BGH Beschluss v. - KVR 57/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: EGV Art. 81 Abs. 1; Vers-GVO Art. 7 Abs. 2; Vers-GVO Art. 7 Abs. 3; Vers-GVO Art. 8 lit. b

Instanzenzug: OLG Düsseldorf, VI Kart 11/07 V vom

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 2 bis 5 sind Versicherungsunternehmen, die miteinander im Wettbewerb stehen. Sie haben sich in der Beteiligten zu 1 (nachfolgend: Versicherergemeinschaft) zu dem Zweck zusammengeschlossen, die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung (VSH-Versicherung) für Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften sowie die steuerberatenden Berufe in Form einer Mitversicherung gemeinschaftlich zu betreiben. Die Versicherergemeinschaft besteht seit über 50 Jahren.

Mit Verfügung vom hat das Bundeskartellamt festgestellt, dass die Zusammenarbeit der Beteiligten zu 2 bis 5 in der Versicherergemeinschaft bei der Versicherung von Vermögensschadenhaftpflichtrisiken für im Inland tätige Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer gegen Art. 81 EG und § 1 GWB verstößt. Das Bundeskartellamt hat den Beteiligten zu 2 bis 5 untersagt, diese Tätigkeit im Rahmen der Versicherergemeinschaft weiterzubetreiben. Von der Verfügung ausgenommen war die Versicherung der großen internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Ernst & Young, KPMG, PwC und Deloitte & Touche (Big 4). Das Bundeskartellamt hat der Versicherergemeinschaft aufgegeben, die von der Untersagung erfassten Verträge zum , spätestens zum nächstmöglichen Termin, zu kündigen und nicht zu erneuern.

Gegen diese Verfügung haben die Beteiligten Beschwerde eingelegt und zudem beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerden anzuordnen.

Diesem Antrag hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom stattgegeben.

Auf die Beschwerde der Beteiligten hat das Beschwerdegericht die Verfügung des Bundeskartellamts aufgehoben, weil die Zusammenarbeit der Beteiligten zu 2 bis 5 in der Versicherergemeinschaft nach der Verordnung (EG) Nr. 358/2003 der Kommission vom (ABl. 2003 L 53/8) über die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG auf Gruppen von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Versicherungssektor (nachfolgend: Vers-GVO) von dem Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG freigestellt sei. Die Rechtsbeschwerde hat es nicht zugelassen.

Dagegen wendet sich das Bundeskartellamt mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde und der Nichtzulassungsbeschwerde, denen die Beteiligten entgegentreten.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts ist unzulässig, weil die geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs nicht schlüssig dargelegt worden ist (vgl. , BGH-Rep 2004, 1006).

1.

Das Bundeskartellamt rügt, vor der mündlichen Verhandlung sei kein richterlicher Hinweis erfolgt, dass das Beschwerdegericht nicht der Marktabgrenzung des Bundeskartellamts folgen werde. Für einen solchen Hinweis bestand jedoch schon nach dem vom Bundeskartellamt vorgetragenen Sachverhalt kein Anlass.

a)

In seiner Eilentscheidung vom hat es das Beschwerdegericht als "derzeit völlig ungewiss" bezeichnet, ob die vom Amt vorgenommene Marktabgrenzung Bestand haben werde. Es hat dazu auf die bisher fehlende exakte Abgrenzung sachlich relevanter Märkte im Versicherungsbereich sowie die in der Literatur vertretene Auffassung verwiesen, es bestehe ein einheitlicher Haftpflichtversicherungsmarkt für alle sog. RWS-Berufe (Steuerberater, Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer). Bei entsprechend weiterer Marktabgrenzung spreche viel dafür, dass die Versicherergemeinschaft die Marktanteilsschwelle des Art. 7 Abs. 2 Vers-GVO erfülle und damit freigestellt sei.

In der vorliegend angefochtenen Entscheidung hat das Beschwerdegericht festgestellt, dass in den sachlich relevanten Markt zumindest auch die VSH-Versicherungen für die übrigen RWS-Berufe einzubeziehen seien. Es hat dahinstehen lassen, ob der relevante Markt für VSH-Versicherungen der RWS-Berufe räumlich auf Deutschland zu beschränken oder weiter abzugrenzen sei.

b)

Auf der Grundlage dieses Sachverhalts hat das Bundeskartellamt keine schlüssige Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs im Hinblick auf die vom Beschwerdegericht angenommene Marktabgrenzung erhoben.

Schon nach der Eilentscheidung des Beschwerdegerichts vom musste das Bundeskartellamt damit rechnen, dass das Beschwerdegericht seiner engen Marktabgrenzung nicht folgen werde. Dafür ist unerheblich, ob die Eilentscheidung insbesondere damit begründet wurde, dass die Versicherungsgemeinschaft im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache keinerlei Chance gehabt hätte, ihre aufgrund der vom Amt angeordneten Vertragskündigung verlorenen Kunden kurzfristig zurückzugewinnen. Entscheidend ist, dass das Beschwerdegericht deutliche Zweifel an der Marktabgrenzung des Amtes geäußert hatte und diesen Zweifeln für den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache entscheidende Bedeutung zukam. Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, wurde die Frage der richtigen Marktabgrenzung von den Verfahrensbeteiligten im Laufe des Verwaltungs- und Beschwerdeverfahrens umfangreich und kontrovers behandelt. Das Bundeskartellamt hätte deshalb seinen Vortrag zumindest hilfsweise auch auf eine mindestens die RWS-Berufe umfassende Marktabgrenzung ausrichten können.

2.

Das Bundeskartellamt will eine Verletzung rechtlichen Gehörs weiter damit begründen, dass das Beschwerdegericht die geschätzten Zahlen der Beteiligten zur Marktanteilsberechnung trotz ausdrücklichen Bestreitens des Amtes in der mündlichen Verhandlung ungeprüft seiner Entscheidung zugrunde gelegt und dem Amt keine Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gegeben habe. Hierin läge indes allenfalls eine fehlerhafte Ermittlung des Sachverhalts durch das Beschwerdegericht, nicht jedoch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Bundeskartellamts.

a)

Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Beteiligten hätten in ihrer Beschwerdebegründung vorgetragen, dass der Marktanteil der Versicherergemeinschaft selbst bei einem auf Deutschland beschränkten Markt der VSH-Versicherungen für RWS-Berufe unterhalb der Schwelle von 20% liege. Sie hätten die für den Marktanteil maßgeblichen Bruttobeitragseinnahmen (vgl. Art. 7 Abs. 3 lit. a Vers-GVO) unter Berücksichtigung ihrer Marktkenntnisse geschätzt. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, an der Richtigkeit dieser Schätzung und der hierauf fußenden Marktanteilsberechnung zu zweifeln, so dass mangels Beweisbedürftigkeit eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nach § 70 Abs. 1 GWB nicht in Betracht komme. Insbesondere habe das Bundeskartellamt keine substantiierten Zweifel an der Richtigkeit dieser Schätzung aufgezeigt und sei diesem Vortrag auch in seiner Beschwerdeerwiderung vom nicht entgegengetreten. In der mündlichen Verhandlung habe das Amt die Höhe der geschätzten Bruttobeitragseinnahmen zwar pauschal bestritten, jedoch nicht dargetan, warum die Beträge unrichtig seien und der Marktanteil der Versicherergemeinschaft bei zutreffender Berechnung die Schwelle von 20% überschreite.

Den vom Bundeskartellamt beantragten Schriftsatznachlass, um zu den von den Beteiligten behaupteten Marktanteilen auf dem VSH-Versicherungsmarkt für die RWS-Berufe vortragen zu können, hat das Beschwerdegericht mit der Begründung abgelehnt, zu der Marktanteilsberechnung der Beteiligten hätte während des gesamten Beschwerdeverfahrens ausreichend vorgetragen werden können; die Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts zur Marktabgrenzung sei für das Bundeskartellamt auch nicht überraschend.

b)

Das Bundeskartellamt kann nicht geltend machen, keine Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit den von den Beteiligten vorgetragenen Marktanteilen erhalten zu haben. Die Beschwerdebegründung mit den von den Beteiligten geschätzten Zahlen zur Marktanteilsberechnung wurde dem Bundeskartellamt am zugestellt. Es hatte daher bis zur mündlichen Verhandlung am über siebeneinhalb Monate Gelegenheit, zu diesem auf der Grundlage der ihm bekannten voraussichtlichen Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts entscheidenden Punkt Stellung zu nehmen.

c)

Es kann dahinstehen, ob das Beschwerdegericht im Rahmen seiner Aufklärungspflicht gehalten war, das Bundeskartellamt mit Nachermittlungen zu beauftragen, um auf der Grundlage seiner abweichenden Auffassung die zur Marktabgrenzung maßgeblichen Marktanteile zu ermitteln, und ob das Bundeskartellamt entsprechende berechtigte Erwartungen hegen durfte. Die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes als solche kann grundsätzlich keinen Verstoß gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs begründen. Sie kann daher nicht Grundlage für eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde sein (vgl. zu den mit § 70 Abs. 1, § 74 Abs. 4 Nr. 4 GWB übereinstimmenden § 87 Abs. 1, § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG Schäfers in Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 87 Rdn. 2). Der Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs gibt den Parteien auch in Verfahren, für die der Untersuchungsgrundsatz gilt, keinen Anspruch darauf, dass sich das Gericht Tatsachen erst beschafft (, GRUR 2002, 957, 958 = WRP 2002, 1184 - Zahnstruktur; für das Strafverfahren vgl. BVerfGE 63, 45, 60) .

III.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Bundeskartellamts ist ebenfalls nicht begründet. Die Sache wirft weder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 74 Abs. 2 GWB). Die im Streitfall entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind geklärt.

1.

Entgegen der Beschwerde des Bundeskartellamts stellt sich nicht die Grundsatzfrage, ob das Amt im Rahmen seiner Erstermittlungspflicht vorsorglich Ermittlungen auch für den Fall anzustellen hat, dass das Beschwerdegericht der in der Amtsverfügung zugrunde gelegten Rechtsauffassung nicht folgt. Eine umfassende Erstermittlungspflicht des Bundeskartellamts im Hinblick auf abweichende Rechtsauffassungen besteht nicht. Das Beschwerdegericht hat eine solche auch nicht angenommen.

2.

Ebenso wenig stellt sich die Frage, ob das Beschwerdegericht einen Sachverhalt, der vom Beschwerdeführer nicht nachprüfbar vorgetragen und vom Bundeskartellamt in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestritten wurde, für seine Entscheidung als erwiesen unterstellen kann, auch wenn das Amt seine Erstermittlungspflicht insoweit nicht verletzt und auf weitere Sachverhaltsaufklärung hingewirkt hat. Diese Fragestellung beschränkt sich auf die Unterstellung eines Verfahrensfehlers. Damit zeigt sie keine klärungsbedürftige Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. , NJW 2002, 3180, 3181).

3.

Weiter besteht kein grundsätzlicher Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage, ob bei der Marktanteilsberechnung nach Art. 7 Abs. 2 i.V. mit Abs. 3 Vers-GVO auch die von den an der Versicherergemeinschaft beteiligten Unternehmen außerhalb dieser Gemeinschaft erzielten Umsätze berücksichtigt werden müssen. Die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 und 3 Vers-GVO ist eindeutig.

Zwar lässt der deutsche Wortlaut des Art. 7 Abs. 2 Vers-GVO grundsätzlich die Auslegung zu, dass nicht nur die Umsätze der Versicherergemeinschaft selbst maßgeblich sind, sondern auch diejenigen der an ihr beteiligten Unternehmen. Danach kommt es für die Marktanteilsberechnung an auf die von den beteiligten Unternehmen oder in ihrem Namen im Rahmen der Versicherergemeinschaft gezeichneten Versicherungsprodukte.

Um schon dem Wortlaut nach ausschließlich auf die Umsätze der Versicherergemeinschaft abzustellen, hätten die Wörter "im Rahmen der Versicherungsgemeinschaft" an den Anfang des fraglichen Halbsatzes gestellt werden müssen (... dass dievon den beteiligten Unternehmen oder in ihrem Namen gezeichneten Versicherungsprodukte ...).

Diese Voranstellung findet sich allerdings in der englischen und französischen Sprachfassung ("insurance products underwritten within the grouping arrangement by the participating undertakings or on their behalf" bzw. "les produits d'assurance souscrits dans le cadre du groupement par les entreprises ou pour leur compte") ebenso wie in der italienischen und spanischen Fassung. Damit übereinstimmend heißt es in Erwägungsgrund 22 der deutschen Fassung, dass seit mehr als drei Jahren bestehende Mitversicherungsgemeinschaften nur unter der Bedingung freigestellt werden, dass "die im Rahmen der Versicherungsgemeinschaft gezeichneten Versicherungsprodukte ihrer Mitglieder" den Schwellenwert von 20% nicht überschreiten.

Zutreffend weist das Bundeskartellamt allerdings darauf hin, dass es allgemeinen kartellrechtlichen Grundsätzen entspricht, auf die Marktstellung der an einer Wettbewerbsbeschränkung beteiligten Unternehmen und nicht ausschließlich auf die Marktstellung der Unternehmen innerhalb einer Kooperation abzustellen (vgl. etwa Kommission, Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Art. 81 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft nicht spürbar beschränken, ABl. 2001 C 368/13 ["deminimis-Bekanntmachung"] Tz. 7). Wegen dieser Inkonsistenz mit den sonst anerkannten Grundsätzen des Kartellrechts der Gemeinschaft fordert die Kommission in einem aktuellen Bericht über die Vers-GVO an das Europäische Parlament auch de lege ferenda die Berücksichtigung der Umsätze, die von den an der Mitversicherungsgemeinschaft beteiligten Unternehmen außerhalb dieser erzielt werden. Dabei macht die Kommission aber gerade deutlich, dass de lege lata ausschließlich die Umsätze der Versicherungsgemeinschaft maßgeblich sind (Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council on the functioning of Commission Regulation [EC] No 358/2003, COM [2009] 138 vom Tz. 19, und das diesen Bericht begleitende Commission Staff Working Document, SEC [2009] 364 vom Tz. 116 ff.).

Dementsprechend geht auch in Deutschland die herrschende Meinung davon aus, dass es für die Berechnung der Marktanteile in Art. 7 Abs. 2 Vers-GVO allein auf die im Rahmen der Versicherungsgemeinschaft gezeichneten Prämien ankommt (vgl. etwa Dreher/Kling, Kartell- und Wettbewerbsrecht der Versicherungsunternehmen, § 8 Rdn. 296 ff.; Kiecker in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl., § 33 Rdn. 115; MünchKomm.EUWettbR/ Herrmann, GVO 358/2003 Art. 7, 8 Rdn. 11; Hörst in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, GVOVersW Rdn. 78; Bechtold/Bosch/Brinker/ Hirsbrunner, EG-KartellR, 2. Aufl., Art. 7 VO 358/2003, Rdn. 11; a.A. Hootz in Gemeinschaftskommentar, 5. Aufl., Art. 7 VO Nr. 358/2003, Rdn. 8; Veelken in Immenga/Mestmäcker, EG/Teil I, 4. Aufl., Vers-GVO Rdn. 111 f.).

4.

Entgegen dem Bundeskartellamt ist auch nicht klärungsbedürftig, ob bei der Freistellungsschranke des Art. 8 lit. b Vers-GVO eine faktische Andienungspflicht einer - zum Ausschluss der Vers-GVO führenden - rechtlichen Andienungspflicht gleichzustellen ist.

Es kann dahinstehen, ob das Bundeskartellamt die von ihm behauptete faktische Andienungspflicht substantiiert dargelegt hat. Jedenfalls ist offensichtlich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit Art. 8 lit. b Vers-GVO nur rechtliche Verpflichtungen gemeint hat. Die Vorschrift lautet:

Die ... Freistellung gilt nur unter der Voraussetzung, dass

b)

die Regeln der Gemeinschaft ihre Mitglieder nicht verpflichten, Risiken der von der Gemeinschaft gedeckten Art ausnahmslos ganz oder teilweise über die Gemeinschaft zu versichern oder rückzuversichern.

Wäre bezweckt gewesen, auch faktische Andienungspflichten zu erfassen, so hätten die Wörter "Regeln der Gemeinschaft" nicht hinzugefügt werden dürfen. Soweit ersichtlich, wird auch in der Literatur allgemein angenommen, dass Art. 8 lit. b Vers-GVO der Freistellung nur entgegensteht, wenn eine rechtliche Verpflichtung zur Andienung besteht (Bechtold/Bosch/Brinker/Hirsbrunner aaO Art. 8 VO 358/2003 Rdn. 6; Hootz aaO Art. 8 Rdn. 3; Hörst in Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff aaO GVO-VersW Rdn. 84; Kiecker in Wiedemann aaO § 33 Rdn. 119).

Ferner ist nichts dazu vorgetragen oder sonst dafür ersichtlich, dass die Beteiligten zu 2 bis 5 der Versicherungsstelle Geschäfte überlassen, weil ihnen vertragliche oder sonstige Nachteile drohen (vgl. Veelken in Immenga/Mestmäcker, EG, Teil IV, 4. Aufl., Vers-GVO Rdn. 119).

5.

Es stellt sich auch nicht die grundsätzliche Rechtsfrage, ob das Verbot einer Kunden- oder Marktaufteilung gemäß Art. 8 lit. e Vers-GVO den Fall umfasst, dass die Beteiligten in jahrelanger Praxis die betreffenden Risiken nicht selbst zeichnen, sondern (fast) vollständig in die Versicherungsgemeinschaft einbringen.

Art. 8 lit. e Vers-GVO enthält die Freistellungsvoraussetzung, dass "die Vereinbarung keine Zuteilung von Märkten oder Kunden vorsieht".

Das Bundeskartellamt behauptet keine derartige Vereinbarung. Eine Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage ist daher nicht ersichtlich.

6.

Schließlich ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch weder im Hinblick auf eine grundlegende Verkennung der Grundsätze höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Angebotsumstellungsflexibilität noch deshalb geboten, weil die Maßstäbe, die im Dienstleistungsbereich an die Annahme einer Angebotsumstellungsflexibilität zu stellen sind, nicht hinreichend geklärt seien.

Das Beschwerdegericht legt seiner Entscheidung die vom Senat entwickelten Auslegungsgrundsätze (BGHZ 160, 321, 326 f. - Staubsaugerbeutelmarkt; 170, 299 Tz. 19 f. - National Geographic II) zugrunde. Es ist auch nicht ersichtlich, wieso im Dienstleistungsbereich grundsätzlich andere Maßstäbe gelten sollten.

7.

Im Übrigen greift das Bundeskartellamt nur die Beweiswürdigung des Beschwerdegerichts an, ohne einen Zulassungsgrund darzulegen.

IV.

Der Senat entscheidet über die Rechtsbeschwerde (vgl. , BGH-Rep. 2004, 1006) sowie über die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 75 Abs. 2 Satz 2 GWB) ohne mündliche Verhandlung.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
AAAAD-29927

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein