BGH Urteil v. - X ZR 275/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: EPÜ Art. 123 Abs. 3; EPÜ Art. 123 Abs. 2; EPÜ Art. 138 Abs. 1

Instanzenzug: Bundespatentgericht 2 Ni 25/01 (EU) vom

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am unter Inanspruchnahme der Priorität der japanischen Patentanmeldung 15 78 77/92 vom angemeldeten und mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 575 163 (Streitpatents). Es betrifft eine Zündkerze. Das Streitpatent umfasst zehn Ansprüche. Die Patentansprüche 1, 4, 5, 6 und 10 haben in der Verfahrenssprache Englisch folgenden Wortlaut:

"1. A spark plug (100) comprising a ground electrode (1) and a centre electrode (4) having a front end (4A) with a firing tip (6) welded thereto, the firing tip forming a spark gap with said ground electrode (1), characterised by an annular, laser weld extending around the circumference of the external interface between said front end (4A) and said firing tip (6), and into said centre electrode at said external interface.

4. A spark plug according to any one of the preceding claims, wherein said front end (4A) is constricted as compared with the rest of said centre electrode (4).

5. A spark plug according to claim 4, where D is a diameter of said firing tip (6), T is a thickness of said firing tip (6), L is a length of said front end (4A) of said centre electrode (4), A is a depth of penetration of said weld (7), R is a radius of said firing tip (6), and B is a width of said weld (7) measured at an outer surface of both said front end (4A) and said firing tip (6), and wherein a dimensional relationship between D, T, L, A, R and B is as follows:

0,5 mm = D = 1,5 mm,

0,3 mm = T = 0,6 mm,

0,2 mm = L = 0,5 mm,

R/3 = A < R,

0,3 mm = B = 0,8 mm.

6. A spark plug according to any one of the preceding claims, wherein the weld comprises a plurality of overlapping neighbouring spot shots (71) whereby the weld extends around the full said circumference.

10. A method of manufacture of a spark plug with a ground electrode (1) and a center electrode (4) having a front end (4A) with a firing tip (6) attached thereto and forming a spark gap with said ground electrode (1), wherein said method includes the step of laser welding said firing tip (6) to said front end (4A) and is characterised by carrying out the welding by applying a laser beam around the circumference of the external interface between said front end (4A) and said firing tip (6) such that weld extends partially into said centre electrode (4) at said external interface to form an annular weld."

Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 und 3 sowie 7 bis 9 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Die Klägerin hat die Nichtigerklärung des Patents im Umfang seiner Ansprüche 1 bis 4, 6, 7, 9 und 10 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland begehrt und zur Begründung geltend gemacht, die Lehre des Streitpatents beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Hierzu hat sie sich auf die japanische Offenlegungsschrift (sho) 57-151 183 (Anl. KW 3), die britische Patentschrift 976 798 (Anl. KW 4), den Beitrag "Gegenwärtiger Stand des YAG-Laserschweißens" in der japanischen Zeitschrift "Welding Technique" von August 1982, S. 21 bis 27 und 94 (Anl. KW 5), die japanische Auslegeschrift (sho) 59-47 436 (Anl. KW 6), die US-Patentschrift 4 963 112 (Anl. KW 7) und die japanische Offenlegungsschrift (hei) 1-289 084 (Anl. KW 8) berufen.

Die Beklagte hat das Streitpatent im Wesentlichen dadurch eingeschränkt verteidigt, dass sie aus dem erteilten Patentanspruch 5 die geometrische Beziehung R > A = R/3 sowie die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 6 in die Patentansprüche 1 und 10 aufgenommen hat und diese Ansprüche folgende Fassung erhalten sollten (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung kursiv):

"1. Zündkerze (100) umfassend eine Masseelektrode (1) und eine Mittelelektrode (4) mit einem vorderen Ende (4A), an dessen Stirnfläche (43) eine Zündspitze (6) angeschweißt ist, wobei die Zündspitze mit der Masseelektrode (1) eine Funkenstrecke bildet, dadurch gekennzeichnet, dass sich eine ringförmige Laserschweißnaht um den Umfang der äußeren Grenzfläche zwischen dem vorderen Ende (4A) und der Zündspitze (6) und in die Mittelelektrode an der äußeren Grenzfläche erstreckt, wobei die Schweißnaht eine Vielzahl von einander überlappenden, benachbarten Schweißpunkten (71) derart umfasst, dass sie sich über den gesamten Umfang erstreckt und dass A die Eindringtiefe der Schweißnaht (7) sowie R der Radius der Zündspitze (6) ist, wobei folgender Zusammenhang für A und R gilt: R > A = R/3.

10. Verfahren zur Herstellung einer Zündkerze mit einer Masseelektrode (1) und einer Mittelelektrode (4), die ein vorderes Ende (4A) besitzt, an dessen Stirnfläche (43) eine Zündspitze (6) angeschweißt ist, und die mit der Masseelektrode (1) eine Funkenstrecke bildet, wobei das Verfahren den Schritt des Laserschweißens der Zündspitze (6) an das vordere Ende (4A) umfasst und dadurch gekennzeichnet ist, dass das Schweißen dadurch erfolgt, dass ein Laserstrahl intermittierend auf den Umfang der äußeren Grenzfläche zwischen dem vorderen Ende (4A) und der Zündspitze (6) gerichtet wird, um eine Vielzahl von einander überlappenden, benachbarten Schweißpunkten (71) derart zu bilden, dass sich die Schweißnaht um den gesamten Umfang erstreckt und dass sich die Schweißnaht teilweise in die Mittelelektrode (4) an der äußeren Grenzfläche erstreckt, so dass eine ringförmige Schweißnaht entsteht, wobei A die Eindringtiefe der Schweißnaht (7) sowie R der Radius der Zündspitze (6) ist und wobei folgender Zusammenhang für A und R besteht: R > A = R/3."

Im Übrigen hat die Beklagte Klageabweisung beantragt.

Die Klägerin hat die Änderung für unzulässig erachtet, weil aus den funktional zusammenwirkenden Bemessungsregeln des (nicht angegriffenen) Unteranspruchs 5 lediglich eine herausgegriffen worden sei und im Übrigen auch die neuen Ansprüche 1 und 10 nicht für patentfähig angesehen.

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit es über die verteidigte Fassung hinausgeht, und die weitergehende Nichtigkeitsklage abgewiesen. Mit der Berufung, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter.

Der Senat hat ein schriftliches Gutachten von Prof. Dr.-Ing. L. B. eingeholt und die Berufung der Klägerin durch Urteil vom zurückgewiesen. Auf die Verfassungsbeschwerde der Klägerin hat die 3. Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts dieses Urteil aufgehoben. In der erneuten mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Sachverständige sein Gutachten erläutert und ergänzt. Die Klägerin hat ein von ihr im parallelen Nichtigkeitsverfahren gegen den britischen Teil des Streitpatents eingeholtes Gutachten des Dr. P. T. zu den Akten gereicht.

Gründe

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

I. 1. Das Streitpatent betrifft eine Zündkerze für einen Verbrennungsmotor, bei der eine Zündspitze am vorderen Ende einer Mittelelektrode befestigt ist, und ein Verfahren für die Anbringung dieser Zündspitze durch Laserschweißen.

Die Streitpatentschrift geht eingangs auf verschiedene Methoden und Verfahren zur Anbringung der Zündspitze an der Mittelelektrode von Zündkerzen für Verbrennungsmotoren ein. Mit der in der japanischen Patentveröffentlichung 59-2152 beschriebenen Methode der Befestigung der Zündspitze am vorderen Ende des Mantelmetalls der Mittelelektrode der Zündkerze durch elektrisches Widerstandsschweißen werde die Verbesserung ihres Widerstands gegen Funkenerosion erstrebt. Bei diesem Schweißvorgang würden die scharfen Kanten der Zündspitze jedoch abgerundet, was unerwünscht sei, weil die Zündkerze dann für die Entladung zwischen den Elektroden eine höhere Spannung benötige. Um die für eine einwandfreie Entladung erforderlichen scharfen Kanten wiederherzustellen, müsse die Zündspitze gefräst werden, wodurch wertvolles Edelmetall verloren gehe.

Die japanische Patentveröffentlichung 63-57 919 sehe eine Bohrung an der vorderen Stirnfläche des Mantelmetalls vor, in welcher die Zündspitze angeordnet sei, um eine Laserstrahlschweißung vom vorderen Ende des Mantelmetalls zu der Zündspitze anzuwenden. Da die Zündspitze hierbei tief genug in der Bohrung angeordnet werden müsse, um gegen Ablösung gesichert zu sein, werde wiederum eine erhöhte Menge des teuren Edelmetalls verbraucht.

Die Streitpatentschrift schildert sodann die von der US-Patentschrift 4 963 112 (Anl. KW 7) vorgeschlagene Lösung für die Befestigung der Zündspitze. Dabei wird ein Laserstrahl auf die Stirnfläche der an dem vorderen Ende der Mittelelektrode positionierten Zündspitze gerichtet und die dabei erzeugte Schweißnaht erstreckt sich über die gesamte Grenzfläche zwischen der Spitze und der Elektrode.

Auf diese US-Patentschrift stützt sich das Streitpatent für den Oberbegriff von Patentanspruch 1 (vgl. Sp. 1 Abs. 6) und auf dieser Grundlage schlägt es, ohne ausdrücklich eine Aufgabe zu formulieren, ein Verfahren für das Anschweißen der Zündspitze durch Laserstrahl an das vordere Ende der Mittelelektrode sowie eine Zündkerze mit einer im Einzelnen beschriebenen ringförmigen Laserschweißnaht vor.

2. Hierzu schlägt Patentanspruch 1 des Streitpatents in der von der Beklagten verteidigten Fassung vor (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung kursiv):

1. Zündkerze (100) mit einer Masseelektrode (1) und einer Mittelelektrode (4).

2. Eine Zündspitze (6)

2.1 ist am vorderen Ende (4A) der Mittelelektrode (4) angeschweißt und

2.2 bildet mit der Masseelektrode (1) eine Funkenstrecke.

3. Eine ringförmige Laserschweißnaht

3.1 erstreckt sich

3.1.1 rings des Umfangs der äußeren Grenzfläche zwischen dem vorderen Ende (4A) der Mittelelektrode (4) und der Zündspitze (6) und

3.1.2 an der äußeren Grenzfläche in die Mittelelektrode,

3.2 umfasst eine Vielzahl benachbarter Schweißpunkte (71),

3.2.1 die einander überlappen und

3.2.2 sich über den gesamten Umfang erstrecken und

3.3 hat eine Eindringtiefe A, für deren Beziehung zum Radius R der Zündspitze (6) R > A = R/3 gilt.

3. Streitig und auslegungsbedürftig ist allein die Merkmalsgruppe 3.2.

Unter Heranziehung der Figur 3 des Streitpatents (Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ) ergibt die Auslegung, dass die Merkmalsgruppe 3.2 das Ergebnis eines Arbeitsablaufs festlegt, bei dem das Werkzeug nach Setzen eines Schweißpunktes um einen definierten Weg bewegt und der inzwischen erstarrte Schweißpunkt zum Teil, überlappend, mit der nächsten Punktschweißung wieder aufgeschmolzen wird.

a) Wie ein Patent auszulegen ist, ist eine Rechtsfrage (st. Rspr., vgl. BGHZ 142, 7, 15 - Räumschild mwN; 160, 204, 212 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung mwN; zum Ganzen auch Melullis, Festschrift für Ullmann, 2006, S. 503 ff.). Sofern Fragen der objektiven technischen Gegebenheiten, des Vorverständnisses der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen oder die Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen sowie die methodische Herangehensweise dieser Fachleute das Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen oder jedenfalls beeinflussen können, sind ggfs. Sachverständige heranzuziehen. Denn der Patentauslegung zugrunde zu legen ist, was sich aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellte technische Lehre ergibt (BGHZ 164, 261, 268 - Seitenspiegel; Sen.Urt. v. - X ZR 172/04, WRP 2007, 1231 Tz 38 - Zerfallzeitmessgerät, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

b) Der maßgebliche Fachmann, ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Elektrotechnik, der sich über die für die Herstellung von Zündkerzen relevante Laserschweißtechnik durch Rückfragen bei entsprechenden Fachleuten informiert, wird bestrebt sein, dem Patent einen sinnvollen Gehalt zu entnehmen. Er wird die Merkmalsgruppe 3.2 schon deshalb nicht als Beschreibung einer gewöhnlichen Schweißnaht auffassen, weil ihm die Patentbeschreibung anhand eines Ausführungsbeispiels anschaulich schildert (Sp. 4 Z. 31-47 mit Fig. 3), wie die patentgemäße Schweißnaht erzeugt wird. Danach wird die Berührungsfläche zwischen der Unterseite der Zündspitze und der Oberseite der Mittelelektrode genügend oft Laserstrahlen mit einer Schussenergie von 2 J ausgesetzt, um die Schweißnaht zu erzeugen. Die Laserstrahlen werden in einzelnen Schüssen abgefeuert, während die zu bearbeitende Zündkerze axial gedreht wird (Bezugszeichen X in Fig. 3 des Streitpatents). Die aufeinander folgende Abgabe einzelner Laserschüsse führt dazu, dass die Legierungszone des vorhergehenden Schusses bereits erkaltet, wenn der nächste Schuss auftrifft. Daraus ergibt sich, dass die Schüsse mit einer Frequenz abgefeuert werden müssen, die diesen Erfolg, d.h. voneinander abgrenzbare Schweißpunkte infolge zwischenzeitlichen zumindest teilweisen Erkaltens des letzten Schweißpunktes vor Erzeugung des nächsten, zulassen. Im Zusammenhang mit der Erläuterung der auch in Anspruch 5 enthaltenen Parameter spricht die Streitpatentschrift außerdem von einem bevorzugt intermittierenden Laserschweißen (Sp. 2 Z. 42 f.). Dabei entsteht die patentgemäße Schweißnaht, bei der einzeln erzeugte Schweißpunkte einander überlappen. Damit entspricht die der Patentbeschreibung für das Ausführungsbeispiel zu entnehmende Schweißtechnik der vom gerichtlichen Sachverständigen als unkonventionell bezeichneten Schweißmethode, bei der in der Beschreibung erläuterten Herstellungsart allerdings mit dem Unterschied, dass nicht das Werkzeug, sondern die Zündkerze als Werkstück zwischen dem Setzen der Schweißpunkte um einen definierten Weg bewegt wird und wobei die Relation R > A = R/3 eingehalten wird, um die erforderliche Festigkeit zuverlässig zu erreichen, ohne dass es zu einer vollflächigen, unnötigen Energieeinsatz erfordernden Verschweißung kommen muss (Merkmal 3.3).

c) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Fachmann diese Auslegung - etwa aus Gründen der Kostenintensität - gar nicht in Erwägung ziehen würde. Der Sachverständige hat auf Befragen angegeben, dass der Schweißvorgang, wenn die einzelnen Punkte so gesetzt werden, dass der jeweils vorangegangene erkalten kann, vermutlich etwa doppelt so lang dauert, wie bei einer herkömmlichen Technik, dass dabei aber etwas Energie gespart werde. Er hat auch darauf hingewiesen, dass bei der herkömmlichen Verschweißung die Gefahr besteht, dass sich das Zündplättchen verzieht. Dementsprechend wird der Fachmann im Streitpatent den Vorschlag eines Schweißverfahrens erkennen, das von den ihm bekannten anderen Verfahren abweicht und das er entgegen der Ansicht der Klägerin nicht von vornherein verwirft, sondern für das er sich nach Abwägung seiner Vorzüge und Nachteile unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten entscheiden kann.

II. 1. Die Verteidigung von Patentanspruch 1 des Streitpatents durch die Aufnahme der Merkmale des Anspruchs 6 des erteilten Patents sowie der Bemessungsregel R > A = R/3 aus Anspruch 5 ist zulässig. Soweit es die aus Anspruch 6 übernommene Merkmalsgruppe 3.2 betrifft, erhebt die Berufung auch keine Bedenken. Sie meint jedoch, die isolierte Aufnahme nur einer von insgesamt fünf zusammenhängend beanspruchten Bemessungsangaben aus dem erteilten Anspruch 5 erweitere den Gegenstand des erteilten Patents in unzulässiger Weise gegenüber dem Inhalt der ursprünglichen Patentanmeldung (Art. 123 Abs. 2, 138 Abs. 1 EPÜ). Das trifft nicht zu.

a) Nach ständiger Rechtsprechung hat es der Patentinhaber in der Hand, sein Patent durch Aufnahme einzelner oder sämtlicher Merkmale eines Ausführungsbeispiels zu beschränken, wenn diese Merkmale in der ursprünglichen Beschreibung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend zu erkennen waren (vgl. Sen.Beschl. v. - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 50 f. - Drehmomentübertragungseinrichtung). Die Klägerin hat mit der Bemessungsregel R > A = R/3 ein einzelnes Merkmal eines Ausführungsbeispiels (Anspruch 5) in den Hauptanspruch aufgenommen. Da Anspruch 1 in der erteilten Fassung keine Bemessungsregel für die Eindringtiefe enthält, wird er durch Hinzufügung einer solchen Bemessungsregel beschränkt. Eine Erweiterung liegt auch nicht darin, dass die Bemessungsregel ursprünglich, durch den Rückbezug von Anspruch 5 auf Anspruch 4 für Zündkerzen galt, die - abweichend von Anspruch 1 - die von Anspruch 4 vorgegebene Ausformung der Mittelelektrode aufwiesen. Unerheblich ist des Weiteren, dass die übrigen Bemessungsregeln des Anspruchs 5 nicht mit übernommen wurden. Dies ändert nichts daran, dass Patentanspruch 1 durch Hinzufügung der einen Bemessungsregel beschränkt wurde. Eine zulässige Beschränkung erfordert nicht die Übernahme sämtlicher Bemessungsregeln aus Anspruch 5.

b) Die Bemessungsregel R > A = R/3 ist bereits in Anspruch 5 in der Fassung der ursprünglichen Anmeldung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend offenbart. Ohne Bedeutung ist, dass der Rückbezug von Anspruch 5 auf alle vorhergehenden Ansprüche im Erteilungsverfahren durch einen ausschließlichen Rückbezug auf Anspruch 4 ersetzt wurde. Das konnte weder den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung einschränken noch die fragliche Bemessungsregel, die weiter in Anspruch 5 enthalten war, aus dem Gegenstand der Erfindung herausführen.

c) Die aus Anspruch 5 in die Ansprüche 1 und 10 aufgenommene Bemessungsregel setzt die Eindringtiefe A der Schweißerstarrungslegierung, die beim Legen der ringförmigen Schweißnaht entsteht, in Beziehung zum Radius R der Zündspitze. Dabei erhöht die Beachtung der Regel A = R/3 die Festigkeit der Verbindung zwischen der Zündspitze und der Mittelelektrode und damit die Lebensdauer der Zündkerze. Die Obergrenze A < R dient dazu, Gaseinschlüsse zu vermeiden, welche die Qualität der Schweißnaht beeinträchtigen würden (Streitpatentschrift Sp. 6 Z. 19-48). Da die Bemessungsregel somit in ihrer Bedeutung für die in Anspruch genommene Erfindung zu erkennen gewesen ist, führt ihre Aufnahme in den Hauptanspruch zu keinem wesensverschiedenen Aliud, mit dem der Kreis zulässiger Beschränkungen verlassen würde (vgl. BGHZ 110, 123, 125 ff. - Spleißkammer). Entgegen der Auffassung der Berufung ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob der mit der Erfindung angestrebte Erfolg, insbesondere die erhöhte Lebensdauer der Zündkerze, maßgeblich auch von den anderen, nicht in Patentanspruch 1 übernommenen Bemessungsregeln des Anspruchs 5 abhängt. Denn die Regel zur Eindringtiefe ist bereits in der ursprünglichen Anmeldung als zur Erfindung gehörendes Merkmal erkennbar gewesen, das die Festigkeit der Verbindung zwischen Mittelelektrode und Zündspitze erhöht, ohne zugleich das Risiko von Gaseinschlüssen zu vergrößern.

d) Mit der Aufnahme einer Bemessungsregel aus Anspruch 5 in Anspruch 1 wurde der Schutzbereich des Streitpatents, wie oben dargelegt, nicht erweitert, sondern beschränkt, so dass entgegen der Auffassung der Berufung auch kein Verstoß gegen Art. 123 Abs. 3 EPÜ vorliegt.

2. Das Bundespatentgericht hat die Neuheit der Zündkerze nach dem verteidigten Patentanspruch 1 bejaht. Dem tritt der Senat bei. Keine der Entgegenhaltungen offenbart die Bemessung der Eindringtiefe A der Schweißnaht nach der Regel R > A = R/3 (Merkmal 3.3). Ebenso wenig gehört zum Stand der Technik im Prioritätszeitpunkt die Befestigung der Zündspitze einer Zündkerze mittels einer Vielzahl einander überlappender, benachbarter Schweißpunkte, die sich über den gesamten Umfang erstrecken (Merkmalsgruppe 3.2, vgl. oben I.3.). Die vom Streitpatent vorgeschlagene Schweißmethode entspricht, worauf zurückzukommen sein wird (unten II.3.d) insbesondere nicht dem in Foto 2 des Beitrags "Welding Technique" Bd. 30, August 1982, S. 21-27 und 94 dokumentierten Ergebnis einer Impulsschweißung.

Bei keiner anderen der in das Verfahren eingeführten Entgegenhaltungen wird die Zündspitze mittels einer patentgemäßen Laserschweißnaht aus einer Vielzahl sich überlappender, benachbarter Schweißpunkte auf der Mittelelektrode befestigt. In der japanischen Offenlegungsschrift 1-289 084 (Anl. KW 8) wird das Laserschweißen der Naht zwar durch aufeinander folgendes Verschieben der Bestrahlungsposition durchgeführt (deutsche Übers. S. 3, Z. 12, 13). Dieser Schrift ist jedoch nichts über eine Laserbestrahlung mittels einzelner Schüsse oder eine Schweißnaht zu entnehmen, die aus einer Vielzahl überlappender, benachbarter Schweißpunkte besteht. Ebenso wenig ist ein solches Verfahren oder eine solche Oberflächenstruktur der Schweißnaht für die in den Fig. 2, 4 und 6 wiedergegebenen Ausführungsformen der japanischen Offenlegungsschrift 57-151 183 (Anl. KW 3) mit ringförmiger Naht ersichtlich. Die US-Patentschrift 4 963 112 (Anl. KW 7) erwähnt ebenfalls ein Ausführungsbeispiel, bei dem die Mittelelektrode während des Aufschweißens der Zündspitze axial gedreht wird (Sp. 4 Z. 16-24 m. Fig. 2). Auch dies geschieht jedoch während einer kontinuierlichen Laserbestrahlung durch einen Impulslaser, bei der keine einzelnen Schweißpunkte erzeugt werden.

3. Der Senat vermag nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen einschließlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht anzunehmen, dass der Gegenstand des Streitpatents einem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt worden ist.

a) Dem maßgeblichen Fachmann war im Prioritätszeitpunkt zwar bereits seit langem bekannt, dass die Betriebseigenschaften einer Zündkerze vorteilhaft beeinflusst werden, wenn die Mittelelektrode mit einer Zündspitze aus Edelmetall versehen wird, aber auch, dass die dafür erforderliche Verschweißung unterschiedlicher Metalle zu Problemen führte. Es gehört zum allgemeinen Fachwissen, dass eine Schweißnaht brüchig werden kann, wenn an ihr Metalle unterschiedlicher Wärmeausdehnungskoeffizienten zusammentreffen und sie, wie im Verbrennungsraum eines Motors, sehr unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt wird. In der Folge kann dies dazu führen, dass die Zündspitze abfällt, was die Lebensdauer der Zündkerze beschränkt und wodurch das Innere des Motorraums beschädigt werden kann. Um dem zu begegnen, waren im Stand der Technik Lösungen bekannt, die durch Schaffung einer Legierungszone einen kontinuierlichen Übergang der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten zwischen Mittelelektrode und Zündspitze ermöglichten. In dieser Legierungszone nimmt die Konzentration des Edelmetalls von dem äußeren Ende der Zündspitze zur Mittelelektrode hin kontinuierlich ab und umgekehrt die Konzentration des Mantelmaterials, in der Regel eine auf Nickel basierenden Legierung, kontinuierlich zu (vgl. etwa Beschr. der japanischen Auslegeschrift 59-47 436 (Anl. KW 6), deutsche Übers. S. 2 und 3).

Durch die japanische Offenlegungsschrift 57-151 183 (Anl. KW 3) war eine Zündkerze bekannt, die gemäß der deutschen Übersetzung (Anl. KW 3') eine Masseelektrode (S. 5 Z. 36) sowie eine Mittelelektrode (S. 5 Z. 37) mit einem vorderen Ende (S. 5 Z. 13, Bezugszeichen 21 a, 31 a der Zeichnungen 4 und 5), einer daran angeschweißten Zündspitze (Edelmetallplättchenelektrode, z.B. S. 4 Z. 14-15, Bezugszeichen 22, 32) und mit einer ringförmigen Laserschweißnaht (S. 5 Z. 8) aufweist, die sich rings des Umfangs der äußeren Grenzfläche zwischen dem vorderen Ende (21 a, 31 a) und der Zündspitze (22, 32) in die Mittelelektrode erstreckt (Anl. KW 3, Ansprüche 1 bis 3 i.V.m. den Ausführungen zu den Fig. 2, 4 und 6). Als selbstverständlich wird vom Fachmann bei dieser Zündkerze mitgelesen, dass die Zündspitze mit der Masseelektrode eine Funkenstrecke bildet, da sie anderenfalls nicht funktionsfähig wäre. Damit erfüllt die Anl. KW 3, wie auch das Bundespatentgericht festgestellt hat, die Merkmalsgruppen 1., 2. und 3.1 des verteidigten Patentanspruchs 1.

b) Ohne dies ausdrücklich zu erwähnen, mag die japanische Offenlegungsschrift 57-151 183 (Anl. KW 3) darüber hinaus auch, entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts, die Verwendung eines Impulslasers für die Herstellung der von ihr vorgeschlagenen Zündkerze zumindest nahelegen. Denn die Zweckmäßigkeit der Verwendung eines Impulslasers für die Befestigung der Zündspitze war dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt aus dem japanischen Fachaufsatz (Anl. KW 5, vgl. dazu insbesondere deutsche Übers., S. 2 Z. 6-10, 24-35, S. 6 Z. 2-4, 15 ff. u. 25-30) und der US-Patentschrift 4 963 112 (Anl. KW 7, Sp. 4 Z. 24) bekannt. Der Einsatz eines Impulslasers führt jedoch nicht automatisch zur Erfüllung der Merkmalsgruppe 3.2 des Streitpatents. Denn eine mit einem Impulslaser hergestellte, umlaufende ringförmige Naht ergibt nicht eine Vielzahl einander überlappender, benachbarter Schweißpunkte, sondern eine der Fahrspur eines Raupenfahrzeugs ähnelnde Oberflächenstruktur, wie aus Foto 2 auf S. 24 des japanischen Fachaufsatzes (Anl. KW 5) ersichtlich. Hinweise zur Erzeugung von Schweißpunkten mit den speziellen Eigenschaften der Schweißpunkte nach dem Streitpatent, insbesondere der dabei einzuhaltenden Frequenz der Impulse oder der speziellen Struktur der Schweißpunkte, enthält dieser Aufsatz nicht.

c) Es kann nicht angenommen werden, dass es für den Fachmann, dem es um die Verlängerung der Lebensdauer von Zündkerzen bei geringstmöglichem Einsatz von Edelmetall für die Zündspitze ging, nahelag, die Zündspitze an der Mittelelektrode mit einander überlappenden Laserschweißpunkten zu befestigen. Eine Anregung, die Zündspitze einer Zündkerze mit einer aus einzelnen Laserschüssen erzeugten Mehrzahl von Schweißpunkten zu befestigen, war dem Stand der Technik nicht zu entnehmen. Dieser blieb in den Lösungsalternativen der vollflächigen Verschweißung (z.B. japanische Auslegeschrift 59-47 436 (Anl. KW 6) u. US-Patentschrift 4 963 112 (Anl. KW 7)) oder einer durch kontinuierliche Laserbestrahlung bei Drehung des Werkstücks erzeugten, ringförmigen Schweißnaht (z.B. japanische Offenlegungsschriften 57-151 183 (Anl. KW 3), Ausführungsbeispiele 2, 4 und 6 sowie 1-289 084 (Anl. KW 8)) verhaftet. Auch der Beitrag in "Welding Technique" von August 1982 S. 21 ff. gab dem Fachmann keine Anregung für die patentgemäße Schweißanweisung. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten erläutert, der Beitrag sei ihm seit 1985, durch seine Tätigkeit in der Abteilung für Entwicklungsplanung für Zündkerzen und Zündsysteme eines Automobilzulieferers bekannt. Die dort vorgestellte Schweißtechnik werde aber anhand von Anwendungen in der Elektronikindustrie beschrieben. Da die thermischen und mechanischen Belastungen von Bauteilen in der Elektronik nicht mit den Bedingungen im Motorraum vergleichbar seien, sei man in seinem Team damals zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Serieneinsatz dieser Technik erst in einigen Jahren erfolgen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige diese Ausführungen dahin ergänzt, die Nutzbarmachung der Laserschweißtechnik einschließlich eines eventuellen Verfahrens mit auseinandergezogenen Schweißpunkten hätte die Durchführung aufwendiger Versuchsreihen vorausgesetzt, ohne die nichts Substanzielles zur Vorteilhaftigkeit des Laserschweißens in der Zündkerzenherstellung gesagt werden konnte. Unternehmensintern habe aber keine Bereitschaft bestanden, die dafür erforderlichen Mittel zu bewilligen.

Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beitrag aus "Welding Technique" zu der patentgemäßen, durch einzelne Laserschüsse erzeugten und aus einander überlappenden Schweißpunkten bestehenden Schweißnaht angeregt hätte, bei deren Herstellung zugleich die für die Lebensdauer der Zündkerze und die Wirtschaftlichkeit ihrer Produktion vorteilhafte Bemessungsregel gemäß Merkmal 3.3 eingehalten wird. Alle technischen, in der Entwicklungsabteilung besagten Zuliefererunternehmens angestellten Überlegungen standen unter dem Vorbehalt der versuchsweisen Erprobung. Hinzu kommt ohnehin, dass die in dem Zeitschriftenbeitrag in Foto 2 als Ergebnis von Impulsschweißen gezeigte Oberflächenstruktur einer Schweißnaht keine überlappenden Schweißpunkte erkennen lässt, sondern dass die Naht, wie schon ausgeführt, der Fahrspur eines Raupenketten-Fahrzeugs auf erdiger Unterlage ähnelt. Dieses Ergebnis hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auf Befragen bestätigt. Er hat angegeben, das Foto zeige eine normale Schweißraupe. Die Schweißpunkte lägen aufgrund hoher Impulsfolge sehr nahe beieinander; eine patentgemäß hergestellte Spur sähe anders aus, als die aus Foto 2 des Beitrags ersichtliche. Auch insoweit geht von dem Beitrag keine Anregung für das patentgemäße Schweißverfahren aus.

d) Der Klägerin kann auch nicht in ihrer Auffassung beigetreten werden, die Besonderheit der Anordnung der Schweißpunkte könne bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden, weil sich das Patent dazu ausschweige, wie die Schweißpunkte gesetzt werden sollen; dies könnte auch so geschehen, wie in Foto 2 des japanischen Zeitschriftenbeitrags. Dem Fachmann, der sich mit der Lehre des Streitpatents befasst, ist die beim herkömmlichen, in dem japanischen Beitrag beschriebenen Schweißverfahren mit hoher Impulsfolge entstehende Gestalt der Schweißnaht geläufig. Er entnimmt der Figur 3 in Verbindung mit der Beschreibung, dass das Streitpatent die Schweißpunkte prinzipiell anders, auseinandergezogen, gesetzt wissen will. Der zweckmäßige Abstand wird, wie dem Fachmann ebenfalls geläufig ist, dadurch nach oben begrenzt, dass bei allzu großen Abständen Lunkereinschlüsse zu befürchten sind, und ggfs. durch Versuche ermittelt. Zur Konkretisierung bedurfte es keiner weiteren Parameter in der Patentschrift mehr, insbesondere mussten keine Abstände für das Setzen der Schweißpunkte vorgegeben werden.

4. Mit dem Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung haben auch die unmittelbar und mittelbar auf ihn rückbezogenen, angegriffenen Unteransprüche 2 bis 4, 7 und 9 Bestand. Für die Patentfähigkeit des Anspruchs 10 gelten die Ausführungen zu Patentanspruch 1 sinngemäß.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 ZPO; für die kostenrechtliche Behandlung nach Zurückverweisung des Verfahrens durch das Bundesverfassungsgericht gilt § 37 GKG.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
PAAAC-69395

1BGHZ: nein; BGHR: nein