Kindergeld: Grenzen der gerichtlichen Überprüfung einer Abzweigungsentscheidung
Leitsatz
Bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Sätze 1, 3 und 4 EStG ist die Familienkasse zur ordnungsgemäßen
und vollumfänglichen Ausübung des von der Norm eröffneten Rechtsfolgeermessens verpflichtet.
Stellen das Bundesverwaltungsamt, ausländische Behörden und der andere, mit den Kindern im EU-Ausland wohnhafte, Elternteil
einen Antrag auf Abzweigung des vollen Kindergeldes an den anderen Elternteil und tragen alle gleich lautend - unter ergänzender
Beifügung eines Urteils in Unterhaltssachen - vor, der Kindergeldberechtigte komme seiner Unterhaltspflicht seit langer Zeit
nicht nach, so ist die Ermessensentscheidung einer vollständigen Abzweigung nicht fehlerhaft, wenn der Kindergeldberechtigte
im Verwaltungsverfahren trotz wiederholter Aufforderung keinerlei Nachweise über von ihm behauptete, tatsächlich erbrachte
Unterhaltsleistungen erbringt.
Der gerichtlichen Überprüfung nach § 102 FGO unterliegt die behördlichen Ermessensentscheidung in der Gestalt, die sie in
der letzten Verwaltungsinstanz, regelmäßig also durch die außergerichtlichen Rechtsbehelfsentscheidung, gefunden hat. Abzustellen
ist daher auf die - der Behörde erkennbare - Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.
Erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Nachweise über möglicherweise tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistungen lassen
die Ermessensentscheidung der Familienkasse als solche nicht fehlerhaft werden und führen nicht zur gerichtlichen Kassation
der angefochtenen Abzweigungsentscheidung für bereits abgelaufene Monate. Wegen grundsätzlicher Dauerwirkung der Abzweigungsentscheidung
hat indes eine erneute Ermessensausübung der Familienkasse für die Zukunft unter Berücksichtigung der weiteren Erkenntnisse
von Amts wegen zu erfolgen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): EFG 2007 S. 1963 Nr. 24 FAAAC-61319
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Online-Dokument
Finanzgericht Hamburg, Beschluss v. 20.08.2007 - 1 K 118/07
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