Leitsatz
[1] Zur Wahl der Steuerklasse als Widerrufsgrund für die Verfahrenskostenstundung.
Gesetze: InsO § 4c Nr. 5
Instanzenzug: AG Esslingen, 5 IN 24/05 vom LG Stuttgart, 2 T 460/06 vom
Gründe
I.
Auf Antrag des Schuldners vom wurde über sein Vermögen am das (Regel-)Insolvenzverfahren eröffnet, in dem er Restschuldbefreiung begehrt. Gleichzeitig wurden dem Schuldner mit Beschluss vom die Kosten des Insolvenzverfahrens gestundet. Mit Beschluss vom hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Verfahrenskostenstundung gemäß § 4c Nr. 5 InsO entzogen, weil er seine Mitwirkungspflichten im Verfahren verletzt habe, indem er die Wahl der für die Insolvenzgläubiger und die Staatskasse ungünstigen Steuerklasse V nicht geändert habe und auch nicht bereit gewesen sei, den vom Insolvenzverwalter unter Zugrundelegung der Steuerklasse IV berechneten pfändbaren Betrag in Höhe von insgesamt 2.962,80 € an die Masse zu zahlen. Außerdem habe der Schuldner eine in einem Rechtsstreit vor Verfahrenseröffnung im eigenen Namen rechtshängig gemachte Forderung in Höhe von 4.903,50 € nicht angegeben. Beides rechtfertige die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung, weil es einen Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung darstelle. Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde hatte im Ergebnis keinen Erfolg. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner sein Begehren, den Widerruf der Verfahrenskostenstundung aufzuheben, weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7,6 Abs. 1, 4d Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig. Auf die Zulassung der Rechtsbeschwerde in dem kommt es nicht an, denn bei einer schon kraft Gesetzes statthaften, vom Beschwerdegericht aber irrtümlich zugelassenen, Rechtsbeschwerde sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO gleichwohl noch zu prüfen und das Rechtsbeschwerdegericht ist nicht gehindert, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen (vgl. , NZI 2004, 635; v. - IX ZB 209/03, NZI 2004, 593; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 7 Rn. 16).
1. Soweit der Schuldner in seinem Vermögensverzeichnis eine von ihm im eigenen Namen eingeklagte Forderung in Höhe von 4.903,50 € nicht angegeben hat, hat der Senat bereits entschieden, dass die Nichtangabe einer Forderung eine Verletzung der Mitwirkungspflicht des Schuldners im Verfahren darstellt. Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht im Verfahren rechtfertigt auch ohne die vorhergehende Versagung der Restschuldbefreiung die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung gem. § 4c Nr. 5 InsO (, ZInsO 2008, 111, 112 Rn. 18). Soweit der Schuldner hierzu später an Eides statt versichert hat, die Forderung in Prozessstandschaft für seine Mutter eingeklagt zu haben, kommt es hierauf nicht an. Der Schuldner hätte die Forderung in jedem Fall - gegebenenfalls auch unter Hinweis auf die angebliche Prozessstandschaft - angeben müssen, um dem Gericht und den Gläubigern die Prüfung der Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse zu ermöglichen. Die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine für die Gläubiger interessante Forderung handelt, ist nicht Sache des Schuldners (, ZInsO 2007, 96, 97 Rn. 8)
2. Auf die von der Rechtsbeschwerde als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage, ob die entsprechende Anwendung des § 4c Nr. 4 InsO auf die Steuerklassenwahl des Schuldners gerechtfertigt ist und eine die Gläubiger benachteiligende Wahl der Steuerklasse einer Verletzung der Erwerbspflicht gleichgesetzt werden kann, kommt es damit nicht an. Die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung ist schon aus den vorstehenden Gründen gerechtfertigt.
3. Im Übrigen war die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung auch gem. § 4c Nr. 5 InsO wegen der zum Nachteil der Gläubiger erfolgten Steuerklassenwahl des Schuldners gerechtfertigt. Der Schuldner ist im Hinblick auf die Subsidiarität der Stundung der Verfahrenskosten verpflichtet, seine Steuerklasse so zu wählen, dass sein pfändbares Einkommen nicht zum Nachteil der Gläubiger und der Staatskasse auf Null reduziert wird. Hat er - wie im vorliegenden Fall - ohne einen sachlichen Grund die Steuerklasse V gewählt, um seinem nicht insolventen Ehegatten die Vorteile der Steuerklasse III zukommen zu lassen, ist ihm in Hinblick auf die Verfahrenskostenstundung zuzumuten, in die Steuerklasse IV zu wechseln, um sein liquides Einkommen zu erhöhen. Dies entspricht allgemeiner, auch vom Senat geteilter Auffassung (vgl. AG Kaiserslautern ZVI 2002, 378, 380; Ernst ZVI 2003, 107, 109; Braun/Lang, InsO 3. Aufl. § 290 Rn. 23; Graf-Schlicker/Kexel, InsO § 4a Rn. 28; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 4a Rn. 17; Jaeger/Eckardt, InsO § 4a Rn. 26; Kübler/Prütting/Wenzel, InsO § 4a Rn. 33a; Mohrbutter/Ringstmeier/Pape, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl. § 18 Rn. 14). Ob der Ehegatte bereit ist, dabei mitzuwirken, ist unbeachtlich, zumal dem Schuldner gegen diesen ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss zusteht (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 4a Rn. 13). Entsprechend den Grundsätzen der Individualzwangsvollstreckung, nach denen analog § 850h Abs. 2 ZPO eine missbräuchliche Steuerklassenwahl den Gläubigern gegenüber unbeachtlich ist (vgl. , WM 2005, 2324, 2325; , Rn. 25; Musielak/Becker, ZPO 6. Aufl. § 850e Rn. 3), muss sich auch der Schuldner bei der Verfahrenskostenstundung so behandeln lassen, als hätte er keine die Staatskasse benachteiligende Steuerklassenwahl getroffen. Die Aufforderung des Insolvenzverwalters an den Schuldner, in die Masse einen Betrag von 2.962,80 €, der die Verfahrenskosten gedeckt hätte, einzuzahlen, der der Schuldner nicht nachgekommen ist, war deshalb gerechtfertigt.
III.
Da die Rechtsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (§ 4 InsO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 111 Nr. 1
WM 2008 S. 1791 Nr. 38
ZIP 2008 S. 2132 Nr. 45
BAAAC-87895
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja