Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB VI § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3; SGB VI § 77 Abs 2 Satz 2; SGB VI § 77 Abs 2 Satz 3
Instanzenzug: SG Detmold, S 20 R 68/05 vom
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die dem Kläger bewilligte Rente wegen Erwerbsminderung mit dem ungeminderten Zugangsfaktor von 1,0 oder mit einem Zugangsfaktor von 0,895 - das bedeutet einen "Abschlag" von 10,5 % - zu berechnen ist.
Der am 1948 geborene Kläger bezieht seit dem eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Laut Anlage 6 des Bescheids vom wurde der Zugangsfaktor von 1,0 um 0,105 (35 Kalendermonate x 0,003) auf 0,895 vermindert; der Rentenberechnung wurden dementsprechend an Stelle von 47,4666 persönlichen Entgeltpunkten (EP) nur 42,4826 EP zu Grunde gelegt. Dies hatte eine Absenkung der Rente um 10,5 % zur Folge, wodurch sich (ab ) ein monatlicher Zahlbetrag von 1.110,07 Euro (brutto) ergab. Zugleich wurde im Versicherungsverlauf eine Zurechnungszeit von insgesamt 57 Monaten vom Eintritt der Erwerbsminderung am bis einschließlich Juni 2008 berücksichtigt. Seinen Widerspruch, mit dem er die Berücksichtigung des ungeminderten Zugangsfaktors von 1,0 begehrte, lehnte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom ab.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Detmold (SG) mit Urteil vom abgewiesen und die Sprungrevision zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 1,0. Dies ergebe sich aus § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3, Satz 2 und 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Dem - BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3) werde nicht gefolgt. Die Entscheidung sei zu Recht in Literatur und Rechtsprechung auf Kritik gestoßen. Bereits der gesetzlichen Formulierung sei die Rechtmäßigkeit der Verwaltungspraxis der Beklagten zu entnehmen. § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI regle die Minderung des Zugangsfaktors ohne Einschränkung generell vor Vollendung des 63. Lebensjahres. Eine Begrenzung des Abschlags finde sich in § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI, wonach der Zugangsfaktor um maximal 0,108 (36 Kalendermonate x 0,003) gemindert werde. Diese sich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebende Interpretation werde durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Der Gesetzgeber habe generell das Ziel gehabt, Vorteile eines längeren Rentenbezugs durch einen verminderten Zugangsfaktor auszugleichen, um damit dem vom BSG mehrfach zur Begründung herangezogenen Grundsatz der "Vorleistungsbezogenheit" Rechnung zu tragen. Darüber hinaus sei Sinn der Neuregelung auch gewesen, Ausweichreaktionen von den Altersrenten in die Renten wegen Erwerbsminderung entgegenzuwirken. Der Gesetzesbegründung sei an keiner Stelle zu entnehmen, dass ein verminderter Zugangsfaktor lediglich für Versicherte gelten solle, die das 60. Lebensjahr vollendet hätten. Dagegen sei in der Gesetzesbegründung ausdrücklich ein Abschlag von höchstens 10,8 % genannt worden (Hinweis auf BT-Drucks 14/4230 S 24). Aus § 264c SGB VI könne entgegen der Auffassung des 4. Senats des BSG kein anderer Schluss gezogen werden, denn hierbei handele es sich um eine Übergangsregelung zur Berechnung der Höhe der Abschläge, die die Berechnungsregel des § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI modifiziere. Für dieses Ergebnis spreche die vom Gesetzgeber gleichzeitig normierte Verlängerung der Zurechnungszeit, die einen Ausgleich für die Absenkung des Zugangsfaktors darstelle. Die Auffassung des BSG, dass ab dem 60. Lebensjahr eine laufende Rente zu kürzen sei, widerspreche im Übrigen auch dem Grundsatz des § 88 SGB VI, wonach es bei der Höhe der EP für eine einmal bezogene Rente bleibe, sofern diese nicht aus tatsächlichen Gründen anders zu berechnen sei. Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung der Rente begegne auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung von § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3, Satz 2 und 3 SGB VI. Schon der Wortlaut des § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI spreche für sein Begehren. Danach gelte die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme. Auch die Entstehungsgeschichte spreche für die Auffassung des 4. Senats des BSG (BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3). Grundgedanke der Gesetzesreform sei gewesen, die Höhe von Erwerbsminderungsrenten an die Höhe der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten anzupassen und damit Ausweichreaktionen von den Altersrenten in die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken. Ein solches Ausweichen komme erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres in Betracht. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Erwerbsminderung unabhängig vom Willen des Versicherten eintrete. Im Übrigen sei bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten diejenige vorzuziehen, die mit der Verfassung am besten in Einklang stehe. Allein die Tatsache, dass der Gesetzgeber gleichzeitig die Zurechnungszeit erhöht habe, spreche nicht für ein anderes Ergebnis. Denn die Erhöhung der Zurechnungszeit mildere die hinzunehmenden Abschläge auch für die Versicherten ab, die vor Beginn des 60. Lebensjahres und darüber hinaus eine Erwerbsminderungsrente bezögen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom zu verurteilen, dem Kläger ab Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und trägt ergänzend vor, die Regelung des § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI begrenze die Höhe des Abschlags bei Erwerbsminderungsrenten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet werden, sodass der Zugangsfaktor um maximal 10,8 % zu mindern sei. Unter Berücksichtigung der Übergangsregelung des § 264c SGB VI iVm Anlage 23 zum SGB VI ergebe sich beim Kläger ein Abschlag von 10,5 %. Entgegen der Ansicht des 4. Senats des BSG stelle § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI keine inhaltsleere Regelung dar, sondern sei eine notwendige Ergänzung zu § 77 Abs 3 SGB VI.
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf höhere Rente hat. Darin liegt nach Überzeugung des Senats keine Grundrechtsverletzung.
Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich gemäß § 63 Abs 6, § 64 Nr 1 bis 3 SGB VI, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.
Der Zugangsfaktor ist ein Berechnungselement der persönlichen EP, dessen Höhe in § 77 SGB VI näher geregelt ist, hier in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom (RV-Nachhaltigkeitsgesetz - BGBl I 1791; zur Gesetzesentwicklung Blüggel in Wannagat, SGB VI, § 77 RdNr 6 f, Stand 7/2007; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 77 SGB VI RdNr 1 ff, Stand 12/2005). Danach richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, ob die vom Versicherten während des Erwerbslebens erzielten EP in vollem Umfang oder nur zu einem Anteil bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche EP zu berücksichtigen sind. Der Zugangsfaktor ist für EP, die noch nicht Grundlage von persönlichen EP einer Rente waren, gemäß § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0. So liegt der Fall beim Kläger. Er bezieht eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 63. Lebensjahres, denn zum Zeitpunkt des Beginns der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung am hatte der im Juli 1948 geborene Kläger erst das 55. Lebensjahr vollendet (zur Auslegung des Begriffs "Rentenbeginn" im Sinne des Rentenzahlbeginns Senatsbeschluss vom - B 5 RJ 15/04 R, unveröffentlicht; BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2).
Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres, so bestimmt § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI, dass die Vollendung des 60. Lebensjahres für die "Bestimmung des Zugangsfaktors" maßgebend ist. Davon abweichend regelt § 264c SGB VI (idF der Bekanntmachung vom , BGBl I 754; zur Neufassung ab dem Art 1 Nr 72 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung = RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom , BGBl I 554), dass bei der Ermittlung des Zugangsfaktors an Stelle der Vollendung des 60. Lebensjahres die Vollendung des in Anlage 23 zum SGB VI (in der bis geltenden Fassung; zur Aufhebung der Anlage 23 ab dem Art 1 Nr 83 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) angegebenen Lebensalters maßgebend ist, wenn eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem beginnt. Die Voraussetzungen dieser Übergangsvorschrift liegen beim Kläger vor; entsprechend der Anlage 23 zum SGB VI und dem Rentenbeginn am hat die Beklagte bei der Absenkung des Zugangsfaktors 35 Monate berücksichtigt (vom zu unterstellenden Lebensalter von 60 Jahren und 1 Monat bis zur Erreichung des 63. Lebensjahres) und deshalb einen Zugangsfaktor von 0,895 ermittelt. Gleichzeitig legte die Beklagte entsprechend § 253a SGB VI iVm der Anlage 23 zutreffend eine Zurechnungszeit von insgesamt 57 Monaten (1 Monat als beitragsgeminderte Zeit) zu Grunde. Im Zeitpunkt der Erwerbsminderung hatte der Kläger das 55. Lebensjahr bereits vollendet. Die übrige Zeit bis zur hypothetischen Vollendung des 60. Lebensjahres war nach Anlage 23 zu 53 Vierundfünfzigstel als Zurechnungszeit anzurechnen, das sind aufgerundet 57 Monate. Ohne die Übergangsregelung wären vom bis zum insgesamt 58 Monate zu berücksichtigen gewesen. Aufgrund des früheren Rechts hätte die Zurechnungszeit insgesamt nur 17 Monate betragen (§ 59 Abs 3 SGB VI in der bis zum geltenden Fassung).
§ 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI (ggf iVm § 264c SGB VI und der Anlage 23 zum SGB VI in der bis geltenden Fassung) ist als Berechnungsregel zur Umsetzung der allgemeinen Grundsätze zur Rentenhöhe iS des § 63 Abs 5 iVm § 64 Nr 1 SGB VI zu verstehen (so auch stellvertretend: Bredt, NZS 2007, 193; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 77 SGB VI RdNr 1, Stand 12/2005; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung im SGB, § 77 SGB VI Anm 1, Stand 5/2005; Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 77 RdNr 4, Stand 2/2002). Im Ergebnis ist der Zugangsfaktor bei Inanspruchnahme von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres um maximal 0,108 zu mindern und somit auf mindestens 0,892 festzulegen. Dafür sprechen Wortlaut und systematische Stellung des § 77 SGB VI wie auch Sinn und Zweck, systematischer Gesamtzusammenhang und Entstehungsgeschichte der Norm.
Indem die Grundregel des § 77 Abs 1 SGB VI für die Rentenberechnung zum einen das Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder Tod für maßgebend erklärt und zum anderen das rechnerische Verhältnis zwischen EP und persönlichen EP festlegt, bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass der Zugangsfaktor und somit die nach § 77 Abs 2, 3 SGB VI zu ermittelnden "Abschläge" oder "Zuschläge" für die gesamte Dauer des ununterbrochenen Rentenbezugs gelten sollen (vgl - Juris RdNr 281 ff; Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 77 RdNr 10, Stand 2/2002; Blüggel in Wannagat, SGB, § 77 SGB VI RdNr 18, Stand 7/2007; Ohsmann/Stolz/Thiede, DAngVers 2003, 171). Falls dieselben EP einer weiteren Rente zu Grunde zu legen sind, ist durch § 77 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI eine erneute Ermittlung des Zugangsfaktors grundsätzlich ausgeschlossen (vgl auch § 77 Abs 3 Satz 1 SGB VI).
§ 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI bestimmt die Höhe des Zugangsfaktors für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Danach sinkt der Zugangsfaktor von 1,0 um 0,003 für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird. Ein Rentenbeginn nach dem 63. Lebensjahr hat somit keine Absenkung des Zugangsfaktors zur Folge. Ein sehr früher Rentenbeginn würde demgegenüber bei isolierter Anwendung des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI zu einer Absenkung des Zugangsfaktors auf null führen. Zur Vermeidung dieses Ergebnisses ergänzt § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI die genannte Vorschrift dahingehend, dass die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend sein soll, wenn eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bereits vor der Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Bei jüngeren erwerbsgeminderten Versicherten wird hinsichtlich des Zugangsfaktors so getan, als habe der Versicherte das 60. Lebensjahr bereits vollendet. Entgegen der Grundregel des § 77 Abs 1 SGB VI, wonach sich der Zugangsfaktor nach dem (tatsächlichen) Alter des Versicherten bei Rentenbeginn bestimmt, ordnet das Gesetz eine Rentenberechnung unter der (fiktiven) Annahme an, der Versicherte habe das 60. Lebensjahr bereits vollendet, um auf diese Weise die Minderung des Zugangsfaktors entsprechend der 36 Monate zwischen dem vollendeten 60. und dem vollendeten 63. Lebensjahr auf maximal 36 x 0,003 = 0,108 zu begrenzen (so auch Ruland, NJW 2007, 2087; Mey, RVaktuell 2007, 46; Bredt, NZS 2007, 194; Blüggel in Wannagat, SGB, § 77 SGB VI RdNr 28, Stand 7/2007; Kreikebohm in BeckOK, § 77 SGB VI RdNr 5, Stand 9/2007; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung im SGB, § 77 SGB VI Anm 3b, Stand 5/2005; Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 77 RdNr 28, Stand 2/2002; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 77 SGB VI RdNr 16, Stand 12/2005; Polster in Kasseler Kommentar, § 77 SGB VI RdNr 12, Stand 9/2006). Eine zusätzliche Herabsetzung des Zugangsfaktors mit Rücksicht auf eine tatsächliche Inanspruchnahme der Erwerbsminderungsrente vor der Vollendung des 60. Lebensjahres ist ausgeschlossen. Dass es bei der Bezugnahme auf das 60. Lebensjahr des Versicherten um eine Fiktion für die Bestimmung des Zugangsfaktors und nicht etwa um die Festlegung des Beginns der Rentenminderung geht, wird insbesondere daran deutlich, dass dieselbe Vorschrift auch bei der Hinterbliebenenrente auf die Vollendung des 60. Lebensjahres abstellt, um die Höhe des Zugangsfaktors zu bestimmen. Andernfalls müsste dem Gesetz unterstellt werden, es wolle die Rentenhöhe für den Zeitraum regeln, nachdem der verstorbene Versicherte das genannte Lebensalter erreicht haben würde.
§ 77 Abs 2 Satz 2 und 3 SGB VI dient für die aktuell zu berechnende Rente ausschließlich der Bestimmung eines einheitlichen Zugangsfaktors für die gesamte Zeit des Rentenbezugs und nicht etwa eines variablen Zugangsfaktors in Abhängigkeit von verschiedenen Bezugszeiträumen. Das auf einer möglichen "Vorzeitigkeit" der Rente wegen Erwerbsminderung beruhende gegenteilige Konzept des 4. Senats des BSG (BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3, jeweils RdNr 22 f) findet im Gesetz keine Stütze. Eine "vorzeitige" Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung im Sinne einer freien Entscheidung des Versicherten, vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden zu wollen, ist nicht möglich, da der Leistungsfall (Eintritt der Erwerbsminderung) in der Regel unabhängig vom Willen des Versicherten eintritt (vgl insoweit auch die Kritik des DGB und des VdK im Rahmen der 57. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am , Prot 14/57 S 18, 26). Streng genommen kann somit in Bezug auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht von einer vorzeitigen, sondern allenfalls von einer früheren oder späteren Inanspruchnahme gesprochen werden (in diesem Sinne auch Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung im SGB, § 63 SGB VI Anm 6, Stand 12/2005). Dessen war sich der Gesetzgeber auch bewusst, wie nicht nur die Auseinandersetzung im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung (aaO) zeigt, sondern auch im Wortlaut des § 77 Abs 2 Satz 1 SGB VI zum Ausdruck kommt. Denn das Gesetz spricht von einer "vorzeitigen" Inanspruchnahme nur in Satz 1 Nr 2a, der sich ausschließlich auf Renten wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres (ab : "Erreichen der Regelaltersgrenze"; vgl Art 1 Nr 23 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bezieht. Mit der Einführung des abgesenkten Zugangsfaktors auch bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen werden, durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbG) vom (BGBl I 1827) wurde der Begriff der "Vorzeitigkeit" in § 63 Abs 5 SGB VI gestrichen. Während vor dem eine Bezugnahme auf die "vorzeitige Inanspruchnahme ..." enthalten war, heißt es jetzt nur noch: "Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden."
Dieses Ergebnis wird durch die Regelung des § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI nicht in Frage gestellt. Danach "gilt" die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme. Mit dieser Fiktion wird im Interesse des Versicherten eine Ausnahme von dem sich aus § 77 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1, Abs 3 Satz 1 SGB VI ergebenden Grundsatz geschaffen, dass ein früherer Zugangsfaktor auch für spätere Renten maßgeblich bleibt (ebenso Ruland, NJW 2007, 2087; Bredt, NZS 2007, 194; Mey, RVaktuell 2007, 46 f; Blüggel in Wannagat, SGB, § 77 SGB VI RdNr 30 ff, Stand 7/2007; Kreikebohm SGB VI, 2. Aufl 2003, § 77 RdNr 16; Polster in Kasseler Kommentar, § 77 SGB VI RdNr 21, Stand 9/2006; Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 77 RdNr 47 mit Beispiel, Stand 2/2002; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 77 SGB VI RdNr 18 f mit Beispiel, Stand 12/2005). § 77 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI schließt eine (Neu-)Berechnung des Zugangsfaktors aus, soweit die EP des Versicherten bereits Grundlage von persönlichen EP einer Rente gewesen sind. Damit korrespondiert die in Abs 3 Satz 1 derselben Vorschrift angeordnete Übernahme des bisherigen Zugangsfaktors in die Berechnung einer Folgerente (vgl hierzu im Einzelnen Schmitz, LVA Rheinprovinz Mitteilungen 2003, 142 ff). Dadurch wird das gesetzgeberische Anliegen verwirklicht (vgl nochmals § 63 Abs 5 SGB VI), Rentenleistungen an jüngere Versicherte mit Rücksicht auf die längere Bezugszeit auch in denjenigen Fällen zu begrenzen, in denen eine Erwerbsminderungsrente mangels Besserung im Gesundheitszustand des Versicherten ohne Unterbrechung wiederholt zu bewilligen ist, weil sie gemäß § 102 Abs 2 SGB VI grundsätzlich längstens für drei Jahre und nicht auf Dauer gewährt werden darf; ohne die genannten Vorschriften wäre der Zugangsfaktor für jede Folgerente als eigenständiger Leistungsfall neu zu ermitteln (so auch Bredt, NZS 2007, 194).
Die Fiktion des § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI durchbricht die beschriebene "Perpetuierung" des Zugangsfaktors bei Rentenbezug aufgrund mehrerer aufeinander folgender Rentenbewilligungen für diejenigen Fälle, in denen ein früherer Rentenbezug endet, wenn der Versicherte also beispielsweise lediglich zwischen dem 42. und 44. Lebensjahr Rente bezieht, dann aber bis zum 65. Lebensjahr (oder darüber hinaus) wieder erwerbstätig ist. Obwohl die vor dem 42. Lebensjahr erworbenen EP anlässlich der früheren Rentenbewilligung mittels abgesenktem Zugangsfaktor zu persönlichen EP umgerechnet und der Rente zu Grunde gelegt worden waren, weil es sich um einen Rentenbezug vor dem 63. Lebensjahr gehandelt hatte, ist die Altersrente des Versicherten nach § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI so zu berechnen, als sei die frühere Rente nicht "vorzeitig" gewährt und infolgedessen auch nicht abgesenkt worden; infolgedessen bestimmt sich der Zugangsfaktor nach § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 1 bzw Nr 2 Buchst b SGB VI und nicht nach Abs 3. Schon nach dem Wortlaut des § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI ("gilt") wird der Rentenabschlag nicht auf die Zeit nach dem 60. Lebensjahr verschoben; vielmehr wird der frühere Bezug einer abgesenkten Rente als ungeschehen fingiert, um den nur vorübergehend erwerbsgeminderten Versicherten vor einem "immerwährenden Abschlag" zu schützen.
Gestützt wird dieses Normverständnis durch die Regelung des § 77 Abs 3 Satz 3 Nr 2 SGB VI. Danach wird der Zugangsfaktor für EP, die Versicherte bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 60. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003 je Kalendermonat erhöht. Die Normierung dieses "Zuschlags" nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 60. Lebensjahres bei einem Zugangsfaktor "kleiner als 1,0" wäre sinnlos, hätte die gesetzgeberische Absicht tatsächlich darin bestanden, die Minderung des Zugangsfaktors bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Rentenbezugszeiten ab dem 60. Lebensjahr zu beschränken (zutreffend Mey, RVaktuell 2007, 47).
Ein weiteres systematisches Argument hat der 13. Senat im Beschluss vom (B 13 R 9/08 S) aufgezeigt. Gleichzeitig mit dem RRErwerbG hat der Gesetzgeber einen Rentenabschlag bei der Alterssicherung für Landwirte eingeführt, der demjenigen in der allgemeinen Rentenversicherung entsprechen sollte (vgl BT-Drucks 14/4230 S 1 unter B 6, S 24 unter 6; BT-Drucks 14/4630 S 2 vor C). Da die Renten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) ohne Zugangsfaktor berechnet werden, musste die Neuregelung anders formuliert werden als im SGB VI. Infolgedessen ordnete § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG in der bis zum geltenden Fassung eine Minderung des (dortigen) allgemeinen Rentenwerts um 0,3 % für jeden Kalendermonat an, für den eine Rente wegen Erwerbsminderung vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird; § 23 Abs 8 Satz 2 Halbsatz 1 ALG begrenzte den Abschlag (grundsätzlich) auf höchstens 10,8 %. Zwischen Rentenbezugszeiten vor und nach Vollendung des 60. Lebensjahres wurde dabei nicht unterschieden, sodass Erwerbsminderungsrenten nach dem ALG auch dann abzusenken sind, wenn sie vor dem 60. Lebensjahr des Versicherten beginnen. Das muss infolgedessen auch im Rahmen von § 77 SGB VI gelten. Diese Vorschrift ist in diesem Punkt nicht anders zu verstehen als die Parallelregelung im ALG, nachdem die angeordnete Rentenkürzung in allen übrigen Punkten in beiden Bereichen gleich ist.
Sinn und Zweck der Vorschrift bestätigen die Auffassung, dass § 77 Abs 2 SGB VI die Minderung des Zugangsfaktors auch für Zeiten des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente vor der Vollendung des 60. Lebensjahres regelt.
Die Absenkung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme von Renten wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres durch die Neufassung des § 77 SGB VI in Art 1 Nr 22 RRErwerbG vom (BGBl I 1827) ist Teil einer Gesamtstrategie, mit der in mehreren aufeinander aufbauenden Schritten auf die demografische Entwicklung reagiert und die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung gesichert werden soll. Sie enthielt zunächst die Anhebung des Renteneintrittsalters und die Minderung des Zugangsfaktors für vorzeitige Altersrenten durch das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) und wurde mit einer nochmaligen Anhebung der regelmäßigen Altersgrenze durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom in jüngster Vergangenheit fortgeführt (BGBl I 554; vgl auch dessen Begründung, BT-Drucks 16/3794 S 1). Damit soll eine sozial angemessene und finanziell tragfähige Alterssicherungspolitik verwirklicht und ein wichtiger Beitrag zu mehr Wachstum und Beschäftigung geleistet werden (vgl Nationaler Strategiebericht Sozialschutz und soziale Eingliederung der Bundesregierung vom , BR-Drucks 583/06 S 33).
