BFH Beschluss v. - IX S 10/09

Gewährung rechtlichen Gehörs; Gegenvorstellung gegen Gerichtsentscheidungen nur in Ausnahmefällen

Gesetze: EStG § 22 Nr. 3, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 133a, GG Art. 103

Instanzenzug:

Gründe

1. Den Klägern, Revisionsbeklagten und Rügeführern (Kläger) wird wegen der Versäumung der Frist für die Einlegung von Anhörungsrüge und Gegenvorstellung (vgl. § 133a Abs. 2 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) gewährt. Denn der beim Bundesfinanzhof (BFH) ankommende Telefonverkehr einschließlich Faxempfang war im maßgebenden Zeitraum vollständig unterbrochen.

2. Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Sätze 2 und 3 FGO). Es kann dahinstehen, ob mit der auf Vermutungen gestützten Anhörungsrüge die Gehörsverletzung hinreichend dargelegt wurde; der Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde im Revisionsverfahren jedenfalls nicht verletzt.

a) Zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) obliegt es dem Gericht u.a., den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben und ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (z.B. , BFH/NV 2007, 2327, m.w.N.). Dabei ist es nicht geboten, alle im Einzelfall gegebenen Umstände im Urteil zu erörtern, zumal im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (z.B. , BFH/NV 2007, 80, unter 3. c, m.w.N.).

Im Streitfall hat der erkennende Senat den Klägern rechtliches Gehör hinreichend gewährt. Mit der aufgeworfenen verfassungs-rechtlichen Problematik einer wegen (vermeintlich) ausufernden Auslegung gegebenen Unbestimmtheit des § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Auffang- oder Generaltatbestand hat sich der Senat im Urteil (auf S. 6 unter b) und vorher im Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten ausführlich befasst und die Kläger auf die wirtschaftliche Veranlassung als bestimmendes Korrektiv hingewiesen. Zudem ist das Gericht naturgemäß nicht verpflichtet, der von einem Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen (vgl. , juris).

b) Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 133a Abs. 4 Satz 3 FGO).

3. Die Gegenvorstellung hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Bedenken gegen die Statthaftigkeit einer Gegenvorstellung gegen Gerichtsentscheidungen (vgl. , BFH/NV 2008, 165, m.w.N.) kommt ein solcher nicht förmlicher Rechtsbehelf nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa bei schwerwiegenden Grundrechtsverstößen oder wenn die angegriffene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BFH-Beschlüsse vom IV S 10/05, BFHE 211, 13, BStBl II 2006, 76; vom IX S 14/06, BFH/NV 2007, 474).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Das Urteil des Senats orientiert sich an seiner —schon im nach § 90a Abs. 3 FGO nicht ergangenen Gerichtsbescheid mitgeteilten— ständigen Rechtsprechung zu § 22 Nr. 3 EStG (vgl. , BFHE 171, 500, BStBl II 1994, 96; vom IX R 74/98, BFH/NV 2002, 643; vom IX R 13/02, BFHE 207, 284, BStBl II 2005, 44). Danach ist ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung für die Annahme einer (sonstigen) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG nicht erforderlich. Die vom Senat vorgenommene Auslegung bewegt sich im Rahmen der richterlichen Auslegungsbefugnis (vgl. , Neue Juristische Wochenschrift 2009, 499).

4. Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (vgl. Nr. 6400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes —Kostenverzeichnis—).

Das Gegenvorstellungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 474).

Fundstelle(n):
PAAAD-26607