BAG Urteil v. - 4 AZR 93/07

Leitsatz

[1] Die nach den Lehrerrichtlinien-O der TdL gebotene Gleichbehandlung von angestellten und beamteten Lehrern schließt die Anwendung einer Tarifautomatik bei den angestellten Lehrern aus. Vielmehr sind sowohl bei einer Höhergruppierung als auch bei einer Herabgruppierung die Voraussetzungen zu beachten, unter denen entsprechende einseitige Maßnahmen dem Dienstherrn auch bei Beamten möglich wären.

Gesetze: BAT-O § 11; BAT-O § 70; BAT-O Anl. 1a VergGr. IIa; BBesG § 13; BBesG § 19; BBesO A BesGr. A 13; Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) Abschn. A Nr. 1

Instanzenzug: ArbG Dresden, 4 Ca 7585/02 vom Sächsisches LAG , 5 (10) Sa 1000/03 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin und einen darauf beruhenden Vergütungsanspruch für die Zeit vom bis zum .

Die jetzt 59-jährige Klägerin ist seit 1968 im Schuldienst des Beklagten und seines Rechtsvorgängers beschäftigt. In dem Änderungsvertrag vom zum Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien ua. folgendes:

"§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

§ 3

Für die Eingruppierung gilt der zutreffende Abschnitt der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die von der Anlage 1a nicht erfassten Angestellten, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, in der jeweiligen Fassung.

..."

Mit Beginn des Schuljahres 1993/94 wurde die Klägerin durch das Schreiben des Beklagten vom zur Schulleiterin der Grundschule L bestellt. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:

"Sie haben bislang in kommissarischer Funktion die Leitung der Schule verantwortungsvoll wahrgenommen. Hierfür danke ich Ihnen. Nachdem die gebotenen Vorschlags- und Beteiligungsverfahren abgeschlossen sind, bestelle ich Sie hiermit ab Beginn des Schuljahres 1993/94 endgültig zur Schulleiterin."

Seit dem erhielt die Klägerin Vergütung nach der VergGr. IIa BAT-O. Durch eine weitere Änderungsvereinbarung vom wurde folgendes vereinbart:

"§ 1

Die bisherige VGr. IVb wird durch die VGr. IIa ersetzt.

§ 2

Die Eingruppierung richtet sich nach den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) vom und nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom i. V. m. § 11 Satz 2 BAT-O sowie der Bundesbesoldungsordnung A.

..."

Im Herbst 1999 wurde festgestellt, dass die Schülerzahl an der Grundschule L nur noch 75 Schüler betrug. Mit der Änderungsmitteilung vom teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass sie auf Grund der verringerten Schülerzahl zum in der VergGr. III BAT-O zzgl. einer Amtszulage eingruppiert sei. Mit Schreiben vom 24. Januar und machte der Beklagte die Rückzahlung von insgesamt 2.735,63 DM (entspr. 1.398,71 Euro) geltend, die im Februar 2000 von dem Gehalt der Klägerin einbehalten wurden. Die Klägerin widersprach der Mitteilung über die Änderung der Vergütung mit Schreiben vom , das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom über die Änderungsmitteilung der Eingruppierung zum aufgrund der Veränderung der Schülerzahlen lege ich Widerspruch ein. Mit der Verfahrensweise, so auch den Modalitäten, kann ich mich nicht einverstanden erklären. Des weiteren ist mir bekannt, dass zum obigen genannten Problem bereits ein den Anspruch auf Vergütung gemäß VG IIa BAT-O regelt. Hiermit berufe ich mich auf dieses Urteil auch unter Bezugnahme auf BAT-O § 70 und mache dies geltend. In dem Urteil ist ausgeführt:

,Eine bereits vorgenommene Ernennung und Einweisung in eine Planstelle kann aber aufgrund sinkender Schülerzahlen jedoch nicht mehr rückgängig gemacht werden. Damit besteht auch bei sinkenden Schülerzahlen weiterhin ein Anspruch auf die der Planstelle entsprechende Vergütung, in die die Klägerin bereits bei der vorgenommenen Ernennung eingewiesen wurde'.

..."

Im Schuljahr 2000/2001 wurden an der Grundschule in L 68 Schüler unterrichtet. Im Schuljahr 2001/2002 stieg nach der Schließung eines Grundschulstandorts in einer Nachbargemeinde die Anzahl der Schüler auf 123, im folgenden Jahr auf 125 Schüler an.

Mit Schreiben vom forderte die Klägerin den Beklagten dazu auf, an sie - jedenfalls ab dem - Vergütung nach VergGr. IIa BAT-O zu zahlen und berief sich zur Begründung auf den Wiederanstieg der Schülerzahl. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom ab. Erst ab dem bezahlte der Beklagte die Klägerin wieder nach VergGr. IIa BAT-O.

Die Klägerin macht nach einer Teilklagerücknahme sowie einer übereinstimmenden Teilerledigungserklärung in der Berufungsinstanz noch die von ihr als zutreffend angesehene Vergütung nach VergGr. IIa BAT-O für den Zwischenzeitraum vom bis zum geltend. Sie hat das Absinken der Schülerzahl im Hinblick auf ihre Planstelle als unbeachtlich angesehen. Zumindest sei der Beklagte seit dem Überschreiten der Schülerzahlschwelle von 80 Schülern seit dem und nicht erst seit dem verpflichtet, ihr Vergütung nach VergGr. IIa BAT-O zu zahlen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Vergütung nach der VergGr. IIa BAT-O für die Zeit vom bis zum zu zahlen und den anfallenden Bruttodifferenzbetrag zwischen den VergGr. IIa und III BAT-O zzgl. Amtszulage beginnend mit dem zum jeweiligen Monatssechzehnten, seit 2003 zum jeweiligen Monatsersten des Folgemonats mit jeweils 5 Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

Der Beklagte begründet seinen Zurückweisungsantrag damit, dass die Voraussetzung einer freien Planstelle für die Begründung des Klageantrags nicht vorliege. Die Klägerin habe ohnehin nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Arbeitgebers. Die Voraussetzungen für die begehrte Höhergruppierung hätten erst am vorgelegen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat im Beschluss vom zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

Die Revision ist weitgehend unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum in der VergGr. IIa BAT-O eingruppiert war und ihr die entsprechende Vergütung zusteht. Die Verzinsung der Vergütungsdifferenz hat allerdings erst ab Rechtshängigkeit zu erfolgen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Klägerin seit dem an einer Schule mit einer Schülerzahl von mehr als 80 Schülern eingesetzt sei und dementsprechend als Beamtin Gehalt nach der Besoldungsgruppe A 13 zu beanspruchen hätte. Dies entspreche der von der Klägerin begehrten VergGr. IIa BAT-O.

II. Dies hält den Angriffen der Revision jedenfalls im Ergebnis stand. Die Klägerin ist nicht erst - wie der Beklagte annimmt - seit dem , sondern - zumindest - seit dem in der VergGr. IIa BAT-O eingruppiert.

1. Für die Eingruppierung der Klägerin sind die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (im Folgenden: Lehrer-Richtlinien-O der TdL) maßgebend. Dabei kann dahinstehen, ob die in dem Änderungsvertrag der Parteien vom in § 2 in Bezug genommenen Lehrer-Richtlinien-O der TdL danach unmittelbar anzuwenden sind oder ihre Anwendung - wie das Landesarbeitsgericht offenbar meint - aus dem im Arbeitsvertrag vom in § 2 in Bezug genommenen BAT-O mit der sich daraus ergebenden Verweisungskette (§ 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O iVm. § 11 Satz 2 BAT-O, der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes sowie - ggf. - von Richtlinien) folgt. Für die Entscheidung ist dies unerheblich.

Die in jedem Fall anwendbaren Lehrer-Richtlinien-O der TdL enthalten in Abschn. A Nr. 1 folgende Vorschrift:

"Gemäß § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom sind die Lehrkräfte in der Vergütungsgruppe des BAT-O eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Die Vergleichbarkeit der für die Lehrkräfte in Betracht kommenden Besoldungs- und Vergütungsgruppen ergibt sich aus der nachstehenden Übersicht:

Besoldungsgruppe|Vergütungsgruppe

A 7|VI b

...|...

A 12|III

A 13|IIa

...|..."

2. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Feststellung der Vergütungspflicht nach VergGr. IIa BAT-O, weil sie als Beamtin in der Besoldungsgruppe A 13 eingestuft wäre. Ihre Vergütung richtet sich nach der BBesO A. Die Klägerin erfüllt die maßgebenden beamtenrechtlichen Voraussetzungen für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 13. Ihr ist das entsprechende Amt von der Beklagten bereits übertragen worden. Das Absinken der Schülerzahl bewirkt keinen Verlust des einmal erlangten Status. Einen der - für die Angestellten im öffentlichen Dienst in der Regel wirkenden - Tarifautomatik entsprechenden Mechanismus gibt es weder bei Beamten noch bei Angestellten, deren Eingruppierung sich wie die der Klägerin nach beamtenrechtlichen Regelungen richtet.

a) Die Parteien und die Vorinstanzen gehen übereinstimmend davon aus, dass sich die für die Eingruppierung der Klägerin maßgebenden Kriterien in der BBesO A finden. Das Landesarbeitsgericht hat die Vereinbarungen der Parteien dahingehend ausgelegt, dass zwischen ihnen die Anwendung der BBesO A unmittelbar vereinbart worden ist. Diese Auffassung wird durch die Revision nicht angegriffen, sondern im Gegenteil ausdrücklich bestätigt. Ob demgegenüber die allgemeine Geltung der BBesO A für die Lehrer auf Funktionsstellen in Sachsen auch auf die Vorschriften des BBesG iVm. den Sächsischen LehrerRichtlinien gestützt werden kann, kann offenbleiben.

b) Für die Einstufung eines beamteten Schulleiters ist allein die Übertragung des Amtes maßgebend, nicht dagegen die Erfüllung oder Nichterfüllung der diesem Amt zugeordneten Funktionsmerkmale, wie etwa das Erreichen einer bestimmten Schülerzahl. Eine Tarifautomatik ist dem Beamtenrecht fremd.

aa) Die Besoldung eines Beamten richtet sich gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BBesG nach der Besoldungsgruppe des ihm verliehenen Amtes. Dies ist dasjenige Amt, dass ihm im Wege der Statusbegründung erstmals oder nach einer Beförderung zuletzt übertragen wurde. Um diese Statusbegründung zu bewirken, muss neben den Laufbahnvoraussetzungen auch eine besetzbare Planstelle vorhanden sein ( - ZTR 2005, 149 mwN).

bb) Soweit einem Amt eine bestimmte Funktion gesetzlich zugeordnet ist oder sich die Zuordnung eines Amtes zu einer Besoldungsgruppe nach einem gesetzlich festgelegten Bewertungsmaßstab - wie im vorliegenden Fall etwa der Anzahl der Schüler an einer Schule - richtet, genügt allein die Erfüllung dieser Funktionsmerkmale nicht, um eine Besoldung aus dem entsprechenden Amt zu verlangen, § 19 Abs. 2 BBesG. Denn ein der Tarifautomatik des BAT-O entsprechender Aufstieg in ein höher besoldetes Amt ist dem Beamtenrecht fremd ( - BAGE 94, 11; - 10 AZR 329/97 - AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 73). Auch in einem solchen Fall muss vielmehr eine entsprechende Planstelle vorhanden sein, und der Dienstherr muss das ihm zustehende Ermessen dahingehend ausüben, dem Beamten das mit der Planstelle verbundene höherwertige Amt zu übertragen. Deshalb ist es weder ungewöhnlich noch rechtsfehlerhaft, wenn Beamte auch für längere Zeit höherwertige Tätigkeiten ausüben als dies nach dem ihnen übertragenen Amt eigentlich vorgesehen ist (vgl. nur - AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 85 mwN). Ein Ausgleich für die Ausübung einer solchen höherwertigen Arbeit ist nach § 46 BBesG erst nach achtzehn Monaten ununterbrochener Tätigkeit vorgesehen. Dabei handelt es sich um eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen den Grundgehältern der beiden Ämter. Die Kontinuität des einmal verliehenen Amtes wird durch die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht beeinflusst. Ob und ggf. unter welchen Umständen im Einzelfall sich die dem Dienstherrn allgemein obliegende Fürsorgepflicht zu einem Anspruch des Beamten gegen seinen Dienstherrn verdichten kann, der auf die Einrichtung einer Planstelle und die Übertragung des damit verbundenen Amtes gerichtet ist (vgl. dazu einerseits - NVwZ 1986, 123; andererseits - ZBR 1976, 155, 156 und OVG Lüneburg - 2 OVG A 37/86 - ZBR 1992, 213, 214), bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner weiteren Erörterung.

cc) Der Grundsatz der Kontinuität des verliehenen Amtes gilt aber auch umgekehrt bei der Übertragung einer niedriger bewerteten Tätigkeit. Ist ein Beamter einmal in ein Amt eingewiesen, das die Erfüllung eines gesetzlich festgelegten Bewertungsmaßstabes voraussetzt, verliert er dieses Amt nicht dadurch, dass die Voraussetzungen auf Grund einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - wie etwa durch ein Absinken von Schülerzahlen unter eine bestimmte Grenze - nicht mehr gegeben sind. Sowohl sein Amt als auch die Besoldung nach der entsprechenden Gruppe bleiben ihm erhalten. Wegen des Grundsatzes der amtsangemessenen Verwendung ist dabei jedenfalls längerfristig eine Verwendungsänderung des Beamten vorzunehmen. Lediglich mit seinem ausdrücklichen Einverständnis kann der Beamte - etwa zur Vermeidung einer Versetzung - in ein niedrigeres Amt zurückernannt werden. Allerdings steht ihm selbst dann die volle besoldungsmäßige Besitzstandswahrung gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBesG zu. Nach dieser Regelung ist dem Beamten eine Ausgleichszulage in Höhe der Differenz der bisherigen zu den zukünftigen Dienstbezügen auf Dauer zu zahlen, wenn sich seine Dienstbezüge infolge ua. des Wegfalls der Voraussetzung einer bestimmten Mindestschülerzahl für die Zuordnung zu einer bestimmten Besoldungsgruppe verringern.

c) Diese Grundsätze gelten entsprechend auch für angestellte Lehrer, deren Eingruppierung sich unter Anwendung der Vergleichbarkeitsregeln in § 11 BAT-O nach derjenigen Besoldungsgruppe richtet, die für sie maßgeblich wäre, wenn sie Beamte wären.

aa) Nach ganz einhelliger Rechtsprechung wird durch die Gleichstellung der angestellten mit den beamteten Lehrern erreicht, dass Lehrkräfte, die nach ihren fachlichen Qualifikations- und Tätigkeitsmerkmalen als gleichwertig anzusehen sind, eine annähernd gleiche Vergütung für ihre Tätigkeit ohne Rücksicht darauf erhalten, ob sie Beamte oder Angestellte sind. Eine solche Regelung ist auch angesichts des Umstandes sachgerecht, dass angestellte und beamtete Lehrer oft nebeneinander an derselben Schule und außerdem unter weitgehend gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind (Senat - 4 AZR 16/93 - AP BAT-O § 2 Nr. 1; - 4 AZR 312/93 - BAGE 76, 264, 271; - BAGE 83, 201, 207 f.; - 10 AZR 329/97 - AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 73; - 8 AZR 625/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 M Nr. 93). Die angestellten Lehrer sollen durch den tarifvertraglichen Verweis nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden als die beamteten Lehrer. Deshalb kommt es bei ihrer Eingruppierung auch nicht zu der "klassischen" Tarifautomatik, die den Grundsätzen des Berufsbeamtentums widerspräche, wonach die Besoldung sich nach dem übertragenen Amt richtet und nicht unmittelbar nach der auszuübenden oder - erst recht - ausgeübten Tätigkeit. Daher ist auch bei der Übertragung eines Funktionsamtes zur Ermittlung der Eingruppierung bei Angestellten ein "fiktiver Beamtenlebenslauf" zugrunde zu legen ( - aaO). Die rechtliche Verbindung zwischen Tätigkeit/Funktion und übertragenem Amt/Planstelle ist bei Beamten dabei deutlich schwächer ausgeprägt und lässt dem Dienstherrn wesentlich mehr Ermessensspielraum bei Einzelentscheidungen als dem öffentlichen Arbeitgeber bezüglich der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse sich nach dem allgemeinen Tarifrecht im öffentlichen Dienst, zB dem BAT/TVöD richten. Insbesondere das Erfordernis des Bestehens einer freien Planstelle und das Ermessen des Dienstherrn bei Besetzungs- und Beförderungsentscheidungen stehen der Anwendung einer Tarifautomatik entgegen.

bb) Diese Grundsätze gelten allerdings nicht nur bei der Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit durch den Angestellten, sondern auch bei einer "Verringerung" der besoldungsrechtlichen Bewertung einer konkreten Tätigkeit oder Funktionsausübung. Aus den beamtenrechtlichen Grundsätzen folgt die prinzipielle Nicht-Entziehbarkeit eines Amtes, in welches der Beamte einmal eingewiesen worden ist. Da angestellte Lehrer nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt sein sollen als beamtete Lehrer, ist auch ihnen die Vergütungsgruppe, die der ihnen auf Dauer übertragenen und mit einer Planstelle verbundenen Tätigkeit bzw. Funktionsausübung entspricht, nicht ohne weiteres zu entziehen oder entfällt gar automatisch bei der Übertragung einer niedrigerwertigen Tätigkeit oder dem späteren Wegfall eines die höhere Bewertung begründenden Elementes. Welcher konkrete Akt des öffentlichen Arbeitgebers gegenüber einem angestellten Lehrer dabei der Übertragung eines Amtes auf Dauer und der Einweisung eines Beamten in eine Planstelle entspricht, richtet sich nach dem konkreten Amt oder der konkreten Tätigkeit, um deren Gleichwertigkeit es geht. Bei einem angestellten Schulleiter ist es jedenfalls die nach einer kommissarischen Ausübung der Funktion durch den Arbeitgeber ausgesprochene, ausdrücklich "endgültige Bestellung" zum Schulleiter. Diese, wie im Fall der Klägerin auch noch unter Hinweis auf den Abschluss der "gebotenen Vorschlags- und Beteiligungsverfahren" erfolgte Bestellung macht die prinzipiell unbefristete und vorbehaltlose Übertragung der Funktion und Betrauung mit der entsprechenden Aufgabe bei Vorhandensein einer entsprechenden Planstelle zu einem der beamtenrechtlichen endgültigen Übertragung eines Amtes gleichwertigen arbeitsvertraglich wirkenden Vorgang. Dementsprechend hat auch der Achte Senat in seiner Entscheidung vom (- 8 AZR 674/03 - AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 101) die endgültige Bestellung einer Lehrerin zur Schulleiterin als Veränderung ihres arbeitsrechtlichen Status und eine spätere, erneute Bestellung zur Schulleiterin als irrelevant angesehen, da sie bereits vorher Schulleiterin gewesen sei. Im Zusammenhang mit dieser zweiten "Ernennung" komme es auch weder auf das Vorhandensein einer Planstelle noch auf die Ausübung personalwirtschaftlichen Ermessens an. Dies ist die Konsequenz aus der zutreffenden Sichtweise, dass die "endgültige" Bestellung zur Schulleiterin oder Übertragung einer sonstigen höherwertigen Funktionsstelle einer einvernehmlichen Vertragsänderung entspricht, mit der der Inhalt des Arbeitsvertrages und dabei insbesondere die zu leistende Tätigkeit neu bestimmt wird; die Vergütung ergibt sich sodann aus den einschlägigen Regelungen des Tarif- bzw. Beamtenbesoldungsrechtes.

cc) Soweit der Achte Senat in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung davon ausgegangen ist, dass durch das Absinken der Schülerzahl unter eine maßgebliche Schwelle automatisch ein geringerer Vergütungsanspruch entsteht ( - 8 AZR 620/01 - AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 93), ist dem nicht zu folgen. In dieser Entscheidung hat der Achte Senat die Grundsätze der Tarifautomatik auf die Eingruppierung einer angestellten Schulleiterin angewandt. Die Vergütung richte sich nach den jeweiligen Tätigkeitsmerkmalen, hier der BBesO A. Die Anknüpfung der Besoldung und damit der Eingruppierung eines Schulleiters an die Schülerzahl sei sachgerecht und plausibel. Eine Änderungskündigung sei nicht erforderlich, da sich die Tätigkeit als solche nicht geändert habe, sondern lediglich ein Parameter, an die die Vergütung anknüpfe. Damit hat der Achte Senat in dieser Entscheidung die Grundlagen der gefestigten Rechtsprechung nicht nur des Vierten, des Sechsten und des Zehnten Senats, sondern auch des Achten Senats selbst verlassen, wonach bei der Eingruppierung von angestellten Lehrern anhand der BBesO A die Tarifautomatik gerade nicht gilt, sondern das Beamtenbesoldungsrecht entsprechend heranzuziehen ist, nach dem die Erfüllung von Tätigkeitsmerkmalen eben nicht genügt, um einen Anspruch auf Höhergruppierung zu bewirken, sondern darüber hinaus noch die beamtenrechtlichen Voraussetzungen vorliegen müssen (vgl. nur - EzBAT BAT §§ 22, 23 M Nr. 93; - 8 AZR 692/00 - AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 85). Gleiches muss auch für die korrigierende Herabgruppierung gelten. Der Wegfall eines Elementes eines "Tätigkeitsmerkmals" einer Besoldungsgruppe genügt nicht, einem Beamten das ihm übertragene Amt zu entziehen. Dass ein entsprechendes Vorgehen gegenüber Angestellten kündigungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht, kommt hinzu. Allein die Änderung von tatsächlichen Verhältnissen führt im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes in der Regel nicht dazu, dass sich der Inhalt des Arbeitsverhältnisses - entsprechend dem Status des Beamten - ändert. Dieser ist grundsätzlich nicht tariflich bestimmt, sondern arbeitsvertraglich und kann deshalb auch nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigung geändert werden. Tariflich ist lediglich die vergütungsrechtlich einheitliche Bewertung der konkreten, vertraglich festgelegten Tätigkeit geregelt. Dementsprechend kann sich auch allein durch die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit der Inhalt des Arbeitsvertrages ebenso wenig ändern wie durch den späteren Wegfall eines Heraushebungsmerkmals, auf Grund dessen Existenz der Arbeitnehmer vorher "wirk-sam" höher eingruppiert war. Für eine Rückgruppierung bedarf es daher einer Änderungskündigung oder einer vertragsändernden Vereinbarung über die für die Eingruppierung maßgebende Tätigkeit (vgl. dazu ausf. Donoli/Bauer ZTR 2003, 323).

dd) Die hier dargelegte Auffassung steht ferner in keinem Widerspruch zu der Senatsentscheidung vom (- 4 AZR 102/04 - BAGE 116, 1). In dem dort zu entscheidenden Fall war einer stellvertretenden Schulleiterin eine auch für Beamte vorgesehene Zulage gezahlt worden, die an eine bestimmte Schülerzahl gebunden war. Als die Schülerzahl sank, hatte der Arbeitgeber die Zahlung der Zulage eingestellt. Der Senat hat einen Anspruch der stellvertretenden Schulleiterin auf Fortzahlung der Zulage verneint, allerdings nicht wegen einer Anbindung an die Tarifautomatik, sondern weil der Gleichlauf von Beamtenrecht und Tarifrecht hier durch eine ganz konkrete Regelung in den Lehrerrichtlinien "außer Kraft" gesetzt war. Die Zahlung der Zulage, die für Beamte zwingend vorgesehen ist, ist in den tariflich in Bezug genommenen Lehrerrichtlinien für den öffentlichen Arbeitgeber lediglich als Kann-Bestimmung ausgestaltet. Die entsprechende Ermessensausübung ist also von den Tarifvertragsparteien selbst an die Voraussetzung der höheren Schülerzahl gebunden worden, so dass es bei dieser Konstellation zu einer Ermessensbindung gar nicht kommen konnte. Diese ausdrückliche und zur Differenzierung zwingende Regelung war mit dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung von angestellten und beamteten Lehrern nicht zu überwinden, weshalb die dortige Klägerin keinen Anspruch auf die Zulage hatte. Vorliegend geht es dagegen um die Übertragung eines Status, der wie bei Beamten eine Kontinuität in Amt und Besoldung beinhaltet. Er ist gerade nicht an die fortwährende Existenz der Bedingungen gebunden, die zur Statusbegründung geführt haben. Das ist mit einer bloßen Zulage auf die sich aus dem Amt ansonsten ergebende Besoldung nicht zu vergleichen.

d) Nach alledem wäre die Klägerin in die Besoldungsgruppe A 13 einzustufen, wenn sie Beamtin wäre. Die fachlichen Qualifikations- und Tätigkeitsmerkmale liegen vor. Ihr ist die Leitung der Schule im Jahre 1994 formell übertragen worden. Dies entspricht der Übertragung des Amtes und die Zuordnung zur Besoldungsgruppe A 13 nach der BBesO A, die für Hauptlehrer als Leiter einer Grundschule, Hauptschule oder Grund- und Hauptschule mit mehr als 80 bis zu 180 Schülern diese Besoldung vorsieht. Dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig; der Beklagte hat der Klägerin von 1995 bis 1999 Vergütung nach der VergGr. IIa BAT-O gezahlt, was nach § 11 Satz 2 BAT-O bei Beamten der Besoldungsgruppe A 13 entspricht. Der Arbeitsvertrag ist 1998 angepasst worden. Diese ("endgültige") Bestellung zur Schulleitern ist entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch entfallen, dass eine Voraussetzung, nämlich die bei Übertragung des Amtes gegebene, der Besoldungsgruppe A 13 entsprechende Schülerzahl unter die dort vorgesehene Grenze zurückgegangen ist. Der Beklagte hätte den statusbegründenden Akt der Amtsübertragung, der, wie dargelegt, einer Änderung des Arbeitsvertrages entspricht, einseitig nur durch eine (Änderungs-) Kündigung in seiner Wirkung zurücknehmen können. Dies ist nicht geschehen. Entgegen der Auffassung des Beklagten war die Klägerin deshalb auch nach dem in der VergGr. IIa BAT-O eingruppiert. Sie hat daher einen Anspruch auf die begehrte Feststellung der Vergütungsverpflichtung des Beklagten.

3. Auch der Einwand des Beklagten, der Anspruch der Klägerin sei gemäß § 70 BAT-O verfallen, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Das "Widerspruchs-schreiben" der Klägerin vom erfüllt die Anforderungen, die nach § 70 BAT-O an ein Geltendmachungsschreiben für die konkrete Forderung der Klägerin zu stellen sind.

a) Durch das Anspruchsschreiben soll dem Schuldner des Anspruchs hinreichend verdeutlicht werden, dass er seitens des Gläubigers wegen einer konkreten und identifizierbaren Forderung in Anspruch genommen wird. Dabei ist es ausreichend, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Würdigung des Verhaltens des Arbeitnehmers erkennen kann, dieser wolle eine ihm zustehende Leistung fordern. Der Anspruch muss zwar als solcher bezeichnet werden ( - ZTR 1993, 466). Dies muss aber nicht ausdrücklich geschehen; es genügt, wenn der Arbeitnehmer seine Forderung so deutlich bezeichnet, dass der Arbeitgeber erkennen kann, aus welchem Sachverhalt und in welcher ungefähren Höhe er in Anspruch genommen werden soll ( - AP BAT § 70 Nr. 9 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 46).

b) Diese Anforderungen werden durch das Schreiben der Klägerin vom erfüllt. Sie bezieht sich dabei auf ein durch den Beklagten ausgelöstes, ihr selbst nachteiliges Geschehen, nämlich die Mitteilung des Beklagten über die - seiner Ansicht nach zutreffende und ab dem niedrigere - Eingruppierung, und macht deutlich, dass sie den vorherigen "Zustand", nämlich die höhere Eingruppierung als zutreffend ansieht, sowie dass sie anstrebt, die sich daraus ergebenden Rechte und Ansprüche auch durchzusetzen. Diese Absicht zeigt sich ua. auch in dem Hinweis auf ein Urteil des ArbG Leipzig, das entsprechend dem klägerischen Schreiben gerade den Anspruch auf die auch von ihr als zutreffend angesehene Vergütung nach VergGr. IIa BAT-O "geregelt" habe. Die darüber hinaus erfolgte ausdrückliche Bezugnahme auf § 70 BAT-O verdeutlicht, dass die fristwahrende Geltendmachung von der Klägerin auch angestrebt worden ist und dem Beklagten diese Absicht verdeutlicht werden sollte. Die ungeachtet des Rückgangs der Schülerzahl bestehende Pflicht des Beklagten zur Vergütung der Klägerin nach VergGr. IIa BAT-O für den Zeitraum nach dem ist damit für den Beklagten hinreichend erkennbar Gegenstand des Geltendmachungsschreibens.

4. Erfolgreich ist der Beklagte dagegen mit seinem Revisionsangriff auf den vom Landesarbeitsgericht angenommenen Zeitpunkt der Verzinsung der Vergütungsdifferenzen.

a) Das Landesarbeitsgericht hat ua. festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Differenzen zwischen den Vergütungen nach VergGr. IIa BAT-O einerseits und III BAT-O zzgl. Amtszulage andererseits "beginnend mit dem zum jeweiligen Monats-16." zu verzinsen.

b) Diese Feststellung entspricht nicht der materiellen Rechtslage. Der Beklagte ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lediglich zur Zahlung von Prozesszinsen gemäß §§ 291, 288 BGB verpflichtet. Eine darüber hinaus gehende Verpflichtung scheitert daran, dass die Annahme des dafür erforderlichen Verzuges ein Verschulden des Beklagten voraussetzte, wofür die entsprechenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts fehlen und zu dem die Klägerin auch nichts vorgetragen hat, obwohl sie hierfür darlegungs- und beweispflichtig gewesen wäre (vgl. dazu Senat - 4 AZR 225/79 - BAGE 36, 245, 259 ff.; - AP BGB § 291 Nr. 1; ErfK/Koch 8. Aufl. § 46 ArbGG Rn. 50; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 12. Aufl. § 71 Rn. 6).

c) Der Klägerin verbleibt damit ein Anspruch auf die Zahlung von Prozesszinsen nach § 291 Satz 1 1. Halbs. BGB, da nach Eintritt der Rechtshängigkeit Schuldnerverzug und damit dessen Verschulden nicht mehr vorausgesetzt wird. Für die nach Eintritt der Rechtshängigkeit fällig werdenden Differenzbeträge fallen Zinsen jeweils ab Fälligkeit an, § 291 Satz 1 2. Halbs. BGB.

III. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil seine Revision erfolglos bleibt, § 97 Abs. 1 ZPO. Soweit die Revision hinsichtlich des Verzinsungszeitpunktes teilweise erfolgreich war, hat diese Zuvielforderung keine höheren Kosten veranlasst, so dass sie sich hinsichtlich der Kostenentscheidung nicht zu Gunsten des Beklagten auswirkt, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
WAAAC-88792

1Für die amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein