BAG Urteil v. - 8 AZR 939/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 162; BGB § 613a Abs. 1; BGB § 613 Abs. 4

Instanzenzug: ArbG Mannheim, 5 Ca 662/04 vom LAG Baden-Württemberg (Mannheim), 19 Sa 84/05 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer vom Beklagten zu 1) ausgesprochenen Kündigung sowie um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 3), später auf die Berufungsbeklagte zu 4) übergegangen ist.

Der Kläger war seit 1996 in der auf der Mülldeponie S betriebenen Müllsortieranlage als Staplerfahrer beschäftigt. Eigentümerin dieser Müllsortieranlage war zunächst die vorinstanzlich Beklagte zu 2), die Si GmbH (im Folgenden: SI). In der Anlage wird gesondert eingesammelter wertstoffhaltiger Müll in Wertstoffe und Restmüll getrennt, wobei die Wertstoffe wiederum in eine bestimmte Zahl von Stoffgruppen aufgeteilt (fraktioniert) werden. Die zu einem hohen Grade automatisierte Anlage verfügt über eine Vielzahl von Laufbändern und maschinelle, computergesteuerte Trenneinrichtungen. Neben der technischen Überwachung, Wartung und Störungsbeseitigung muss aber menschliche Arbeitskraft für Beschickungsvorgänge und Sortierarbeiten, die nicht automatisch bewerkstelligt werden können, eingesetzt werden. Dabei können die Sortierarbeiten von ungelernten Kräften mit einer kurzen Einarbeitungszeit von wenigen Stunden verrichtet werden. Die SI vergab ab 1995 die Sortierarbeiten an Drittfirmen, ab an die spätere Insolvenzschuldnerin, die S GmbH (im Folgenden: S). Die SI blieb Arbeitgeberin des zum Betrieb der Sortieranlage benötigten technischen Personals wie Werkstattleiter, Schlosser und Elektriker. Nach dem Sortiervertrag in Form eines Werkvertrags hatte die S den von der kreiseigenen Abfallverwertungsgesellschaft an der Anlage abgekippten unsortierten wertstoffhaltigen Müll mit von der SI überlassenen Radladern aufzunehmen, die in der Anlage anfallenden manuellen Sortiertätigkeiten zu verrichten und das am Ende des Sortiervorgangs in Ballen gepresste, sortenreine Material mit wiederum von der SI überlassenen Gabelstaplern zur Abholung und Weiterverarbeitung bereitzustellen. Die Vergütung der S richtete sich nach der Zahl der sortierten Tonnen Mülls und der erzielten Sortenreinheit. Um ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, beschäftigte die S in der Anlage 115 Arbeitnehmer, darunter 32 Leiharbeitnehmer und zwei Vorarbeiter. Im Zwei-Schicht-Betrieb dauerte die Frühschicht von 06:00 Uhr bis 15:00 Uhr, die Spätschicht von 16:00 bis 24:00 Uhr, wobei die Sortierkräfte den beiden Schichten nicht fest zugeteilt waren. Die SI als alleinige Gesellschafterin der S schloss mit dieser am einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag.

Im März 2004 scheiterten Bemühungen der S, durch Änderung des bestehenden Haustarifvertrages Lohnkosten zu senken. Am wurde der zwischen der SI und der S geschlossene Sortiervertrag dahin geändert, die Menge des zu sortierenden Mülls ab auf höchstens die Hälfte zu verringern, die Spätschicht nicht mehr durch die S zu betreiben und den Werklohn pro Tonne um 30 % zu kürzen. Mit Schreiben vom kündigte die SI den Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag zum . Ihre Gesellschaftsanteile an der S veräußerte sie mit Vertrag vom . Mit den in der Spätschicht anfallenden manuellen Sortierarbeiten beauftragte die SI mit Wirkung ab dem die Beklagte zu 3). Den infolge Wegfalls der Spätschicht verminderten Personalbedarf glich die S dadurch aus, dass sie ab dem keine Leiharbeitnehmer mehr einsetzte.

Der von der S noch zu erzielende Werklohn deckte die Lohnkosten nicht mehr. Infolge des von ihren Gesellschaftern Mitte Juli 2004 gestellten Insolvenzantrages wurde am das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S eröffnet und der Beklagte zu 1) zum Insolvenzverwalter bestellt. Unter Berufung auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigte die SI den Sortiervertrag mit Wirkung zum . Nach Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans mit dem Betriebsrat kündigte der Beklagte zu 1) am sämtliche Arbeitsverhältnisse, das des Klägers zum . Er stellte die Betriebstätigkeit der S zum vollständig ein. Die bisher in der Frühschicht von der S sortierte Müllmenge wurde zu einer Sortieranlage in Südhessen verbracht und dort sortiert. Ab dem wurde die Frühschicht in S wieder angefahren, wobei die SI mit den anfallenden manuellen Sortiertätigkeiten ein unbekanntes Drittunternehmen beauftragte.

Mit Wirkung ab wurde die kreiseigene A GmbH (A) Eigentümerin der Sortieranlage in S. Diese beauftragte mit selbem Datum die Berufungsbeklagte zu 4) mit allen in S anfallenden Sortierarbeiten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die vom Beklagten zu 1) ausgesprochene Kündigung sei sozialwidrig und nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Sein Arbeitsverhältnis sei infolge Betriebsübergangs am auf die in den Vorinstanzen noch beklagte SI und/oder die Beklagte zu 3) und am auf die Berufungsbeklagte zu 4) übergegangen. Die Sortieranlage sei für die S das wesentliche Betriebsmittel gewesen. Es komme nicht darauf an, ob die S auch berechtigt gewesen sei, die Sortierleistung mit einer anderen Anlage zu erbringen. Dies sei schon in Anbetracht der im Sortiervertrag vorgesehenen Müllmengen undurchführbar gewesen. Die S habe auch Aufenthalts- und Sozialräume, Sanitäranlagen und Verwaltungsräume in der Mülldeponie genutzt, die von den späteren Betreibern der Müllsortieranlage weitergenutzt wurden. Jedenfalls seien die Rechtsfolgen des § 613a BGB anzuwenden, weil die SI und die Beklagte zu 3) systematisch einen Betriebsübergang umgangen hätten. Mit der Beauftragung der Berufungsbeklagten zu 4) ab dem liege ein weiterer Betriebsübergang vor. Die Vertriebswege, das angelieferte Material, die Art der Sortierung und die Belegschaft seien identisch geblieben.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der klagenden Partei und dem Beklagten zu 1) durch die Kündigung vom nicht zum aufgelöst wurde.

2. Es wird festgestellt, dass zwischen der klagenden Partei und der Beklagten zu 3) seit dem ein ungekündigtes und unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

3. Es wird festgestellt, dass zwischen der klagenden Partei und der Berufungsbeklagten zu 4) seit dem ein ungekündigtes und unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Der Beklagte zu 1) hat vorgetragen, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs habe er nicht davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs auf eine der Beklagten gegeben gewesen seien. Jedenfalls seien die von der SI unter Ausnutzung ihrer vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Stellung durchgeführten Maßnahmen gegenüber der S darauf ausgerichtet gewesen, einen Betriebsübergang zu umgehen.

Die Beklagte zu 3) hat die Auffassung vertreten, auf sie sei keine wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität übergegangen. Es habe sich um eine reine Funktionsnachfolge gehandelt. Auch in Etappen sei ein Betriebsübergang nicht erfolgt. Werde mit zulässigen Gestaltungsmitteln ein Betriebsübergang vermieden, so gehe auch kein Arbeitsverhältnis über. Dies stelle weder eine "Umgehung" noch einen "Gestaltungsmissbrauch" dar.

Die Berufungsbeklagte zu 4) hat gemeint, die von dem Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines Betriebsübergangs angegriffene Kündigung könne sie schon deswegen nicht betreffen, weil sie den Betrieb, wenn überhaupt, dann erst zum und somit nach Ablauf der Kündigungsfrist übernommen habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage nur insoweit stattgegeben, als es festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Beklagten zu 1) durch dessen Kündigung vom nicht zum , sondern erst zum aufgelöst worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, der mit Schriftsatz vom seine Klage auf die Berufungsbeklagte zu 4) erweitert hatte, hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagten die Zurückweisung der Revision beantragten. Die Revision gegen die Beklagte zu 2) hat der Kläger zurückgenommen.

Gründe

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung des Beklagten zu 1) vom hat das Arbeitsverhältnis des Klägers wirksam zum aufgelöst. Ein Übergang des Betriebs erfolgte weder auf die Beklagte zu 3) noch später auf die Berufungsbeklagte zu 4).

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die ordentliche Kündigung des Beklagten zu 1) vom sei durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Mit dem Entzug des Sortierauftrags durch die SI sei die einzige Möglichkeit bei der S entfallen, die Arbeitnehmer zu beschäftigen. Bei Ausspruch der Kündigung am seien weder ein Betriebs- noch ein Betriebsteilübergang festzustellen. Denn die S habe keinen Betrieb oder Betriebsteil innegehabt. Dies habe der mit der SI abgeschlossene Sortiervertrag auch nicht erfordert. Zwar sei der Einsatz der Sortieranlage zur Bewältigung der Sortiermengen unerlässlich gewesen. Mit der Anlage sei auch kein äußerst einfaches technisches Hilfsmittel gegeben gewesen. Andererseits habe zum Betrieb der Sortieranlage mehr als die im Rahmen des Sortiervertrags von der S zu leistenden Dienste gehört. Qualifizierte Tätigkeiten wie die regelmäßige technische Überwachung, die Störungsbeseitigung und die Durchführung von Reparaturen, die für den laufenden Betrieb der technisch komplizierten und störungsanfälligen Anlage unabdingbar gewesen seien, hätten ausschließlich Arbeitnehmer der SI als Anlagenbetreiberin verrichtet. Die S als Auftragnehmerin des Sortiervertrags habe demgegenüber nur ergänzende, den Produktionsablauf unterstützende Hilfstätigkeiten zu erbringen gehabt. Das gelte auch, soweit die Anlage von der S zu beschicken und nach Sortierung die fraktionierte Müllmenge zur weiteren Abholung bereitzustellen war. Die dafür erforderlichen technischen Geräte wie Radlader oder Gabelstapler fielen gegenüber der wirtschaftlichen Bedeutung der Gesamtanlage nicht ins Gewicht. Liege aber der Schwerpunkt der nach Sortiervertrag zu erbringenden Hilfstätigkeiten nicht in der Nutzung der Anlage, sondern in einer Unterstützung der Nutzung durch die SI, so sei dem Auftragnehmer der Sortierarbeiten die Gesamtanlage nicht als sächliches Betriebsmittel iSd. § 613a BGB zuzurechnen. Die erst in der Berufungsinstanz erfolgte Erweiterung der Klage auf die Berufungsbeklagte zu 4) sei unzulässig.

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis.

I. Die Kündigung durch den Beklagten zu 1) ist wirksam, ein Betriebsübergang ist nicht gegeben.

Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am bestand ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1). Es war nicht infolge des Übergangs des Betriebs oder eines Betriebsteils von der S auf die Beklagte zu 3) am übergegangen.

1. Eine Kündigungsschutzklage ist unbegründet, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung kein Arbeitsverhältnis (mehr) besteht. Das gilt auch im Falle des Betriebsübergangs. Die Kündigung eines Betriebsveräußerers nach Betriebsübergang geht ins Leere, weil mit ihm kein Arbeitsverhältnis mehr besteht ( - AP BGB § 613a Nr. 294 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 45, zu B I 1 b der Gründe; - 8 AZR 346/01 - AP BGB § 613a Nr. 232 = EzA BGB § 613a Nr. 207, zu I 2 a und b der Gründe).

2. Ein Betriebsübergang liegt aber nicht vor.

Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a Abs. 1 BGB setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Eine wirtschaftliche Einheit besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (st. Rspr. des Senats im Anschluss an - [Ayse Süzen] Rn. 13 - 18, EuGHE I 1997, 1259 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 145 und zuletzt - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres] Rn. 32 - 35, EuGHE I 2005, 11237 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 41: - AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64, zu II 1 der Gründe; - 8 AZR 271/05 - AP BGB § 613a Nr. 305 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 53, zu II 1 b aa der Gründe; - 8 AZR 222/04 - BAGE 117, 349 = AP BGB § 613a Nr. 299 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 49, zu B I 3 a der Gründe; - 8 AZR 211/05 - AP BGB § 613a Nr. 301 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 47, zu II 3 a der Gründe; - 8 AZR 350/03 - BAGE 111, 283, 291 = AP BGB § 613a Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 27, zu B II 1 der Gründe).

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt für diese Tätigkeit eingesetzt hatte. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge ( - AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64, zu II 1 der Gründe; - 8 AZR 271/05 - AP BGB § 613a Nr. 305 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 53, zu II 1 b aa der Gründe; - 8 AZR 222/04 -BAGE 117, 349 = AP BGB § 613a Nr. 299 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 49, zu B I 3 der Gründe). Eine Einheit darf nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden ( - [Ayse Süzen] Rn. 15, EuGHE I 1997, 1259 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 145). Der bloße Verlust eines Auftrags an einen Mitbewerber stellt daher für sich genommen auch keinen Übergang im Sinne der Betriebsübergangsrichtlinie dar ( - [Ayse Süzen] Rn. 16, aaO). In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (vgl. zuletzt - [Carlito Abler] Rn. 36, 37, EuGHE I 2003, 14023 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 13; vgl. auch - BAGE 111, 283, 292 = AP BGB § 613a Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 27, zu B II 1 der Gründe). Der Umstand, dass die von dem neuen Unternehmer übernommenen Betriebsmittel nicht seinem Vorgänger gehörten, sondern vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurden, schließt den Betriebsübergang nicht aus. Auch ist im Fall einer Auftragsneuvergabe die Überlassung der Betriebsmittel zur eigenwirtschaftlichen Nutzung keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung eines Betriebsübergangs vom ursprünglichen Auftragnehmer auf den neuen Auftragnehmer ( und C-233/04 - [Güney-Görres] Rn. 42, EuGHE I 2005, 11237 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 41; - aaO, zu B I 3 b dd der Gründe). Sächliche Betriebsmittel sind im Rahmen einer Auftragsneuvergabe wesentlich, wenn bei wertender Betrachtungsweise ihr Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht ( - aaO, zu II 1 der Gründe; - 8 AZR 271/05 - aaO, zu II 1 b bb (1) der Gründe; - 8 AZR 222/04 - aaO, zu B I 3 b bb der Gründe) und sie somit unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeiten sind ( - aaO, zu II 2 b (1) der Gründe).

Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Voraussetzung ist, dass der bisherige Inhaber seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellt und der Übernehmer die wirtschaftliche Einheit im Wesentlichen unverändert fortführt. Wesentliches Kriterium für den Übergang ist die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Fortführung des Betriebs nicht ( -BAGE 117, 349 = AP BGB § 613a Nr. 299 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 49, zu B I 3 a der Gründe).

Der Übergang eines Betriebsteils steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Auch bei dem Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt. Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) des Betriebs. § 613a BGB setzt für den Betriebsteilübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten. Es reicht nicht aus, wenn der Erwerber mit einzelnen bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln einen Betrieb oder Betriebsteil gründet ( - BAGE 111, 283, 292 = AP BGB § 613a Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 27, zu B II 1 der Gründe). Überdies ist erforderlich, dass der Erwerber gerade die wesentlichen Betriebsmittel des Teilbetriebs oder bei betriebsmittelarmen Teilbetrieben wesentliche Teile des dem Teilbetrieb zugeordneten Personals übernimmt ( - AP BGB § 613a Nr. 301 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 47, zu II 3 a der Gründe).

3. Der Betrieb oder ein Betriebsteil der S ist nicht zum auf die Beklagte zu 3) oder ein anderes Unternehmen übergegangen.

a) Die S hat mit dem ihren Betrieb nicht eingestellt, sondern ihre wirtschaftliche Betätigung im Rahmen eines reduzierten Sortierauftrags fortgeführt. Zur Sortierung des in der Frühschicht anfallenden Teils des Müllvolumens hat sie im Wesentlichen weiter die bisher bei ihr angestellten Arbeitnehmer eingesetzt und sich lediglich von den Leiharbeitnehmern getrennt. Die Beklagte zu 3) hat nur denjenigen Teil der Müllmenge zur Sortierung übernommen, der in der Spätschicht anfiel. Weder hat damit die S ihren Betrieb teilweise eingestellt noch hat die Beklagte zu 3) den Betrieb der S im Wesentlichen unverändert weitergeführt. Dass die Beklagte zu 3) den zuvor bei der S beschäftigten Schichtführer R beschäftigt hat, ist unerheblich, da nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Hauptbelegschaft bei der S blieb und ein nach Anzahl oder Sachkunde für die Identität des Betriebs wesentlicher Teil der Arbeitnehmer nicht auf die Beklagte zu 3) übergegangen ist.

b) Mit der Sortierung des in der Spätschicht anfallenden Mülls hat die Beklagte zu 3) auch keinen organisatorisch selbständigen Betriebsteil der S übernommen, dem der Kläger zugeordnet gewesen wäre.

aa) Ein nach § 613a BGB selbständig übergangsfähiger Betriebsteil setzt voraus, dass innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird. Die Wahrnehmung eines Teilzwecks führt nur dann zu einer selbständigen übergangsfähigen Einheit, wenn eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen vorliegt. Diese Voraussetzungen eines übergangsfähigen Betriebsteils sind von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der sich auf einen Betriebsteilübergang beruft ( - AP BGB § 613a Nr. 196 = EzA BGB § 613a Nr. 185, zu B II 2 und 3 c der Gründe). Wird mit einzelnen bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln ein Betrieb oder Betriebsteil gegründet, kann dies einen Betriebsteilübergang nicht begründen ( - AP BGB § 613a Nr. 301 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 47, zu II 3 a der Gründe; - 8 AZR 350/03 - BAGE 111, 283, 292 = AP BGB § 613a Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 27, zu B II 1 der Gründe).

bb) Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht dargelegt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren den beiden Schichten der S bis zum keine sächlichen Betriebsmittel oder bestimmte Arbeitnehmer fest zugeordnet. Die Frühschicht und Spätschicht stellen somit keine Betriebsteile der S dar. Der Kläger war wie alle Arbeitnehmer der S nicht einer Schicht fest zugeordnet, also auch nicht der Spätschicht, die ab in der Sortierleistung von der Beklagten zu 3) bewältigt wurde.

II. Die Kündigung des Beklagten zu 1) vom ist aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt nach § 1 Abs. 2 KSchG. Die Kündigung ist nicht wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen worden (§ 613a Abs. 4 Satz 1 BGB). Sie ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Umgehung des § 613a BGB unwirksam.

1. Bei der Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht den Begriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Berufungsurteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr.; vgl. - BAGE 42, 151, 157 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 12 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 21, zu B II der Gründe; - 8 AZR 271/05 - AP BGB § 613a Nr. 305 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 53, zu II 1 der Gründe).

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stand.

a) Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt ( - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 50, zu B I 1 der Gründe mwN; - 8 AZR 391/03 - BAGE 112, 273, 278 = AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 69 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 56, zu II 2 a der Gründe). Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG einen Grund zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung abgeben können, gehören die Stilllegung des gesamten Betriebs, einer Betriebsabteilung oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber ( -BAGE 109, 40, 42 = AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 64 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128, zu B I 1 der Gründe; - 8 AZR 243/95 - AP BGB § 613a Nr. 173 = EzA BGB § 613a Nr. 161, zu B III 1 der Gründe). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen ( - aaO; - 2 AZR 514/99 - BAGE 97, 10, 13 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 115 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 109, zu 2 der Gründe). Mit der Stilllegung des gesamten Betriebs entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber muss endgültig entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen ( -AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 140, zu II 2 a der Gründe; - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210, zu B III 1 b bb der Gründe mwN). Demgemäß ist von einer Stilllegung auszugehen, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Mietverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen kann, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (vgl. - BAGE 86, 20, 25 = AP BGB § 613a Nr. 154 = EzA BGB § 613a Nr. 149, zu B II 2 b der Gründe). Die betreffenden betrieblichen Umstände müssen greifbare Formen angenommen haben. Diese liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung auf Grund einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes gegeben ( - aaO mwN; - 8 AZR 391/03 - BAGE 112, 273, 280 = aaO, zu II 2 a bb der Gründe).

Eine Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers liegt allerdings dann nicht vor, wenn dieser seinen Betrieb veräußert. Die Veräußerung des Betriebs allein ist - wie sich aus der Wertung des § 613a BGB ergibt - keine Stilllegung, weil die Identität des Betriebs gewahrt bleibt und lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfindet ( - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210, zu B III 1 b bb (2) der Gründe). Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus (vgl. - AP BGB § 613a Nr. 67 = EzA BGB § 613a Nr. 64, zu II 1 a der Gründe). Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten und der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet ( - aaO; - 8 AZR 264/98 -, zu II 1 b der Gründe).

b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, zum Zeitpunkt der Kündigung habe der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit als betriebsbedingter Grund für die Kündigung des Klägers bereits greifbare Formen angenommen. Nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen hing die Möglichkeit zur Beschäftigung der Arbeitnehmer, also auch des Klägers, von dem Auftrag durch die SI ab. Anderweitige Aufträge existierten nicht und waren auch nicht in Sicht. Folgerichtig hat daher der Beklagte zu 1) nach der Auftragskündigung seitens der SI am mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen und sämtliche Arbeitsverhältnisse gekündigt. Im Interessenausgleich wurde von den Betriebsparteien festgehalten, eine Sanierung des Unternehmens oder eine Übertragung des Betriebs als solcher seien nicht möglich. Daher solle auf Grund der Kündigung des Auftrags seitens der SI das Unternehmen mit Wirkung ab dem stillgelegt werden. Zweck des gleichzeitig abgeschlossenen Sozialplans sollte es sein, die Nachteile der im Interessenausgleich als unumgänglich dargestellten Betriebsschließung zu mindern.

3. Im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs war ein Betriebsübergang nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts weder geplant noch absehbar. Zum ist der Betrieb der S nicht auf die Beklagte zu 3) oder ein anderes Unternehmen übergegangen.

a) Ein Betriebsübergang kann nur dann zur Unwirksamkeit einer Kündigung nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB führen, wenn die ihn ausmachenden Tatsachen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits feststehen oder zumindest greifbare Formen angenommen haben ( - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210, zu B III 1 c der Gründe; - 8 AZR 695/05 -, zu B III 4 der Gründe). Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor.

b) Ein Betriebsübergang ist nicht schon deswegen zu verneinen, weil die S schon nicht Inhaberin eines nach § 613a BGB übergangsfähigen Betriebs gewesen wäre. Ein Unternehmen, welches Arbeitnehmer in Ausführung seiner wirtschaftlichen Betätigung beschäftigt, unterhält stets einen Betrieb iSv. § 613a BGB. Auch ein reiner Dienstleistungsbetrieb ist ein nach § 613a BGB übergangsfähiger Betrieb. Sofern er als betriebsmittelarm anzusehen ist, ist der Übergang von Betriebsmitteln für die Frage des Betriebsübergangs nicht entscheidend. Davon zu trennen ist die Prüfung eines eventuellen Betriebsteilübergangs. Nur dafür ist die Frage, ob eine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit vorliegt, relevant.

c) Der Betrieb der S wie der anderen, mit den Sortieraufgaben befassten Unternehmen ist nicht als betriebsmittelarm anzusehen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war Gegenstand des Sortierauftrags der S die gesamte Sortierung des zu der Anlage - zuletzt noch in der Frühschicht - verbrachten Mülls vom Abkippen bis zum Bereitstellen der in einzelne Wertstoffballen verpressten Wertstofffraktionen für die Abholung durch Dritte. Dazu musste die von der SI zur Verfügung gestellte Sortieranlage nebst Ausrüstung genutzt werden. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war die Vergütung der S nach Zahl der sortierten Tonnagen und vor allem ergebnisbezogen vereinbart. Danach ist die SI zwar Betreiberin der Sortieranlage geblieben, hat aber die gegenüber ihren Auftraggebern geschuldete Sortierung des Mülls insgesamt an die S fremdvergeben, ab noch hinsichtlich der in der Frühschicht anfallenden Müllmenge. Danach muss die zur Nutzung überlassene Sortieranlage nebst Ausrüstung als Betriebsmittel angesehen werden, mit der die S ihren Betriebszweck "Müllsortierung" erfüllte.

d) Weder die Beklagte zu 3) noch ein anderes Unternehmen hat zu oder nach dem die Nutzung der S Müllsortieranlage auch während der Frühschicht oder Arbeitnehmer der S übernommen. Solches war für den Beklagten zu 1) im Kündigungszeitpunkt auch nicht absehbar. Die S hat zwar ihre zuletzt noch während der Frühschicht ausgeübte Tätigkeit zum vollständig eingestellt. Allein dadurch ist jedoch ihr Betrieb nicht auf die Beklagte zu 3) übergegangen, die wie schon seit dem die Müllsortierung nur während der Spätschicht durchführte. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Ausfall der seitens der S bis zum erbrachten Sortierleistung von der SI dadurch kompensiert wurde, dass eine entsprechende Menge des früher in S für die Frühschicht abgekippten Mülls zu einer Sortieranlage eines in K (Hessen) ansässigen Betreibers verbracht und dort sortiert wurde. Erst mit dem hat die SI den Müll wieder in der Frühschicht in S und zwar von einem dritten, nicht bekannten Unternehmen sortieren lassen. Nach Einstellung der Betriebstätigkeit der S beschränkte sich die Nutzung der Sortieranlage in S durch die SI und die Beklagte zu 3) auf die Spätschicht. Diese Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger nicht mit erheblichen Verfahrensrügen angegriffen. Er hat auch nicht behauptet, dass eine Wiederaufnahme der Frühschicht ab dem Beklagten zu 1) im Kündigungszeitpunkt bekannt gewesen wäre.

4. Die Kündigung ist nicht unter dem Gesichtspunkt einer Umgehung des § 613a BGB unwirksam.

a) Nur Rechtsgeschäfte, welche die Rechtsfolgen eines gegebenen Betriebsübergangs umgehen sollen, zB das Kündigungsverbot nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB, sind unwirksam ( - BAGE 115, 340, 346 = AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 31 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 40, zu II 2 a der Gründe). Ein solches Umgehungsgeschäft ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

b) Die nicht wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochene Kündigung des Beklagten zu 1) unterliegt dem Kündigungsverbot gem. § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB nicht. Mit dem Verbot von Umgehungsgeschäften lässt sich keine Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 613a BGB begründen. Das Verbot von Umgehungsgeschäften greift dann, wenn ein nach Inhalt und Zweck einer Verbotsnorm verbotener Erfolg auf andere Weise herbeigeführt werden soll (Palandt/Heinrichs BGB 66. Aufl. § 134 Rn. 28 mwN). Jedoch verbietet § 613a BGB nicht die Gestaltung von wirtschaftlichen Prozessen derart, dass die tatsächlichen Voraussetzungen eines Betriebsübergangs vermieden werden. Oder mit anderen Worten: nicht jede Veräußerung einer wirtschaftlichen Einheit stellt einen Betriebsübergang iSd. § 613a BGB dar. Eine Analogie kommt mangels Regelungslücke und mangels Vergleichbarkeit der Interessenlagen nicht in Betracht. Ebenso können nicht in entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 1 BGB die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs fingiert werden, wenn bei unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten diejenige gewählt wird, bei der ein Betriebübergang vermieden wird. Zwar enthält § 162 BGB auch den allgemeinen Rechtsgedanken, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf und ist daher bei vergleichbarer Interessenlage entsprechend anzuwenden ( - BAGE 4, 306 = AP KSchG § 1 Nr. 34). Jedoch haben sich weder der Beklagte zu 1) noch die SI oder die S treuwidrig verhalten. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich befugt, Rechtsgeschäfte so zu gestalten, dass § 613a BGB nicht eingreift ( -BAGE 115, 340, 346 = AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 31 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 40, zu II 2 a der Gründe). Die Neuvergabe eines Dienstleistungsauftrags kann so gestaltet werden, dass eine bloße Funktionsnachfolge vorliegt (KR-Pfeiffer 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 200).

c) Auch die Richtlinie 2001/23/EG gebietet keine andere Auslegung oder erweiternde Anwendung von § 613a BGB. Auch nach ihrem Art. 1 Abs. 1 ist sie nur auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder Verschmelzung anwendbar, wobei eine ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisatorischen Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit übergehen muss. Die Betriebsübergangsrichtlinie enthält keine Regelung, nach welcher ein Betriebsübergang unter dem Gesichtspunkt der Umgehung zu fingieren wäre, wenn Parteien Vertragsgestaltungen wählen, bei denen ein Betriebsübergang nicht eintritt.

III. Mangels Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 3) ist das Arbeitsverhältnis des Klägers auf diese nicht übergegangen. Der gegen die Beklagte zu 3) gerichtete Feststellungsantrag ist daher unbegründet. Soweit der Beklagte zu 1) in der Revisionsinstanz neue Tatsachen vorgetragen hat, die darauf hindeuten, dass ursprünglich geplant war, die Beklagte zu 3) solle Personalreserven vorhalten, um im Fall der Betriebseinstellung bei der S deren Sortiertätigkeit in S zu übernehmen, ist es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dazu nicht gekommen. An diese Feststellungen ist das Revisionsgericht gebunden.

IV. Der gegen die Berufungsbeklagte zu 4) gerichtete Feststellungsantrag ist zulässig, aber ebenfalls unbegründet.

1. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts war die Klageerweiterung auf die Berufungsbeklagte zu 4) in der Berufungsinstanz nach den §§ 533, 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zulässig. Bei der Erweiterung der Klage auf eine weitere Beklagte handelt es sich um eine Klageänderung, deren Zulässigkeit im Berufungsrechtszug nach § 533 ZPO zu prüfen ist. Danach ist eine Klageänderung zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Die Berufungsbeklagte zu 4) hat sich mit der in der Berufungsinstanz erfolgten Erweiterung der Klage einverstanden erklärt. Bei den vom Kläger zur Begründung seines Feststellungsantrags vorgetragenen Tatsachen handelte es sich zwar um neue Tatsachen iSv. § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO kann aber auch in die Berufungsinstanz neu eingeführt werden, was ohne Nachlässigkeit der Partei, hier des Klägers, in der ersten Instanz nicht vorgetragen wurde. Dazu gehören die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz entstandenen oder bekannt gewordenen Umstände. Die Tatsache der Übernahme aller Sortiertätigkeiten in der Sortieranlage S durch die Berufungsbeklagte zu 4) ab ist erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils am entstanden.

2. Nichts anderes ergibt sich, wenn man § 67 ArbGG als Spezialregelung zur Berücksichtigung neuer Tatsachen in der Berufungsinstanz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens versteht, die § 531 Abs. 2 ZPO vorgeht ( - BAGE 113, 247, 254 = AP AEntG § 1 Nr. 22 = EzA AEntG § 1 Nr. 8). Nach § 67 Abs. 4 ArbGG ist neues Vorbringen, das nicht in der Berufungsbegründung erfolgt, nur zulässig, wenn die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel erst danach entstanden sind, das neue Vorbringen die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung nicht auf einem Verschulden der Partei beruht. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch § 67 ArbGG nicht angewandt und folglich die Frage nicht geprüft, ob die Zulassung des Vorbringens die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte, § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG.

3. Da der Feststellungsantrag bereits auf Grund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unbegründet ist, kann das Revisionsgericht wegen Entscheidungsreife auch selbst eine Sachentscheidung treffen (vgl. - BGHZ 33, 398, 401). Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist durch die wirksame Kündigung des Beklagten zu 1) vom zum beendet worden. Es konnte nicht noch später, auch nicht zum infolge eines Betriebsübergangs auf die Berufungsbeklagte zu 4) übergehen.

Fundstelle(n):
DAAAC-76381

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein