BFH Beschluss v. - VII B 209/07

Einreihung von elektronischen Lesespeichern

Gesetze: KN Pos. 8542

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führte 1994 elektronische Lesespeicher (monolithische integrierte Schaltungen) der Baugruppe AT29 ein, die sie unter Inanspruchnahme einer für Waren dieser Art vorgesehenen Zollaussetzung als sog. E2PROMs (EEPROMs) der Codenummer 8542 1150 0010 des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zur Abfertigung anmeldete. Aufgrund einer bei der Klägerin durchgeführten Prüfung sowie aufgrund von Gutachten der Zolllehranstalt vertrat jedoch der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt) die Ansicht, dass es sich bei den Lesespeichern der Baugruppe AT29 um sog. FLASH EEPROMs der Codenummer 8542 1144 0990 GZT handele und erhob mit mehreren Bescheiden den auf Waren dieser Art entfallenden Zoll gemäß einem Zollsatz von 14 % nach.

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab, nachdem es ein Sachverständigengutachten eingeholt und den Sachverständigen in einem Erörterungstermin gehört hatte. Das FG urteilte, dass nach den damaligen Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur (ErlKN) FLASH EEPROMs Speicher seien, die elektronisch entweder völlig oder in Blöcken gelöscht würden, während EEPROMs byteweise gelöscht würden. Die streitigen Lesespeicher könnten neben der Möglichkeit einer vollständigen Löschung nur seitenweise gelöscht werden, was einer blockweisen Löschung entspreche. Die Schlussfolgerung des Sachverständigen, der von einer byteweisen Löschbarkeit ausgehe, teile das Gericht nicht. Durch die seitenweise Überschreibung der Speicher erfolge gleichzeitig eine seitenweise Löschung. Es spiele keine Rolle, dass bei den streitigen Speichern zum Zweck der Änderung eines einzelnen byte bzw. Wortes die gesamte Seite, in der sich dieses befinde, zunächst bestehen bleibe und erst im Folgeschritt vom sog. buffer „byte für byte” überschrieben werde; auch dieser Vorgang sei die Löschung einer gesamten Seite.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) stützt.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.

1. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erfasst zunächst die Fälle der sog. Divergenzrevision und erfordert darüber hinaus auch dann eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), wenn die einheitliche Beantwortung einer Rechtsfrage nur durch eine Entscheidung des BFH gesichert werden kann. Hierzu ist der schlüssige Vortrag erforderlich, dass die angestrebte Revisionsentscheidung geeignet und notwendig ist, künftige unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen über die betreffende Rechtsfrage zu verhindern (vgl. , BFH/NV 2002, 1479, m.w.N.). Zur Darlegung dieser Voraussetzungen ist es mindestens erforderlich, dass das Urteil, von dem die Vorinstanz abgewichen ist, und der Rechtssatz, den sie falsch angewandt oder ausgelegt hat, bezeichnet werden (, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die Beschwerde macht nicht deutlich, dass —wie sie behauptet— das FG-Urteil von dem Senatsbeschluss vom VII B 292/04 (BFH/NV 2005, 2074) und den dort genannten Tarifierungskriterien abweicht. Vielmehr ist das FG —wie sich den Entscheidungsgründen entnehmen lässt— ausdrücklich von diesen Kriterien ausgegangen, indem es bei der Einreihung auf die objektiven Merkmale und Eigenschaften der zu tarifierenden Ware abgestellt und außerdem die ErlKN als ein wichtiges Erkenntnismittel herangezogen hat.

Nicht zutreffend ist auch das Vorbringen der Beschwerde, dass das FG die Einreihung der streitigen Speicher nicht nach ihrer technischen Beschaffenheit, sondern nach den Auslegungshilfen der ErlKN beurteilt habe, „auch auf die Gefahr hin, dass diese ErlKN unvollständig, missverständlich oder falsch” seien. Das sich aus den ErlKN in ihrer damaligen und in ihrer aktuellen Fassung ergebende Merkmal zur Unterscheidung von EEPROMs und FLASH EEPROMs ist, dass jene byteweise elektronisch gelöscht werden, während diese entweder vollständig oder sektorweise (Seiten- oder Blocklöschung) gelöscht werden. Dass die Unterscheidung in dieser Weise unzutreffend ist, macht die Beschwerde nicht geltend; vielmehr vertritt sie offenbar dasselbe Unterscheidungsmerkmal. Sie beanstandet in Wahrheit allein die Ansicht des FG, dass die streitigen Lesespeicher nicht byteweise gelöscht würden, sondern dass die Überschreibung einer gesamten auf dem Speicher vorhandenen Seite durch den buffer einer blockweisen Löschung gleichkomme, weil zwischen den Begriffen „Block”, „Sektion” oder „Seite” keine funktionellen Unterschiede bestünden. Damit wendet sich die Beschwerde gegen die Tatsachenwürdigung im Einzelfall, legt jedoch nicht dar, dass das FG-Urteil von Entscheidungen des BFH oder anderer Gerichte abweicht.

2. Auch die gerügten Verfahrensmängel sind nicht schlüssig dargelegt.

Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Anders als die Beschwerde meint, war das FG daher nicht verpflichtet, das eingeholte Sachverständigengutachten seiner Entscheidung zu Grunde zu legen und sich die Schlussfolgerung des Sachverständigen zu eigen zu machen.

Dass das FG seine Sachaufklärungspflicht verletzt hat, indem es notwendige Beweise nicht erhoben hat, lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Es ist weder dargetan noch ergibt es sich aus dem Sitzungsprotokoll, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung Beweisanträge gestellt hat, die das FG bei seiner Entscheidung übergangen hat.

Die schlüssige Darlegung des Verfahrensmangels einer Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfordert Angaben, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln noch hätte aufklären sollen und weshalb sich dem FG eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines —insoweit maßgeblichen— Rechtsstandpunktes hätte aufdrängen müssen, obwohl der Kläger selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat; schließlich, welches genaue Ergebnis die Beweiserhebung hätte erwarten lassen und inwiefern dieses zu einer für der Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom VII R 152/97, BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93). Auch diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Dass —wie die Beschwerde behauptet— für die streitigen Lesespeicher „in keinem europäischen Land” Zölle erhoben würden, ist völlig unsubstantiiert und war im Übrigen nach dem Rechtsstandpunkt des FG für die Entscheidung nicht erheblich.

Fundstelle(n):
StB 2008 S. 352 Nr. 10
JAAAC-90129