BAG Urteil v. - 2 AZR 961/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 626

Instanzenzug: ArbG Hamburg, 21 Ca 523/03 vom LAG Hamburg, 2 Sa 71/05 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Verdachtskündigung.

Der Kläger trat 1999 als Sozialpädagoge in den Schuldienst der Beklagten. Zwischen dem 14. und ging bei der Beklagten eine Akte über ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger ein. Der Kläger wurde beschuldigt, in der Zeit vom bis in 11 Fällen an den Kraftfahrzeugen von zwei Kolleginnen Reifen zerstochen zu haben. Die Kolleginnen hatten sich zuvor kritisch über die Tätigkeit des Klägers geäußert. Auf ihre Strafanzeige hin installierte die Polizei eine Videoüberwachungsanlage. Die Kolleginnen gaben an, den Kläger in der Videoaufzeichnung zu erkennen. Ein Durchsuchungsbeschluss des der dem Kläger am ausgehändigt und vollstreckt worden war, benannte die Tatvorwürfe und die einzelnen Tattage.

Mit Schreiben vom informierte die Beklagte den Kläger über ihre Kündigungsabsicht. Das Schreiben hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Der Behörde ist von der Staatsanwaltschaft die Sie betreffende Ermittlungsakte zur Einsichtnahme zugeleitet worden. Sie stehen im Verdacht, in 8 Fällen mehrere Reifen des Fahrzeugs von Herrn B, des Ehemannes Ihrer früheren Kollegin Frau B, sowie in 3 Fällen Reifen des Fahrzeugs Ihrer früheren Kollegin Frau S zerstochen zu haben. Hinsichtlich des gegen Sie erhobenen Verdachts bezieht sich die Behörde auf den Inhalt der Ermittlungsakte.

Die Behörde erwägt, das Arbeitsverhältnis mit Ihnen fristlos, ggf. fristgerecht zu kündigen. Vorab gibt sie Ihnen Gelegenheit, sich schriftlich persönlich oder ggf. durch Ihren Anwalt zu dem gegen Sie erhobenen Verdacht bis zum zu äußern. Sollten Sie im Hinblick auf die derzeitigen Sommerferien innerhalb dieses Zeitraums die Stellungnahme nicht abgeben können, so erbitte ich eine diesbezügliche Nachricht mit der Mitteilung, bis wann eine Stellungnahme möglich ist, bis zum ."

Mit Anwaltsschreiben vom teilte der damalige Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, der Kläger befinde sich bis in Urlaub und er werde sich nach dessen Rückkehr wieder an die Behörde wenden. Mit Schreiben vom forderte die Beklagte den Kläger zur Stellungnahme bis auf. Am Freitag, dem erklärte der Kläger telefonisch gegenüber der Beklagten, sich nicht äußern zu wollen. Am hörte die Beklagte den Personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung an. Am sprach die Beklagte eine außerordentliche Kündigung aus, zu deren Rechtsschicksal keine Feststellungen vorliegen. Nachdem die Beklagte durch ein Schreiben des Personalrats vom erfahren hatte, dass der Kläger schwerbehindert ist, beantragte sie am die Zustimmung des Integrationsamts. Am hörte sie den Personalrat erneut an. Durch Bescheid vom - der Beklagten zugegangen am - erteilte das Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers. Am selben Tage erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger ist inzwischen im Strafverfahren rechtskräftig freigesprochen.

Das Amtsgericht Hamburg hat im Urteil vom ausgeführt:

"Das Gericht glaubt, dass der Angeklagte die ihm vorgeworfenen 11 Taten begangen hat, hat jedoch letzte - geringe - Zweifel an der Begehung durch den Angeklagten, ..."

Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und Weiterbeschäftigung begehrt. Er hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten. Es lägen auch keine hinlänglichen Verdachtsmomente vor. Mangels genügender Kenntnis der gegen ihn erhobenen Vorwürfe habe er keine Erklärung gegenüber der Beklagten abgeben können. Sein Rechtsanwalt habe zwar Einsicht in die Ermittlungsakte gehabt, ihm habe aber die Videoaufzeichnung nicht vorgelegen.

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom nicht beendet wurde.

2. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Auf Grund der Videoaufzeichnung und der Aussagen der zwei Kolleginnen habe ein dringender Verdacht vorgelegen. Die Ermittlungsakte habe dem Rechtsanwalt des Klägers am vorgelegen. Damit habe auch der Kläger rechtzeitig und vollständig Kenntnis gehabt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser erstrebt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.

Gründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Kündigungsschutzklage nicht stattgegeben werden. Ob die Kündigung vom rechtswirksam ist, steht noch nicht fest.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zwar hätten im Zeitpunkt der Kündigung sehr erhebliche Verdachtsmomente für eine Täterschaft des Klägers vorgelegen. Die Kündigung sei jedoch unwirksam, weil der Kläger nicht ausreichend angehört worden sei. Es sei nicht festzustellen, dass dem Kläger der Inhalt der Ermittlungsakte genau bekannt gewesen sei. Der als Zeuge vernommene Strafverteidiger des Klägers habe das Ermittlungsverfahren im Einzelnen erst nach Vorlage des Videobandes mit dem Kläger besprochen. Die Kenntnisse seines Prozessbevollmächtigten könnten dem Kläger nicht zugerechnet werden. Die Tatsache, dass der Kläger am eine Stellungnahme abgelehnt habe, ändere nichts an dem formellen Mangel der Anhörung.

B. Dem stimmt der Senat nur in einem Teil der Begründung zu.

I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Kündigung nicht mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Klägers unwirksam.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Eine Verdachtskündigung ist dann zulässig, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachengründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (st. Rspr. statt vieler: Senat - 2 AZR 496/00 -AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 36 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 11, zu B I 1 der Gründe; zuletzt - 2 AZR 725/06 -).

a) Die Anhörung des Arbeitnehmers hat im Zuge der gebotenen Aufklärung des Sachverhalts zu erfolgen. Ihr Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sie muss jedenfalls nicht den Anforderungen genügen, die an eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG gestellt werden (Senat - 2 AZR 587/94 - BAGE 81, 27, zu II 3 der Gründe; - 2 AZR 424/01 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1, zu B I 1 b bb der Gründe). Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung und Information des Betriebsrats einerseits und an die Anhörung des Arbeitnehmers im Rahmen einer Verdachtskündigung andererseits dienen anderen Zwecken und sind schon deshalb im Ansatz nicht vergleichbar (Eylert/Friedrichs DB 2007, 2203, 2205). Dennoch reicht es grundsätzlich nicht aus, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Rahmen einer Anhörung zu einer Verdachtskündigung lediglich mit einer allgemein gehaltenen Wertung konfrontiert. Die Anhörung muss sich auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen zu bestreiten oder den Verdacht entkräftende Tatsachen zu bezeichnen und so zur Aufhellung der für den Arbeitgeber im Dunkeln liegenden Geschehnisse beizutragen. Allein um dieser Aufklärung willen wird dem Arbeitgeber die Anhörung abverlangt. Dagegen ist sie nicht dazu bestimmt, als verfahrensrechtliche Erschwernis die Aufklärung zu verzögern und die Wahrheit zu verdunkeln.

b) Eine schuldhafte Verletzung der Anhörungspflicht liegt dann nicht vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht bereit war, sich auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einzulassen und nach seinen Kräften an der Aufklärung mitzuwirken. Erklärt der Arbeitnehmer sogleich, er werde sich zum Vorwurf nicht äußern und nennt auch für seine Verweigerung keine relevanten Gründe (Hoefs Die Verdachtskündigung S. 201; KR-Fischermeier 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 231), dann muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Rahmen seiner Anhörung nicht über die Verdachtsmomente näher informieren ( -). Eine solche Anhörung des Arbeitnehmers wäre überflüssig, weil sie zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Willensbildung des Arbeitgebers nicht beitragen kann (Senat - 2 AZR 283/86 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 19 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 3, zu B I 2 d aa der Gründe; KR-Fischermeier aaO).