In dieses Gesamtkonzept fügt sich die Absenkung des Zugangsfaktors für Erwerbsminderungs-, Erziehungs- und Hinterbliebenenrenten nur dann ohne gravierende Widersprüche ein, wenn sie auch in den Fällen angewandt wird, in denen der Leistungsfall vor dem 60. Lebensjahr des Versicherten liegt. Die Höhe des Zugangsfaktors hängt seit 1992 bei den Altersrenten vom Zeitpunkt des Rentenbeginns ab, damit Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer vermieden werden (so der jetzige § 63 Abs 5 SGB VI; vgl auch Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 77 RdNr 26). Der Vorteil einer früheren Inanspruchnahme einer Rente liegt darin, dass die Summe der gezahlten Rentenleistungen (statistisch gesehen) höher ist als bei einem späteren Rentenbeginn, weil die Rentenlaufzeit (statistisch) insgesamt länger ist. Ein früher Renteneintritt bedeutet trotz der durch fehlende Beitragszeiten bedingten geringeren Rente eine Mehrbelastung der Versichertengemeinschaft, die durch einen abgesenkten Zugangsfaktor begrenzt werden soll; dieser ist so bestimmt, dass der jeweilige Gesamtwert der lebenslangen Rente unabhängig vom Rentenbeginn im statistischen Durchschnitt gleich hoch ist (vgl Salthammer, DRV 2003, 613 ff; Ruland in GK-SGB VI, § 63 RdNr 53 f, Stand 9/2006). Denn die möglichst frühzeitige Inanspruchnahme einer Rente entspricht nicht dem eine Versicherung prägenden Prinzip der Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung. Eine wesentliche Durchbrechung dieses Äquivalenz- bzw Versicherungsprinzips lag im früheren Recht darin, dass Versicherte die Altersrente ohne Abschlag bis zu fünf Jahre vor der regulären Altersgrenze erhalten konnten und durch den (statistisch) verlängerten Rentenbezug die insgesamt zu zahlende Rentensumme beträchtlich erhöhten.
Unter dem Gesichtspunkt des Versicherungsprinzips gilt für die übrigen Rentenarten nichts anderes, soweit der Berechtigte die Rente (oder weitere Renten) durchgehend bis zu seinem Tode in Anspruch nimmt. Nachdem das Missverhältnis zwischen Beitrag und Leistung bei einem vorzeitigen Altersrentner zur Absenkung des Zugangsfaktors führte, war es im Grunde nur schwer verständlich, dass ein gleichaltriger Erwerbsminderungsrentner von jeglicher Kürzung verschont bleiben sollte, zumal bei erheblich gesenkten Altersrenten in der betroffenen Altersgruppe mit einer massiven Zunahme der Anträge auf Erwerbsminderungsrente zu rechnen war. Deshalb forderte der Bundesrat bei den Beratungen über das RRG 1992 die Bundesregierung zu einer Änderung des Rechts der Erwerbsminderungsrenten auf, "die zu einer sachgerechten und sozial ausgewogenen Risikoabgrenzung zwischen Renten- und Arbeitslosenversicherung führt und gleichzeitig verhindert, dass die im RRG 1992 vorgesehene Heraufsetzung der Altersgrenzen unterlaufen wird" (BT-Drucks 11/4452 S 9 Nr 9). Sowohl der Äquivalenzgedanke als auch der Hinweis auf die Gefahr von Ausweichreaktionen finden sich in der Gesetzesbegründung zum RRErwerbG wieder (BT-Drucks 14/4230 S 26 zu Nr 16 und zu Nr 22). Die in allen Rentenarten vergleichbare Mehrbelastung durch einen frühen Renteneintritt würde allerdings eine völlige Angleichung des Zugangsfaktors der übrigen Rentenarten an denjenigen der Altersrente kaum rechtfertigen können. Denn die Altersrente darf erst ab einem bestimmten Mindestalter in Anspruch genommen werden, während die anderen Renten schon in sehr jungen Jahren beginnen können. Zudem können die Versicherten (außer in bestimmten Fällen der Arbeitslosigkeit) regelmäßig frei wählen, ab wann sie eine Altersrente beziehen wollen. Im Lichte dieser Unterschiede passen die im RRErwerbG getroffenen Regelungen in die Gesamtstrategie zur Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung; gleichzeitig wurde vermieden, dass sich der Zugangsfaktor im Laufe der Rentenbezugszeit ändert, was das überkommene System der Rentenberechnung mit einer grundsätzlich einmalig zu ermittelnden konstanten Rechengröße (vgl § 88 Abs 1 und 2 SGB VI) und nur einem dynamischen Faktor durchbrochen hätte.
Infolgedessen ging es dem Gesetzgeber des RRErwerbG nur um eine "Anpassung" und nicht um eine "Gleichstellung" von Erwerbsminderungsrenten und Altersrenten. Dabei werden der Versicherte und seine Hinterbliebenen - wie bereits dargelegt - vor einer allzu empfindlichen Minderung geschützt, indem der Zugangsfaktor bei jüngeren Versicherten so festgesetzt wird, als habe der Versicherte das Mindestalter für eine Altersrente (in der hier anwendbaren Fassung 60 Jahre) bereits erreicht, und indem die Absenkung auf einen Renteneintritt vor dem 63. Lebensjahr beschränkt wird, während der Anspruch auf Altersrente erst ab dem 65. Lebensjahr in voller Höhe besteht; dadurch beträgt die Absenkung maximal 10,8 % im Vergleich zu 18 % bei der Altersrente (vgl BT-Drucks 14/4230 S 24, vor Nr 4). Darüber hinaus wird der Versicherte mit Hilfe zusätzlicher Zurechnungszeiten jetzt so gestellt, als ob er bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres weitergearbeitet hätte (vgl § 59 Abs 1 und 2 Satz 2, § 253a SGB VI); vorher wurde die Zeit ab dem 55. Lebensjahr lediglich zu einem Drittel berücksichtigt. Die weitergehende Anrechnung von Zurechnungszeiten soll die Anpassung der Höhe der Erwerbsminderungsrenten an die Höhe der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten zusätzlich begrenzen (vgl die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ruland im Rahmen der 57. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am , Prot 14/57 S 8; BT-Drucks 14/4230 S 23 f, II Nr 3). Bei Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung im Alter von 56 Jahren und acht Monaten reduziert sich die Rentenminderung bei einem "Eckrentner" dadurch auf 3,3 % - je nach Versicherungsbiografie kann sie geringer oder höher ausfallen. Jedenfalls kommt der effektive Abschlag dem Maximalwert von 10,8 % umso näher, je mehr sich der Rentenbeginn dem 60. Lebensjahr des Versicherten nähert; bei späterem Renteneintritt sinkt der prozentuale Rentenabschlag allmählich wieder, bis er bei 63 Jahren ganz entfällt. Die Fokussierung der Rentenminderung auf den Renteneintritt mit 60 stellt insofern ein schlüssiges Konzept dar, als sich gerade die Versicherten dieser Altersgruppe unter der Geltung des bisherigen Rechts zB insbesondere bei Arbeitslosigkeit vor die Frage gestellt sehen konnten, ob sie statt der vorzeitigen Altersrente mit einem Abschlag von 18 % eine wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarkts mögliche Erwerbsminderungsrente ohne Abschlag anstreben sollten (ähnlich Mey, RVaktuell 2007, 48).
Ein ganz wesentliches Element dieses Konzepts ist die Abschwächung des Rentenabschlags durch die zusätzliche Zurechnungszeit bei einem Renteneintritt vor dem 60. Lebensjahr. Wäre der nach § 77 Abs 2 SGB VI abgesenkte Zugangsfaktor nur bei Renteneintritt bzw Rentenbezug ab dem 60. Lebensjahr anwendbar, würde der Rentenabschlag gerade nicht abgeschwächt, sondern das RRErwerbG hätte bei früherem Renteneintritt im Vergleich zum bisherigen Recht zu einer Rentenerhöhung geführt und entgegen den dargestellten Bemühungen des Gesetzgebers um eine Anhebung des Renteneintrittsalters einen Anreiz geschaffen, mittels frühen Rentenantrags zu versuchen, zumindest vorübergehend den Abschlag zu vermeiden. Infolgedessen bestätigt die Neuregelung der Zurechnungszeit die mit den Absichten des Gesetzgebers im Einklang stehende Auslegung, nach der die Rentenminderung auch Renten erfasst, die vor dem 60. Lebensjahr des Versicherten gewährt werden. § 59 Abs 2 Satz 2, § 63 Abs 5, §§ 77, 253a, 264c SGB VI bilden ein aufeinander abgestimmtes "Gesamtpaket" (vgl Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 253a RdNr 2, Stand 8/2001; Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 264c RdNr 4 f, Stand 2/2002; BT-Drucks 14/4230 S 26 zu Nr 16). Dies wird besonders deutlich in der Anlage 23 zum SGB VI, die übergangsweise je nach Zeitpunkt des Rentenbeginns festlegt, in welchem Umfang der Zugangsfaktor zu senken (§ 264c SGB VI) bzw gegenläufig - in darauf abgestimmten Stufen - die Zurechnungszeit zu verlängern ist (§ 253a SGB VI).
Schließlich bestätigt die Einfügung von Abs 4 in § 77 SGB VI durch Art 1 Nr 23 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom (BGBl I 554) ab dem das dargestellte Gesamtkonzept und führt es fort, indem für langjährig Versicherte die Weitergeltung der bisherigen Altersgrenzen angeordnet wird (vgl BT-Drucks 16/3794 S 36 zu Nr 23). Folgte man der Auffassung, wonach der Rentenabschlag erst ab Vollendung des 60. Lebensjahres greifen soll, so würde diese zu Zwecken des Vertrauensschutzes geschaffene Regelung in ihr Gegenteil verkehrt: Versicherte mit mindestens 40 Pflichtbeitragsjahren würden durch die Herabsetzung des 62. auf das 60. Lebensjahr nicht begünstigt, sondern benachteiligt.
Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt die Regelung des § 77 Abs 2 SGB VI nicht gegen das Grundgesetz (GG).
Der Kläger ist nicht dadurch in seinem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (Eigentumsgarantie) verletzt, dass bei der Berechnung des Monatsbetrags seiner Rente wegen Erwerbsminderung statt eines Zugangsfaktors von 1,0 ein Zugangsfaktor von 0,895 (Abschlag von 10,5 %) zu Grunde gelegt wird.
Bezogen auf den aktuellen Rentenwert bewirkt die Absenkung des Zugangsfaktors allein eine Kürzung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung um 132,38 Euro, die durch die gleichzeitig erfolgte Verlängerung der Zurechnungszeit nicht ganz ausgeglichen wird. Die Veränderung der beiden genannten Berechnungselemente durch die Neuregelung hat demnach insgesamt in der Auslegung durch die Beklagte eine Rentenminderung um (aktuell) 38,11 Euro oder von 3,27 % im Verhältnis zum bisherigen Recht zur Folge.
Rentenansprüche und -anwartschaften werden vom verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz nach Art 14 Abs 1 GG erfasst (vgl zuletzt BVerfGE 117, 272, 292 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 50 mwN; stRspr). Der Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG ist vorliegend dadurch tangiert, dass im Vergleich zur früheren Rechtslage mit der Rechtsänderung durch das RRErwerbG eine Verschlechterung für den Kläger insoweit eingetreten ist, als nunmehr bei einer Inanspruchnahme einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 63. Lebensjahres der Zugangsfaktor gemindert wird.
Der Kläger wird jedoch nicht in seinem Grundrecht aus Art 14 GG verletzt. Bei der in Streit stehenden Vorschrift handelt es sich um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung durch den Gesetzgeber. Der Eingriff in die Rechtsposition des Klägers erweist sich gemessen an der gesetzgeberischen Zielsetzung als geeignet und erforderlich und ist andererseits gemessen an der vom Kläger erworbenen Rechtsposition sowie Art und Umfang seiner Beitragsleistung verhältnismäßig und zumutbar.
Eingriffe in rentenrechtliche Anwartschaften sind zulässig, wenn sie einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sind. Dabei verengt sich die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in dem Maße, in dem Rentenanwartschaften durch den personalen Anteil eigener Leistungen der Versicherten geprägt sind (vgl zuletzt BVerfGE 117, 272, 294 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 54 mwN; stRspr). Die eigene Leistung findet vor allem in einkommensbezogenen Beitragszahlungen ihren Ausdruck. Sie rechtfertigt es, dass der durch sie begründeten rentenrechtlichen Rechtsposition ein höherer Schutz gegen staatliche Eingriffe zuerkannt wird als einer Anwartschaft, soweit sie nicht auf Beitragsleistungen beruht (vgl hierzu BVerfGE 116, 96, 122 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 81; BVerfGE 100, 1, 33 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3; kritisch zur Zuordnung der Zurechnungszeit zum Eigentumsschutzbereich im Hinblick auf das Erfordernis der "Eigenleistung" Plagemann in jurisPR-SozR 20/2006 Anm 4). Knüpft der Gesetzgeber an ein bereits bestehendes Versicherungsverhältnis an und verändert er die in dessen Rahmen begründete Anwartschaft zum Nachteil des Versicherten, so ist darüber hinaus ein solcher Eingriff am rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu messen, der für die vermögenswerten Güter und damit auch für die rentenrechtliche Anwartschaft in Art 14 GG eine eigene Ausprägung erfahren hat (vgl zuletzt BVerfGE 117, 272, 294 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 55 mwN).
