Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: NBG § 110; NBG § 111; NBG § 261; VwVfG § 35; BGB § 145; BGB § 613a
Instanzenzug: LAG Niedersachsen, 8 Sa 151/07 vom ArbG Hannover, 13 Ca 272/05 Ö vom
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen dem Beklagten zu 1) (im Folgenden: beklagtes Land) und der Klägerin begründete Arbeitsverhältnis weiterhin mit dem beklagten Land oder seit dem mit der Beklagten zu 2), einer Landwirtschaftskammer, besteht.
Die Klägerin war seit dem beim beklagten Land beschäftigt. Sie war seit dem als Angestellte im Amt für Agrarstruktur Hannover tätig. Dieses Amt bestand aus vier Fachbereichen. Die Aufgabe des Fachbereichs 2, dem die Klägerin zugeordnet war, bestand im Wesentlichen darin, EG-Mittel an einzelne Landwirte weiterzuleiten, dh. deren Förderanträge zu prüfen und zu bewilligen. In den anderen Ämtern für Agrarstruktur waren entsprechende Fachbereiche eingerichtet.
Am beschloss die Niedersächsische Landesregierung (Nds. MBl. Nr. 36/2004 S. 688), mit Ablauf des ua. die Ämter für Agrarstruktur als selbständige Behörden aufzulösen. Deren Aufgaben sollten den Landwirtschaftskammern übertragen und die Bediensteten grundsätzlich am selben Dienstort eingesetzt und weitestgehend mit den gleichen Aufgaben betraut werden. Die Landwirtschaftskammern sind Selbstverwaltungskörperschaften mit Dienstherrenfähigkeit.
Die Bezirksregierung Hannover richtete ein mit "Zuordnungsvorschlag" überschriebenes Schreiben vom an die Klägerin. Dieses lautet:
"Zuordnungsvorschlag
Sehr geehrte Frau ...,
mit Beschluss der Landesregierung vom ist u.a. entschieden worden, dass die in den Fachbereichen 2 der Ämter für Agrarstruktur wahrgenommenen Aufgaben zum auf die Landwirtschaftskammern verlagert werden. Seitens der Landesregierung ist mit einem weiteren Beschluss bezüglich der personalwirtschaftlichen Grundsätzen bei der Umsetzung der Verwaltungsreform festgelegt worden, dass, um die vorhandene Kompetenz erhalten zu können, mit den Aufgaben die diese bisher wahrnehmenden Personen und Stellen zu den aufnehmenden Behörden wechseln.
Aufgrund einer erfolgten Abfrage bei den Ämtern und Bezirksregierungen ist ermittelt worden, welche Beschäftigten in den zur Übertragung auf die Kammern vorgesehenen Aufgaben beschäftigt sind. Als Ergebnis dieser Abfrage ist festzustellen, dass Sie in diesem Bereich Ihren Dienst versehen, so dass für Sie der vorgesehene Wechsel ansteht.
Das Niedersächsische Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat mit seinen Runderlassen vom 13.05. und das Verfahren zur Vorgehensweise in der personellen Umsetzung geregelt. Danach ist u.a. vorgesehen, dass in den Fällen, in denen sich Aufgabe und/oder Dienstort voraussichtlich verändern werden, Verwendungsempfehlungen auf der Grundlage von Meldungen der reformbetroffenen Beschäftigten erarbeitet werden sollen. Dies setzt voraus, dass den Beschäftigten ein Angebot für eine konkrete Verwendung und für den künftigen Dienstort gemacht werden kann. Hinsichtlich der künftigen Erledigung der Aufgaben des Fachbereichs 2 des Amtes für Agrarstruktur Hannover ist seitens der Landwirtschaftskammer Hannover entschieden, dass diese künftig am Sitz der Bezirksstelle Hannover wahrgenommen werden.
Aufgrund dieser Vorgabe ist daher vorgesehen, Sie mit Wirkung vom bei der Landwirtschaftskammer Hannover, im Geschäftsbereich Förderung, Fachbereich Direktzahlungen -Dezentral- am Sitz der Bezirksstelle in Hannover einzusetzen.
Als rechtliche Form der personalrechtlichen Zuordnung ist seitens des ML das Verfahren nach den Vorschriften des § 110 Abs. 4 NBG bzw. § 261 Abs. 1 NBG vorgesehen. Entsprechend vorstehender Regelung findet kein Aufgaben- und/oder Dienstortwechsel statt.
Der Wechsel des Behördenstandortes ist nach Mitteilung der Landwirtschaftskammer aufgrund der räumlichen Gegebenheiten und den derzeitigen Planungen frühestens zum Ende des Jahres 2005 möglich.
Ich bitte Sie mit der beiliegenden Erklärung bis zum um Mitteilung, ob von Ihnen Einwände gegen den Zordnungsvorschlag erhoben werden. Sollte dies nicht der Fall sein, werde ich das ML entsprechend informieren. Sollten Sie gegen den Zuordnungsvorschlag Einwände erheben, werde ich diese in der für den Bereich der Landwirtschaftskammer Hannover einberufenen Personalkommission erörtern und prüfen, ob ggf. ein anderer Vorschlag unterbreitet werden kann. Auf jeden Fall werden Sie vor Mitteilung an ML über das Ergebnis der Prüfung und Erörterung informiert.
Aufgrund der Meldungen wird ML inhaltlich über die endgültige Verwendung entscheiden. Für etwaige Rückfragen oder auch ein persönliches Gespräch, steht Ihnen der Unterzeichner gerne zur Verfügung."
Die Klägerin bat bezugnehmend auf den "Zuordnungsvorschlag" mit Schreiben vom das beklagte Land um schriftliche Mitteilung, wie sich das weitere Beschäftigungsverhältnis bei der Landwirtschaftskammer konkret darstellen solle, um eine mögliche Entscheidung treffen zu können. Die Bezirksregierung Hannover antwortete darauf mit Schreiben vom :
"Zuordnungsvorschlag
Sehr geehrte Frau ...,
mit Schreiben vom habe ich Ihnen den Zuordnungsvorschlag für Ihre künftige dienstliche Verwendung mitgeteilt. Mit Schreiben vom haben Sie einige Fragen gestellt, die, sofern mir möglich, ich nachstehend beantworten werde.
Hinsichtlich der Unsicherheit für die Anwendung der Vorschriften des NBG auch für den Tarifbereich gibt es die Festlegung, dass die Anwendbarkeit des § 110 NBG auch für die Personen gilt, die auf Grund eines Vertrages im öffentlichen Dienst stehen, vorbehaltlich einer Regelung im Tarifvertrag. Da es diese Regelung im Tarifvertrag nicht gibt, findet die für den Dienstherrnwechsel vorgesehene Vorschrift des § 110 NBG auch für den Tarifbereich Anwendung.
In meinem Schreiben hatte ich dargelegt, dass nur in den Fällen, in denen sich der Dienstort oder die Aufgabenerledigung voraussichtlich verändern wird, ein offizielles Meldeverfahren vorgesehen ist. Für die Beschäftigten des FB 2 des AfA Hannover ist mit den von ihnen bisher wahrgenommenen Aufgaben ein Wechsel in den Bereich der Landwirtschaftskammer mit Dienstort Hannover vorgesehen. Es erfolgt somit der Wechsel zur Kammer im Verhältnis 1:1 mit den bisher wahrgenommenen Aufgaben am Dienstort Hannover sowie unter Beibehaltung der mit jedem Beschäftigten abgeschlossenen arbeitsvertraglichen Regelungen. Hierzu hat die Landwirtschaftskammer Hannover letztmalig in der Sitzung der Personalkommission am erklärt, dass Sie die Beschäftigten entsprechend Ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen und es zu keinen vertraglichen Veränderungen kommen wird. Dies wird den Beschäftigten durch ein der Übernahmeverfügung beigefügtes Merkblatt durch die Kammer schriftlich zugesichert.
Nach dem Beschluss der Landesregierung vom zu den personalwirtschaftlichen Grundsätzen bei der Umsetzung der Verwaltungsreform wechseln zum Zeitpunkt der Auflösung abgeordnete, beurlaubte bzw. zugewiesene Beschäftigte grundsätzlich ihrer letzten Aufgabe. Wie Ihrem Schreiben und den Ausführungen des Amtes für Agrarstruktur zu entnehmen ist, waren Sie bis zum Zeitpunkt Ihrer Beurlaubung formell dem FB 2 des AfA Hannover zugeordnet. Von daher treffen die vorstehend gemachten Ausführungen auch auf Ihre Person zu. Gründe für eine von der grundsätzlichen Vorgabe abweichende Entscheidung sind für die Personalkommission in der Sitzung am nicht erkennbar gewesen, so dass es bei dem bekannten Zuordnungsvorschlag geblieben ist.
Für etwaige Rückfragen oder auch ein persönliches Gespräch, steht Ihnen der Unterzeichner gerne zur Verfügung."
Die Landwirtschaftskammer Hannover schrieb der Klägerin unter dem , mit dem Übergang von Aufgaben des Landes Niedersachsen auf die Landwirtschaftskammern trete die Klägerin mit Wirkung vom gemäß § 110 Abs. 3 und 4 iVm. § 261 NBG in den Dienst der Landwirtschaftskammer Hannover über. Ihr Arbeitsverhältnis werde gemäß § 111 NBG bei der Landwirtschaftskammer fortgesetzt, ohne dass ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen werde; die Landwirtschaftskammer trete somit in den bisherigen Arbeitsvertrag zum Land Niedersachsen als neuer Arbeitgeber ein. Diesem Schreiben war folgende schriftliche Information beigefügt:
"Information zum Personalübergang zu den Landwirtschaftskammern Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter
Die arbeitsvertraglichen bzw. tariflichen Rechte der Angestellten, Arbeiterinnen und Arbeiter, die von den Landwirtschaftskammern gem. § 110 in Verbindung mit § 261 NBG übernommen werden, gelten entsprechend den im Landesdienst bestehenden arbeitsvertraglichen bzw. tariflichen Rechten unverändert fort. Grundlage ist jeweils der zum Zeitpunkt der Übernahme bestehende Arbeitsvertrag.
Beispielhaft sind hierzu zu nennen:
Die Berechnung der für den Kündigungsschutz maßgeblichen Beschäftigungszeiten; die Übergangsregelung gem. § 40 BAT zur Gewährung von Beihilfen des Arbeitgebers; die Übergangsregelung gem. § 71 BAT zur Berechnung der Krankenbezüge; die Gewährung von Weihnachts- und Urlaubsgeld; die Bemessung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit.
Resturlaub wird im Rahmen der tariflichen Regelungen übernommen. Ebenso werden erwirtschaftete Arbeitszeitguthaben von den Landwirtschaftskammern anerkannt, soweit sie aus dienstlichen Gründen nicht mehr abgebaut werden können.
Die Landwirtschaftskammern nehmen an der betrieblichen Altersversorgung (VBL) teil. Ansprüche auf Leistungen aus der VBL bleiben für die übernommenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer insoweit erhalten bzw. werden weiterhin erworben."
In einer Verwaltungsvereinbarung vom 10./ zwischen dem beklagten Land und den Landwirtschaftskammern Hannover und Weser-Ems war geregelt, dass die Landwirtschaftskammern aus Anlass der Übertragung staatlicher Aufgaben im Rahmen der Reform der Agrarverwaltung für die Aufgabenwahrnehmung einen Zuschuss vom beklagten Land zur Finanzierung der notwendigen Ausgaben erhalten sollten. Für den übergehenden Aufgabenbereich in Nutzung befindliche Sach- und Investitionsgegenstände (Büroausstattungen, Dienstwagen und Fachgeräte) sollten in dem gebotenen Umfang entschädigungslos in das Eigentum der Landwirtschaftskammern übergehen.
Die Niedersächsische Landesregierung übertrug mit Verordnung über die Übertragung von Aufgaben auf die Landwirtschaftskammern vom (Nds. GVBl. Nr. 42/2004 S. 621) bestimmte Aufgaben der Landwirtschaftskammer Hannover zur Erfüllung nach Weisung.
Seit dem arbeiteten die Mitarbeiter, die dem (ehemaligen) Fachbereich 2 des Amtes für Agrarstruktur Hannover zugeordnet gewesen waren, mit Ausnahme der Fachbereichsleiterin A am bisherigen Standort auf ihren bisherigen Arbeitsplätzen weiter. Im Mai/Juni 2005 erfolgte ein Umzug. Die Landwirtschaftskammern übernahmen auch Mitarbeiter aus anderen Fachbereichen der Ämter für Agrarstruktur.
Mit anwaltlichen Schreiben vom machte die Klägerin gegenüber dem beklagten Land und der Landwirtschaftskammer geltend, die Voraussetzungen für einen Teilbetriebsübergang gemäß § 613a BGB lägen vor.
Sie verlangte gleichzeitig die gesetzlich vorgeschriebene Unterrichtung vorzunehmen. Die Landwirtschaftskammer Hannover erklärte mit Schreiben vom und das beklagte Land mit Schreiben vom , dass § 613a BGB nicht anwendbar sei.
In der Klageschrift vom , dem beklagten Land am und der Landwirtschaftskammer Hannover am zugestellt, widersprach die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses.
Zum wurden die Landwirtschaftskammern Hannover und Weser-Ems zur jetzigen Beklagten zu 2) verschmolzen.
Die Klägerin meint, bei dem Fachbereich 2 des Amtes für Agrarstruktur habe es sich um eine selbständige und abtrennbare organisatorische Einheit gehandelt. Diese sei unter Wahrung ihrer Identität auf die Landwirtschaftskammer Hannover übergegangen. Der Anwendung des § 613a BGB stehe nicht entgegen, dass die Übertragung des Betriebes auf einseitigen Entscheidungen von Hoheitsträgern beruhe. Im Übrigen liege der Übertragung ein Rechtsgeschäft zugrunde. Das beklagte Land und die Landwirtschaftskammer hätten sich geeinigt, welche Abteilungen der Ämter für Agrarstruktur mit welchem Personal übergehen sollten und welche Gegenleistung im Einzelnen erbracht werde. Die getroffene Verwaltungsvereinbarung sei als Rechtsgeschäft zu qualifizieren. Da sie nicht gemäß § 613a Abs. 5 BGB ordnungsgemäß unterrichtet worden sei, sei ihr Widerspruch nicht verspätet, zumindest sei ihr in analoger Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB ein Widerspruchsrecht zu gewähren.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht zum auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist, sondern mit dem Beklagten zu 1) fortbesteht.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie berufen sich darauf, § 613a BGB sei nicht anwendbar. Ein Betriebsübergang durch Rechtsgeschäft liege nicht vor. Die Reformmaßnahmen beruhten auf Organisationsakten des Landes und nicht auf Rechtsgeschäften. Auch fehle es an der Wahrung der Identität der Ämter für Agrarstruktur. Die Landwirtschaftskammer Hannover sei für einen wesentlich größeren Bereich zuständig gewesen als das frühere Amt für Agrarstruktur Hannover. Es gebe ferner eine weitere hierarchische Ebene. Auch die Übernahme von Mitarbeitern aus anderen Fachbereichen zeige, dass die Identität nicht gewahrt sei. Da die Voraussetzungen des § 110 Abs. 3 NBG vorlägen, sei das Arbeitsverhältnis der Klägerin entsprechend der Verfügung der Beklagten zu 2) vom gemäß § 111 Abs. 3 NBG auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Ferner sei der Widerspruch nicht rechtzeitig. Die Information mit Schreiben vom sei ausreichend gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Mit der durch den Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, während die Beklagten die Zurückweisung der Revision beantragen.
Gründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Ihr Arbeitsverhältnis besteht mit dem beklagten Land fort.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Eine Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes sei nicht vom Geltungsbereich des § 613a BGB erfasst. Ein Verstoß gegen Art. 12 GG liege nicht vor, da der Arbeitsplatzwechsel durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und bei Abwägung der beiderseitigen Interessen angemessen und verhältnismäßig sei. § 613a BGB gelte nur für den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils. Eine analoge Anwendung des § 613a BGB auf die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge sei nicht möglich. Da ein auf einem Rechtsgeschäft beruhender Betriebsübergang nicht vorliege, habe die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 2) nicht rechtswirksam widersprechen können.
B. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die zulässigen Feststellungsklagen sind begründet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist nicht mit Wirkung zum auf die Beklagte zu 2) übergegangen, sondern besteht mit dem beklagten Land fort.
I. Das zwischen der Klägerin und dem beklagten Land bestehende Arbeitsverhältnis ist am weder kraft Gesetzes noch kraft Rechtsgeschäftes auf die Landwirtschaftskammer Hannover, die ab auf die Beklagte zu 2) verschmolzen wurde, übergegangen.
Die Beklagten berufen sich zu Unrecht auf einen Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß den Vorschriften des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) idF vom .
1. Die einschlägigen gesetzlichen Normen lauten in der im Klagezeitraum geltenden Fassung:
"§ 110
Wechsel des Dienstherrn bei Umbildung von Körperschaften
(1) Die Beamten einer Körperschaft, die vollständig in eine andere Körperschaft eingegliedert wird, treten mit der Umbildung kraft Gesetzes in den Dienst der aufnehmenden Körperschaft über.
(2) Die Beamten einer Körperschaft, die vollständig in mehrere andere Körperschaften eingegliedert wird, sind anteilig in den Dienst der aufnehmenden Körperschaften zu übernehmen. Die beteiligten Körperschaften haben innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Umbildung vollzogen ist, im Einvernehmen miteinander zu bestimmen, von welchen Körperschaften die einzelnen Beamten zu übernehmen sind. Solange ein Beamter nicht übernommen ist, haften alle aufnehmenden Körperschaften für die ihm zustehenden Bezüge als Gesamtschuldner.
(3) Die Beamten einer Körperschaft, die teilweise in eine oder mehrere andere Körperschaften eingegliedert wird, sind zu einem verhältnismäßigen Teil, bei mehreren Körperschaften anteilig, in den Dienst der aufnehmenden Körperschaft zu übernehmen. Absatz 2 Satz 2 findet Anwendung.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn eine Körperschaft mit einer oder mehreren anderen Körperschaften zu einer neuen Körperschaft zusammengeschlossen wird, wenn aus einer Körperschaft oder aus Teilen einer Körperschaft eine oder mehrere neue Körperschaften gebildet werden, oder wenn Aufgaben einer Körperschaft vollständig oder teilweise auf eine oder mehrere andere Körperschaften übergehen.
(5) Die personalrechtlichen Befugnisse für die Beamten einer aufgelösten Körperschaft, die nach den Absätzen 2 bis 4 in den Dienst einer anderen Körperschaft zu übernehmen sind, werden bis zur Übernahme durch den neuen Dienstherrn bei unaufschiebbaren Maßnahmen von der Körperschaft wahrgenommen, die Rechtsnachfolgerin des bisherigen Dienstherrn ist.
§ 111
Fortsetzung des Dienstverhältnisses
(1) Tritt ein Beamter aufgrund des § 110 Abs. 1 kraft Gesetzes in den Dienst einer anderen Körperschaft über oder wird er aufgrund des § 110 Abs. 2 oder 3 von einer anderen Körperschaft übernommen, so wird das Beamtenverhältnis mit dem neuen Dienstherrn fortgesetzt, der an die Stelle des alten tritt. Auf die beamten- und besoldungsrechtliche Stellung des Beamten finden die im Bereich des neuen Dienstherrn geltenden Vorschriften Anwendung.
(2) Im Fall des § 110 Abs. 1 ist dem Beamten von der aufnehmenden oder neuen Körperschaft die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses schriftlich zu bestätigen.
(3) In den Fällen des § 110 Abs. 2 und 3 wird die Übernahme von der Körperschaft verfügt, in deren Dienst der Beamte treten soll; die Verfügung wird mit der Zustellung an den Beamten wirksam. Der Beamte ist verpflichtet, der Übernahmeverfügung Folge zu leisten; kommt er der Verpflichtung nicht nach, so ist er zu entlassen.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend in den Fällen des § 110 Abs. 4.
§ 261
Angestellte und Arbeiter
(1) Für Personen, die aufgrund eines Vertrages im öffentlichen Dienst (§ 1 a) stehen, gelten - vorbehaltlich einer Regelung durch Tarifvertrag ...
3. die Rechtsvorschriften über die Rechtsstellung der Beamten bei Umbildung von Behörden oder von Körperschaften des öffentlichen Rechts (§§ 110, 111 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4) ... entsprechend."
2. Der Dienstherrenwechsel, der sich bei der Umbildung von Körperschaften für einen Beamten ergibt, vollzieht sich danach entweder durch Übertritt kraft Gesetzes oder mittels Übernahme durch Verwaltungsakt. Ein Übertritt kraft Gesetzes tritt gem. § 110 Abs. 1 NBG dann ein, wenn eine Gesamtrechtsnachfolge dergestalt gegeben ist, dass eine Körperschaft vollständig in eine andere Körperschaft eingegliedert wird. Eine solche Eingliederung liegt im Streitfalle nicht vor.
3. Durch die Verordnung über die Übertragung von Aufgaben auf die Landwirtschaftskammern vom wurden Aufgaben, die bislang das beklagte Land durch eigene Behörden, nämlich durch die Ämter für Agrarstruktur, erledigen ließ, der Landwirtschaftskammer Hannover zur Erfüllung nach Weisung übertragen. Damit sind die Aufgaben des beklagten Landes teilweise auf die Landwirtschaftskammer Hannover übergegangen.
Werden die Aufgaben einer Körperschaft teilweise auf eine andere Körperschaft übertragen (§ 110 Abs. 4 3. Alt. NBG), scheidet ein Übertritt von Beamten kraft Gesetzes nach § 110 Abs. 1 NBG aus, weil es an einer vollständigen Eingliederung einer Körperschaft in eine andere - wie es § 110 Abs. 1 NBG verlangt - fehlt. Es ist vielmehr in entsprechender Anwendung des § 110 Abs. 2 und 3 NBG eine "Übernahme" des Beamten, dh. eine besondere Verwaltungsmaßnahme nötig, welche die Auswahl und die Übernahme von einzelnen Beamten konstitutiv bewirkt ( BVerwG 2 C 35.78 - zu 2 der Gründe, BVerwGE 62, 129), dh. es bedarf regelmäßig einer Übernahmeverfügung der aufnehmenden Körperschaft, mit welcher die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses mit dem neuen Dienstherrn angeordnet wird (vgl. - AP Saarland UniversitätsG Nr. 1 = EzA BGB § 613a Nr. 5).
4. Soweit § 261 Abs. 1 Nr. 3 NBG eine (teilweise) entsprechende Anwendung der §§ 110, 111 NBG für Angestellte und Arbeiter vorsieht, kommt ein Übergang des Arbeitsverhältnisses kraft Gesetzes in den Fällen, in denen auch bei einem Beamten das Dienstverhältnis nicht kraft Gesetzes übergeht, nicht in Betracht. Hätte der niedersächsische Gesetzgeber für Arbeitnehmer eine weitergehende Rechtsfolge, dh. den Übergang des Arbeitsverhältnisses, gewollt, hätte dies einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft (vgl. Senat - 8 AZR 426/95 - zu I 4 der Gründe, BAGE 86, 148 = AP BGB § 613a Nr. 165 = EzA BGB § 613a Nr. 151).
Demnach lässt sich aus den §§ 110, 111 NBG iVm. § 261 Abs. 1 Nr. 3 NBG ein gesetzlicher Übergang des zwischen der Klägerin und dem beklagten Land bestehenden Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 2) nicht begründen.
Die Beklagen sind im Übrigen im vorliegenden Rechtsstreit selbst lediglich davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Übernahmeverfügung vom auf die Landwirtschaftskammer übergegangen ist.
5. Gehen die Aufgaben einer Körperschaft lediglich teilweise auf eine andere Körperschaft über, ist die Körperschaft, die nunmehr die Aufgaben zu erledigen hat, verpflichtet, einen verhältnismäßigen Teil der Beamten der anderen Körperschaft zu übernehmen. Diese Verpflichtung folgt aus § 110 Abs. 4 NBG, wonach die Absätze 1 bis 3 entsprechend gelten. § 110 Abs. 2 und 3 NBG spricht mit den Wörtern "anteilig" bzw. "zu einem verhältnismäßigen Teil" ausdrücklich nur das Zahlenverhältnis, nicht aber die Frage an, welche Beamte konkret für eine Übernahme in Betracht kommen und ermessensfehlerfrei ausgewählt werden dürfen oder müssen.
6. Auch § 261 Abs. 1 Nr. 3 NBG, der bestimmt, dass die §§ 110, 111 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 NBG - vorbehaltlich einer Regelung durch Tarifvertrag - entsprechend für Personal, das aufgrund eines Vertrages im öffentlichen Dienst steht, gelten, kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die aufnehmende Körperschaft einseitig ermächtigt wird, den Arbeitgeberwechsel herbeizuführen. Vielmehr bedeutet die Verpflichtung zur entsprechenden Anwendung der genannten, für Beamte geltenden Regelungen, dass die aufnehmende Körperschaft verpflichtet ist, den unter Berücksichtigung von § 110 Abs. 2 und 3 NBG ausgewählten Arbeitnehmern ein Vertragsangebot zur Überleitung des bestehenden Arbeitsverhältnisses zu unterbreiten. Erst mit der Annahme dieses Angebotes durch den Arbeitnehmer tritt dann der Wechsel auf der Arbeitgeberseite ein.
Die abgebende Körperschaft ist regelmäßig aufgrund der gesetzlichen "Übernahmeregelungen" verpflichtet, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses zuzustimmen.
7. Eine Übernahme des Arbeitnehmers durch einen Verwaltungsakt in Form einer "Übernahmeverfügung" ist ausgeschlossen. Gemäß § 35 Satz 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Da es sich bei einem Arbeitsverhältnis um ein bürgerlich-rechtliches Rechtsverhältnis handelt, darf der Arbeitgeber, auch wenn dieser öffentlich-rechtlich organisiert ist, gegenüber dem Arbeitnehmer nicht in Bezug auf das Arbeitsverhältnis durch einseitigen Hoheitsakt in Form eines Verwaltungsaktes tätig werden.
8. Auch erklärt § 261 Abs. 1 Nr. 3 NBG Teile der §§ 110, 111 NBG für Arbeitnehmer nicht für unmittelbar, sondern ausdrücklich nur die für entsprechend anwendbar. Damit bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Übernahmeverfügung nach den für Arbeitsverhältnisse geltenden arbeitsrechtlichen Grundregeln zu erfolgen hat und die Angestellten nicht den uU weitergehenden dienstrechtlichen Regelungen eines Beamten unterworfen werden sollen. Zu den arbeitsrechtlichen Grundregeln gehört, dass die rechtsgeschäftliche Übertragung des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber nur durch ein Rechtsgeschäft in Form eines dreiseitigen Vertrages und nicht durch eine einseitige Willenserklärung eines der Vertragspartner erfolgen kann.
Ein solcher dreiseitiger Vertrag ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Es fehlt bereits an einem entsprechenden Vertragsangebot gemäß § 145 BGB. Insbesondere kann das Schreiben der Landwirtschaftskammer Hannover vom nicht als ein solches ausgelegt werden, da dort lediglich erklärt wird, die Landwirtschaftskammer werde mit Wirkung vom Arbeitgeberin der Klägerin. Im Übrigen fehlt es auch an einer Annahmeerklärung seitens der Klägerin.
II. Ob die Voraussetzungen eines Betriebs(teil)übergangs iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegen bzw. ob der Rechtsgedanke dieser Rechtsnorm auf den Streitfall entsprechend anzuwenden ist, kann dahinstehen. Auch wenn ein solcher vorläge, wäre das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen, weil die Klägerin rechtzeitig den Widerspruch gemäß § 613a Abs. 6 BGB gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses erklärt hätte.
1. Die Klägerin hat in der Klageschrift vom dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Landwirtschaftskammer Hannover widersprochen. Dieser Widerspruch war gemäß § 613a Abs. 6 BGB form- und fristgerecht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wird die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB weder durch eine unterbliebene noch durch eine nicht ordnungsgemäße Unterrichtung ausgelöst (vgl. - 8 AZR 755/07 - Rn. 28, AP BGB § 613a Nr. 349 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 94).
Die Beklagten haben die Klägerin nicht über die rechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs unterrichtet.
Nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB muss über die rechtlichen Folgen des Übergangs für den Arbeitnehmer informiert werden. Zu den rechtlichen Folgen gehören zunächst die sich unmittelbar aus dem Betriebsübergang als solchem ergebenden Rechtsfolgen. Dies erfordert ua. einen Hinweis auf den (gesetzlichen) Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) und auf die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613a Abs. 2 BGB (st. Rspr. des Senats, vgl. - 8 AZR 755/07 - Rn. 30, AP BGB § 613a Nr. 349 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 94).
Weder das beklagte Land noch die Landwirtschaftskammer Hannover haben die Klägerin darüber unterrichtet, dass ein gesetzlicher Eintritt eines neuen Arbeitgebers gemäß § 613a Abs. 1 BGB in das Arbeitsverhältnis erfolgt. Die Klägerin wurde auch nicht über das Haftungssystem nach § 613a Abs. 2 BGB informiert.
2. Weitere Anforderungen an die rechtswirksame Ausübung des Widerspruchsrechts sieht das Gesetz nicht vor. Insbesondere verlangt es keine Kausalität zwischen der fehlerhaften Information und dem nicht ausgeübten Widerspruchsrecht. Auch ist das Widerspruchsrecht von Gesetzes wegen nicht an eine Begründung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn es bei einer nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung erst nachträglich ausgeübt wird. Es bedarf des Weiteren keiner Darlegung durch den widersprechenden Arbeitnehmer, dass er im Falle einer ordnungsgemäßen Unterrichtung innerhalb der in Gang gesetzten Monatsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB widersprochen hätte (st. Rspr. des Senats, vgl. - 8 AZR 755/07 - Rn. 37, AP BGB § 613a Nr. 349 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 94).
3. Im Falle eines Betriebs(teil)übergangs wäre das Widerspruchsrecht der Klägerin auch nicht verwirkt (§ 242 BGB) gewesen.
Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist (st. Rspr. des Senats, vgl. - 8 AZR 755/07 - Rn. 40, AP BGB § 613a Nr. 349 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 94).
Ob vorliegend das Zeitmoment erfüllt wäre, kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls das Umstandsmoment nicht gegeben wäre. Die Klägerin, die sich auch in der Zeit vom bis zur Zustellung der Klageschrift im Juni 2005 in Elternzeit befand, hat kein Verhalten gezeigt, aufgrund dessen einer der Beklagten darauf hätte vertrauen dürfen, die Klägerin werde ihr Widerspruchsrecht nicht mehr geltend machen.
4. Wenn die Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vorlägen, würde der wirksame Widerspruch der Klägerin dazu führen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem beklagten Land ununterbrochen seit dem fortbestünde, weil der Widerspruch des Arbeitnehmers nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirken würde ( - 8 AZR 305/05 - Rn. 40 f., BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56).
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2009 S. 2554 Nr. 47
ZAAAD-31539