OFD Hannover - S 7170 - 75 - StO 181

Erstellung von Gutachten durch Ärzte/Ärztinnen

Tätigkeit i. S. von § 4 Nr. 14 UStG ist die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung „Arzt” oder „Ärztin”, s. Abschnitt 88 UStR. Jedoch sind nicht alle Umsätze der Berufsgruppe steuerfrei, sondern nur Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden, s. Abschnitt 91a Abs. 2 S. 1 UStR. Heilberufliche Leistungen, in denen ein therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht, sind nicht steuerfrei. Beispiele hierfür sind in Abschnitt 91a Abs. 3 UStR aufgeführt.

Diese Grundsätze sind auch bei der Sachverständigentätigkeit der Ärzte/Ärztinnen, der Erstellung von Gutachten, anzuwenden. Diese Umsätze sind steuerfrei, wenn das Hauptziel im Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit zu sehen ist. Steuerpflichtige Umsätze liegen dagegen vor, wenn das Gutachten der Entscheidungsfindung eines Dritten dient, die gegenüber dem Betroffenen oder anderen Personen Rechtswirkung erzeugt (s. a.   BStBl 2001 I S. 826 und und C – 307/01, EuGHE I S. 13859 und 13989, , BStBl 2008 II S. 35).

Folgende Umsätze der Ärzte/Ärztinnen aus der Erstellung von Gutachten bzw. Sachverständigentätigkeiten sind hiernach nicht steuerfrei:

  • Gutachten über den Kausalzusammenhang zwischen einem rechtserheblichen Tatbestand und einer Gesundheitsstörung

  • Gutachten über die Tatsache oder zur Klärung der Ursache des Todes

  • Alkohol- und Drogengutachten zur Untersuchung der Fahrtüchtigkeit (s. Abschnitt 91a Abs. 3 Nr. 6 UStR)

  • Gutachten über den Gesundheitszustand als Grundlage für Versicherungsabschlüsse (s. Abschnitt 91a Abs. 3 Nr. 6 UStR)

  • Gutachten über die Berufstauglichkeit oder Verwendungsfähigkeit des Untersuchten, z. B. Flugtauglichkeitsuntersuchungen (s. Abschnitt 91a Abs. 3 Nr. 6 UStR)

  • Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit/Berufsfähigkeit in Sozialversicherungsangelegenheiten, in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung und in Schadensersatzprozessen

  • Gutachten oder Zeugnisse über das Seh- und Hörvermögen (s. Abschnitt 91a Abs. 3 Nr. 6 UStR)

  • Gutachten über die Freiheit des Trinkwassers von Krankheitserregern

  • Gutachten für Berufsgenossenschaften oder Versicherungen zur Frage des Kausalzusammenhangs von bestimmten Vorerkrankungen und dem Todeseintritt des Versicherten

  • Gutachten für Staatsanwaltschaft und Gerichte zur Klärung des Kausalzusammenhangs zwischen ärztlicher Fehlbehandlung und einer Gesundheitsstörung bzw. dem Todeseintritt

  • Schriftliche und mündliche Gutachten für Staatsanwaltschaft und Gerichte über Schuld- und Handlungsfähigkeit von Personen; Gutachten zur Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus oder eine Entziehungsanstalt

  • Prognosegutachten im Rahmen des Strafvollzugs

  • Blutgruppenuntersuchungen und DNA-Analysen (z. B. zur Spurenauswertung)

  • Pflegegutachten (vgl. § 18 Abs. 1 SGB XI)

  • Medizinisch-psychologische Gutachten über die Fahrtauglichkeit

  • Gutachtliche Feststellungen zum voraussichtlichen Erfolg von Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen eines Renten- oder Invaliditätsverfahrens, s. a. , EuGHE I S. 13989 und , BStBl 2008 II S. 35

  • Gutachten zur Feststellung von Beschädigungen als Grundlage für eine Entschädigungsleistung

  • Genehmigung zur Feuerbestattung (sog. II. Leichenschau)

  • Vertragszahnärztliche Planungsgutachten

  • Gutachten nach § 12 Abs. 1 der Psychotherapie-Vereinbarung

  • Sport- und reisemedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistungen

  • Röntgenaufnahmen zur Erstellung eines umsatzsteuerpflichtigen Gutachtens (s. Abschnitt 91a Abs. 3 Nr. 6 UStR)

  • Gutachterliche oder beratende Tätigkeiten im Bereich der Krankenhaushygiene

  • Ärztliche Befundberichte, die nach § 10 Abs. 1 JVEG i. V. m. Anlage 2 Nr. 202 und 203 (Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit kurzer gutachterlicher Äußerung) vergütet werden. Die Umsätze sind steuerbar und steuerpflichtig. (Soweit die Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen nach § 10 Abs. 1 JVEG i. V. m. Anlage 2 Nr. 200 und Nr. 201 (Ausstellung eines Befundscheins oder Erteilung einer schriftlichen Äußerung ohne nähere gutachterliche Äußerung) vergütet wird, liegt nicht steuerbarer Schadenersatz vor, s. Abschnitt 3 Abs. 8 UStR).

Folgende Umsätze der Ärzte/Ärztinnen aus Sachverständigentätigkeiten sind aufgrund ihrer therapeutischen Zielsetzung dagegen steuerfrei:

  • Gutachten zur Feststellung der persönlichen Voraussetzungen für eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, auch wenn der Patient im Ergebnis nicht rehabilitierbar ist

  • die Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen (Untersuchungen zur Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten, z. B. Krebsfrüherkennung oder Glaukomfrüherkennung), auch betriebsärztliche Vorsorgeuntersuchungen.

    Für ärztliche Untersuchungen nach dem ASiG kommt die Befreiung nur in Betracht, soweit diese gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ASiG erfolgen und es sich nicht um Einstellungsuntersuchungen handelt. Das gilt entsprechend für die nach anderen Schutzvorschriften erbrachten medizinischen Leistungen, die therapeutischen Zwecken dienen, z. B. nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (s. BStBl 2007 I S. 481).

  • Alkohol- und Drogengutachten zum Zwecke einer anschließenden Heilbehandlung (z. B. zur Feststellung eines körperlichen Defekts beim Abbau von Alkohol und Medikamenten)

  • Körperliche Untersuchungen zur Verwahrfähigkeit im Rahmen des Polizei- und Justizgewahrsams

  • die Durchführung der äußeren Leichenschau und Ausstellen der Todesbescheinigung als letzte Maßnahme im Rahmen der Heilbehandlung

  • Gutachten für die gesetzliche Krankenversicherung (z. B. Gutachten zu medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen, der Hilfsmittelversorgung und der häuslichen Krankenpflege im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung nach § 275 SGB V; Gutachten zur ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung und der Verordnung von Arzneimitteln)

  • Leistungen zur Kontrolle von gespendetem Blut einschließlich der Blutgruppenbestimmung

  • Erstellung und Befundung der Mammographien bzw. der Zweitbefundung der von Radiologen erstellten Mammographien im Rahmen des Mammographie-Screenings.

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Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
UR 2008 S. 565 Nr. 14
NAAAC-75319