Wie bereits näher dargelegt, wollte der Gesetzgeber mit den in Rede stehenden Regelungen des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3, Satz 2 und 3 SGB VI idF des RRErwerbG zum einen der Gefahr begegnen, dass im Hinblick auf die gesetzlich normierten Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme von Altersrenten unverhältnismäßig viele Anträge auf Erwerbsminderungsrenten gestellt würden; zum anderen hat er das Ziel verfolgt, das Versicherungsrisiko der unterschiedlich langen Rentenbezugsdauer mit Hilfe versicherungsmathematischer Abschläge zu neutralisieren.
Die mit dem RRErwerbG normierte Absenkung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 63. Lebensjahres stellt allein schon deshalb eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar, weil sie ersichtlich dazu dient, die Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten und den - ua durch die demografische Entwicklung - veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Wie der Hochrechnung der finanziellen Auswirkungen der im RRG 1992 und im RRErwerbG beschlossenen Maßnahmen zu entnehmen ist, geht es dabei in erster Linie um eine Verlangsamung der nach früherem Recht zu erwarten gewesenen Erhöhungen des Beitragssatzes in der Rentenversicherung und der entsprechenden Mehrausgaben des Bundes (vgl BT-Drucks 14/4230 S 36 mit Tabelle Nr 1). Sind allein die finanziellen Erwägungen ein legitimer Grund für den Eingriff, so kann offen bleiben, ob auch andere mit der Regelung vom Gesetzgeber verfolgte Ziele für sich oder zusätzlich die in Frage stehende Regelung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 117, 272, 297 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 63).
Die im öffentlichen Interesse liegende Minderung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres war auch verhältnismäßig im weiteren Sinne (dh geeignet, erforderlich und zumutbar).
Die Regelung war geeignet, die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele zu erreichen. Ihm steht - wie dies das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erneut in seinem Beschluss vom (BVerfGE 117, 272, 295 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 58 f) zum Ausdruck gebracht hat - im Sozialversicherungsrecht wie in allen komplexen, von künftigen Entwicklungen abhängigen Regelungsbereichen ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Bei der Ausgestaltung der Versicherungsverhältnisse benötigt der Rentengesetzgeber Flexibilität, die ihm nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich nicht verwehrt werden kann. Mit Rücksicht auf das unterschiedliche Versicherungsrisiko von in niedrigerem oder höherem Alter beginnenden Renten und auf die dadurch gebotene Annäherung von Erwerbsminderungs- und Altersrenten bewegt sich die Vorschrift über die Absenkung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme einer Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 63. Lebensjahres innerhalb dieses verfassungsrechtlichen Einschätzungsspielraums.
Die Regelung genügt auch dem Gebot der Erforderlichkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht des Klägers nicht oder doch weniger einschränkendes Mittel hätte wählen können. Der Gesetzgeber kann insbesondere nicht darauf verwiesen werden, eine Einsparung in anderen, von dem betroffenen Gesetz nicht erfassten Bereichen zu erzielen (vgl BVerfG SozR 4-5050 § 22 RdNr 91 mwN; stRspr). Unter dem Gesichtspunkt des Erforderlichkeitsgrundsatzes war er nicht verpflichtet, auf andere Maßnahmen auszuweichen, insbesondere - im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen - die Beitragssätze zu erhöhen, die Bestandsrenten abzusenken oder auf eine Anpassung der Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung zu verzichten. Um dem Erforderlichkeitsgebot Rechnung zu tragen, war er ebenso wenig gehalten, einen höheren Bundeszuschuss vorzusehen und ggf für diesen Zweck Steuern einzuführen oder zu erhöhen.
Die Absenkung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 63. Lebensjahres ist für den Kläger auch zumutbar.
Hierbei ist zu beachten, dass das Gesetz nicht in einen schon bestehenden Rentenanspruch des Klägers, sondern in seine Rentenanwartschaft eingegriffen hat. Anwartschaften sind aber wegen des großen Zeitraums zwischen ihrem Erwerb und der Aktivierung des Rentenanspruchs naturgemäß stärker einer Veränderung der für die Rentenberechnung maßgeblichen Verhältnisse unterworfen (vgl BSGE 92, 206 = SozR 4-2600 § 237 Nr 1, jeweils RdNr 43) und genießen nicht denselben eigentumsrechtlichen Schutz wie die Rente. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die Übergangsregelung des § 264c SGB VI (iVm der Anlage 23 des SGB VI; jeweils in der bis zum geltenden Fassung) und die Kompensation über die verlängerte Zurechnungszeit nach §§ 59, 253a SGB VI die Wirkung der Absenkung des Zugangsfaktors abgemildert hat. Die den Eingriff in die Rentenanwartschaft mindernde Wirkung der Anhebung der Zurechnungszeit wirkt sich gerade beim Kläger deutlich aus und führt im Ergebnis dazu, dass an Stelle der durch die Absenkung des Zugangsfaktors bewirkten Minderung um 132,38 Euro, der Rentenzahlbetrag im Ergebnis nur 38,11 Euro weniger beträgt. Der Senat verkennt nicht, dass dies immer noch eine Einbuße von ca 3,27 % bedeutet, die aber im Hinblick auf die Einbußen anderer Versicherter zumutbar ist. Der um 3,27 % herabgesenkte Rentenbetrag führt noch nicht zu wesentlichen, unzumutbaren Einschränkungen im Lebensstandard des Versicherten, wie er ihn aufgrund seines durchschnittlichen Verdienstes im aktiven Erwerbsleben aufbauen konnte.
Die Neuregelung durch das RRErwerbG genügt auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die hier für den Eingriff - Absenkung des Zugangsfaktors - maßgebliche Regelung des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI idF des RRErwerbG greift nicht im Sinne einer (echten) Rückwirkung zu Ungunsten des Klägers in eine Rechtsposition ein, die dieser bereits vor deren Inkrafttreten am inne hatte. Im Übrigen war die Änderung der Rechtslage für die Versicherten nicht völlig überraschend, nachdem der Bundesrat bereits im April 1989 die Bundesregierung zu einer Reform der Erwerbsminderungsrenten in diesem Sinne aufgefordert hatte.
Die Regelungen des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3, Satz 2 und 3 SGB VI verstoßen auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Der darin enthaltene allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 75, 348, 357 = SozR 2200 § 555a Nr 3; stRspr); Entsprechendes gilt für eine Gleichbehandlung trotz Bestehens gewichtiger Unterschiede. Nachdem die getroffenen Maßnahmen durch das Ziel gerechtfertigt sind, die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten, ist es unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes nicht zu beanstanden, dass die Versichertengruppe, zu welcher der Kläger gehört, gegenüber derjenigen anders behandelt wird, die wegen eines Rentenbeginns vor dem noch nicht von der Absenkung des Zugangsfaktors betroffen war. Mit jeglicher Anpassung des Rechts an geänderte Verhältnisse ist zwangsläufig eine ungleiche Behandlung von Betroffenen vor und nach dem Inkrafttreten einer Rechtsänderung verbunden und kann daher für sich allein nicht zur Verfassungswidrigkeit führen.
Der Gesetzgeber war durch das im Gleichheitssatz enthaltene Differenzierungsgebot nicht gehalten, Erwerbsminderungsrenten wegen gewichtiger Unterschiede zu den Altersrenten von den dort eingeführten Rentenabschlägen ganz auszunehmen. Dem Kläger ist zuzustimmen, dass ein Versicherter es letztlich nicht in der Hand hat, den Zeitpunkt einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung selbst zu bestimmen. Jedoch kann es bei länger währender Arbeitslosigkeit im rentennahen Alter ebenfalls kaum noch praktische Alternativen zu einem Antrag auf vorgezogene Altersrente mit Rentenabschlägen geben; bei Entlassungen gegen Abfindung kann sogar eine arbeitsrechtliche Verpflichtung zu einem solchen Antrag bestehen. Insofern haben die Unterschiede nicht das ihnen vom Kläger beigemessene Gewicht. Sie sind durch den geringeren Abschlag in Höhe von maximal 10,8 statt 18 % und die erhöhte Zurechnungszeit bei jüngeren Erwerbsminderungsrentnern angemessen berücksichtigt. Aus Sicht des Senats war es im Hinblick auf den Gleichheitssatz nicht nur gerechtfertigt, sondern möglicherweise sogar geboten, die Finanzierungsschwierigkeiten der Rentenversicherung durch längere Rentenlaufzeiten nicht allein zu Lasten der Altersrentner zu lösen, nachdem der Bundesrat im Jahre 1989 auf diese Problematik hingewiesen hatte.
Schließlich greift der Einwand nicht, der Gesetzgeber habe auch für Erwerbsminderungsrentner eine dem § 187a SGB VI entsprechende Möglichkeit schaffen müssen, die bei Anwendung von § 77 Abs 2 SGB VI entstehende Rentenminderung durch Beitragszahlungen auszugleichen. Ein diesbezügliches Verfassungsgebot ist schon deshalb zu verneinen, weil die Erwerbsminderungsrente in deutlich geringerem Ausmaß abgesenkt wird als die Altersrente, sodass die unterschiedlich hohen Versorgungslücken eine unterschiedliche Behandlung sachlich rechtfertigen. Im Übrigen sind keine Gründe ersichtlich, die den Erwerbsminderungsrentner an der Entrichtung freiwilliger Beiträge hindern würden, um seine künftig zu erwartende Altersrente aufzubessern (§ 7 Abs 1 und 2, Gegenschluss aus § 75 Abs 2 SGB VI; vgl auch VerbKomm § 75 SGB VI Anm 3.3, Stand 12/2004); da § 7 Abs 3 SGB VI das Recht zur freiwilligen Versicherung ausschließt, wenn eine Vollrente wegen Alters bindend bewilligt ist, bedarf es lediglich für vorzeitig in Anspruch genommene Altersrenten der Sonderregelung des § 187a SGB VI.
Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG liegt ebenfalls nicht vor.
Art 3 Abs 3 Satz 2 GG bezweckt die Stärkung der Stellung behinderter Menschen in Recht und Gesellschaft. Sie enthält ein Gleichheitsrecht zu Gunsten Behinderter sowie einen Auftrag an den Staat, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen hinzuwirken (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl 2007, Art 3 RdNr 142). Es ist bereits fraglich, ob der Schutzbereich des Grundrechts, der zunächst eine Ungleichbehandlung voraussetzt, tangiert ist. Jedenfalls liegt eine Benachteiligung wegen Behinderung nicht vor. Die Absenkung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs 2 SGB VI betrifft seit dem RRErwerbG alle Rentenarten, wenn die jeweilige Rente vor der im Gesetz normierten Altersgrenze in Anspruch genommen wird. Damit sollen Vor- und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer bei allen Rentenarten ausgeglichen werden. Eine Benachteiligung des Klägers wegen einer Behinderung liegt somit nicht vor.
Die Revision des Klägers ist somit zurückzuweisen. Damit weicht der Senat zwar vom Urteil des 4. Senats vom ab (BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3); dennoch ist er an der Entscheidung nicht gehindert. Der 4. Senat kann mit der hier entscheidungserheblichen Rechtsfrage nicht mehr befasst werden, denn er ist nach einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit Wirkung zum für Streitigkeiten aus dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr zuständig. An seine Stelle sind der 13. und der erkennende Senat getreten. Der 13. Senat hat auf die Anfrage des erkennenden Senats am beschlossen (B 13 R 9/08 S), an der Rechtsprechung des 4. Senats im Urteil vom nicht festzuhalten (vgl § 41 Abs 3 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstelle(n):
VAAAD-13473