saldoforderung aus dem Verrechnungskonto nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, ohne dass es auf den Gesichtspunkt des Werthaltigmachens ankommt, weil die Abtretung erst nach dem Eröffnungsantrag wirksam wurde. Maßgeblich ist insoweit wegen § 140 Abs. 1 InsO der Zeitpunkt, zu dem die Saldoforderung aufgrund des Anerkenntnisses des Saldos entstand, und - anders als die Revision der Beklagten zu 2 meint - nicht der Zeitpunkt, zu dem die einzelnen in das Kontokorrent eingestellten (Kausal-)Forderungen entstanden. Jene waren wegen der Kontokorrentbindung nicht selbständig abtretbar (BGHZ 58, 257, 260; 70, 86, 92; 73, 259, 263; 170, 206, 213). Sie verschafften der Beklagten zu 2 noch keine gesicherte Rechtsstellung (vgl. , ZIP 2009, 228, 229 Rn. 12 m.w.N.). Schuldnerin, vorläufiger Insolvenzverwalter und die Beklagte zu 1 konnten nämlich durch weitere Verfügungen innerhalb des laufenden Kontokorrents ein Guthaben der Schuldnerin beseitigen. An das Entstehen der in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen kann bei der Beurteilung der Anfechtbarkeit deshalb selbst dann nicht angeknüpft werden, wenn eine kausale Saldoforderung in Rede steht (vgl. für die Prüfung der Unwirksamkeit nach § 91 InsO in einem solchen Fall , WM 2009, 1515, 1516 Rn. 11). Umso mehr gilt dies für den abstrakten Schuldsaldo. Dieser hat seinen Rechtsgrund nicht in den Einzelforderungen des Kontokorrents, sondern im Anerkenntnis des Kontoabschlusses.

Der Erwerb der abstrakten Saldoforderung durch die Beklagte zu 2 verkürzte die Aktivmasse und benachteiligte dadurch die übrigen Insolvenzgläubiger. Entgegen der Ansicht der Revision handelte es sich dabei nicht um einen anfechtungsrechtlich neutralen Austausch einer Sicherheit. Denn die Beklagte zu 2 hatte vor Entstehen der abstrakten Saldoforderung wegen der bestehenden Kontokorrentbindung keine gesicherte Rechtsposition.

Fundstelle(n):
DNotZ 2010 S. 370 Nr. 5
DStR 2010 S. 660 Nr. 13
NJW-RR 2010 S. 192 Nr. 3
WM 2009 S. 2391 Nr. 50
ZIP 2009 S. 2347 Nr. 49
PAAAD-33077

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja