BFH Beschluss v. - VI B 8/08

Verfahrensmangel bei Rüge des Unterlassens der Zeugenvernehmung

Gesetze: EStG § 42d, FGO § 76, FGO § 81 Abs. 1, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Es kann offen bleiben, ob die geltend gemachten Zulassungsgründe in einer den gesetzlichen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Weise dargelegt sind. Denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.

2. Auch soweit die Klägerin dem FG einen „Verstoß gegen Logik und Denkgesetze” zum Vorwurf macht, ist kein Verfahrensmangel ersichtlich. Mit diesem Vorbringen rügt die Klägerin die vom FG vorgenommene Tatsachen- und Beweiswürdigung und damit einen die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigenden vermeintlichen materiell-rechtlichen Mangel der Vorentscheidung (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom VI B 384/98, BFH/NV 2000, 868; vom V B 201/06, BFH/NV 2008, 827; vom VI B 122/07, juris, und vom XI B 42/08, juris).

3. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt gleichfalls nicht in Betracht. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom VI B 33/07, BFH/NV 2008, 44; vom VI B 161/06, BFH/NV 2008, 45; vom VI B 7/08, BFH/NV 2008, 1838). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28).

Die Klägerin hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob im Rahmen der Vorschrift des § 42d Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein Verschulden des Arbeitgebers im Wege verfassungskonformer Auslegung als (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal zu berücksichtigen sei. Die Klägerin geht insoweit mit dem , BFH/NV 2007, 969) davon aus, dass der Wortlaut des § 42d Abs. 1 EStG keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthält, dass ein Verschulden Voraussetzung für die Haftung des Arbeitgebers ist. Dementsprechend geht die überwiegend in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretene Auffassung davon aus, dass die Haftung verschuldensunabhängig ist. Der Grad des Verschuldens kann aber im Rahmen der Ermessensausübung Bedeutung erlangen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 969, m.w.N.; vgl. auch z.B. Blümich/Heuermann, § 42d EStG Rz 58, m.w.N.). Deshalb ist der erkennende Senat auch in seiner jüngeren Rechtsprechung (vgl. , BFHE 221, 182, BStBl II 2008, 933) bei Anwendung des § 42d EStG davon ausgegangen, dass ein Verschulden des Arbeitgebers keine Haftungsvoraussetzung ist, sondern solches Verschulden im Rahmen der Ermessensausübung zu prüfen ist; die Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers kann sogar von vornherein ausgeschlossen sein, wenn sich der Arbeitgeber in einem Rechtsirrtum befunden hat, dessen Ursache in der Sphäre der Finanzverwaltung lag. Dabei hat der BFH stets darauf verwiesen, dass gerade in schwierigen Fällen, wenn dem Arbeitgeber bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt Zweifel über die Rechtslage kommen müssen, der Verzicht auf eine Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) vorwerfbar sein kann (vgl. z.B. , BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30, und BFH-Urteil in BFHE 221, 182, BStBl II 2008, 933). Demgegenüber lässt der Vortrag der Klägerin keinen weiteren Klärungsbedarf erkennen.

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2  2. Halbsatz FGO abgesehen.

5. Der erkennende Senat war durch die Erklärung der Klägerin, nicht mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein, nicht an einer solchen Entscheidung gehindert. Denn der BFH entscheidet über eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 116 Abs. 5 Satz 1 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. , juris; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 59).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1454 Nr. 9
UAAAD-25924