Leitsatz
Im Anfechtungsrechtsstreit eines regulierten Telekommunikationsunternehmens gegen eine ihm auferlegte Entgeltgenehmigungspflicht für Zugangsentgelte (§ 30 Abs. 1 Satz 1 TKG) ist ein Wettbewerbsunternehmen nur dann notwendig beizuladen (§ 65 Abs. 2 VwGO), wenn in der Regulierungsverfügung über seine subjektiven Rechte mitentschieden worden ist. Die Geltendmachung eines subjektiven Rechts auf Regulierung setzt regelmäßig die Stellung eines eigenen Sachantrages des Wettbewerbsunternehmens gegenüber der Bundesnetzagentur voraus (im Anschluss an BVerwG 6 VR 5.07 - und BVerwG 6 C 42.06 -).
Gesetze: TKG § 21 Abs. 1; TKG § 30 Abs. 1; VwGO § 65 Abs. 2
Instanzenzug: VG Köln, VG 1 K 4314/06 vom Fachpresse: ja BVerwGE: nein
Gründe
Den Beiladungsanträgen ist nicht zu entsprechen, denn die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO), die im Revisionsverfahren gemäß § 142 Abs. 1 Satz 2 VwGO allein in Betracht zu ziehen ist, liegen nicht vor.
Notwendig ist die Beiladung eines Dritten nur dann, wenn dieser an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies setzt voraus, dass die begehrte Sachentscheidung nicht wirksam getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig und unmittelbar in Rechte des Dritten eingegriffen wird, d.h. seine Rechte gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden ( BVerwG 6 VR 5.07 - NVwZ 2007, 1207 Rn. 6 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die von der Klägerin begehrte Sachentscheidung, die Aufhebung der ihr durch Regulierungsverfügung der Bundesnetzagentur vom auferlegten Entgeltgenehmigungspflicht, greift weder in die zivilrechtlich geordnete Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und den beteiligungswilligen Unternehmen noch in ein diesen etwa zustehendes Recht auf Entgeltregulierung derart ein, dass deren Beiladung zwingend geboten wäre. Dies hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom (a.a.O.) im Hinblick auf die damals betroffenen Wettbewerbsunternehmen im Einzelnen ausgeführt. Darauf nimmt er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Die Antragsteller des vorliegenden Verfahrens können dagegen nicht einwenden, sie könnten ohne ihre Beiladung zu dem Anfechtungsrechtsstreit nicht ihre durch §§ 21, 27, 28, 30 und 31 TKG sowie durch die Regulierungsverfügung eingeräumten subjektiven Rechte verteidigen, die irreversibel beeinträchtigt würden, falls die Entgeltgenehmigungspflicht aufgehoben werden sollte und die Ersetzungswirkung der bereits genehmigten Zugangsentgelte (§ 37 Abs. 2 TKG) nachträglich entfiele. Der Senat kann dabei weiterhin offenlassen, inwieweit sich aus § 27 Abs. 1 TKG (unter Berücksichtigung des von den Antragstellern zitierten Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom - C-426/05, Tele2 UTA -) ergibt, dass die Normen über die Entgeltregulierung eine drittschützende Wirkung zugunsten von Wettbewerbern des regulierten Unternehmens entfalten. Selbst wenn dies zugunsten der Antragsteller unterstellt wird, wären sie nur dann notwendig beizuladen, wenn die Bundesnetzagentur die angefochtene Verfügung nicht nur gegenüber der Klägerin als belastende Regelung, sondern zugleich ihnen gegenüber als eine begünstigende Regelung erlassen hätte. Denn nur dann würde über ihre Rechte unmittelbar mitentschieden, falls das Gericht der Anfechtungsklage stattgibt (s. Beschluss vom a.a.O. Rn. 8 unter Hinweis auf BVerwG 1 B 145.89 - Buchholz 451.45 § 16 HwO Nr. 5; vgl. auch Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 65 Rn. 127 ff.; Bier, in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, § 65 Rn. 20; Konrad, BayVBl 1982, 481 <487 ff.>).
Das ist hier nicht der Fall, denn die angefochtene Regulierungsverfügung richtet sich allein an die von ihr belastete Klägerin, aber nicht an die Unternehmen, die ihre Beiladung zum Anfechtungsrechtsstreit begehren. Dies ergibt sich aus den zur Auslegung des Tenors mit heranzuziehenden Gründen des Beschlusses der Bundesnetzagentur. Darin wird zur Begründung der angeordneten Entgeltgenehmigungspflicht zwar auf das (öffentliche) Interesse an der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs abgestellt, aber nicht auf subjektive Rechte einzelner Wettbewerbsunternehmen.
Die Bundesnetzagentur hatte auch keinen Anlass dazu, subjektive Rechte Dritter zum Gegenstand ihrer Entscheidung zu machen. Soweit die Auferlegung von Regulierungspflichten nach den einschlägigen Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes (auch) subjektiven Rechten Einzelner zu dienen bestimmt ist, setzt deren Geltendmachung dem Zweck der jeweiligen Anspruchsnorm entsprechend die - von einer bloßen Stellungnahme im Rahmen der Konsultation (§ 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG) zu unterscheidende - Stellung eines Sachantrages voraus; dieser zielt darauf, dass die Bundesnetzagentur die betreffenden individuellen Belange im Rahmen ihres Regulierungsermessens berücksichtigt ( BVerwG 6 C 42.06 - Rn. 27, 29). Beabsichtigt die Bundesnetzagentur, einem marktmächtigen Telekommunikationsunternehmen bestimmte Regulierungsverpflichtungen aufzuerlegen und stellt ein drittberechtigtes Wettbewerbsunternehmen einen gleichlautenden Sachantrag, muss die Behörde entscheiden, ob sie (weiter) allein im öffentlichen Interesse oder zugleich auch im subjektiven Interesse des antragstellenden Wettbewerbers tätig wird. Der Antragsteller als Beteiligter des förmlichen Beschlusskammerverfahrens (§ 134 Abs. 2 Nr. 1 TKG) ist, soweit über ein von ihm geltend gemachtes subjektives Recht positiv entschieden wird, (Mit-)Adressat der Regulierungsverfügung, so dass einer dagegen gerichteten Anfechtungsklage des regulierten Unternehmens nicht stattgegeben werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig und unmittelbar in das betreffende Recht des begünstigten Unternehmens eingegriffen wird. Im Gegensatz zu einer solchen Konstellation, die eine Beiladung Dritter im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO nötig macht, haben die Unternehmen, die hier ihre Beiladung begehren, im Regulierungsverfahren keine Sachanträge mit Bezug auf eigene subjektive Rechte im Zusammenhang mit der Auferlegung der umstrittenen Entgeltgenehmigungspflicht gestellt, und die Bundesnetzagentur hat über solche Rechte nicht mitentschieden.
Vor der Entscheidung über die Beiladungsanträge bedarf es keiner Vorlage an den Europäischen Gerichtshof, um die Reichweite des Rechtsschutzgebotes aus Art. 4 der Richtlinie 2002/21/EG vom über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste - Rahmenrichtlinie - zu klären. Wie bereits ausgeführt, sind die erstrebten Beiladungen auch dann nicht notwendig, wenn die Entgeltregulierung dem Schutz einzelner Wettbewerber dienen sollte. Die prozessualen Anforderungen, die an die notwendige Beteiligung eines Dritten an dem Anfechtungsrechtsstreit gegen eine Regulierungsverfügung zu stellen sind, richten sich mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung im Rahmen des Gleichwertigkeits- und des Effektivitätsgrundsatzes nach dem innerstaatlichen Verfahrensrecht (vgl. auch a.a.O. Rn. 50 ff. m.w.N.), hier dem soeben erörterten Maßstab des § 65 Abs. 2 VwGO.
Fundstelle(n):
KAAAC-79808