Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: EFZG § 4 Abs. 1; EFZG § 4 Abs. 1a; EFZG § 4a; ArbZG § 11 Abs. 3; EStG § 3b Abs. 1; SGB IV § 14; SGB IV § 17 Abs. 1; ArEV (vom gültig bis , BGBl. I S. 1208) § 1
Instanzenzug: LAG Frankfurt/Main, 6 Sa 175/07 vom ArbG Gießen, 1 Ca 421/06 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Sonn- und Feiertagszuschläge umfasst.
Die Klägerin ist auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom seit November 2001 in der von der Beklagten betriebenen Seniorenresidenz als Saalservicekraft beschäftigt.
Nr. 5 des Arbeitsvertrags lautet:
"Lohn/Gehalt
Der Arbeitnehmer erhält ein Monatsgehalt von DM 2.570,00 brutto nachträglich zahlbar jeweils am Ende eines Monats.
Die Zahlung von Gratifikationen, Prämien oder ähnlichen Zuwendungen liegt im freien Ermessen des Arbeitgebers und begründet keinen Rechtsanspruch, auch wenn sie ohne ausdrücklichen Vorbehalt des Arbeitgebers erfolgt.
..."
Unter Nr. 14 des Vertrags ist ua. geregelt:
"Zusätzliche Vereinbarungen"
"zu § 5: Sonntagszuschlag DM 70,00"
Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen wird ein Ersatzruhetag gewährt. Die Beklagte zahlt betriebsüblich für an Sonn- und Feiertagen tatsächlich erbrachte Arbeitsleistungen zusätzlich zum Entgelt pauschale Zuschläge netto. Der Zuschlag für Sonntagsarbeit beträgt 50 %, für Feiertagsarbeit 125 % und für Arbeit an den Weihnachtsfeiertagen 150 %. Bei der Klägerin entspricht dies 25,00 Euro für Sonntagsarbeit, 59,00 Euro für Feiertagsarbeit und 70,80 Euro für Arbeit an den Weihnachtsfeiertagen.
Die Klägerin war am 18. und sowie am 1. Januar, 21. und 25. Mai, 4., 5., 15. und dienstplanmäßig für Sonn- bzw. Feiertagsarbeit eingeteilt, jedoch an diesen Tagen arbeitsunfähig krank. Die Beklagte zahlte ihr deshalb die Sonn- und Feiertagszuschläge in rechnerisch unstreitiger Höhe von 440,80 Euro nicht aus.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 440,80 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall umfasse keine Sonn- und Feiertagszuschläge, weil es sich um Aufwendungsersatz bzw. Einsatzprämien handele. Sonn- und Feiertagszulage seien auch steuer- und sozialversicherungsrechtlich nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Zudem würde die Klägerin bei Zuerkennung eines Anspruchs doppelt bezahlt, weil sie bei krankheitsbedingten Ausfällen Arbeitszeitgutschriften erhalte.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Gründe
I. Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch die Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit beanspruchen kann. Die Arbeit der Klägerin an den Sonn- und Feiertagen ist allein aufgrund ihrer jeweiligen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ausgefallen, denn die Klägerin war an den fraglichen Sonn- und Feiertagen zum Dienst eingeteilt. Damit hat die Klägerin gem. § 4 Abs. 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem Entgeltausfallprinzip.
1. Das Entgeltausfallprinzip erhält dem Arbeitnehmer grundsätzlich die volle Vergütung einschließlich etwaiger Zuschläge. Lediglich Leistungen, die nicht an die Erbringung der Arbeitsleistung in einem bestimmten Zeitabschnitt gekoppelt sind, sondern hiervon unabhängig aus besonderem Anlass gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt ( - BAGE 8, 1; - 1 AZR 88/71 - BAGE 23, 436; Senat - 5 AZR 829/76 - AP LohnFG § 2 Nr. 7).
Die Entgeltfortzahlung für wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ausgefallene Feiertagsarbeit schließt die entsprechenden Zuschläge mit ein, gleiches gilt für Sonntagszuschläge. Diese Zuschläge sind zusätzliche Gegenleistung für die an Sonn- und Feiertagen zu leistende besonders lästige bzw. belastende Arbeit. Als Entgelt rechnen diese Zuschläge nicht zum Aufwendungsersatz iSv. § 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG, der im Krankheitsfall nicht geschuldet ist.
Die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen in § 3b Abs. 1 EStG, §§ 14, 17 Abs. 1 SGB IV, § 1 Arbeitsentgeltverordnung vom (BGBl. I S. 1208; gültig bis ) rechtfertigen es nicht, das Arbeitsentgelt arbeitsrechtlich wie Aufwendungsersatz zu behandeln. Vielmehr setzen diese Regelungen gerade voraus, dass die Zuschläge zum steuer- und beitragspflichtigen Entgelt rechnen. Im Übrigen kommt es für die Bemessung des fortzahlungspflichtigen Entgelts nicht darauf an, ob und in welcher Höhe das Arbeitsentgelt oder Teile davon steuerfrei und in der Sozialversicherung beitragsfrei sind (Senat - 5 AZR 780/96 - zu 2 der Gründe; - 5 AZR 116/77 - AP LohnFG § 2 Nr. 9).
2. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Zuschläge arbeitsvertraglich zu.
a) Die Parteien haben zwar im schriftlichen Arbeitsvertrag nur einen Anspruch auf einen Sonntagszuschlag geregelt. Das Landesarbeitsgericht hat aber festgestellt, dass die Beklagte im Falle tatsächlicher Arbeitsleistung betriebsüblich auch Feiertagszuschläge in bestimmter Höhe zahlt, also eine entsprechende betriebliche Übung begründet hat. Das hat die Beklagte in der Revision nicht angegriffen, sondern lediglich auf die arbeitsvertragliche Regelung der Sonntagszuschläge verwiesen. Danach beträgt der Sonntagszuschlag sogar 70,00 DM (= 35,79 Euro).
b) Dem Anspruch der Klägerin auf Feiertagszuschläge steht nicht der in Nr. 5 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt entgegen. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit Freiwilligkeitsvorbehalte überhaupt bezüglich Sonn- und Feiertagszuschlägen wirksam vereinbart werden können (vgl. - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 38; Senat - 5 AZR 627/06 - BAGE 122, 182), denn die in § 5 des Arbeitsvertrags enthaltene Regelung für Gratifikationen, Prämien und ähnliche Zuwendungen betrifft nicht die streitgegenständlichen Zuschläge.
c) Die Sonn- und Feiertagszuschläge stellen keine Sondervergütung iSd. § 4a EFZG dar, zumal es an einer entsprechenden Kürzungsvereinbarung fehlt.
3. Soweit die Beklagte einwendet, der Klägerin Ersatzruhetage für Sonn- und Feiertagsarbeit durch Zeitgutschriften gewährt zu haben, steht dies dem Anspruch auf die geltend gemachten Feiertagszuschläge nicht entgegen. Werden Arbeitnehmer an einem Sonn- oder Feiertag beschäftigt, muss ihnen aus Gründen des Gesundheitsschutzes in einem bestimmten Ausgleichszeitraum ein Ersatzruhetag gewährt werden (§ 11 Abs. 3 ArbZG). Eine bezahlte Freistellung an einem Beschäftigungstag kann allerdings nicht verlangt werden ( - Rn. 10 mwN, AP MTArb § 15 Nr. 1; Senat - 5 AZR 294/00 - BAGE 100, 124). Es kann dahinstehen, ob eine Zeitgutschrift den arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen des § 11 Abs. 3 ArbZG genügt, jedenfalls entfällt der Anspruch auf Sonn- und Feiertagszuschläge weder mit der Zeitgutschrift in Höhe der Grundarbeitszeit noch mit der Gewährung eines Ersatzruhetags. Die Zeitgutschrift, ohne die die Klägerin die durch die Arbeitsunfähigkeit ausgefallenen Stunden nacharbeiten müsste, dient nur zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Grundvergütung.
4. Die Zinsansprüche ergeben sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.
II. Die Kostentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BB 2009 S. 773 Nr. 15
BFH/NV 2009 S. 1775 Nr. 10
DB 2009 S. 909 Nr. 17
NWB-Eilnachricht Nr. 18/2009 S. 1322
StuB-Bilanzreport Nr. 24/2009 S. 934
KAAAD-14012
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein