BGH Beschluss v. - III ZR 89/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 287 Abs. 1

Instanzenzug: OLG München, 5 U 4081/05 vom LG München I, 32 O 6302/04 vom

Gründe

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

1.

Soweit es um die Inanspruchnahme der Beklagten zu 1 geht, hat das Berufungsgericht unter Heranziehung der Grundsätze des Senatsurteils vom (III ZR 125/06 - WM 2007, 1503) die erhobenen Beweise dahin gewürdigt, dass der Beklagten zu 1 im Hinblick auf die Herstellung des Emissionsprospekts und die wirtschaftliche Initiierung des Projekts eine - sich aus dem Prospekt und bei der Vermittlung der Anleger nicht unmittelbar ergebende - Schlüsselfunktion zugekommen ist, die ihre Prospektverantwortlichkeit begründet. Die Einwände der Beschwerde, die sich hiergegen richten und darüber hinaus auf Fragen des Verschuldens und der Kausalität beziehen, führen zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit nimmt der Senat im Einzelnen auf seine, der Beklagten zu 1 bekannten Beschlüsse vom (III ZR 154/08 - BeckRS 2009, 08039, III ZR 167/08 - BeckRS 2009, 07719 und III ZR 168/08 - BeckRS 2009, 07720) zur näheren Begründung Bezug.

2.

Auch in Bezug auf die Beklagte zu 3 ist eine Zulassung nicht veranlasst.

a)

Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3 stillschweigend ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Dass sich der Kläger an die Beklagte zu 3 mit der Vorstellung gewandt hat, Vorschläge für eine steueroptimierte Investition zu erhalten, und zusätzlich einen Steuerberater zu Rate gezogen hat, steht der rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts nicht entgegen.

Hiernach war die Beklagte zu 3 zu einer objekt- und anlegergerechten Beratung verpflichtet. Die unter Verwendung des fehlerhaften Emissionsprospekts durchgeführte Anlageberatung der Beklagten zu 3, die sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Wesentlichen darauf beschränkte, dass sich der Berater die Prospektaussagen zu Eigen machte, war nicht objektgerecht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 123, 126, 129 f ; Senatsurteil vom - III ZR 298/05 - NJW-RR 2008, 1365, 1368 Rn. 22, 24).

b)

Wie das Berufungsgericht weiter festgestellt hat, war der Beklagten zu 3 bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennbar, dass die Risikohinweise in dem Prospekt Anlass zu Zweifeln boten und dass der Prospekt bei einer Gesamtschau hinsichtlich des Risikos eines Totalverlustes einen unrichtigen Eindruck vermittelte. Das steht, soweit es den angesprochenen Fehler angeht, mit der Senatsrechtsprechung (vgl. Urteile vom a.a.O. S. 1504 f Rn. 15; vom a.a.O. S. 1366 Rn. 10) in Einklang, die insoweit - trotz des nicht aufgegebenen Anspruchs, dass die Prospektverantwortlichen eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen dürfen (vgl. - NJW-RR 1992, 879, 881) - auf den hinreichend sorgfältigen und kritischen Leser des Prospekts abgestellt hat.

Es bedeutet - entgegen der Auffassung der Beschwerde - auch keine Überspannung von Sorgfaltsanforderungen oder gar einen Verstoß gegen die Gewährleistung in Art. 12 Abs. 1 GG, dass das Berufungsgericht der Beklagten zu 3 insoweit ein Verschulden zugemessen hat. Von einer Bank, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dem Kläger bedeutet hat, sie habe den Fonds geprüft und mit der Beteiligungsgesellschaft oder ihrer Komplementärin schon länger zusammengearbeitet, darf erwartet werden, dass sie den der Beratung zugrunde gelegten Prospekt in seinen zentralen Aussagen prüft und dass sie es bemerkt, wenn eine besonders werbewirksame und daher als Verkaufsargument ins Auge springende Restrisikobetrachtung in Wirklichkeit die tatsächliche Risikosituation beschönigt. Wenn sie diese von ihr im Rahmen einer Anlageberatung erwartete Aufgabe nicht übernehmen wollte oder hierzu im Hinblick auf die Vertriebsvereinbarung und die in ihr enthaltene Freistellung von Ansprüchen durch die Beklagte zu 1 keinen Anlass gesehen haben sollte, musste sie dies dem Anleger offenlegen. Mit einer - so gesetzlich nicht vorgesehenen - Garantiehaftung hat dies nichts zu tun. Insoweit kann sich die Beschwerde auch nicht auf das Urteil des XI. Zivilsenats vom (a.a.O.) beziehen, weil es dort um die Frage ging, welche Pflichten eine die Beteiligung finanzierende Bank trifft, während hier Pflichten aus einem Beratungsverhältnis in Rede stehen, dem maßgebend ein (fehlerhafter) Prospekt und die Aussage zugrunde gelegt wurden, der Fonds sei von ihr geprüft worden.

c)

Das angefochtene Urteil ist auch nicht deswegen zu beanstanden, weil es angenommen hat, der Prospektfehler sei für die Anlageentscheidung des Klägers kausal geworden. Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt dem Anleger eine auf die Lebenserfahrung gegründete tatsächliche Vermutung zugute, dass er sich bei einer deutlichen Aufdeckung des Risikos eines Totalverlustes gegen eine Beteiligung entschieden hätte (vgl. Urteil vom - III ZR 300/05 - NJW-RR 2007, 1329, 1332 Rn. 21; Beschlüsse vom a.a.O. Rn 5; vgl. auch Urteil vom - III ZR 290/07 - BeckRS 2008, 23805 Rn. 18). Die Beschwerde weist auf kein Vorbringen hin, das das Berufungsgericht zur Frage übergangen hätte, ob die für die Kausalität sprechende Vermutung widerlegt sein könnte. Der Umstand, dass der Kläger eine steueroptimierte Anlage wünschte und wohl auch erhielt, vermag die Kausalitätsvermutung für sich gesehen nicht zu erschüttern.

d)

Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil das Berufungsgericht bei der Berechnung des Schadens die Anrechnung von Steuervorteilen des Klägers außer Betracht gelassen hat.

Ist - wie hier nach § 15 EStG - auch die Schadensersatzleistung zu versteuern, ist unter dem Gesichtspunkt, dass das Gericht über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden hat (§ 287 Abs. 1 ZPO) und eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen Vermögenslage angesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglichkeiten der konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, eine nähere Berechnung nur dann rechtlich geboten, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Kläger - auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung - außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat (vgl. - NJW 2006, 499 Rn. 8; vom a.a.O. S. 1369 Rn. 28). Solche Umstände, für die die Beklagte zu 3, die sich auf eine Ausgleichung von Vorteilen beruft, die Beweislast hat, werden von der Beschwerde nicht als übergangen gerügt. Auch wenn man von den behaupteten Steuervorteilen des Klägers aus Verlustzuweisungen in den Jahren 2000 und 2001 ausgeht, bleibt es doch dabei, dass sich im Hinblick auf die nur geringen Ausschüttungen die zu versteuernde Ersatzleistung auf eine dem Beteiligungsbetrag nahezu entsprechende Summe beläuft. Das Berufungsgericht hatte daher keinen Anlass, insoweit von einem - wie die Beschwerde meint - "weit überkompensierenden Erträgnis" auszugehen. Dabei mag offen bleiben, ob in einem von der Beschwerde veranschlagten Vermögensvorteil von 4.000 EUR bezogen auf den Gesamtbetrag der verlangten Ersatzleistung ein außergewöhnlicher Steuervorteil im Sinn der zitierten Rechtsprechung liegen würde; denn die Beschwerde bezieht sich insoweit nicht auf ein entsprechendes Vorbringen in den Tatsacheninstanzen.

e)

Auch im Übrigen sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht ersichtlich.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1584 Nr. 9
HFR 2010 S. 75 Nr. 1
WAAAD-21042

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