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird diesen Grundsätzen nicht gerecht. Der Kläger ist vor Ausspruch der Kündigung ausreichend angehört worden. Die erhobenen Vorwürfe waren ihm bekannt.

a) Noch zutreffend ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass dem Kläger das Wissen seines damaligen Bevollmächtigten nicht zugerechnet werden kann. Die Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch einer Verdachtskündigung soll ihm die Möglichkeit geben, den gegen ihn bestehenden Verdacht zu entkräften. Dies ist aber nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer eigene Kenntnis von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen hat. Die Anwendung des zivilrechtlichen Stellvertretungsrechts kommt nicht in Betracht. Zwar wird man dem Arbeitnehmer die Zuziehung eines Rechtsanwalts für die Anhörung zuzugestehen haben(Eylert/Friedrichs DB 2007, 2203, 2204 f.). Maßgeblich für die Verdachtskündigung ist aber die Zerstörung der persönlichen Vertrauensgrundlage für die Vertragsparteien. Dies kann ausschließlich das unmittelbare Verhältnis des Arbeitnehmers und Arbeitgebers betreffen. In diese Richtung weist auch die Regelung des § 613 Satz 1 BGB.

b) Die Beklagte durfte entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts davon ausgehen, dass dem Kläger die Einzelheiten des Tatverdachts bekannt waren und folglich im Anhörungsschreiben nicht noch einmal benannt werden mussten.

aa) In dem gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren wurde am vom Amtsgericht Hamburg ein Durchsuchungsbeschluss erlassen. In diesem Beschluss sind die einzelnen Taten und Tattage genannt und der Tatvorwurf umrissen. Ausweislich des Durchsuchungsberichts vom wurde dieser Beschluss am Nachmittag des vollstreckt und dem Kläger ausgehändigt. Bei dieser Sachlage war es ausreichend, dass die Beklagte im Anhörungsschreiben die Taten pauschal bezeichnet hat. Der Kläger konnte nicht im Unklaren sein, über welchen Kenntnisstand die Beklagte verfügte und welche Taten ihm vorgeworfen wurden.

bb) Außerdem hat der Kläger am gegenüber der Beklagten erklärt, sich nicht zu äußern und nicht etwa mitgeteilt, er könne sich nicht im Einzelnen erklären, weil er nicht wisse, was genau ihm vorgeworfen werde. Für die Beklagte musste sich bei dieser Sachlage die Äußerung des Klägers vom als abschließende Stellungnahme darstellen, sich zu den Verdachtsmomenten nicht zu äußern.

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen kann der Senat keine eigene Sachentscheidung treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht, § 563 Abs. 1 ZPO.

1. Der Senat kann nicht selbst entscheiden, ob die Kündigung wirksam ist.

a) Nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es lägen schwerwiegende Verdachtsgründe dafür vor, dass der Kläger die ihm vorgeworfenen Taten begangen habe. Die zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung schon vorhandenen Zeugenaussagen der Geschädigten B und S, die den Kläger auf dem Polizeivideo als Täter identifiziert hatten sowie die Umstände der Tatbegehung und die Tatsache, dass der Kläger ein Tatmotiv hatte, belegen den schwerwiegenden Verdacht. Auch das Amtsgericht hat in seinem Urteil festgehalten, dass lediglich geringe - sog. "letzte" - Zweifel an der Tatbegehung durch den Kläger bestanden.

b) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich dahinstehen lassen, ob diese Umstände im Rahmen der umfassenden Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Kündigung zu begründen vermögen. Dem Senat ist insoweit eine eigene Entscheidung nicht möglich. Die Bewertung der für und gegen die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung sprechenden Umstände liegt weitgehend im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz und kann vom Revisionsgericht regelmäßig nicht durch seine eigene Wertung ersetzt werden (st. Rspr. Senat - 2 AZR 325/00 - AP BAT § 54 Nr. 5 = EzA BGB § 626 nF Nr. 189, zu B I 3 a der Gründe; neuerlich Senat - 2 AZR 78/06 - Rn. 34, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 71). Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung wird das Landesarbeitsgericht alle in Betracht kommenden Umstände zu berücksichtigen haben, die für oder gegen eine außerordentliche Kündigung sprechen. Allerdings dürfte es einem Arbeitgeber nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen zumutbar sein, einen Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen, von dem zu gewärtigen ist, dass er kritische Äußerungen von Kollegen mit derart nachhaltigen planvollen und zerstörerischen Eingriffen beantwortet und damit "Angst und Schrecken" verbreitet.

2. Von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent hat sich das Landesarbeitsgericht mit der Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist des § 91 Abs. 3 SGB IX iVm. § 91 Abs. 5 SGB IX nicht auseinandergesetzt. Dies wird es nach der Zurückverweisung ggf. nachzuholen haben. Dabei kann es darauf ankommen, ob die Kündigung am unverzüglich iSv. § 91 Abs. 3 SGB IX iVm. § 91 Abs. 5 SGB IX erklärt wurde. Die Beklagte geht möglicherweise davon aus, dass erst mit der Zustellung des Bescheids des Integrationsamts vom Mittwoch, dem , am Montag, dem , die Kündigung erklärt werden konnte und dies unverzüglich iSv. § 91 Abs. 3 SGB IX iVm. § 91 Abs. 5 SGB IX ist. Der Akte ist nicht zu entnehmen, ob die Beklagte zuvor bereits mündlich oder fernmündlich über die Zustimmung in Kenntnis gesetzt wurde (vgl. Senat - 2 AZR 159/04 - AP SGB IX § 91 Nr. 5 = EzA SGB IX § 91 Nr. 2).

3. Das Landesarbeitsgericht wird ggf. auch zu prüfen haben, ob die Kündigung vom wegen Verstoßes gegen die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB unwirksam ist. Dabei erscheint es naheliegend, davon auszugehen, dass die Frist jedenfalls nicht vor dem - dem Tag, an dem der Kläger eine Stellungnahme verweigerte - zu laufen begann. Da die in Unkenntnis der Schwerbehinderung ausgesprochene Kündigung vom damit jedenfalls innerhalb der Frist erklärt wurde, könnte der nach Kenntnis der Schwerbehinderung ausgesprochenen Kündigung Fristversäumung nach § 626 Abs. 2 BGB allenfalls dann entgegenstehen, wenn die Beklagte nicht unverzüglich nach Kenntnis von der Schwerbehinderung den Antrag auf Zustimmung beim Integrationsamt gestellt hätte. Da der Beklagten die Schwerbehinderung am bekannt wurde und sie den Zustimmungsantrag bereits am 10. September gestellt hat, dürfte sie unverzüglich tätig geworden sein.

4. Nicht festgestellt ist, was der Kläger hinsichtlich der zunächst am ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung unternommen hat. Da die Beklagte von der Schwerbehinderung des Klägers bei Ausspruch dieser außerordentlichen Kündigung keine Kenntnis hatte, musste der Kläger trotz § 4 Satz 4 KSchG sich innerhalb der Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG gegen diese Kündigung wenden und sich selbst auf den Sonderkündigungsschutz nach §§ 85 ff. SGB IX berufen (s. dazu jetzt auch Senat - 2 AZR 864/06 -). Ob dies geschehen ist oder ob die Kündigung vom aus anderen Gründen keine Wirkung entfaltet, wird das Landesarbeitsgericht ggf. zu prüfen haben.

Fundstelle(n):
BB 2008 S. 2300 Nr. 42
BB 2008 S. 665 Nr. 13
DB 2008 S. 2200 Nr. 40
NWB-Eilnachricht Nr. 13/2008 S. 1135
NWB-Eilnachricht Nr. 51/2008 S. 4860
SJ 2008 S. 45 Nr. 6
StuB-Bilanzreport Nr. 16/2008 S. 652
UAAAC-82676

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein