Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StGB § 213; StGB § 213 Alt. 1
Instanzenzug: LG Hamburg, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten erzielt - in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts - den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte und das spätere Opfer Ah. - ein trainierter Ringer - waren afghanische Landsleute und eng befreundet. Zwei Jahre vor der Tat ging die Freundschaft nach einem Streit in die Brüche. Ah. schuldete dem Angeklagten eine größere Geldsumme und versprach, diese am während eines Treffens zu begleichen. Dementgegen lehnte Ah. eine Zahlung aber erneut ab. Der Angeklagte wurde wütend, weil er sich betrogen fühlte. Der Streit eskalierte schnell. Die Kontrahenten schrien sich gegenseitig an und beleidigten sich wechselseitig. Sie schubsten sich, schlugen und traten gegeneinander und packten den jeweiligen Gegner am Kragen. Der Angeklagte versetzte Ah. einen Kopfstoß. Er zog während der Rangelei sein Messer und schlug Ah. mit dem Messergriff gegen den Kopf. Hierdurch entstand eine stark blutende Kopfplatzwunde. Darüber wurde Ah. wütend. Auch der Angeklagte wurde immer wütender und stach seinem ehemaligen Freund während der jetzt eskalierten Schlägerei tödlich ins Herz.
2. Die Strafzumessung des Landgerichts, insbesondere die Prüfung der Voraussetzungen eines minder schweren Falles des Totschlags im Sinne des § 213 StGB, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Dabei stellt es noch keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, dass das Schwurgericht das Vorliegen einer Misshandlung oder schweren Beleidigung im Sinne des § 213 Alt. 1 StGB nicht erwogen hat, auch wenn eine seelische Misshandlung - hier eine Kränkung des Angeklagten wegen wiederholter Nichterfüllung einer berechtigten Forderung - den Tatbestand erfüllen kann und eine solche Kränkung in ihrem Zusammentreffen mit gegen den Angeklagten gerichteten Beleidigungen zu bewerten gewesen wäre (vgl. BGHR StGB § 213 Alt. 1 Misshandlung 3 und 4). Denn nach den fehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte durch seinen Schlag mit dem Messer gegen den Kopf seines - nach dem Ziehen des Messers durch den Angeklagten sich deutlich defensiv verhaltenden (UA S. 18) - Kontrahenten eine Eskalation der körperlichen Auseinandersetzung hervorgerufen. Damit hat der Angeklagte nicht "ohne eigene Schuld" im Sinne des § 213 StGB gehandelt, weil er als Täter der Jähtat in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tat zur Zuspitzung des Streits beigetragen hat (vgl. BGHR StGB § 213 Alt. 1 Verschulden 2).
b) Indes erweisen sich strafschärfende Erwägungen des Landgerichts als rechtsfehlerhaft. Damit begegnet auch die Verneinung eines sonst minder schweren Falls des § 213 StGB durchgreifenden Bedenken.
aa) Das Schwurgericht hat zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er auf das den Messerangriff abwehrende und ausweichende Opfer eingestochen hat, was auf eine besondere kriminelle Energie zum Tatzeitpunkt hinweise (UA S. 29). Damit ist indes - wie auch der Generalbundesanwalt zutreffend beanstandet hat - keine über die Tatausführung hinausreichende kriminelle Energie des Angeklagten festgestellt (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsversuch 1). Hätte sich der körperlich kräftige Ah. aktiv gewehrt, hätte sich sogar die Schuld des Angeklagten verringern können (vgl. ).
Daneben lässt das Landgericht - das strafschärfend das krasse Missverhältnis zwischen Anlass und Tat berücksichtigt hat, weil es bei dem eskalierenden Streit lediglich um eine Geldforderung gegangen sei - die festgestellte nachvollziehbare Enttäuschung des Angeklagten über die erneute Nichtzahlung seiner berechtigten Forderung und die erlittene Beleidigung außer Acht.
bb) Abgesehen von der möglichen Auswirkung auf die Strafbemessung kann der Senat - auch eingedenk des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabes (vgl. BGHSt 3, 179; 24, 268) - im Blick auf den einzigen rechtsfehlerfrei erwogenen strafschärfenden Umstand, die Auswirkungen der Tat auf die Familie des Opfers (vgl. Schäfer, Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. Rdn. 318 und 325 m.w.N.), nicht ausschließen, dass bei wertungsfehlerfreier Subsumtion ein sonst minder schwerer Fall des § 213 StGB angenommen worden wäre.
3. Die Strafe muss demnach neu bestimmt werden. Dies hat auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zu erfolgen, die freilich um solche ergänzt werden können, die zu den aufrechterhaltenen nicht in Widerspruch treten.
Fundstelle(n):
HAAAC-80667
1Nachschlagewerk: nein