BAG Urteil v. - 6 AZR 177/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: TVÜ-VKA § 5; TVÜ-VKA § 7; GG Art. 3; GG Art. 20 Abs. 3

Instanzenzug: LAG Niedersachsen, 16 Sa 163/07 E vom ArbG Osnabrück, 3 Ca 474/06 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten eines Arbeiters für den Stufenaufstieg innerhalb einer Entgeltgruppe im neuen Tarifsystem des öffentlichen Dienstes.

Der Kläger ist seit dem bei der beklagten Stadt als Gärtner beschäftigt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung fand auf das Arbeitsverhältnis bis zum der Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) Anwendung. Zum wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom (TVöD) übergeleitet. Gem. diesem Tarifvertrag bestimmt sich die Vergütung nach der Entgeltgruppe, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist, und der Entgeltstufe, der er innerhalb der Entgeltgruppe zugeordnet ist. Die Beklagte ordnete den Kläger aus der Lohngruppe 6 des BMT-G der Entgeltgruppe 6 des TVöD und in dieser Entgeltgruppe aufgrund seiner Beschäftigungszeit von fünf Jahren und neun Monaten bei der Beklagten der Entgeltstufe 3 zu. Diese Überleitung erfolgte, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, tarifgerecht.

Die Parteien streiten darüber, ob sich der weitere Stufenaufstieg des Klägers in seiner Entgeltgruppe nach seiner gesamten Beschäftigungszeit bei der Beklagten richtet, also dafür die Zeit seit Januar 2000 zugrunde zu legen ist, oder ob dafür die erforderliche Stufenlaufzeit in vollem Umfang nach dem zurückgelegt worden sein muss. Der Kläger begehrt eine Vergütung nach der für ihn nächsthöheren Stufe 4 der Entgeltgruppe 6 des TVöD nach Ablauf einer Gesamtbeschäftigungszeit von sechs Jahren bei der Beklagten, dh. seit dem . Die Beklagte zahlte dem Kläger bis einschließlich September 2008 ein Entgelt der Entgeltgruppe 6 Stufe 3. Seit dem erhält der Kläger ein Entgelt nach der Stufe 4 seiner Entgeltgruppe.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, hätten die Tarifvertragsparteien bisherige Beschäftigungszeiten beim weiteren Stufenaufstieg nicht berücksichtigen wollen, so hätten sie dies ausdrücklich regeln müssen. Berücksichtige man diese Zeiten nicht, würden gerade Beschäftigte wie der Kläger mit einer unmittelbar unter der nächsthöheren Stufe des TVöD liegenden Beschäftigungszeit gegenüber Beschäftigten mit einer kürzeren Beschäftigungszeit, die bei ihrer Überleitung derselben Stufe zugeordnet worden seien, benachteiligt. Dann liege eine planwidrige Regelungslücke vor. Jedenfalls sei es widersprüchlich, Berufserfahrung bei Neueinstellungen, nicht aber beim Stufenaufstieg zu berücksichtigen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach der Entgeltgruppe 6, Entgeltstufe 4 TVöD für die Zeit vom bis zum zu zahlen.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags auf § 7 Abs. 3 TVÜ-VKA verwiesen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Gründe

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat erst seit dem Anspruch auf ein Entgelt nach der Stufe 4 der Entgeltgruppe 6. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

I. Die Feststellungsklage ist zulässig, obwohl sie sich auf einen abgeschlossenen Zeitraum in der Vergangenheit bezieht. Der erforderliche Gegenwartsbezug (vgl. Senat - 6 AZR 523/00 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 73 = EzA ZPO § 256 Nr. 67) wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegendem Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil anstrebt (vgl. - BAGE 108, 224, 229; - 4 AZR 708/01 - NJOZ 2004, 236, 238). Ist das angestrebte Feststellungsurteil wie hier auch geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden, liegt das erforderliche Feststellungsinteresse vor.

II. Für die Überleitung des Arbeiters in den TVöD und seinen weiteren Stufenaufstieg im neuen Entgeltsystem sind die §§ 5 und 7 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom (TVÜ-VKA) maßgeblich.

1. § 5 TVÜ-VKA bestimmt für die Berechnung des Vergleichsentgelts:

"(1) Für die Zuordnung zu den Stufen der Entgelttabelle des TVöD wird für die Beschäftigten nach § 4 ein Vergleichsentgelt auf der Grundlage der im September 2005 erhaltenen Bezüge gemäß den Absätzen 2 bis 7 gebildet.

...

(3) Bei Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des BMT-G/BMT-G-O/TV Arbeiter-Ostdeutsche Sparkassen wird der Monatstabellenlohn als Vergleichsentgelt zugrunde gelegt. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Beschäftigte, die im Oktober 2005 bei Fortgeltung des bisherigen Rechts die Grundvergütung bzw. den Monatstabellenlohn der nächsthöheren Stufe erhalten hätten, werden für die Bemessung des Vergleichsentgelts so behandelt, als wäre der Stufenaufstieg bereits im September 2005 erfolgt. ...

..."

§ 7 TVÜ-VKA regelt die Stufenzuordnung:

"(1) Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BMT-G/BMT-G-O/TV Arbeiter-Ostdeutsche Sparkassen werden entsprechend ihrer Beschäftigungszeit nach § 6 BMT-G/BMT-G-O der Stufe der gemäß § 4 bestimmten Entgeltgruppe zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle des TVöD bereits seit Beginn ihrer Beschäftigungszeit gegolten hätte; Stufe 1 ist hierbei ausnahmslos mit einem Jahr zu berücksichtigen. Der weitere Stufenaufstieg richtet sich nach den Regelungen des TVöD.

...

(3) Ist das Entgelt nach Absatz 1 Satz 1 niedriger als das Vergleichsentgelt, werden Beschäftigte einer dem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Zwischenstufe zugeordnet. Der Aufstieg aus der individuellen Zwischenstufe in die dem Betrag nach nächsthöhere reguläre Stufe ihrer Entgeltgruppe findet zu dem Zeitpunkt statt, zu dem sie gemäß Absatz 1 Satz 1 die Voraussetzungen für diesen Stufenaufstieg aufgrund der Beschäftigungszeit erfüllt haben. § 6 Abs. 4 Satz 4 gilt entsprechend.

..."

§ 16 TVöD (VKA) enthält für den Stufenaufstieg nach Zuordnung zu einer Entgeltgruppe und -stufe folgende Regelung:

"...

(3) Die Beschäftigten erreichen - von Stufe 3 an die jeweils nächste Stufe in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):

- Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,

- Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

- Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,

- Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und

- Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5.

..."

2. Die Höhe der Vergütung der in den TVöD übergeleiteten Arbeiter ist nach diesen tariflichen Bestimmungen in drei Schritten zu ermitteln. Im ersten Schritt ist gem. § 4 Abs. 1 TVÜ-VKA die sich aus dem bisherigen Tarifsystem ergebende Vergütungs- bzw. Lohngruppe des Beschäftigten nach Maßgabe der Anlage 1 zum TVÜ-VKA einer der Entgeltgruppen des TVöD zuzuordnen. In einem zweiten Schritt ist nach § 5 TVÜ-VKA ein Vergleichsentgelt auf der Grundlage der im September 2005 erhaltenen Bezüge zu bilden. Für Arbeiter wie den Kläger ist dabei gem. § 5 Abs. 3 TVÜ-VKA der Monatstabellenlohn als Vergleichsentgelt zugrunde zu legen. Im dritten und letzten Schritt ist der Arbeiter gem. § 7 TVÜ-VKA der maßgeblichen Entgeltstufe zuzuordnen. Dabei ist gem. § 7 Abs. 1 TVÜ-VKA für die Stufenzuordnung im Rahmen der Überleitung in den TVöD ausschließlich die Dauer der Beschäftigungszeit iSd. § 6 Abs. 1 BMT-G maßgeblich (Senat - 6 AZR 498/07 - Rn. 24, 27, AP BMT-G II § 6 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 7 Nr. 2). Nach der aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA durchgeführten erstmaligen Zuordnung des Arbeiters zu einer regulären Entgeltstufe der Entgeltgruppen des TVöD erfolgt der weitere Stufenaufstieg erst dann, wenn die gem. § 16 Abs. 3 TVöD (VKA) erforderliche Zeit in dieser Entgeltstufe in vollem Umfang nach dem zurückgelegt worden ist. Dies ergibt sich aus Wortlaut und Zusammenhang der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA (ebenso Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Juni 2009 TVÜ-VKA § 7 Rn. 5; Dassau/Wiesend-Rothbrust TVöD Verwaltung-VKA 6. Aufl. TVÜ-VKA § 7 Rn. 6; BeckOK B/B/M/S/Keilhold TVöD Stand Juni 2009 TVÜ-VKA §7 Rn. 5; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand November 2008 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 90; aA für den inhaltsgleichen § 7 TVÜ-Länder Bepler/Böhle/Martin/Stöhr/Dannenberg TV-L Stand Mai 2009 Rn. 7).

3. § 7 Abs. 1 TVÜ-VKA differenziert eindeutig zwischen der erstmaligen Einstufung in das neue Entgeltsystem des TVöD und dem weiteren Stufenaufstieg in diesem neuen System. Nur bei der im Rahmen der Überleitung erforderlichen ersten Zuordnung zu einer Stufe des neuen Entgeltsystems war nach § 7 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA die Beschäftigungszeit nach § 6 BMT-G zugrunde zu legen. Nach Durchführung der Überleitung ist dagegen die Anrechnung früherer Beschäftigungszeiten nicht mehr vorgesehen. § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA bestimmt vielmehr für den Regelfall, in dem der Arbeiter nach der Überleitung gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA mindestens seinen bisherigen Lohn weiter erhielt, dass sich der weitere Stufenaufstieg ausschließlich nach den Regelungen des TVöD richtet. Für den weiteren Stufenaufstieg spielt die im bisherigen Tarifsystem zurückgelegte Beschäftigungszeit also keine Rolle mehr. Diese Begrifflichkeit und der an sie anknüpfende automatische Aufstieg in den Stufen des Monatstabellenlohns nach § 21a BMT-G ist von den Tarifvertragsparteien nämlich mit Einführung des TVöD aufgegeben worden. Nunmehr richtet sich der Aufstieg in den Entgeltstufen des TVöD nach § 16 Abs. 3 TVöD (VKA) grundsätzlich nach der Zeit in derselben Entgeltgruppe und erfolgt ab der Stufe 3 leistungsabhängig. Für den von § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA erfassten weiteren Stufenaufstieg ist also nur die nach dem zurückgelegte Zeit maßgeblich. Auf die Formulierung "bei ihrem Arbeitgeber" in § 16 Abs. 3 TVöD (VKA) kann deshalb entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung die von ihm vertretene Auslegung nicht gestützt werden.

4. Die Regelung des § 7 Abs. 3 TVÜ-VKA bestätigt diese Auslegung.

Im Regelfall führte die Überleitung unter Zugrundelegung der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA zu einem Entgelt des Arbeiters, das geringfügig höher als sein bisheriger Monatstabellenlohn war (Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2005 TVÜ-VKA § 7 Rn. 19; BeckOK B/B/M/S/Keilhold TVöD Stand Juni 2009 TVÜ-VKA § 7 Rn. 9). Auch der Kläger hat nach seiner Überleitung geringfügig mehr als zuletzt während der Geltung des BMT-G verdient. War ausnahmsweise das nach § 5 Abs. 3 TVÜ-VKA ermittelte Vergleichsentgelt höher als der Betrag, der sich aus der Stufenzuordnung unter Zugrundelegung der bisher zurückgelegten Beschäftigungszeit ergab, so war diesem Arbeiter nach § 7 Abs. 3 TVÜ-VKA zur Wahrung seines Besitzstands sein bisheriges Entgelt weiterzuzahlen. Dazu konnte es insbesondere dann kommen, wenn der Arbeitgeber nach § 21a Abs. 2 BMT-G förderliche Beschäftigungszeiten aus früheren Arbeitsverhältnissen anerkannt hatte (Senat - 6 AZR 498/07 - Rn. 31, AP BMT-G II § 6 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 7 Nr. 2). Bei diesen Arbeitern bestimmt § 7 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-VKA, dass sie einer individuellen Zwischenstufe zugeordnet werden. Aus dieser steigen sie bereits zu dem Zeitpunkt in die nächsthöhere reguläre Stufe ihrer Entgeltgruppe auf, in dem sie unter Anrechnung ihrer individuellen Beschäftigungszeit nach § 6 BMT-G die Voraussetzungen für den Stufenaufstieg erfüllen. Bei diesen Arbeitern bleibt also ihre bisher erreichte Beschäftigungszeit für den Aufstieg in die nächsthöhere reguläre Stufe weiter relevant (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand November 2008 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 93; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2005 TVÜ-VKA § 7 Rn. 20; BeckOK B/B/M/S/Keilhold TVöD Stand Juni 2009 TVÜ-VKA § 7 Rn. 14). Diese Regelung wäre überflüssig, wenn bereits § 7 Abs. 1 TVÜ-VKA im Sinne des Klägers auszulegen wäre und deshalb die bisherige Beschäftigungszeit auch bei den Arbeitern, die wie der Kläger regulär in das Stufensystem des TVöD übergeleitet worden sind, für den weiteren Stufenaufstieg relevant geblieben wäre.

5. Auch der systematische Zusammenhang des TVöD spricht für die vorgenommene Auslegung. Die Tarifvertragsparteien haben von den Stufensteigerungen des Monatstabellenlohns, die zeitnah zum Inkrafttreten des TVöD erfolgt wären, ausdrücklich nur die berücksichtigt, zu denen es im Oktober 2005 gekommen wäre. Für diese Arbeiter haben sie in § 5 Abs. 4 TVÜ-VKA bestimmt, dass sich bereits das Vergleichsentgelt so berechnet, als ob der Stufenaufstieg schon im September 2005 erfolgt wäre. Damit haben sie zum Ausdruck gebracht, dass sie Abweichungen vom regulären Stufenaufstieg nach § 16 Abs. 3 TVöD (VKA) für die Zeit nach Überleitung des Arbeitnehmers in das neue Tarifsystem ausdrücklich regeln wollten. An einer solchen ausdrücklichen Regelung fehlt es für Fälle wie den des Klägers jedoch. Für alle anderen Fälle, in denen nach dem vom TVöD abgelösten Entgeltsystem zeitnah Stufensteigerungen erfolgt wären, sollte ausschließlich das neue Entgeltsystem gelten.

6. Entgegen der vom Kläger in den Vorinstanzen geltend gemachten Auffassung steht § 16 Abs. 2 TVöD (VKA) vorstehender Auslegung nicht entgegen. Diese Bestimmung regelt unter Modifikation der früheren Vorschriften in § 21a Abs. 2 und 4 BMT-G die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten für neu eingestellte Arbeitnehmer. Dabei handelt es sich um einen gänzlich anderen Sachverhalt als die in § 7 Abs. 1 TVÜ-VKA geregelte Überleitung bereits beschäftigter Arbeiter in den TVöD. Diese Bestimmung kann daher nicht zur Auslegung des § 7 Abs. 1 TVÜ-VKA herangezogen werden (vgl. Senat - 6 AZR 498/07 - Rn. 27, 31, AP BMT-G II § 6 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 7 Nr. 2).

III. § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA diskriminiert den Kläger nicht gleichheitswidrig. Das gilt auch, soweit dadurch bei den nach § 7 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA übergeleiteten Arbeitern im Unterschied zu den nach § 7 Abs. 3 TVÜ-VKA übergeleiteten Arbeitern die Teile der Beschäftigungszeit, die nicht bereits in die erstmalige Stufenzuordnung im neuen Entgeltsystem eingeflossen sind, für den weiteren Stufenaufstieg unberücksichtigt bleiben.

1. Die Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (Senat - 6 AZR 287/07 - EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13).

