Einheitswert 1935 für denkmalgeschütztes Wasserschloss im Beitrittsgebiet; Erlass einer bewertungsrechtlichen Verwaltungsvorschrift
Leitsatz
1. Bei der Schätzung des Einheitswerts eines im Beitrittsgebiet gelegenen sonstigen Gebäudes auf den ist eine Schätzungsmethode, mit der der gemeine Wert des Gebäudes auf der Grundlage des Bodenwerts und des Gebäudewerts ermittelt und jeweils die durchschnittlichen Herstellungskosten für vergleichbare Objekte auf den Stichtag zugrunde gelegt sind, rechtlich nicht zu beanstanden. Eine (entsprechende) Anwendung des Sachwertverfahrens der §§ 83 ff. BewG mit allen Detailregelungen ist nicht geboten.
2. Im Anwendungsbereich des § 129 Abs. 2 BewG ist weder der Höchstsatz des Abschlags wegen Alterswertminderung aus § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG noch der Abschlag für behebbare Baumängel aus § 87 BewG maßgebend.
3. Die Finanzverwaltung bedarf für den Erlass einer bewertungsrechtlichen Verwaltungsvorschrift, die in einer gesetzlichen Bestimmung verwendete unbestimmte Rechtsbegriffe im Interesse der Einheitlichkeit und Praktikabilität ausfüllt, keiner gesetzlichen Grundlage.
4. Die Abweichung von einer bewertungsrechtlichen Verwaltungsvorschrift kann nur geboten sein, wenn der sich ergebende (Grundstücks-)Wert außerhalb jeder noch vertretbaren Toleranz liegt.
Gesetze: GG Art. 20AO § 162 Abs. 1BewG §§ 9, 83, 86 Abs. 3 Satz 1BewG §§ 87, 129BewG DDR BewG DDR § 10 Abs. 1RBewDV § 32 Abs. 1 Nr. 5RBewDV § 33
Instanzenzug: , ,
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig
Gründe
I.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eigentümer eines im Beitrittsgebiet belegenen denkmalgeschützten Wasserschlosses. Das seinerzeit zuständige Finanzamt stellte den Einheitswert durch geänderten Einheitswertbescheid (Wertfortschreibung auf den ) vom auf 12 117 € fest. Das Finanzamt berechnete den Gebäudewert auf der Grundlage des Erlasses des Finanzministeriums Thüringen „Einheitsbewertung des Grundbesitzes, hier: Grundbesitz, der unter Denkmalschutz steht” vom (Denkmalerlass). Es ermäßigte den Gebäudenormalherstellungswert entsprechend Tz. 2.2.4 Denkmalerlass um einen Abschlag für Denkmalschutz in Höhe von 10 v.H. und kürzte den verbleibenden Gebäudenormalherstellungswert um die Alterswertminderung, wobei der insgesamt angesetzte Abschlag (Tz. 2.2.3 Denkmalerlass) auf 40 v.H. des Gebäudenormalherstellungswerts begrenzt wurde. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) setzte, nachdem die Beteiligten hinsichtlich der nutzbaren Teile des Gebäudes sowie des anzusetzenden Kubikmeterpreises eine tatsächliche Verständigung erzielt hatten, mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 741 veröffentlichten Urteil den Einheitswert auf 4 448 € herab. Es vertrat die Auffassung, dass die durch die Verwaltungserlasse vorgegebene Begrenzung des Abschlags auf den Gebäudenormalherstellungswert auf höchstens 60 v.H. einer gesetzlichen Grundlage entbehre. Die Begrenzung sei in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 3 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) auf 70 v.H. der Gebäudenormalherstellungskosten festzulegen. Darüber hinaus sei ein Abschlag wegen behebbarer Baumängel gemäß § 87 BewG sowie schließlich ein Denkmalabschlag (Ziff. 2.2.4 Denkmalerlass) in Höhe von 10 v.H. anzusetzen.
Mit seiner Revision rügt der Beklagte und Revisionskläger (das nunmehr zuständige Finanzamt —FA—) Verletzung des § 129 Abs. 2 BewG.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Feststellung des Einheitswerts (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat unzutreffend angenommen, dass der Höchstbetrag einer Wertminderung wegen Alters nach § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG auch im Anwendungsbereich des § 129 Abs. 2 BewG gelte und dass über den Abzug der Alterswertminderung hinaus noch eine Ermäßigung für behebbare Baumängel vorzunehmen sei.
1. Nach § 129 Abs. 1 BewG gelten für die im Beitrittsgebiet liegenden wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke die festgestellten oder noch festzustellenden Einheitswerte nach den Wertverhältnissen zum weiter. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift werden —vorbehaltlich der §§ 129a bis 131 BewG— für die Ermittlung der Einheitswerte 1935 statt der §§ 27, 68 bis 94 BewG u.a. im Einzelnen genannte Bestimmungen des Bewertungsgesetzes der Deutschen Demokratischen Republik (BewG DDR) i.d.F. vom (Gesetzblatt der DDR, Sonderdruck Nr. 674) und der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz (RBewDV) vom (RGBl I 1935, 81) mit späteren Änderungen weiter angewandt.
a) Sonstige bebaute Grundstücke i.S. des § 32 Abs. 1 Nr. 5 RBewDV, zu denen das Gebäude der Kläger nach den zwischen den Beteiligten unstreitigen Feststellungen des FG gehört, sind mit dem gemeinen Wert zu bewerten (§ 33 Abs. 2 Satz 1 RBewDV). Diesen beschreibt § 10 Abs. 1 BewG DDR als den Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre; dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen und ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen. Hinsichtlich der maßgeblichen Wertverhältnisse bestimmt § 3a Abs. 1 RBewDV, dass bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes (Bestand, bauliche Verhältnisse usw.) vom Nachfeststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom zugrunde zu legen sind.
b) Für ein sonstiges Gebäude i.S. des § 32 Abs. 1 Nr. 5 RBewDV scheidet der Ansatz einer Jahresrohmiete gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 RBewDV von vornherein aus. Da nach den vom FG getroffenen Feststellungen auch Verkäufe auf den Stichtag nicht vorliegen, kommt in Anwendung der allgemeinen Grundsätze für die Wertermittlung nur eine Schätzung (§ 162 Abs. 1 der Abgabenordnung —AO—) des am freien Markt erzielbaren Einzelveräußerungspreises in Betracht (, BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51; vom II R 2/02, BFH/NV 2004, 1626; vom II R 2/03, BFH/NV 2006, 29).
c) Für die Schätzung des Grundstückswerts kann nur auf die Grundzüge des Sachwertverfahrens in Anlehnung an die Regelungen der §§ 83 ff. BewG, die gemäß § 129 Abs. 2 BewG nicht unmittelbar anwendbar sind, zurückgegriffen werden (, BFH/NV 2003, 8; BFH-Urteile in BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51, und in BFH/NV 2004, 1626). Danach ist die im Denkmalerlass vorgesehene Schätzungsmethode, mit der das FA den gemeinen Wert des Gebäudes der Kläger auf der Grundlage des Bodenwerts und des Gebäudewerts ermittelt und jeweils die durchschnittlichen Herstellungskosten für vergleichbare Objekte auf den Stichtag zugrunde gelegt hat, nicht zu beanstanden.
aa) Soweit die Kläger demgegenüber im Anwendungsbereich des § 129 Abs. 2 BewG eine (entsprechende) Anwendung des Sachwertverfahrens der §§ 83 ff. BewG mit allen Detailregelungen für zwingend geboten erachten, kann dem nicht gefolgt werden. Der Eingangssatz des § 129 Abs. 2 BewG schließt nach seinem klaren Wortlaut die Anwendung der §§ 83 ff. BewG aus. Auch für eine analoge Anwendung der §§ 83 ff. BewG ist kein Raum. Eine Analogie setzt eine planwidrige Lücke voraus. Eine solche Lücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (vgl. z.B. , BFHE 199, 374, BStBl II 2002, 697). Daran fehlt es, weil § 129 Abs. 2 BewG die Nichtanwendung der §§ 83 ff. BewG ausdrücklich anordnet und insoweit nicht planwidrig lückenhaft ist.
bb) Die durch § 129 Abs. 2 BewG angeordnete Nichtanwendung der §§ 83 ff. BewG beruht auch nicht —wie die Kläger vermuten— auf einem gesetzgeberischen Versehen. § 129 BewG liegt die eindeutige Regelungsabsicht des Gesetzgebers zugrunde, dass anstelle des Bewertungsrechts für die Feststellung der Einheitswerte 1964 „vorbehaltlich der §§ 130, 131 noch die für die Einheitsbewertung 1935 maßgebenden Vorschriften insgesamt gelten” sollen (Erläuterungen zu den Anlagen zum Einigungsvertrag, BTDRucks 11/7817, S. 116). Von diesem Regelungswillen sind die §§ 83 ff. BewG schon deshalb nicht umfasst, weil diese erstmals das Sachwertverfahren festlegenden Gesetzesregelungen erst durch das Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom (BGBl I 1965, 851) in das BewG eingefügt wurden. Für die von den Klägern angeregte Beitrittsaufforderung gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO im Hinblick auf die Frage, ob § 129 Abs. 2 BewG auf einem Versehen beruht, bestand daher kein Anlass.
d) Die von den Klägern geäußerten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung im Beitrittsgebiet teilt der Senat nicht; insoweit wird auf den (BFH/NV 2007, 1280, m.w.N.) verwiesen.
2. Entgegen der Auffassung des FG ist der Gebäudewert nach Abzug der Alterswertminderung mit einem Restwert von 40 v.H. des Gebäudenormalherstellungswerts anzusetzen (Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass); eine Ermäßigung des Restwerts auf 30 v.H. in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG kommt nicht in Betracht.
a) § 129 Abs. 2 BewG und die dort in Bezug genommenen Vorschriften enthalten keine Regelung über den Höchstsatz einer Wertminderung wegen Alters. Das Fehlen einer solchen Bestimmung rechtfertigt aus den unter II.1.c. dargelegten Gründen nicht die Annahme des FG, § 129 Abs. 2 BewG enthalte eine „planwidrige Gesetzeslücke”, die durch eine entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG zu schließen sei. Die unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 3 BewG ist durch den Eingangssatz des § 129 Abs. 2 BewG ausdrücklich ausgeschlossen. Entgegen der Annahme des FG ergibt sich etwas anderes auch nicht aus der Rechtsprechung des BFH. Die dort ausdrücklich gebilligte „Anlehnung an die Regelungen der §§ 83 ff. BewG” (so z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1626) betrifft lediglich die Grundzüge der Schätzungsmethode, nicht aber die in §§ 83 ff. BewG getroffenen Detailregelungen des Sachwertverfahrens und bedeutet insbesondere nicht, dass der in § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG geregelte Höchstsatz des Abschlags wegen Alterswertminderung auch im Anwendungsbereich des § 129 Abs. 2 BewG maßgebend ist.
b) Der Denkmalerlass kann —entgegen der Meinung des FG— weder allgemein noch speziell im Hinblick auf die Abweichung von § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG als „unzulässige normersetzende Verwaltungsvorschrift” qualifiziert werden und ist, anders als die Kläger meinen, wegen seines auch die Sachverhaltsermittlung betreffenden Gegenstands keine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift (vgl. auch Birk in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 4 AO Rz 92). Vielmehr handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, die den von § 10 Abs. 1 BewG DDR erteilten „generellen Schätzungsauftrag” (dazu allgemein Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 162 AO Rz 12) umsetzt. Für den Erlass einer solchen Verwaltungsvorschrift, die die in § 10 I BewG DDR oder § 9 BewG verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe im Interesse der Einheitlichkeit und Praktikabilität ausfüllt, bedarf die Finanzverwaltung keiner ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung (, BVerfGE 78, 214); ob sich eine solche Ermächtigung —wie das FA meint— aus § 52 Abs. 1 BewG DDR ableiten könnte, kann deshalb offen bleiben. Dementsprechend hat der BFH auch bereits die Anwendung dem Denkmalerlass vergleichbarer Verwaltungserlasse für die Ermittlung von Einheitswerten im Beitrittsgebiet gebilligt (z.B. BFH-Urteile in BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51, und in BFH/NV 2006, 29, m.w.N.). Ein Verstoß gegen Art. 20 des Grundgesetzes (GG), wie von den Klägern geltend gemacht, liegt nicht vor; die von den Klägern insoweit angeregte Einholung einer Entscheidung des BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ist nicht veranlasst.
c) Eine Abweichung von den im Denkmalerlass getroffenen Regelungen kommt nur unter engen Voraussetzungen in Betracht. Dies folgt aus der einer bewertungsrechtlichen Verwaltungsvorschrift zukommenden Bedeutung, eine möglichst gleichmäßige Besteuerung sowie Rechtssicherheit zu gewährleisten und die —sowohl im Interesse der Finanzverwaltung als auch in dem der Steuerpflichtigen gebotene— Praktikabilität des Bewertungsverfahrens sicherzustellen (vgl. , BFHE 133, 437, BStBl II 1981, 643, und in BFH/NV 2006, 29, m.w.N.). Eine Abweichung vom Denkmalerlass kann nur geboten sein, wenn der sich ergebende Grundstückswert außerhalb jeder noch vertretbaren Toleranz liegt (, BFH/NV 2002, 1282; in BFHE 133, 437, BStBl II 1981, 643). Insofern kann —entgegen der Annahme der Kläger— nicht von einer „unwiderlegbaren” Fiktion des Denkmalerlasses gesprochen werden.
Der Maßstab noch vertretbarer Toleranz entspricht der Bandbreite der Werte, die sich bei der Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken ergeben können. Es gibt für Grundstücke keinen absoluten und sicher realisierbaren Marktwert, sondern allenfalls ein Marktniveau (vgl. z.B. , BVerfGE 117, 1). Schon deshalb kann der auf der Grundlage einer Verwaltungsvorschrift ermittelte Wert nur darauf überprüft werden, ob er sich noch innerhalb des Korridors vertretbarer Verkehrswerte bewegt. Dies gilt auch für die nach den Wertverhältnissen am festzustellenden Einheitswerte.
d) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist der in Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass angesetzte Restwert von 40 v.H. des Gebäudenormalherstellungswerts nicht zu beanstanden. Dieser Restwert liegt innerhalb einer noch vertretbaren Toleranz. Der vom FG angestellte Vergleich zu dem Höchstwert der Wertminderung wegen Alters nach § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG rechtfertigt —wie dargelegt— keine weitere Verringerung des Restwerts. Auch die von den Klägern geltend gemachte Grundrechtsverletzung durch den in Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass bestimmten Restwert liegt ersichtlich nicht vor. Schon unter Berücksichtigung der noch auf die Wertverhältnisse am ausgerichteten Einheitsbewertung im Beitrittsgebiet sowie der einem Schätzungsverfahren ohnehin eigenen Bandbreite der ermittelten Werte scheidet ein strikter Anspruch auf Ansatz eines Restwerts von lediglich 30 v.H. des Gebäudenormalherstellungswerts aus. Es kommt hinzu, dass die Ausgestaltung des Sachwertverfahrens durch den Denkmalerlass —so etwa hinsichtlich der Ermittlung des Bodenwerts, der zur Ermittlung des Raummeterpreises getroffenen Regelungen sowie des Ansatzes eines Denkmalabschlags— von vornherein einen hinreichenden Abstand zum gemeinen Wert auf den wahrt. Zu einer abweichenden Beurteilung geben auch die ganz allgemein gehaltenen Angaben in dem von den Klägern angeführten Bauschadenbericht der Bundesregierung vom (BTDrucks 13/3593) keinen Anlass.
Hiernach würde ein zwingendes Gebot, den Restwert des Gebäudenormalherstellungswerts mit lediglich 30 v.H. anzusetzen, die dem Denkmalerlass zugrunde liegende sachgerechte Schätzungsmethode überstrapazieren.
Auch nach dem Maßstab der von den Klägern begehrten „realitätsgerecht typisierten Schätzung” käme insgesamt kein niedrigerer gemeiner Wert in Betracht. Der von den Klägern angeregten Einholung einer Entscheidung des BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zu der Frage, welche Grenzen Typisierungen in Verwaltungsanweisungen gezogen sind, bedurfte es mangels Entscheidungserheblichkeit nicht. Ebenso bestand für den Senat keine Veranlassung zu einer von den Klägern angeregten Beitrittsaufforderung gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO und Einholung einer Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen sowie des Landes Thüringen zu der Frage, auf Grund welcher Erfahrungen von einem Restwert der Gebäudenormalherstellungskosten von 40 v.H. auszugehen ist.
3. Soweit das FG einen weiteren Abschlag wegen behebbarer Baumängel sowie wegen des bestehenden Denkmalschutzes angesetzt hat, kann dem nur zum Teil gefolgt werden.
a) Entgegen der Auffassung des FG ist der nach Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass anzusetzende Restwert nicht in entsprechender Anwendung des § 87 BewG i.V.m. Abschn. 43 der Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens um einen weiteren Abschlag für behebbare Baumängel zu kürzen. Nach Ziff. 2.2.3 Satz 3 Denkmalerlass sind zwar behebbare bauliche Schäden nach dem Schadensgrad und dem Verhältnis der Wertigkeit des beschädigten Bauteils zum Gesamtbauwerk in dem Umfang zu berücksichtigen, in dem sie tatsächlich bestehen. Die Berücksichtigung dieser behebbaren Bauschäden unterliegt jedoch ebenfalls der Restwertregelung der Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass und unterliegt aus den unter II. 2. c und d dargelegten Gründen keinen rechtlichen Bedenken.
Eine entsprechende Anwendung des § 87 BewG, der gemäß § 129 Abs. 2 BewG im Beitrittsgebiet ebenfalls keine Anwendung findet, kommt insoweit nicht in Betracht. Die Restwertgrenze des Denkmalerlasses könnte allenfalls dann Bedenken unterliegen, wenn sie auch für den Fall zu gelten hätte, dass für das bewertete Gebäude die Notwendigkeit eines baldigen Abbruchs bestünde. Eine Entscheidung dieser Frage kann jedoch vorliegend deshalb offen bleiben, weil nach den vom FG getroffenen Feststellungen die Notwendigkeit eines baldigen Gebäudeabbruchs nicht besteht.
b) Dem FG ist hingegen darin zu folgen, dass der sich im Streitfall aus Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass ergebende Restwert wegen der denkmalschutzrechtlichen Beschränkungen zu ermäßigen ist. Dies folgt aus Ziff. 2.2.4 Denkmalerlass, wonach eine Ermäßigung „außerdem” wegen der denkmalschutzrechtlichen Beschränkungen in Betracht kommt. Diese Ermäßigung ist ersichtlich auf den nach Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass ermittelten Restwert bezogen und kann deshalb nicht bereits —wie in dem angegriffenen Einheitswertbescheid geschehen— auf der Ebene des Gebäudenormalherstellungswerts vor Ansatz der Alterswertminderung berücksichtigt werden. Da sich diese Reihenfolge der Abschläge bei der Ermittlung des Gebäudewerts bereits aus dem Denkmalerlass ergibt, stellt sich die vom FG aufgeworfene Frage nach einer für das Beitrittsgebiet durch §§ 85, 88 BewG vorgegebenen Reihenfolge der Abschläge bei der Ermittlung des Gebäudewerts nicht. Der Höhe nach kann diese Ermäßigung in Übereinstimmung mit dem FG mit 10 v.H. des Restwerts angesetzt werden.
Da das FG die vorstehenden Rechtsgrundsätze nicht beachtet hat, war die Vorentscheidung aufzuheben.
4. Die Sache ist spruchreif. Der Einheitswert ist auf der Grundlage der von den Beteiligten nicht angegriffenen Berechnungen des FG zum Rauminhalt des Herrenhauses sowie der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten über die Höhe des anzusetzenden Raummeterpreises wie folgt festzustellen:
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Bodenwert | 2 236 DM | |
Gebäudenormalherstellungswert
des Herrenhauses | 38 940 DM | |
daraus Restwert 40 v.H. | 15 576 DM
| |
davon Denkmalabschlag 10 v.H.
(Ziff. 2.2.4 Denkmalerlass) | ./.
1 557 DM | |
Gebäude 200 bis 600 | 155 DM | |
Einheitswert | 16 400 DM (=
8 385 €) |
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2009 II Seite 983
BFH/NV 2008 S. 1124 Nr. 7
BFH/NV 2009 S. 2024 Nr. 12
BFH/PR 2010 S. 74 Nr. 2
BStBl II 2009 S. 983 Nr. 24
DStRE 2008 S. 1356 Nr. 21
DStRE 2009 S. 1453 Nr. 23
HFR 2009 S. 12 Nr. 1
HFR 2010 S. 13 Nr. 1
KÖSDI 2009 S. 16713 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2008 S. 5
NWB-Eilnachricht Nr. 44/2009 S. 3397
StB 2009 S. 420 Nr. 12
StBW 2009 S. 7 Nr. 22
StuB-Bilanzreport Nr. 22/2009 S. 864
WPg 2010 S. 50 Nr. 1
CAAAC-80793