BGH Beschluss v. - IX ZB 2/07

Leitsatz

[1] Wählt der verheiratete Schuldner ohne einen sachlichen Grund die Steuerklasse V, kann dies einen Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit darstellen.

Gesetze: InsO § 295 Abs. 1; InsO § 296 Abs. 1

Instanzenzug: LG Wuppertal, 6 T 548/06 vom AG Wuppertal, 145 IK 193/03 vom

Gründe

1.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6, 296 Abs. 3 Satz 1 InsO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).

Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob ein verheirateter Schuldner verpflichtet ist, im Rahmen der Erwerbsobliegenheit auf die Wahl einer geeigneten Steuerklasse zu achten, ist geklärt. Wählt der verheiratete Schuldner ohne hinreichenden sachlichen Grund eine für den Gläubiger ungünstige Steuerklasse, kann darin ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit liegen (Braun/Lang, InsO, 3. Aufl., § 295 Rn. 5; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 295 Rn. 6; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 295 Rn. 14 c; Graf-Schlicker/Kexel, InsO § 295 Rn. 4; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 295 Rn. 6 im Anschluss an AG Duisburg ZVI 2002, 163, 164). Dies steht in Einklang mit der Ansicht des Senats zu § 4c Nr. 5 InsO. Danach ist dem Schuldner in Hinblick auf die Verfahrenskostenstundung zuzumuten, in die Steuerklasse IV zu wechseln, um sein liquides Einkommen zu erhöhen, wenn er ohne einen sachlichen Grund die Steuerklasse V gewählt hat, um seinem nicht insolventen Ehegatten die Vorteile der Steuerklasse III zukommen zu lassen (, NZI 2008, 624, 625 Rn. 5). Nach den Grundsätzen der Individualzwangsvollstreckung ist in entsprechender Anwendung von § 850h Abs. 2 ZPO ebenfalls eine missbräuchliche Steuerklassenwahl den Gläubigern gegenüber unbeachtlich (vgl. , WM 2005, 2324, 2325; BAG, NJW 2008, 2606, 2608 Rn. 25). Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde verstoßen diese Grundsätze auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG.

Das Beschwerdegericht hat unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze das Beibehalten der Steuerklasse V als Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 1, § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO beurteilt. Dies ist eine zulässige tatrichterliche Bewertung, die einzelfallbezogen ist und jedenfalls keine symptomatischen Rechtsfehler aufweist.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.

2.

Da die Rechtsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (§ 4 InsO, § 114 Satz 1 ZPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1231 Nr. 7
DB 2009 S. 844 Nr. 16
DStR 2009 S. 1381 Nr. 27
HFR 2009 S. 1038 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 15/2009 S. 1064
StuB-Bilanzreport Nr. 11/2009 S. 445
WM 2009 S. 715 Nr. 15
NAAAD-17916

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja