BGH Beschluss v. - 3 StR 198/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 4; StGB § 16 Abs. 1 Satz 1; StGB § 179 Abs. 1

Instanzenzug: LG Kiel, vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

1. Die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des Landgerichts erhielt der Angeklagte in den frühen Morgenstunden Besuch von drei jungen Leuten, darunter auch der 18jährigen W. , die nach einem Diskothekenbesuch bei ihm noch etwas weiterfeiern wollten. Nach einiger Zeit wurde W. müde, legte sich im Schlafzimmer des Angeklagten bekleidet auf dessen Bett und schlief ein. Später legte sich der Angeklagte neben sie, zog ihr Hose und Slip aus und drang mit seinem Glied von hinten in ihre Scheide ein, ohne dass sie davon etwas bemerkte. Als sie aus dem Schlaf erwachte und sich erschrocken aufrichtete, ließ der Angeklagte von ihr ab und entgegnete auf ihre Frage, was das solle, er habe gedacht, sie wolle das auch.

Das Landgericht hat nicht auszuschließen vermocht, dass der Angeklagte irrig von einer Einwilligung der Frau in den Geschlechtsverkehr ausgegangen ist, und ausgeführt, selbst ein solcher Irrtum lasse weder den Vorsatz noch die Schuld entfallen. Dies ist rechtsfehlerhaft.

Hätte die Frau, ehe sie eingeschlafen war, in sexuelle Handlungen des Angeklagten mit ihr eingewilligt, wären diese Handlungen nicht objektiv unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit im Sinne von § 179 Abs. 1 StGB vorgenommen worden (Fischer, StGB 55. Aufl. § 179 Rdn. 16). Der Irrtum über ein Tatbestandsmerkmal lässt aber nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB den Vorsatz entfallen. Nichts anderes ergibt sich, wenn in der Einwilligung ein Rechtfertigungsgrund gesehen wird: Der Angeklagte hätte dann einen Umstand angenommen, der geeignet gewesen wäre, die Rechtswidrigkeit seines Tuns auszuschließen. Dies ist wie ein den Vorsatz ausschließender Irrtum über Tatumstände nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB zu bewerten (vgl. BGHSt 31, 264, 286/287 m. w. N.).

Der Sachverhalt muss unter Zugrundelegung dieser Rechtslage erneut aufgeklärt werden, wobei der neue Tatrichter auch die Beanstandungen der Revision zur Plausibilität des festgestellten Sachverhalts nach den Maßstäben der Lebenserfahrung zu bedenken haben wird.

2. Wegen des inneren Zusammenhangs der Körperverletzung mit dem als unmittelbar vorangehend festgestellten Sexualdelikt hebt der Senat auch diese Verurteilung auf, um dem neuen Tatrichter einheitliche neue Feststellungen zu ermöglichen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
SAAAC-94614

1Nachschlagewerk: nein