Oberfinanzdirektion Rheinland - S 2706- 1032 - St 134

Auftragsforschung der staatlichen Hochschulen des Landes NRW

Beurteilungseinheit für die Annahme eines Betriebs gewerblicher Art „Auftragsforschung”

Die in § 1 Abs. 2 Hochschulgesetz NRW (HG NRW) genannten Hochschulen und Fachhochschulen sind gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 HG NRW Körperschaften öffentlichen Rechts.

Die Hochschulen sind als juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG i. V. m. § 4 KStG nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art (BgA) steuerpflichtig und insoweit Steuersubjekt hinsichtlich jedes einzelnen BgA (vgl. BStBl 1974 II, 391).

Soweit die Hochschule Grundlagen- oder Eigenforschung betreibt, besitzt die Forschungstätigkeit hoheitlichen Charakter, weil sie der Hochschule eigentümlich und vorbehalten ist und die Ergebnisse erkennbar der Allgemeinheit zugute kommen.

Erbringt die Hochschule dagegen auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrages mit einem Dritten Auftrags- oder Ressortforschungsleistungen und erhält der Dritte die Forschungsergebnisse als Gegenleistung, sind die Einnahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit der Hochschule zuzurechnen. Erhält die Hochschule die Zahlungen für die Auftrags- oder Ressortforschung hingegen auf Grund eines Zuwendungsbescheides, liegt eine wirtschaftliche Tätigkeit nur unter den im BStBl. 2006 I, 502, genannten Voraussetzungen vor.

Entscheidungserheblich für die Frage, ob die Tätigkeit der Auftragsforschung einen Betrieb gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. § 4 KStG) begründet, ist dabei, auf welche organisatorische Einheit der Hochschule die in R 6 Abs. 5 KStR 2004 festgelegte Umsatzgrenze von 30.678 Euro anzuwenden ist, bei deren Überschreiten eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit von einigem Gewicht (R 6 Abs. 5 Satz 2 KStR 2004) vorliegt.

Nach § 25 i. V. m. § 26 Abs. 1 HG NRW gliedert sich die Hochschule in Fachbereiche als organisatorische Grundeinheiten, sofern nicht nach § 29 HG NRW wissenschaftliche Einrichtungen oder Institute begründet werden.

Als Folge dieser dezentralen Organisation der Hochschulen bildet jeder Fachbereich mit seiner Auftragsforschung einen Betrieb gewerblicher Art, sofern dessen Einnahmen aus der Auftragsforschung nachhaltig die Umsatzgrenze von 30.678 € übersteigen. Wurden Institute eingerichtet, ist die Umsatzgrenze auf die Einnahmen aus der Auftragsforschung des jeweiligen Instituts anzuwenden.

Eine Anwendung der Umsatzgrenze auf die Einnahmen aus der Auftragsforschung der jeweiligen Professorin/des jeweiligen Professors kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn dem Forschenden die Möglichkeit zur rechtlich selbständigen Verwaltung der Drittmittel gemäß § 71 Abs. 4 Satz 4 HG NRW eingeräumt wurde, und dieser die Drittmittel auch tatsächlich selbständig verwaltet.

Die tatsächliche selbständige Verwaltung der Forschungsaufträge setzt daher voraus, dass der Forschende für alle wesentlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Forschungsauftrag entscheidungsbefugt ist, diese Tätigkeiten auch selbst ausübt und sie nicht durch die Hochschulverwaltung ausüben lässt (z. B. die Anschaffung von Material und Gerätschaften, die Einstellung von Personal für Zwecke des Forschungsauftrages, die Verwaltung/Bezahlung aller Sach- und Personalkosten, die mit dem Forschungsauftrag zusammen hängen). Eine selbständige Verwaltung der Drittmittel setzt ferner voraus, dass der jeweilige Forschende entweder ein eigenes Bankkonto zur Zahlungsabwicklung des Forschungsauftrages eröffnet oder eine Einzelverfügungsberechtigung über das betroffene Bankkonto der Hochschule besitzt, auf dem seine Drittmittelzahlungen eingehen und von dem die Kosten bezahlt werden. Der Forschende muss die Überweisungen/Abhebungen von diesem Bankkonto selbst durchführen oder durch Mitarbeiter seines Lehrstuhls durchführen lassen. Da die Auftragsforschung eine Tätigkeit der Hochschule ist und keine (private) Tätigkeit des Forschenden, muss das Bankkonto auf den Namen der Hochschule lauten und die buchhalterische Erfassung der Drittmittel durch die Hochschulverwaltung muss sichergestellt sein. Soweit diese Voraussetzungen erfüllt werden, ist die Umsatzgrenze aus R 6 Abs. 5 Satz 2 KStR 2004 bezogen auf den jeweiligen Forschenden anzuwenden.

Die vorgenannten Grundsätze sind in allen nicht bestandskräftigen Veranlagungszeiträumen anzuwenden. Soweit im Rahmen der bisherigen steuerlichen Behandlung von anderen Grundsätzen ausgegangen wurde, ist zu prüfen, ob eine Änderung nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes gegebenenfalls unterbleiben kann. Dies kann in der Regel nur in Abstimmung mit dem zuständigen Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung abschließend beurteilt werden.

Inhaltlich gleichlautend
Oberfinanzdirektion Rheinland v. - S 2706- 1032 - St 134
Oberfinanzdirektion Münster v. - S 2706- 73 - St 13 - 33

Fundstelle(n):
DB 2009 S. 2292 Nr. 43
EStB 2009 S. 393 Nr. 11
CAAAD-29666