Beurteilung des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums an Rechten an Kapitalgesellschaften; Gewährung rechtlichen Gehörs; Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht
Gesetze: AO § 39 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 76, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), im Übrigen liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor.
1. Die Rechtssache hat —entgegen der Ansicht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger)— keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Denn die aufgeworfene Rechtsfrage nach der wirtschaftlichen Inhaberschaft an einem Unternehmen bei Zertifikaten auf Anteilsscheinen ist nicht klärungsfähig. Zum einen kommt es auch für die Beurteilung des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung) an Rechten an Kapitalgesellschaften auf das —regelmäßig nicht klärungsbedürftige— Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall an (vgl. , BFHE 218, 299, BStBl II 2007, 937; , BFH/NV 2008, 2022). Zum anderen ist der Inhalt der als Schuldverschreibung anzusehenden (Aktien-)Zertifikate nach den allgemeinen Regeln (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches) durch Auslegung zu ermitteln (vgl. Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl., § 793 Rz 2; PWW/Buck-Heeb, 3. Aufl., § 793 Rz 10). Eine (vermeintlich) unzutreffende Vertragsauslegung durch das Finanzgericht (FG) „aufgrund der eindeutigen Formulierungen des Kauf- und Tauschvertrags” betrifft jedoch die Verletzung materiellen Rechts; die damit geltend gemachte fehlerhafte Rechtsanwendung vermag indes die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 15/08, BFH/NV 2008, 1350; vom VIII B 250/05, BFH/NV 2007, 1675).
2. a) Das FG hat auch nicht gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen. Ein derartiger Verstoß setzt eine Verletzung des § 96 Abs. 1 FGO dadurch voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der schriftlich festgehaltenem Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder eine nach den Akten eindeutig festgestellte Tatsache unberücksichtigt lässt (BFH-Beschlüsse vom III B 51/98, BFH/NV 1999, 970, und in BFH/NV 2008, 2022). Hingegen stellt vorliegend die Rüge des Widerspruchs zum Akteninhalt (ohne Benennung der Aktenstücke im Einzelnen; s. dazu BFH-Beschlüsse vom VIII B 200/06, nicht veröffentlicht —n.v.—, juris; vom V B 43/03, BFH/NV 2004, 1303; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 72, m.w.N.) letztlich nur die Behauptung einer fehlerhaften Vertragsauslegung und unzutreffenden Würdigung des Vorbringens der Beteiligten und damit keinen Verfahrensfehler dar (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 56/08, n.v., juris; vom X B 76/96, BFH/NV 1997, 246, m.w.N.).
b) Soweit die Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) als (verzichtbaren) Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) in Gestalt des Übergehens von Beweisanträgen (zu den Darlegungsanforderungen vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 115/97, BFH/NV 1999, 630; vom IX B 209/05, BFH/NV 2007, 80, m.w.N.) oder durch Unterlassen einer Amtsermittlung (zu den Darlegungsanforderungen vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43; vom VIII B 187/05, BFH/NV 2007, 74) rügen, berücksichtigen sie zum einen nicht den maßgebenden, auf einer anderen Vertragsauslegung und Sachverhaltswürdigung beruhenden materiell-rechtlichen Standpunkt des FG (vgl. , BFH/NV 2005, 1065, und in BFH/NV 2008, 2022, unter 4.a); zum anderen haben die in der mündlichen Verhandlung vor dem FG fachkundig vertretenen Kläger —ausgenommen den Beweisantrag bezüglich des Zeugen W— ihr Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache (s. Sitzungsprotokoll; zu dessen Beweiskraft s. § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung —ZPO—) und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO; vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 98/01, BFH/NV 2003, 326; in BFH/NV 2007, 80, unter 3.b). Auch fehlt der Vortrag, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. , BFH/NV 2007, 1179). Im Übrigen —hinsichtlich des Kaufvertrags mit T— können bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden oder deren Aufnahme ins Protokoll per FG-Beschluss abgelehnt werden, die Ablehnung ist zu protokollieren (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4 ZPO); das ist nicht geschehen.
c) Auch hinsichtlich der —trotz eines auch in der mündlichen Verhandlung vor dem FG wiederholten Beweisantrags— unterlassenen Vernehmung des im Ausland ansässigen „sachverständigen” Zeugen W hat das FG seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht verletzt. Denn ob die Kläger das wirtschaftliche Eigentum aufgrund der getroffenen Vereinbarungen an den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft erworben haben, hat das FG gemäß § 96 Abs. 1 FGO aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens aufgrund eigener Sachkunde zu beurteilen. Insoweit war die Einvernahme des ausländischen Zeugen —unabhängig von einer evtl. Gestellungspflicht— für die Entscheidungsfindung des
FG nicht erheblich (s.a. FG-Urteil S. 12), zumal eine schriftliche Stellungnahme des Zeugen vorgelegen hat.
d) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor. Zur Gewährung rechtlichen Gehörs obliegt es dem Gericht u.a., den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben und ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (z.B. , BFH/NV 2007, 2327, m.w.N.), nicht jedoch, der von den Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen (vgl. , Deutsches Verwaltungsblatt 2008, 1056). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die von den Klägern vertretene Rechtsansicht —wie vorliegend— auf einer vom FG abweichenden Vertragsauslegung bzw. Sachverhaltswürdigung beruht, so dass letztlich eine fehlerhafte Rechtsanwendung und damit materiell-rechtliche Fehler geltend gemacht werden, die jedoch eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom V B 122/05, BFH/NV 2007, 1517; vom IX B 234/07, n.v., juris, m.w.N.).
e) Hinsichtlich des Kaufvertrags mit T ist —über die Ausführungen vorstehend unter 2.b) und d) hinaus— deren Erheblichkeit nicht schlüssig dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Denn aus dem in der mündlichen Verhandlung als Fax vorgelegten Schriftstück ergibt sich nicht, dass die Gegenleistung seitens T an den Kläger nur 150 000 DM beträgt, vielmehr ist von T „keine weitere Zahlung über 250.000 DM” zu verlangen. Nur um diese 250 000 DM hat das FG den bisher festgesetzten Veräußerungsgewinn —unter Beachtung des Verböserungsverbots— erhöht.
3. Auch ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO) nicht erforderlich. Es bleibt dahingestellt, ob die Kläger die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und der (vermeintlichen) Divergenzentscheidungen (, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897; , BFHE 214, 550, BStBl II 2006, 906; vom VIII R 66/03, BFHE 211, 458, BStBl II 2006, 307) so herausgearbeitet und gegenübergestellt haben, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar wird. Jedenfalls liegt die gerügte Divergenz nicht vor. Denn das FG ist nach seinen tatsächlichen, den Senat —auch im Beschwerdeverfahren— bindenden Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), zu denen auch Würdigungen und Schlussfolgerungen tatsächlicher Art gehören (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 174/02, BFH/NV 2003, 649; vom IX B 34/07, BFH/NV 2008, 239), von einem anderen Sachverhalt ausgegangen, wonach im Streitfall „die Gegenleistung in Form der Tauschaktien nach dem klaren Wortlaut des Vertrags sofort zu erbringen” war; folglich war maßgebender Veräußerungszeitpunkt und Stichtag für die Bewertung der . Demgegenüber sollte in den angeführten Divergenzentscheidungen die Gegenleistung „vereinbarungsgemäß erst zu einem späteren Zeitpunkt” erfolgen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAD-09891