Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StGB § 243 Abs. 1 Satz 2; StGB § 244 Abs. 1 Nr. 2; StGB § 244 a; StGB § 244 a Abs. 1
Instanzenzug: LG Saarbrücken, vom
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:
Den Angeklagten W. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls, wegen Diebstahls in drei Fällen, wegen Bandendiebstahls in neun Fällen, wegen Computerbetruges in zwei Fällen und wegen versuchten Computerbetruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten,
den Angeklagten S. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls, wegen Diebstahls in drei Fällen und wegen Bandendiebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde,
den Angeklagten Mat. B. wegen Bandendiebstahls in sieben Fällen, wegen Diebstahls in drei Fällen, wegen Brandstiftung, wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Wohnungseinbruchsdiebstahl und wegen Sachbeschädigung zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und neun Monaten und den Angeklagten Man. B. wegen Bandendiebstahls in fünf Fällen, wegen Computerbetruges in zwei Fällen und wegen versuchten Computerbetruges unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Saarlouis vom zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Im Übrigen hat es die Angeklagten W. und Mat. B. freigesprochen.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten W. und Mat. B. mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen, dass die Angeklagten in den Fällen der Verurteilung wegen Bandendiebstahls nicht wegen schweren Bandendiebstahls gemäß § 244 a StGB verurteilt worden sind. Sie erstrebt hinsichtlich der Angeklagten Mat. und Man. B. jeweils eine entsprechende Schuldspruchänderung unter Aufrechterhaltung der erkannten Jugendstrafen; bezüglich der Angeklagten W. und S. begehrt sie neben der Verschärfung der Schuldsprüche die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafen.
I. Revisionen der Staatsanwaltschaft
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg. Zu Recht rügt die Beschwerdeführerin, dass das Landgericht die vier Angeklagten jeweils nur wegen Bandendiebstahls und nicht wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt hat.
1. Nach den Feststellungen fassten die Angeklagten W. und S. sowie die gesondert verfolgte L. im Juni 2005 den Entschluss, ihre desolate finanzielle Situation künftig durch Einbruchsdiebstähle zu verbessern und sich so eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen, wobei L. nur Gehilfendienste leistete. Im Juli 2005 schlossen sich ihnen die Angeklagten Mat. und Man. B. , die Brüder der gesondert verfolgten L. , an, denen es ebenfalls um die Erzielung dauerhafter Einnahmen ging. Im August 2005 kam schließlich noch die gesondert verfolgte P. hinzu, die ihnen in Kenntnis der geplanten Straftaten Unterschlupf gewährte und sie bei den Tatausführungen unterstützte. In der Zeit vom bis zum begingen die Angeklagten in wechselnder Besetzung neben anderen Straftaten in neun Fällen (Fälle III, VI, VII, VIII, IX, XIII, XIV, XV und XVII der Urteilsgründe) Einbrüche in Schulen und Kindergärten, wobei jeweils zumindest zwei der Angeklagten am Tatort agierten.
Das Landgericht hat in den genannten Fällen das Vorliegen eines Bandendiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 2 bejaht. Es hat auch festgestellt, dass die jeweils beteiligten Angeklagten in allen Fällen die Bandendiebstähle unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB genannten Voraussetzungen begangen haben. Dennoch hat es die Angeklagten nicht wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar die Anwendbarkeit des § 244 a StGB auf Jugendbanden durch die höchstrichterliche Rechtsprechung anerkannt sei; hier scheide eine Anwendung aber deswegen aus, weil es sich um eine Bande handele, die in einem örtlich begrenzten Bereich tätig gewesen und lediglich in Schulen oder vergleichbaren Einrichtungen eingebrochen sei und die dort nur geringe Beute gemacht habe. Auf solche Banden sei § 244 a StGB nicht anzuwenden, weil die Vorschrift allein der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität diene, wobei insbesondere die "ins Ausland reichenden Verbindungen reisender Verbrecherbanden getroffen werden" sollen.
2. Die Nichtanwendung des § 244 a StGB durch das Landgericht beanstandet die Beschwerdeführerin zu Recht. Die von der Jugendkammer vorgenommene Auslegung der Vorschrift ist mit deren Wortlaut nicht vereinbar. Wie der Senat in seinem Beschluss vom - 4 StR 91/00 (= NStZ-RR 2000, 343, 344) bezüglich der Jugendbande ausgeführt hat, lassen auch weder die Entstehungsgeschichte der Vorschrift noch ihr Normzweck eine Intention des Gesetzgebers erkennen, nicht dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzurechnende Banden aus dem Anwendungsbereich des § 244 a StGB herauszunehmen. Der Gesetzgeber hat das Problem erkannt, dass die in erster Linie zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität gedachte Vorschrift auch auf andere Banden, etwa Jugend-Diebesbanden, anzuwenden sein wird. Er hat u.a. deshalb davon abgesehen, den - ohne erschwerte Umstände begangenen - Bandendiebstahl allgemein als Verbrechenstatbestand umzugestalten (BTDrucks. 12/989 S. 25). Der Verbrechenstatbestand des schweren Bandendiebstahls sollte vielmehr an zusätzliche Kriterien geknüpft werden. Wenn aber diese erfüllt sind und der Bandendiebstahl etwa unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB genannten Voraussetzungen begangen wird, findet § 244 a StGB auf alle Diebesbanden Anwendung (vgl. zur Jugendbande auch = NStZ 2006, 574). Es kommt mithin nicht darauf an, ob es sich um eine Jugendbande, eine im örtlich begrenzten Bereich tätige oder auf bestimmte Objekte spezialisierte Bande handelt.
3. Der Senat ändert die Schuldsprüche dahingehend ab, dass die Angeklagten jeweils nicht des Bandendiebstahls, sondern des schweren Bandendiebstahls, § 244 a StGB, schuldig sind.
Die Änderung der Schuldsprüche führt bezüglich der Angeklagten W. und S. zur Aufhebung der entsprechenden Einzelstrafen. Der Senat kann angesichts der höheren Mindeststrafe des § 244 a Abs. 1 StGB nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Bewertung auf höhere Einzelstrafen erkannt hätte. Das zieht die Aufhebung der gegen diese Angeklagten erkannten Gesamtstrafen nach sich. Einer Aufhebung der Feststellungen bedarf es nicht, da lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Die gegen die Angeklagten Mat. und Man. B. verhängten Jugendstrafen können bestehen bleiben, da diese maßgeblich am unverändert bestehenden Erziehungsbedarf ausgerichtet sind.
Da sich das Verfahren nunmehr nur noch gegen Erwachsene richtet, verweist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück (vgl. BGHSt 35, 267).
II. Revisionen der Angeklagten W. und Mat. B.
Die Revisionen der Angeklagten W. und Mat. B. erweisen sich im Ergebnis als unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben hat.
Zu dem vom Angeklagten W. geltend gemachten Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK bemerkt der Senat: Zwar ist durch die um zwei Monate verzögerte Fertigstellung des Protokolls eine der Justiz anzulastende Verfahrensverzögerung eingetreten. Einer über diese Feststellung hinausgehenden Kompensation durch den Senat bedarf es jedoch nicht, zumal das Landgericht der durch die lange Dauer der Untersuchungshaft entstandenen Belastung des Angeklagten bereits durch eine Reduzierung der Einzelstrafen um jeweils drei Monate Rechnung getragen hat.
Fundstelle(n):
wistra 2008 S. 423 Nr. 11
CAAAC-89386
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