BFH Beschluss v. - V B 84/07

Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung; Rüge einer fehlerhaften Kostenentscheidung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 118 Abs. 2, FGO § 145

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) führte für die Jahre 1996 bis 1998 (Streitjahre) eine Außenprüfung durch, die für die Streitjahre zu Zuschätzungen führte (Bericht vom ). Dementsprechend änderte das FA durch Bescheide vom u.a. sowohl die Einkommensteuerbescheide als auch die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre.

Gegen diese Bescheide legte der Kläger Einsprüche ein. Am erließ das FA eine Einspruchsentscheidung, in der es die Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre änderte und die Einsprüche im Übrigen zurückwies.

Am sprach der Kläger im FA bei der Sachbearbeiterin, Frau M, vor und reichte weitere Unterlagen ein. Streitig ist, ob der Kläger am einen mündlichen Antrag auf (schlichte) Änderung gemäß § 172 der Abgabenordnung (AO) der Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre gestellt hat.

Am beantragte der Kläger beim FA schriftlich, die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre „dahingehend zu ändern, dass die Zuschätzung für die Jahre 1996, 1997 und 1998 entnommen wird”. Einen entsprechenden Antrag bezüglich der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre stellte der Kläger nicht.

Das FA änderte die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre durch Bescheide vom 3. und entsprechend diesem Antrag. Die Umsatzsteuerfestsetzungen wurden nicht geändert.

Nachdem das FA am die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre beendet hatte, beantragte der Kläger am , die Umsatzsteuerbescheide gemäß § 164 AO zu ändern.

Dies lehnte das FA durch Bescheid vom ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vernahm die Sachbearbeiterin Frau M sowie Herrn V als Zeugen und wies die Klage mit der Begründung ab, nach Anhörung des Klägers und Einvernahme der Zeugen sei der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger bereits am einen Änderungsantrag gestellt habe.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers (§ 116 der FinanzgerichtsordnungFGO—) entspricht teilweise nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO; teilweise liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor.

1. Soweit der Kläger als Verfahrensrüge geltend macht, das FA habe in der mündlichen Verhandlung Unterlagen zu den Akten gereicht mit dem Ziel, seine, des Klägers, Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen (Beschwerdeschrift, S. 12), hat er nicht schlüssig dargelegt, inwieweit die Entscheidung des FG i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf diesem (angeblichen) Verfahrensmangel beruhen kann. Für die Behauptung des Klägers, diese Unterlagen hätten das FG bei der Würdigung der Aussage der Zeugin M beeinflusst, fehlt jeder Anhaltspunkt.

2. Mit seinen weiteren Rügen, etwa, das FG habe sich mit „den vorsätzlichen Ermittlungsfehlern” des FA „nicht auseinander gesetzt” (Beschwerdeschrift, S. 13), eine Auseinandersetzung mit seinem Sachvortrag, des Klägers, sei nicht erfolgt (Beschwerdeschrift, S. 15), insoweit habe das FG gegen seine Sachaufklärungs- und Hinweispflicht verstoßen (Beschwerdeschrift, S. 15), macht der Kläger im Kern eine fehlerhafte Beweiswürdigung des FG geltend.

Mit Einwendungen gegen die durch die jeweiligen Gesamtumstände des Einzelfalles bestimmte konkrete Tatsachen- und Beweiswürdigung (einschließlich der eines Zeugenbeweises) durch das FG wird kein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt (vgl. , BFH/NV 2008, 26). Die Würdigung von Tatsachen und Beweisen ist dem materiellen Recht zuzuordnen (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Beschlüsse vom VII B 345/06, BFH/NV 2008, 23; vom IX B 54/07, BFH/NV 2008, 30) und deshalb der Prüfung durch den BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (vgl. , BFH/NV 2007, 1677, m.w.N.).

3. Die Revision kann auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen werden.

a) Soweit der Kläger die Frage für grundsätzlich bedeutsam hält, „ob durch die Amts-Ermittlungspflicht auch der Fall erfasst ist, fehlerhafte Bescheide zu Gunsten des Steuerpflichtigen zu ändern, wenn noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist die Finanzbehörde durch eigene Ermittlungen feststellt, dass der erhobenen Steuer die materielle Grundlage fehlt (hier Bemessungsgrundlage gem. § 10 UStG)” —Beschwerdeschrift, S. 16 f.—, kann diese Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen lässt, dass das FA vor Ablauf der Rechtsmittelfrist eine entsprechende Feststellung getroffen hat.

Rechtsfragen, die sich nur stellen, wenn man —entgegen § 118 Abs. 2 FGO— von einem nicht festgestellten Sachverhalt ausgeht, können die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht rechtfertigen (vgl. , BFH/NV 2007, 743, m.w.N.).

b) Soweit der Kläger ferner für grundsätzlich bedeutsam hält, „ob an einen rechtskundigen Steuerpflichtigen andere formelle Anforderungen an den Antrag gemäß § 172 AO zu stellen sind, als an einen nichtrechtskundigen Steuerpflichtigen” (Beschwerdeschrift, S. 17), stellt sich diese Frage nicht. Das FG hat keine besonderen formellen Anforderungen an den Antrag gemäß § 172 AO gestellt, sondern lediglich den Sachverhalt und die Zeugenaussagen dahingehend gewürdigt, dass der Kläger einen solchen Antrag nicht gestellt hat.

c) Die weitere vom Kläger als klärungsbedürftig angesehene Frage nach der Reichweite eines Antrags nach § 172 AO (Beschwerdeschrift, S. 19 ff.) stellt sich nicht, weil im Streitfall nach der Würdigung des FG ein solcher Antrag am gerade nicht gestellt worden ist.

d) Entsprechendes gilt für die ferner vom Kläger aufgeworfene Frage, „ob mit der mündlich dem Kläger gegenüber am abgegebenen Erklärung von Frau M, —der Antrag hätte voll umfänglich Erfolg— bereits eine Entscheidung über den schlichten Änderungsantrag vorliegt, zumindest eine tatsächliche Verständigung (§ 175a AO)” —Beschwerdeschrift, S. 24— sowie für die weiteren an die —hier nicht vorliegende— Existenz eines Antrags nach § 172 AO anknüpfenden Fragen (Beschwerdeschrift, S. 25 ff.).

e) Soweit der Kläger schließlich meint, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob das FA verpflichtet war, „bei Kenntnis darüber, dass der erhobenen Umsatzsteuer die Bemessungsgrundlage fehlt, den Steuerbescheid von Amts wegen gemäß § 17 UStG bzw. § 173 AO (nachträgliche Tatsachenfeststellungen durch das FA selbst) zu berichtigen oder ob der Steuerpflichtige in einem solchen Fall einen gesonderten Berichtigungsantrag zu stellen hat, insbesondere, wenn im Rahmen der Betriebsprüfung der materiell richtige Steuerbescheid geändert wird und damit erst falsch wird” (Beschwerdeschrift, S. 34), hat er nicht schlüssig und substantiiert vorgetragen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und klärbar ist (vgl. dazu z.B. , BFH/NV 2008, 396).

f) Die in diesem Zusammenhang vom Kläger gerügten Widersprüche der Vorentscheidung zu Entscheidungen anderer FG (Beschwerdeschrift, S. 36 ff.), die im Übrigen wiederum weitgehend die Beweiswürdigung des FG betreffen und auch die Anforderungen an die Darlegung einer die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative FGO rechtfertigenden Divergenz nicht erfüllen (vgl. dazu , BFH/NV 2007, 2067, m.w.N.), bestehen nicht.

Der vorliegende Streitfall weist u.a. die Besonderheiten auf, dass der Kläger Rechtsanwalt ist und dass er im Anschluss an das Gespräch an Amtsstelle vom am einen schriftlichen und nicht auslegungsfähigen Antrag auf Änderung gestellt hat, der nur die Zuschätzungen in den Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre betrifft, nicht aber —möglicherweise versehentlich— die Zuschätzungen in den Umsatzsteuerfestsetzungen. Das FG hat hierzu treffend ausgeführt, dass dieser schriftliche Änderungsantrag vom überflüssig gewesen wäre, wenn der Kläger entsprechend seiner Behauptung bereits am einen entsprechenden mündlichen Antrag gestellt hätte.

4. Soweit sich der Kläger schließlich auch „gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes für die Berechnung der Gerichtsgebühren für das angefochtene Urteil und die Kostenentscheidung” wendet (Beschwerdeschrift, S. 39 ff.), bleibt dieses Begehren ebenfalls erfolglos.

Das FG hat in dem mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochtenen Urteil keinen „Gegenstandswert” oder Streitwert festgesetzt. Im Übrigen ist gegen eine unrichtige Streitwertbemessung die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes statthaft.

Die Rüge einer fehlerhaften Kostenentscheidung kann wegen § 145 FGO nicht zur Zulassung der Revision führen, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde —wie hier— in der Hauptsache keinen Erfolg hat (vgl. , BFH/NV 2008, 599).

Fundstelle(n):
UAAAC-81425