Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO; Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO; Ladung des Klägers zur mündlichen Verhandlung; Rüge der Nichterhebung eines angebotenen Beweises
Gesetze: FGO § 62 Abs. 2, FGO § 62 Abs. 6, FGO § 76, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, FGO § 119 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), im Übrigen liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor.
Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) als —verzichtbaren— Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO durch Unterlassen einer Amtsermittlung (zu den Darlegungsanforderungen vgl. , BFH/NV 2005, 43) rügen, berücksichtigen sie zum einen nicht den maßgebenden, auf einer konkreten —und vorliegend auch zutreffenden— Vertragsauslegung und Sachverhaltswürdigung beruhenden materiell-rechtlichen Standpunkt des Finanzgerichts (FG). Zum anderen haben die fachkundig vertretenen Kläger nicht dargelegt, dass sie die nunmehr in der Beschwerdebegründung behaupteten mündlichen Vertragsabsprachen bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vorgetragenen haben; sie haben insoweit ihr Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; vgl. , BFH/NV 2003, 326).
Der von den Klägern behauptete Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift hat das FG seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen. Das FG ist entgegen der Auffassung der Kläger bei seiner Überzeugungsbildung nicht von einer Sachverhaltsunterstellung ausgegangen, die nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen getragen wird. Vielmehr sind es die Kläger, die entgegen ihrem eigenen Vortrag im finanzgerichtlichen Verfahren eine „feste” Pachtdauer von 50 Jahren unterstellen, die weder nach dem vorgelegten Pachtvertrag noch nach ihrem nunmehrigen Vortrag als vertraglich bindend angesehen werden kann.
Das FG hat auch nicht das rechtliche Gehör (§ 119 Nr. 3 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) der Kläger verletzt; denn die Kläger waren in der mündlichen Verhandlung vor dem FG ordnungsgemäß vertreten. Der namens der Kläger aufgetretene Steuerberater X hat seine Bevollmächtigung gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO nachgewiesen, indem er in der mündlichen Verhandlung eine schriftliche Untervollmacht des Steuerberaters Z vorgelegt hat, welcher seine eigene Bevollmächtigung durch Vorlage einer bei den Gerichtsakten befindlichen —und hinsichtlich der Erteilung von Untervollmachten nicht beschränkten— Vollmacht der Kläger belegt hat. Danach war eine Ladung der Kläger persönlich zur mündlichen Verhandlung entbehrlich (§ 62 Abs. 2 Satz 1, Abs. 6 Satz 4 FGO).
Die Kläger machen auch zu Unrecht geltend, das FG habe eine Überraschungsentscheidung erlassen und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Eine solche Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2008, 1180, m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu erörtern und ihnen die einzelnen für die Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung einzelner Umstände —wie im Streitfall die Auslegung des Pachtvertrages— offen zu legen.
Die Kläger haben auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts im Streitfall erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO). Hierzu ist eine im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftige Rechtsfrage zu bezeichnen sowie darzulegen, inwiefern die aufgeworfene Rechtsfrage in Rechtsprechung und/ oder Schrifttum umstritten ist und deshalb eine höchstrichterliche Klärung des Streitfalles noch erforderlich ist. Hieran fehlt es im Streitfall.
Fundstelle(n):
ZAAAD-22107