2. An diesem Maßstab gemessen verletzt § 7 Abs. 1 TVÜ-VKA Art. 3 Abs. 1 GG nicht.

a) Soweit der Kläger durch die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA gegenüber solchen Arbeitern benachteiligt worden ist, deren Beschäftigungszeit bei Überleitung in den TVöD in vollem Umfang berücksichtigt worden ist, liegt darin keine den Tarifvertragsparteien verwehrte Ungleichbehandlung (aA für den inhaltsgleichen § 7 TVÜ-Länder wohl Bepler/Böhle/Martin/Stöhr/Dannenberg TV-L Stand Mai 2009 Rn. 7). § 7 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA berücksichtigt die bis September 2005 und damit die bis zum Auslaufen des alten Vergütungssystems zurückgelegte Beschäftigungszeit und knüpft daran die erstmalige Stufenzuordnung im neuen Entgeltsystem an. Eine Umstellung von Vergütungssystemen ist ohne Stichtagsregelung nicht durchführbar. Diese ist aus Gründen der Praktikabilität ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises sachlich gerechtfertigt, wenn sich die Wahl des Stichtags - wie hier - am gegebenen Sachverhalt orientiert (Senat - 6 AZR 64/03 - BAGE 109, 110, 120).

b) Die Regelung der Anrechnung einschlägiger Berufserfahrung bzw. förderlicher Zeiten für die Stufenzuordnung bei Neueinstellungen (§ 16 Abs. 2 TVöD (VKA)) betrifft - wie ausgeführt - einen anderen Sachverhalt. Darüber hinaus wird auch bei diesem Personenkreis die nach der erstmaligen Zuordnung in das Stufensystem des TVöD verbleibende "Restzeit" für den weiteren Stufenaufstieg nicht berücksichtigt (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand April 2008 § 16 (Bund) Rn. 52).

c) Auch mit der Begünstigung der nach § 7 Abs. 3 TVÜ-VKA einer individuellen Zwischenstufe zugeordneten Arbeiter haben die Tarifvertragsparteien bei Anlegung eines typisierenden Maßstabes die Grenze ihrer Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Berücksichtigung früherer Beschäftigungszeiten für den weiteren Stufenaufstieg der Arbeiter im neuen Tarifsystem nicht überschritten.

aa) Tarifvertragsparteien dürfen bei der Gruppenbildung Lebenssachverhalte, die in wesentlichen Elementen gleichgeartet sind, normativ zusammenfassen und dabei Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigen, soweit sie sich am Regelfall orientieren. Sie sind nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen, sofern die vorgenommenen Verallgemeinerungen tragfähig sind und die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sind (vgl. Senat - 6 AZR 287/07 - Rn. 26, EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13).

bb) Aus der Zusammenschau von § 7 Abs. 1 und Abs. 3 TVÜ-VKA ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien die Arbeiter im Unterschied zu den Angestellten im Regelfall sofort mit Einführung des TVöD einer regulären Stufe des neuen Entgeltsystems zuordnen wollten. Nur dann, wenn die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA dazu führte, dass der übergeleitete Arbeiter im Einzelfall im neuen Entgeltsystem ein geringeres Entgelt erzielte als im alten Vergütungssystem, wurde er einer individuellen Zwischenstufe zugeordnet. Auch diese Arbeiter sollten jedoch nach dem Willen der Tarifvertragsparteien wie bereits die Mehrzahl der Arbeiter schnellstmöglich in das reguläre Stufensystem des TVöD eingegliedert werden. Deshalb legte § 7 Abs. 3 Satz 2 TVÜ-VKA für den Aufstieg in eine reguläre Stufe des TVöD noch die Beschäftigungszeit nach dem BMT-G zugrunde. Die effiziente Umsetzung eines neuen Tarifwerkes, mit dem das bisherige Tarifsystem grundlegend neu gestaltet wird, ist ein legitimes Ziel der Tarifvertragsparteien (vgl. Senat - 6 AZR 440/04 - zu 3 b der Gründe).

cc) Darüber hinaus durften die Tarifvertragsparteien berücksichtigen, dass die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unmittelbar in das reguläre Stufensystem des TVöD übergeleiteten Arbeiter wie der Kläger im neuen Entgeltsystem ab dem Zeitpunkt ihrer Überleitung geringfügig mehr als bisher verdienten. Der schnellere Aufstieg der Arbeiter, die nach der Überleitung in den TVöD lediglich ihr bisheriges Entgelt weiter erhielten, aus ihrer individuellen Zwischenstufe in eine reguläre Stufe des Entgeltsystems des TVöD diente also auch dem Ausgleich von Vergütungsnachteilen infolge der Überleitung in den TVöD.

Bei der von ihnen vorgenommenen Gruppenbildung durften die Tarifvertragsparteien deshalb bei typisierender Betrachtung die Arbeiter, die zunächst nach der Überleitung in den TVöD noch nicht in das reguläre Stufensystem des TVöD eingeordnet werden konnten, mit der Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 2 TVÜ-VKA beschleunigt in das reguläre Stufensystem des TVöD überführen. Diese Regelung war systemkonform und im Normzweck der Überleitungsbestimmungen angelegt.

IV. Die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA verletzt auch nicht das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Rückwirkungsverbot.

1. Die Tarifautonomie steht im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke. Hierin sollen sie nach dem Willen des Grundgesetzes frei sein. Ihrer Regelungsbefugnis überlassen ist insbesondere das Aushandeln der Entgeltbedingungen (vgl. - und - 1 BvR 897/95 - BVerfGE 100, 271, 282). Die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes haben mit dem TVöD ein grundlegend neues Entgeltsystem geschaffen, durch das sie in vielfältiger Weise mit den weitgehend dem Beamtenrecht entnommenen, überkommenen Vergütungsgrundsätzen gebrochen haben. Die Befugnis zu einer derart umfassenden Neugestaltung von tariflichen Ordnungsgefügen ist in der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie zwingend angelegt. Tarifvertragsparteien können tarifvertragliche Regelungen an veränderte Verhältnisse anpassen und sie dabei für die Zukunft durch für die Arbeitnehmer ungünstigere ablösen (vgl. - BAGE 78, 309, 315, 328). Das Arbeitsverhältnis hat den Inhalt, den ihm die jeweils geltenden kollektiven Normen geben. Lediglich die Befugnis der Tarifvertragsparteien zu rückwirkenden Eingriffen in ihr Normgefüge ist nach denselben Regeln, die das Bundesverfassungsgericht für die Rückwirkung von Gesetzen entwickelt hat, durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt ( - BAGE 119, 374, 381 mwN).

Seit Inkrafttreten des TVöD gelten für die von ihm erfassten Arbeitsverhältnisse nur noch dessen Regeln. Die Tarifvertragsparteien haben durch das nach § 5 TVÜ-VKA zu ermittelnde Vergleichsentgelt sichergestellt, dass die Arbeitnehmer durch die Überleitung in das neue Tarifsystem nicht schlechter als zuvor vergütet werden und damit deren schützenswerten Besitzstand gewahrt (Senat - 6 AZR 682/07 - Rn. 23, EzA GG Art. 3 Nr. 107 für Angestellte; - 6 AZR 498/07 - Rn. 31, AP BMT-G II § 6 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 7 Nr. 2 für Arbeiter). Sie waren nicht verpflichtet, darüber hinaus bloßen nach dem bisherigen Tarifsystem bestehenden Aussichten - oder, wie die Tarifvertragsparteien es bezeichnen, "Expektanzen" - Rechnung zu tragen, bei unverändert bleibenden tariflichen Voraussetzungen etwa durch Bewährungs- oder Fallgruppenaufstieg, Höhergruppierung oder Erreichen einer Steigerungsstufe des Monatstabellenlohns künftig eine höhere Vergütung zu erzielen (vgl. - zu II 7 der Gründe, AP TVG § 1 Rückwirkung Nr. 13 = EzBAT BAT § 23a Bewährungsaufstieg Nr. 32). Der Kläger will letztlich Elemente des alten Entgeltsystems, das eine Steigerung des Monatstabellenlohns nach jeweils zwei weiteren Jahren Beschäftigungszeit beim öffentlichen Arbeitgeber vorsah, in die gänzlich neue Entgeltstruktur des TVöD übertragen. Diesem Begehren mussten die Tarifvertragsparteien nicht Rechnung tragen.

V. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
BB 2009 S. 1861 Nr. 35
AAAAD-30490

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein