Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: MTV Pro Seniore § 11; MTV Pro Seniore § 12; MTV Pro Seniore § 12b; MTV Pro Seniore Anlage A; MTV Pro Seniore Anlage B; TVG § 1 Abs. 2; ZPO § 256
Instanzenzug: ArbG Stuttgart, 30 Ca 12749/05 vom LAG Baden-Württemberg, 18 Sa 35/06 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten nach rechtskräftigen Teil-Entscheidungen über mehrere Streitpunkte noch über die Berechnung der tariflichen Bewährungszeiten des Klägers und sich daraus ergebende Entgeltansprüche.
Der Kläger ist 57 Jahre alt und seit dem Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Er ist seit dem als Verwaltungsangestellter bei der Beklagten beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehören neben der Entgegennahme und Weitergabe von Post und der Bedienung der Telefonanlage auch Hausmeister- und Pförtnertätigkeiten.
Der Arbeitsvertrag des Klägers weist ua. folgende Bestimmungen auf:
"§ 5 Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung:
Vergütungsgruppe/-Stufe BAT X/1 =| DM 1.618,79
Ortszuschlag =| DM 810,61
Allgemeine Zulage =| DM 155,84
Freiwillige Zulage (AT) =| DM 200,00
|DM 2.785,24
Bei der Verrichtung von Überstunden, für Arbeiten an Sonntagen, Wochenfeiertagen und für Nachtarbeit vereinbaren die Parteien Zuschläge. Hinsichtlich deren Höhe orientieren sich die Parteien an den Beträgen des BAT. Die Vergütungsbestandteile sind abschließend aufgeführt. ...
§ 14 Für die Arbeitsbedingungen im übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der D gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit , längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages. ..."
Am unterzeichneten die Pro Seniore Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG (im Folgenden: Pro Seniore AG) und die Gewerkschaft ver.di verschiedene Tarifverträge, nämlich den Manteltarifvertrag (im Folgenden: MTV) mit den Anlagen A und B, den Tarifvertrag über eine Zuwendung und den Vergütungstarifvertrag Nr. 1. Der betriebliche Geltungsbereich der Tarifverträge wurde - in teilweise voneinander abweichenden Formulierungen - auf die in der Anlage A zum MTV im Einzelnen aufgeführten 21 zum Konzern der Pro Seniore AG gehörenden Seniorenheimbetriebsgesellschaften, darunter auch die Beklagte, mit insgesamt ebenfalls aufgeführten 96 "Residenzen" (Einrichtungen) erstreckt, darunter auch die Einrichtung in L, in der der Kläger beschäftigt ist. Die Anlage A zum MTV weist dabei folgende Überschrift auf:
"Anlage A zum Manteltarifvertrag vom zwischen der Pro Seniore Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG handelnd für die nachstehend aufgeführten Seniorenheimbetriebsgesellschaften vertreten durch den Vorstand ..."
Mit dem Abschluss der genannten Tarifverträge sollten die Arbeitsbedingungen der von den Tochtergesellschaften der Pro Seniore AG bundesweit beschäftigten Arbeitnehmer, deren Arbeitsverträge sehr unterschiedliche Regelungen aufweisen, möglichst vereinheitlicht werden. In der Folge kam es jedoch bundesweit zu zahlreichen Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und den jeweiligen Gesellschaften sowie zwischen dem Konzern und der Gewerkschaft ver.di über die Auslegung und Anwendung der Tarifverträge. Ein Schwerpunkt der Konflikte war dabei die Eingruppierung der Arbeitnehmer in dem im MTV und in dessen Anlage B geregelten Vergütungssystem.
So hat auch der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit - soweit für die Revision noch von Interesse - die Auffassung vertreten, er sei ab dem in der VergGr. IXb der Anlage B zum MTV eingruppiert. Er sei seit mehreren Jahren mit Tätigkeiten betraut, die das Tätigkeitsmerkmal der Eingangsvergütungsgruppe X erfüllten. Diese Zeit sei bei der Berechnung der notwendigen Zeit einer Bewährung, die die Eingruppierung in der VergGr. IXb (Fallgr. 2) zur Folge habe, zu berücksichtigen. Das ergebe sich aus Sinn und Zweck der Bewährungsaufstiegsregelung, die ansonsten zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung führen würde. Es sei kein neues Vergütungssystem kreiert, sondern das Vergütungssystem des BAT fortgesetzt worden. Deshalb stehe ihm die Differenz zwischen der ihm gezahlten und der von ihm beanspruchten Vergütung in Höhe von - rechnerisch unstreitig - monatlich 214,43 Euro für das Jahr 2005 zu.
Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Interesse - beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.573,16 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem zu zahlen.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag zuletzt noch damit begründet,
dass bei der Berechnung von Bewährungszeiten der Zeitraum vor Inkrafttreten des MTV nicht zu berücksichtigen sei. Die Tarifvertragsparteien hätten eine solche Anrechnungsregel ausdrücklich vereinbaren müssen; dies sei aber nicht geschehen. Vielmehr zeige der Wortlaut und Gesamtzusammenhang des MTV, dass die Bewährungszeiten erst ab Inkrafttreten des MTV berücksichtigt werden sollten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit hier noch von Interesse - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und unter Klageabweisung im Übrigen dem Kläger lediglich 1.700,88 Euro brutto nebst Zinsen zugesprochen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger im Streitzeitraum nach der VergGr. X zu vergüten ist. Die Nichtberücksichtigung der Bewährungszeiten vor dem Inkrafttreten des MTV am ist entgegen der Auffassung des Klägers rechtsfehlerfrei.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass bei der Eingruppierung des Klägers dessen Tätigkeitszeiten vor dem Inkrafttreten der Eingruppierungsregeln des MTV am nicht berücksichtigt werden könnten. Bei der Einführung eines neuen Fallgruppenbewährungsaufstiegs geforderte Bewährungszeiten könnten sich grundsätzlich nur auf Zeiten ab seiner Einführung auswirken. Für eine weitergehende Berücksichtigung bedürfe es einer Übergangsregelung der Tarifvertragsparteien, die aber nicht getroffen worden sei. Im Gegenteil ergebe sich sowohl aus den Eingruppierungsvorschriften als auch aus der Besitzstandswahrungsregelung in § 24 MTV, dass die Tarifvertragsparteien eine Anrechnung anderer als der unter der Geltung des MTV absolvierten Bewährungszeiten nicht gewollt hätten.
II. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Differenzvergütung als derjenigen zwischen der ihm gezahlten und der ihm nach VergGr. X der Anlage B zum MTV zustehenden Vergütung.
1. Die Vergütung des Klägers ergibt sich aus dessen Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung gemäß Anlage B zum MTV. Der MTV und die Anlage B gelten für das Arbeitsverhältnis der Parteien. Beide Parteien sind tarifgebunden. Der Kläger ist Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ver.di (§ 3 Abs. 1 TVG). Die Beklagte ist Tarifvertragspartei des MTV und der anderen Tarifverträge der Pro Seniore AG.
a) Dies ergibt sich zwar nicht schon aus der Bezeichnung der Vertragsparteien im Kopf der Tarifverträge. Hier heißt es für die Arbeitgeberseite in allen drei Tarifverträgen jeweils nur: "Pro Seniore Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG vertreten durch den Vorstand". Allein hieraus lässt sich die Stellung der Beklagten als einer Tarifvertragspartei nicht ableiten.
Die Beklagte ist zwar ein Tochterunternehmen der Tarifvertragspartei Pro Seniore AG. Daraus ergibt sich aber nicht von Rechts wegen die Stellung als Partei eines Tarifvertrags, der nur von der herrschenden Konzerngesellschaft abgeschlossen worden ist. Denn der Konzern als solcher ist nicht tariffähig. Wer tariffähig ist, ist in § 2 Abs. 1 TVG eindeutig und abschließend geregelt. Konzerne sind weder Arbeitgeber noch im rechtlichen Sinne Vereinigungen von Arbeitgebern. Schließt die herrschende Konzerngesellschaft einen Tarifvertrag ab, sind nur die Arbeitsverhältnisse der bei ihr selbst beschäftigten (tarifgebundenen) Arbeitnehmer an diesen (Haus-)Tarifvertrag gebunden (Senat - 4 AZR 277/92 - BAGE 72, 48, 56 f.; - 4 AZR 71/91 - BAGE 68, 261, 269; Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 142; Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 147). Die hiergegen geäußerten Bedenken in der Literatur (zB Däubler ZIAS 1995, 525 ff.; Däubler/Peter TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 91 ff.) sind nicht stichhaltig. Sie berufen sich vorwiegend auf praktische Bedürfnisse, finden dabei jedoch keinen Weg, die eindeutigen gesetzlichen Regelungen über die Tariffähigkeit einerseits sowie über die Anforderungen an eine gesetzliche und rechtsgeschäftliche Vertretung andererseits damit in Übereinstimmung zu bringen. Deshalb kann eine Tarifgebundenheit der Tochtergesellschaften durch einen Tarifabschluss der Muttergesellschaft ohne unmittelbare Vertretung - etwa im Wege eines sog. mehrgliedrigen Tarifvertrags (vgl. dazu Senat - 4 AZR 590/05 - AP TVG § 5 Nr. 33 = EzA TVG § 5 Nr. 14) - nicht entstehen.
b) Für die Annahme der Vertretung einer Tochtergesellschaft durch die Konzernmuttergesellschaft beim Abschluss eines Tarifvertrags bedarf es über die bloße Konzernzugehörigkeit hinaus weiterer Anhaltspunkte, aus denen mit für einen Tarifvertrag hinreichender Bestimmtheit der Wille, für eine oder mehrere Tochtergesellschaften zu handeln, erkennbar hervorgeht. Dabei müssen die Tochtergesellschaften konkret bestimmt oder bestimmbar sein; ein allgemeiner Hinweis auf alle Tochterunternehmen ohne namentliche Nennung reicht schon im Hinblick auf § 1 Abs. 2 TVG, aber auch wegen des möglichen Wechsels in den oder aus dem Konzern nicht aus (so auch Kilg/Muschal BB 2007, 1670, 1672).
Eine bloß nachträgliche Erklärung der Tochtergesellschaft, aus ihrer Sicht sei der Tarifvertrag anwendbar, genügt angesichts der normativen Wirkung, die dem Tarifvertrag nach § 4 TVG zukommt, demnach auch dann nicht, wenn die Gegenpartei im Prozess gleichfalls eine entsprechende Erklärung abgibt. Die normative Gebundenheit an tarifvertragliche Normen kann nur durch einen Tarifvertrag selbst bewirkt werden. Dabei kann sich allerdings der Wille der Konzernmuttergesellschaft, auch im Namen bestimmter Tochtergesellschaften zu handeln - der Vertreter kann sowohl im eigenen als auch zusätzlich im Namen eines oder mehrerer Vertretener handeln ( - BGHZ 104, 95) -, nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB auch aus den Umständen ergeben, wenn sie einen einer ausdrücklichen Nennung als Tarifvertragspartei gleichwertigen Grad an Klarheit und Eindeutigkeit erreichen und in einer § 1 Abs. 2 TVG genügenden Form niedergelegt sind.
c) Solche Umstände sind vorliegend gegeben.
aa) Die Angabe des Geltungsbereichs in § 1 Ziff. 1 MTV, an die auch die Geltungsbereichsbestimmungen in den beiden anderen Tarifverträgen anschließen, umfasst die "in der Anlage A zu diesem Tarifvertrag genannten Einrichtungen", zu denen auch die Beklagte gehört. Das allein würde jedoch noch nicht ausreichen; ein Unternehmen wird nicht dadurch zur Partei eines nicht von ihm abgeschlossenen Tarifvertrags, dass es in dessen Geltungsbereich einbezogen wird.
bb) Die Überschrift zur Anlage A zum MTV, der Liste der zum Konzern gehörenden Seniorenheimbetriebsgesellschaften, lautet aber wie folgt:
"Anlage A zum Manteltarifvertrag vom zwischen der Pro Seniore ... AG handelnd für die nachstehend aufgeführten Seniorenheimbetriebsgesellschaften vertreten durch den Vorstand ..."
Daraus wird auch für die andere Tarifvertragspartei deutlich, dass die Pro Seniore AG gerade die namentlich genannten Tochtergesellschaften beim Abschluss des MTV rechtsgeschäftlich vertritt. Auf die Anlage A, die die Vertretungsabsicht der Pro Seniore AG erkennbar macht, wird auch im MTV selbst verwiesen, so etwa in § 11 Ziff. 2 MTV (Anerkennung von Beschäftigungszeiten). Damit ist dem Schriftformerfordernis aus § 1 Abs. 2 TVG genügt, das sich auch auf die Bezeichnung der Tarifvertragsparteien erstreckt (Berg/Platow/Schoof/Unterhinninghofen TVG § 1 Rn. 58).
2. Das Landesarbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Geltung des MTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch etwaige Verhandlungen der Tarifvertragsparteien über eine Auslegung des MTV noch gar durch den Nichtabschluss von an den Bestimmungen des MTV orientierten EinzelArbeitsverträgen im Bereich der Pro Seniore AG beeinträchtigt wird. Eine darauf abzielende Rüge der Beklagten aus den Vorinstanzen ist von ihr in der Revisionserwiderung zu Recht fallen gelassen worden.
3. Die danach auf das Arbeitsverhältnis der Parteien und bei der Ermittlung der Vergütung des Klägers anzuwendenden Vorschriften des MTV lauten:
"§ 12 Eingruppierung
1. Die Eingruppierung der Arbeitnehmer richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage B). Der Arbeitnehmer erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in die er eingruppiert ist.
2. Der Arbeitnehmer ist in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.
Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z.B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.
Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Unterabsatz 2 Satz 1 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung.
Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Unterabsatz 2 oder 3 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses.
Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Arbeitnehmers bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein."
Die in § 12 Ziff. 1 Satz 1 MTV in Bezug genommene Anlage B lautet auszugsweise wie folgt:
"Anlage B zum Manteltarifvertrag
Verwaltung/Ärzte
...
Vergütungsgruppe IXa
1. Angestellte mit Tätigkeiten der Vergütungsgruppe IXb nach zweijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IXb.
Vergütungsgruppe IXb
1. ...
2. Angestellte mit Tätigkeiten der Vergütungsgruppe X nach zweijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe X.
Vergütungsgruppe X
1. Angestellte im Büro-, Buchhalterei, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit vorwiegend mechanischer Tätigkeit (z.B. Führung einfacher Kontrollen und Listen, wie Aktenausgabekontrollen, Nummernverzeichnisse; Hilfsleistung bei der Postabfertigung, insbesondere Anfertigung von Anschriften mit der Hand oder auf mechanischem Wege und dgl.; Ausschneiden und Aufkleben von Zeitungsnachrichten nach Anweisung und Herkunftsbezeichnungen dieser Ausschnitte; Einordnen von Karteiblättern; Heraussuchen und Einordnen von Aktenstücken; Anfertigung von Abschriften und Reinschriften in Hand- und Maschinenschrift in deutscher Sprache, auch unter Verwendung von Formularen, und gelegentliches Aufnehmen von Stenogrammen).
2. Wirtschaftsgehilfen (Wirtschaftsgehilfinnen) - z.B. in der Material-, Wäsche- und Küchenverwaltung."
4. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Kläger in der VergGr. X und nicht - wie dieser selbst meint - in der VergGr. IXb eingruppiert ist.
a) Regelmäßig müssen die Anforderungen des tariflichen Tätigkeitsmerkmals durch mindestens die Hälfte der die gesamte Arbeitszeit des Angestellten ausfüllende Arbeitsvorgänge erfüllt sein (§ 12 Ziff. 2 Satz 2 MTV). Bei Fallgruppen, die - wie die vorliegend entscheidungserheblichen - in der Weise aufeinander aufbauen, dass gegenüber dem niedriger bewerteten Tätigkeitsmerkmal nur eine zusätzliche Anforderung gestellt wird, ist zunächst zu prüfen, ob der Angestellte die Anforderungen der niedrigeren Vergütungsgruppe - hier der VergGr. X Fallgr. 1 - erfüllt, und anschließend, ob die Merkmale der darauf aufbauenden höheren Vergütungsgruppe - hier der VergGr. IXb Fallgr. 2 - vorliegen.
b) Die Tätigkeit des Klägers als Verwaltungsangestellter erfüllt nach der Anlage B zum MTV das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. X. Dabei ist das Landesarbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger entsprechend seinem detaillierten Vortrag unstreitig als Verwaltungsangestellter im tarifvertraglichen Sinne beschäftigt wird. Da die VergGr. X in diesem Bereich die unterste Vergütungsgruppe ist, bedurfte es keiner weiteren ergänzenden Darlegung. Das in den Tatsacheninstanzen hierzu erfolgte Bestreiten mit Nichtwissen durch die Beklagte ist vom Landesarbeitsgericht zu Recht als unsubstantiiert beurteilt worden. Die Beklagte hat sich hierauf in der Revisionserwiderung auch nicht mehr berufen.
c) Das Landesarbeitsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass ein Bewährungsaufstieg des Klägers nach dem Tarifvertrag erst mit Inkrafttreten des Tarifvertrags ermöglicht wurde, die entsprechenden Zeiten mithin auch erst seit diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. Die Anrechnung von Tätigkeitszeiten, die vor Inkrafttreten des MTV liegen, auf die in der Vergütungsordnung bei einzelnen Tätigkeitsmerkmalen genannten Zeiten der "Bewährung in Vergütungsgruppe X" ist nicht möglich.
aa) Die Auslegung eines Tarifvertrags durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen ( - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 184 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 36). Dabei folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags oder die praktische Tarifübung ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (st. Rspr., zB Senat - 4 AZR 269/00 - BAGE 98, 35, 38 f.; - 4 AZR 433/03 - BAGE 111, 204, 209).
bb) Wie der Senat in mehreren Urteilen am entschieden hat, sind Tätigkeitszeiten von Arbeitnehmern von Unternehmen der Pro Seniore AG, deren Eingruppierung nach einem in der Anlage B zum MTV normierten Tätigkeitsmerkmal davon abhängt, ob sie sich in einer Tätigkeit in einer bestimmten, in der Anlage B zum MTV genannten Fallgruppe bewährt haben, nur insoweit zu berücksichtigen, als diese Tätigkeitszeiten nach Inkrafttreten des MTV am absolviert worden sind (vgl. zB Senat - 4 AZR 1005/06 -). An der dort dargelegten Rechtsauffassung hält der Senat auch nach einer Überprüfung fest.
(1) Tarifvertragsparteien ist es grundsätzlich freigestellt zu bestimmen, welche Zeiten welcher Tätigkeiten sie tariflich in welcher Form berücksichtigen wollen.
(2) Im Streitfall folgt bereits aus dem Wortlaut des MTV, dass für den Bewährungsaufstieg aus einer Vergütungsgruppe in die nächsthöhere Vergütungsgruppe die "Bewährung in Vergütungsgruppe X", also der genannten niedrigeren Vergütungsgruppe des entsprechenden (Mantel-)Tarifvertrags vorgeschrieben ist. In dieser Vergütungsgruppe kann sich ein Angestellter nur bewähren, wenn er darin eingruppiert ist. Dies setzt die Geltung der betreffenden Vergütungsordnung und damit des MTV voraus. Zwar können unter bestimmten Umständen auch Tatbestände, die in der Vergangenheit liegen, tarifliche Bedeutung erlangen. Dies erfordert jedoch eine entsprechend deutliche tarifvertragliche Regelung, da Tarifnormen wie Gesetze grundsätzlich nur für die Zukunft Geltung beanspruchen (Senat - 4 AZR 228/93 - AP BAT § 23a Nr. 32 mwN). Eine solche tarifvertragliche Regelung, die die vom Kläger begehrte Anerkennung beinhaltet, weist der MTV nicht auf (vgl. dazu ausf. Senat - 4 AZR 1005/06 -).
(3) Dieses am Wortlaut orientierte Auslegungsergebnis wird gestützt durch den Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen. Die Tarifvertragsparteien waren sich erkennbar bewusst, dass es auch andere, prinzipiell berücksichtigungsfähige Vorbeschäftigungszeiten gibt. So ist nicht nur im MTV die Beschäftigungszeit in mehrfacher Hinsicht abgestuft definiert, zB in § 11 Ziff. 1, § 12b Ziff. 1, § 11 Ziff. 2, § 12b Ziff. 2 Satz 2 MTV. Auch im Bereich der Tätigkeitsmerkmale in der Anlage B zum MTV selbst sind ganz unterschiedlich bewertete Tätigkeitszeiten definiert (vgl. dazu im Einzelnen Senat - 4 AZR 1005/06 -). Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass Tarifvertragsparteien durch eine unterschiedliche Terminologie auch unterschiedliche Regelungen treffen wollen. Von einer Anerkennung von Tätigkeitszeiten, die Arbeitnehmer absolviert haben, ohne nach dem MTV eingruppiert zu sein, sind die Tarifvertragsparteien nicht ausgegangen, auch wenn sie unter nachvollziehbaren Gesichtspunkten durchaus als gleichwertig erscheinen können. Diese Entscheidung haben die Gerichte hinzunehmen (Senat - 4 AZR 189/98 - BAGE 91, 163, 173 f.).
(4) Auch die Besitzstandswahrungsnorm in § 24 MTV zeigt, dass die Tarifvertragsparteien sich mit der Frage der tariflichen Bewertung von Tätigkeitszeiten, die vor dem Inkrafttreten des MTV absolviert worden sind, befasst haben. Die Vorschrift sieht für den Fall, dass sich bei der Anwendung des MTV für den Arbeitnehmer ein niedrigeres Gesamteinkommen als bisher ergeben würde, ua. folgende Regelung vor:
"a) Bei denjenigen Arbeitnehmern, die am schon bei Pro Seniore beschäftigt waren und deren Stufung nach Berufsjahren bzw. Lebensalter erfolgte, bleibt diese Stufung solange bestehen, bis er die Anspruchsvoraussetzungen dieses Tarifvertrages zur Höherstufung erfüllt."
Aus diesem Wortlaut ergibt sich jedenfalls kein Anzeichen dafür, dass die Tarifvertragsparteien nicht nur die sich in der Stufung niederschlagenden Beschäftigungszeiten, sondern auch die in der Vergütungsordnung vorgesehenen Bewährungszeiten vor Inkrafttreten des MTV entgegen der oben dargelegten allgemeinen Regelungen bei der Eingruppierung der Arbeitnehmer in vollem Umfange anrechnen wollten.
d) Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision gehen fehl.
aa) Der Kläger vertritt die Auffassung, die Bewährungszeit könne schon deshalb nicht an die Geltung des MTV angebunden sein, weil ansonsten zum keine Eingruppierung in die VergGr. IXb Fallgr. 2 erfolgen könne. Dies widerspreche § 12 Ziff. 1 des MTV, der eine zweijährige "Sperre" dieser Vergütungsgruppe nicht erlaube. Eine dafür erforderliche Übergangsregelung hätten die Tarifvertragsparteien nicht vereinbart.
Dies ist unrichtig. § 12 Ziff. 1 MTV knüpft die Vergütung an die Eingruppierung und diese an die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale. Das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IXb Fallgr. 2 MTV ist die zweijährige Bewährung in der VergGr. X. Wenn man der Auffassung ist, dass die für die ersten zwei Jahre der Geltung einer Vergütungsordnung bestehende Unmöglichkeit der Erfüllung einer Fallgruppe einer Vergütungsgruppe einer Übergangsregelung durch die Tarifvertragsparteien überhaupt bedarf, dann ist in der eindeutigen Regelung zur VergGr. IXb Fallgr. 2 eine solche "Übergangsregelung" zu sehen. Deshalb ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht rechtsfehlerhaft.
bb) Die Revision des Klägers vertritt - offensichtlich unter Evidenzgesichtspunkten - die Auffassung, die Anknüpfung an die Bewährungszeit unter dem Regime des MTV führe dazu, dass ein Arbeitnehmer, der bei Inkrafttreten eines neuen Tätigkeitsmerkmals bereits viele Jahre lang eine Tätigkeit erfolgreich verrichtet habe, nun für den Aufstieg bei Inkrafttreten der Neuregelung eine ebenso lange Tätigkeitszeit zurücklegen müsse wie ein Berufsanfänger. Dies ist zutreffend und von den Tarifvertragsparteien gewollt. Es widerspricht keinen höherrangigen Rechtsvorschriften. Insbesondere vor dem Hintergrund des vom Kläger selbst angeführten Vereinheitlichungsstrebens der Tarifvertragsparteien ist es nicht zu beanstanden, dass die unterschiedlichen tariflichen und einzelvertraglichen Arbeitsbedingungen nunmehr die Aufstiegsmöglichkeiten für alle Arbeitnehmer einheitlich regeln und dabei eine gewisse Nivellierung der in manchen angewandten Vergütungsordnungen möglicherweise differenzierter geregelten Tätigkeitsbewertungen in Kauf nehmen. Die Tarifvertragsparteien haben auch insofern in § 24 MTV eine differenzierte Besitzstandsregelung vereinbart, die bestimmte negative Rückwirkungen der neuen Regelungen ausschließt.
cc) Der Kläger schließt aus der Tatsache, dass die Formulierungen des MTV insbesondere in den die Eingruppierung betreffenden Teilen weitgehend an die entsprechenden Formulierungen im BAT anknüpfen, dass es sich bei dem MTV nicht um ein neues, einheitliches Tarifwerk handele, sondern dass der MTV in der Kontinuität des BAT gesehen werden müsse ("... zum Ausdruck gebracht, Regelungen zum Bewährungsaufstieg nach dem BAT nahtlos übernehmen zu wollen ..."), weshalb auch die Tätigkeitszeiten aus der Zeit vor Inkrafttreten des MTV anzurechnen seien. Es werde kein neues Vergütungssystem kreiert, sondern das Vergütungssystem des BAT, "das in dem Unternehmen weitgehend zur Anwendung kam", fortgesetzt.
Diese Plausibilitätsüberlegung des Klägers findet weder im Wortlaut noch in der Systematik des MTV irgendeinen Niederschlag. Zutreffend ist es, dass manche Formulierungen, insbesondere auch im Bereich der Eingruppierungsregelungen, erkennbar an Vorbilder aus dem Bereich des BAT anknüpfen. Hieraus entgegen dem Wortlaut des MTV schlussfolgern zu wollen, dass die Zeiten der entsprechenden Tätigkeiten in der Vergangenheit tariflich als Bewährungszeit anzuerkennen sind, ist mit herkömmlichen und anerkannten Auslegungsregeln schon deshalb nicht zu begründen, weil die neuen konzerneinheitlichen Eingruppierungsregeln gerade nicht an vorherige ebenso einheitliche Regeln anknüpften, sondern unstreitig wegen der voneinander in hohem Maße abweichenden Regelungskomplexe eine Vereinheitlichung erst herstellen sollten. Dies trifft gerade für den Kläger zu, der vorher nicht der Tarifautomatik bei der Eingruppierung unterlegen war (vgl. zur Auslegung der Vergütungsregelung im Arbeitsvertrag des Klägers - BAGE 116, 185, 190: "Die Eingruppierungsautomatik des § 22 BAT soll offenbar nicht gelten"). Eine tarifliche Bewertung der Tätigkeiten aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des MTV, die nach dessen Wortlaut ausgeschlossen ist, kann deshalb nicht unter Berufung auf eine fremde Vergütungsordnung erfolgen, in deren vermeintlicher Kontinuität der neue Tarifvertrag steht (vgl. dazu auch Senat - 4 AZR 1005/06 -).
dd) Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang auch zu Unrecht auf die Senatsentscheidung vom (- 4 AZR 693/92 - BAGE 74, 268). In der dort zu beurteilenden Eingruppierung nach Vereinbarung eines neuen Bezirkslohntarifvertrags lag eine Übergangsregelung der Tarifvertragsparteien vor, die vorsah, die vor dem Inkrafttreten des neuen Tarifvertrags am absolvierte Tätigkeitszeit so zu bewerten, "wie sie zu berücksichtigen wäre, wenn dieser Tarifvertrag in der ab geltenden Fassung gegolten hätte". Eine solche Vereinbarung haben die Tarifvertragsparteien des MTV vorliegend nicht getroffen, sondern sich im Gegenteil darauf geeinigt, die "Bewährung in Vergütungsgruppe X" zur Voraussetzung für einen Bewährungsaufstieg zu machen (vgl. dazu Senat - 4 AZR 1005/06 -).
5. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Höhe der sich aus der Eingruppierung des Klägers in die VergGr. X ergebenden Vergütungsansprüche werden vom Kläger nicht angegriffen.
III. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen, weil sein Rechtsmittel keinen Erfolg hatte, § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
CAAAC-85180
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein