BFH Beschluss v. - VI S 10/07

Zum Verhältnis von Anhörungsrüge und Gegenvorstellung

Gesetze: FGO § 133a, GG Art. 103, GG Art. 101

Instanzenzug:

Gründe

1. Die anwaltlich vertretene Klägerin, Beschwerdeführerin und Rügeführerin (Klägerin) hat mit Schriftsatz vom einen außerordentlichen Rechtsbehelf gegen den Beschluss vom VI B 58/06 erhoben, mit dem der Senat die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen hatte. Im Schriftsatz vom führte die Klägerin ausdrücklich an, bei ihrer Eingabe handele es sich um eine „Gegenvorstellung”.

2. Es kann im Streitfall offen bleiben, ob eine Gegenvorstellung nach Ergehen des Plenumsbeschlusses des (BVerfGE 107, 395) noch statthaft ist (vgl. hierzu Bundesfinanzhof —BFH—, Vorlagebeschluss vom V S 10/07, BFH/NV 2008, 165, m.w.N.). Mit der Anhörungsrüge gemäß § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat der Gesetzgeber jedenfalls einen Rechtsbehelf geschaffen, mit dem ein Beteiligter geltend machen kann, sein Recht auf rechtliches Gehör sei verletzt worden (vgl. hierzu auch , BFHE 209, 419, BStBl II 2005, 614). Die vorrangige, kodifizierte Anhörungsrüge beschränkt den Anwendungsbereich der Gegenvorstellung demnach von vornherein auf die Verletzung anderer Verfahrensgrundrechte, insbesondere des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter und des Willkürverbots (zum Anwendungsbereich der Gegenvorstellung vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 133a FGO Rz 3). Eine solche Rechtsverletzung durch den bezeichneten Senatsbeschluss ist indessen nicht erkennbar.

3. Selbst wenn die Eingabe —trotz ausdrücklicher Bezeichnung als Gegenvorstellung— aus Gründen umfassenden Rechtsschutzes als Anhörungsrüge (§ 133a FGO) behandelt wird, kann sie keinen Erfolg haben. Die Klägerin hat ihre Eingabe im Wesentlichen damit begründet, der Senatsbeschluss sei unrichtig, weil der Senat seine Entscheidung mit einem (vor dem Finanzgericht —FG—) angeblich nicht gestellten Vertagungsantrag begründet habe; sie —die Klägerin— habe vielmehr beim FG unverzüglich (per Fax) einen Vertagungsantrag gestellt, sobald dies möglich gewesen sei. Damit stellt die Klägerin auf ihren Schriftsatz vom ab, den ihr Prozessbevollmächtigter offenkundig nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem FG gefertigt hat. Dieser Schriftsatz (im Original) ist jedoch erst am beim FG eingegangen, nachdem das Urteil bereits verkündet worden war. Entgegen der Behauptung der Klägerin ist auch weder eine Versendung des angeführten Schriftsatzes per Fax noch dessen frühzeitigerer Eingang bei Gericht am Sitzungstag () belegt.

Die Klägerin verkennt dessen ungeachtet, dass diese Umstände für die Senatsentscheidung nicht entscheidend waren. Der Senat hat in seinem Beschluss einen rechtserheblichen Verfahrensfehler des FG im Wesentlichen deshalb verneint, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sich vom Sitzungsort „nach ca. einer Stunde ohne Angabe von Gründen, insbesondere ohne Vertagungsantrag, endgültig entfernt” hatte. Der Senat hielt die Erwägung für ausschlaggebend, dass es dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin —auch in Anbetracht der besonderen Gegebenheiten des Streitfalles und der jedem Beteiligten obliegenden Prozessförderungspflicht— zuzumuten war, dem FG schon vor seinem Weggang vom Sitzungsort die hierfür maßgeblichen Gründe darzulegen und ggf. einen Vertagungsantrag zu stellen.

Fundstelle(n):
WAAAC-76515