Teleologische Reduktion des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG bei Gewerbsteuerbefreiung des nutzenden Unternehmens
Leitsatz
1. § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG ist im Wege der teleologischen Reduktion in der Weise einzuschränken, dass dem Grundstücksunternehmen die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann zu gewähren ist, wenn das überlassene Grundstück zwar dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient, dieses den Grundbesitz nutzende Unternehmen jedoch mit allen seinen (positiven wie negativen) Einkünften von der Gewerbesteuer befreit ist.
2. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, führt die Geringfügigkeit des überlassenen Grundbesitzes nicht dazu, dass § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG nicht anwendbar ist (Abweichung von Abschn. 60 Abs. 4 Satz 9 GewStR).
Gesetze: GewStG § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 5
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielt in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gewerblich geprägte Einkünfte aus der Verwaltung und Vermietung eines großen Einkaufszentrums mit Ladenpassage, Theater, Büros, einem Hotel sowie einem Spielcasino. Die Gesamtmietfläche betrug 73 685,83 qm. Gesellschafter der Klägerin waren im Streitjahr (1990) eine GmbH als Komplementärin mit ca. 90 v.H. sowie als Kommanditisten u.a. die X-OHG mit 2,44 v.H. Die X-OHG hielt unmittelbar oder mittelbar sämtliche Anteile an der Komplementär-GmbH und bildete mit ihr zudem eine atypisch stille Gesellschaft, so dass sie letztlich über Mitunternehmeranteile von 90 v.H. verfügte. An der X-OHG war X mit 55 v.H. beteiligt. Er war zudem Geschäftsführer der GmbH und der Klägerin.
Die Klägerin hatte im Streitjahr von der gesamten Mietfläche rund 3,8 v.H. (2 770 qm) an die Spielbank GmbH & Co. KG (S-KG) vermietet. Die Nettokaltmiete belief sich insoweit auf 645 390 DM. An der S-KG war X mit einem Anteil von 10 v.H. beteiligt.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) die für das Streitjahr (1990) beanspruchte erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen i.S. von § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in Höhe von 7 996 175 DM mit der Begründung, die Kürzung sei nach § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG nicht zu gewähren, weil der vermietete Grundbesitz teilweise dem Gewerbebetrieb des Gesellschafters X diene.
Hiergegen wandte sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruch mit der Klage. Sie machte geltend, die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG lägen nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht vor. Der Grundbesitz der Gesellschaft diene —wenn überhaupt— dem Gewerbebetrieb des Gesellschafters nur zu einem ganz kleinen Teil. Außerdem sei zu beachten, dass die Mieterin eine Spielbank betreibe, die wegen der Besteuerung ihrer Erträge durch die Spielbankabgabe von der Gewerbesteuer befreit sei.
Das FA hielt dem entgegen, dass X über eine GmbH auch an anderen Gesellschaften (Hotel, Restaurant), die Flächen von der Klägerin gemietet hätten, beteiligt sei. Insgesamt werde der Grundbesitz der Klägerin zu 10 v.H. durch solche Gesellschaften genutzt.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) aus, entgegen der Auffassung des Reichsfinanzhofs —RFH— (Urteil vom I 270/38, RStBl 1940, 38) entfalle nach dem Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags auch dann, wenn nur ein unwesentlicher Teil des Grundbesitzes dem Gesellschafter zur gewerblichen Nutzung überlassen werde. Eine andere Lösung würde zu Abgrenzungsproblemen führen. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG auch nicht in der Weise teleologisch zu reduzieren, dass die erweiterte Kürzung zu gewähren sei, wenn das nutzende Unternehmen —wie die der Spielbankenabgabe unterliegenden Spielbanken— von der Gewerbesteuer befreit sei. Von der Gewerbesteuerbefreiung werde nur der eigentliche Spielbankenbetrieb betroffen. Nicht befreit seien dagegen andere Tätigkeiten wie etwa ein Restaurantbetrieb.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt ist (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil sowie den Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer 1990 vom und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer auf null DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
1. Bei der Klägerin handelt es sich um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ihr Betrieb unterliegt daher nach § 2 Abs. 1 GewStG unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuer (vgl. Senatsurteil vom IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464).
2. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG können Unternehmen, die —wie die Klägerin— ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten, auf Antrag den Gewerbeertrag statt um einen bestimmten Hundertsatz des Einheitswerts des Grundbesitzes um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.
3. Die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung ist aber nach § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. Der Gesetzgeber sieht in diesem Fall die Voraussetzungen für eine Begünstigung des Grundstücksunternehmens nicht mehr als gegeben an, weil bei einer Nutzung des Grundstücks im Gewerbebetrieb des Gesellschafters ohne Zwischenschaltung eines weiteren Rechtsträgers die Grundstückserträge in den Gewerbeertrag einfließen und damit der Gewerbesteuer unterliegen würden (vgl. Senatsurteil vom IV R 35/94, BFHE 178, 572, BStBl II 1996, 76).
Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um zu entscheiden, ob die Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen kann.
a) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die S-KG nicht zu ihren Gesellschaftern gehörte. Der Grundbesitz dient nämlich auch dann dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen des Grundstücksunternehmens, wenn das Grundstück —wie im Streitfall— von einer Gesellschaft genutzt wird, an der der Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt ist (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 187, 326, BStBl II 1999, 168). Der BFH hat bereits in seinem Urteil vom I R 10/73 (BFHE 114, 437, BStBl II 1975, 268) zutreffend darauf hingewiesen, dass andernfalls ein Grundstücksunternehmen —entgegen dem mit § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG verfolgten Zweck— die erweiterte Kürzung bereits dann beanspruchen könnte, wenn der den Grundbesitz nutzende Gesellschafter einen Dritten mit einer minimalen Beteiligung in sein Unternehmen aufnähme (vgl. auch Senatsurteil vom IV R 34/03, BFHE 209, 133, BStBl II 2005, 576).
b) Der Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG steht auch nicht entgegen, dass X an der Klägerin als der vermögensverwaltenden Gesellschaft nur mittelbar beteiligt war.
Auch der mittelbar über eine Personengesellschaft etwa an einer vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft beteiligte Gesellschafter ist „Gesellschafter” i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG. Diese Auslegung ist mit dem möglichen Wortsinn des Begriffs „Gesellschafter” vereinbar. Bei der Auslegung des dem Zivilrecht entlehnten Tatbestandsmerkmals „Gesellschafter” in § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG ist der BFH nicht an das zivilrechtliche Verständnis dieses Tatbestandsmerkmals gebunden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 187, 326, BStBl II 1999, 168).
Maßgeblich für die Auslegung des Begriffs „Gesellschafter” ist —entsprechend den vorstehenden Ausführungen zu II. 3. a— der Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG. Er würde verfehlt, wenn es den Gesellschaftern eines Grundstücksunternehmens in der Rechtsform einer GmbH möglich wäre, durch Übertragung ihrer Geschäftsanteile auf eine Personengesellschaft den Grundbesitz für eigengewerbliche Zwecke zu nutzen, ohne die Begünstigung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu verlieren (BFH-Urteil in BFHE 187, 326, BStBl II 1999, 168).
4. Ein anderes Ergebnis lässt sich nicht daraus herleiten, dass X an der S-KG nur zu 10 v.H. beteiligt war und dass der Anteil der an die S-KG vermieteten Fläche nur 3,8 v.H. der insgesamt vermieteten Fläche betrug.
a) Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 209, 133, BStBl II 2005, 576 ausgeführt hat, ist es prinzipiell ohne Bedeutung, in welchem Umfang der Gesellschafter oder Genosse an der Grundstücksgesellschaft beteiligt ist. Für die Beteiligung an der mietenden Gesellschaft kann nichts anderes gelten. Allerdings hat der Senat in Erwägung gezogen, ob nicht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dafür sprechen könnte, die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags dann zu gewähren, wenn die Beteiligung eine Bagatellgrenze von 1 v.H. nicht erreicht. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob eine solche Grenze —abgesehen von Abgrenzungsschwierigkeiten— überhaupt sinnvoll ist, weil auch eine geringe Beteiligung große wirtschaftliche Bedeutung haben kann (so z.B. Heuermann, Die steuerliche Betriebsprüfung 2005, 210, 211). Jedenfalls ist mit der Beteiligung des Gesellschafters X in Höhe von 10 v.H. die genannte Bagatellgrenze weit überschritten.
b) Lässt der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG noch eine Auslegung zu, derzufolge die Bagatellbeteiligung an der mietenden Gesellschaft nicht dazu führt, dass das Grundstück „dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen” dient, so gestattet der Wortlaut doch keine Auslegung der Art, dass es auf den Umfang des überlassenen Grundbesitzes ankäme. Das ergibt sich daraus, dass die Gewerbesteuervergünstigung zu versagen ist, wenn der Grundbesitz „ganz oder zum Teil” in der genannten Weise verwendet wird. Mit dieser Formulierung hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er dem Einwand, der Grundbesitz diene nur zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen, keine Bedeutung beimessen wollte. Das bedeutet zugleich, dass es auf die Größe des vermieteten Grundstücksteils nicht ankommen kann. Hiermit überschreitet der Gesetzgeber nicht die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit. Die Gesetzesfassung vermeidet vielmehr eine Auseinandersetzung über den richtigen Maßstab für eine etwaige Unerheblichkeit des dem Gewerbebetrieb des Gesellschafters der Vermietungsgesellschaft dienenden Grundbesitzes (vgl. , BFHE 213, 64, BStBl II 2006, 659 zum Erfordernis der Ausschließlichkeit der Grundstücksverwaltung in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG; zu § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG: Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 108; Güroff in Glanegger/ Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 9 Rz 33; Herlinghaus, EFG 2005, 1149; Wendt, FR 2000, 1033, 1039).
Der Senat folgt damit nicht der im Urteil des RFH in RStBl 1940, 38 beiläufig geäußerten Auffassung, die Vergünstigung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei dann zu gewähren, wenn nur ein ganz unwesentlicher Teil des Grundstücks dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters diene, besonders wenn dies nur vorübergehend sei. Diese Äußerung, die von der Finanzverwaltung in Abschn. 60 Abs. 4 Satz 9 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) aufgenommen wurde, hat soweit erkennbar in keinem Fall dazu geführt, dass tatsächlich wegen der Geringfügigkeit des vermieteten Grundbesitzes die in § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG angeordnete Rechtsfolge nicht eingetreten wäre. Der RFH selbst hielt in seinem Urteil in RStBl 1940, 38 einen Anteil von 2 v.H. des Grundbesitzes (200 qm aus 10 000 qm) und etwa 3,5 v.H. der Miete (3 000 RM aus 84 800 RM) nicht für unwesentlich. In ähnlicher Weise hat das FG Düsseldorf in seinem rechtskräftigen Urteil vom 14 K 5604/01 G (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2005, 1148) entschieden, dass Flächen von 481 qm (1,68 v.H. der Gesamtfläche) und Mieteinnahmen von 126 636 DM (2,6 v.H. der Gesamtmiete) nicht als geringfügig und unbedeutend anzusehen sind.
c) Führt daher die Geringfügigkeit des zur Nutzung überlassenen Grundbesitzes nicht dazu, dass die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Betracht kommt, so kann die Steuervergünstigung entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht darauf gestützt werden, dass der überlassene Anteil des Grundbesitzes von 3,8 v.H. dem Gesellschafter X nur in Höhe seiner Beteiligung an der S-KG (10 v.H.) zugute kommt und sich somit nach dieser Betrachtungsweise auf 0,38 v.H. reduziert.
5. In Übereinstimmung mit der Klägerin ist der Senat jedoch der Auffassung, dass § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG im Wege einer teleologischen Reduktion nicht anzuwenden ist, wenn das Unternehmen, das den überlassenen Grundbesitz nutzt, Einkünfte erzielt, die nicht der Gewerbesteuer unterliegen.
Eine teleologische Reduktion zielt darauf ab, den Geltungsbereich einer Norm mit Rücksicht auf ihren Gesetzeszweck gegenüber dem zu weit gefassten Wortlaut einzuschränken (, BFHE 202, 438, BStBl II 2003, 798, und vom VIII R 47/05, BFH/NV 2007, 637, unter II. 3. a bb der Gründe; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 381 f.).
a) § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG hat den Sinn, zu verhindern, dass der ein eigenes Grundstück nutzende Einzelunternehmer schlechter gestellt wird als ein Gewerbetreibender, der ein Grundstück nutzt, das er einer zwischengeschalteten Gesellschaft überlassen hat. Eine solche Schlechterstellung tritt nicht ein, wenn das nutzende Unternehmen nicht der Gewerbesteuer unterliegt. So war im Streitjahr ein Einzelunternehmer, der eine Spielbank betrieb, „für den Betrieb der Spielbank von den laufenden Steuern, die vom Einkommen, vom Vermögen und vom Umsatz…erhoben werden”, befreit (§ 6 Abs. 1 der Verordnung über öffentliche Spielbanken vom , RGBl I 1938, 955, der Vorgängervorschrift der heute geltenden Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 1 GewStG; vgl. Güroff in Glanegger/ Güroff, a.a.O., § 3 Nr. 1 Rz 7). Dasselbe gilt nach dem Erlass des Niedersächsischen Finanzministeriums vom S 2241 - 21 - 31 (Balke, Der Betrieb 1997, 753) für den Mitunternehmer einer Spielbank-Gesellschaft, der der Gesellschaft ein Grundstück zum Betrieb der Spielbank überlässt.
b) Allerdings ist gegenüber einer teleologischen Reduktion besondere Zurückhaltung geboten. Sie kann nur in Betracht kommen, wenn die auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde (Senatsurteil in BFHE 202, 438, BStBl II 2003, 798, unter 2. der Gründe, m.w.N.). Der Senat kann indessen angesichts des vorstehend dargestellten Gesetzeszwecks keinen sachlichen Grund dafür erkennen, die durch die Überlassung eines Grundstücks an ein in vollem Umfang von der Gewerbesteuer befreites Unternehmen erzielten Erträge bei der Grundstücksgesellschaft der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Wollte man anders entscheiden, würde die Gesellschaft, die dem gewerbesteuerbefreiten Unternehmen ihres Gesellschafters ein Grundstück zur Nutzung überlässt, steuerlich schlechter behandelt, als dies bei einer Grundstücksüberlassung durch den Gesellschafter oder bei der Nutzung des eigenen Grundstücks durch den gewerbesteuerbefreiten Einzelunternehmer der Fall wäre. § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG enthält daher eine verdeckte Regelungslücke, die es rechtfertigt und erfordert, diese Norm im Wege der teleologischen und zugleich dem Gebot der gleichheitskonformen und folgerichtigen Verwirklichung des Normzwecks Rechnung tragenden Reduktion auf das oben dargelegte Maß zurückzuführen.
c) Die Annahme, der Gesetzgeber habe bewusst eine Regelung gewählt, derzufolge die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags immer dann zu versagen ist, wenn der überlassene Grundbesitz dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dient, ohne dass es darauf ankäme, ob dieser Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer unterliegt, könnte nur —wie auch vom FA vorgetragen— auf Praktikabilitätsgesichtspunkte gestützt werden. Einer solchen Annahme steht jedoch entgegen, dass —jedenfalls bei Beachtung der nachstehend aufgeführten Einschränkungen (s.u. II. 5. e)— durchgreifende Abgrenzungsprobleme nicht zu erkennen sind, dass aber andererseits dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen ist, er würde im Rahmen der Ausübung seines Ermessens eine gleichheitswidrige Behandlung zugunsten nachrangiger Praktikabilitätserwägungen in Kauf nehmen.
d) Das gefundene Ergebnis entspricht auch der Tendenz der Rechtsprechung des BFH, derzufolge gewerbliche Aktivitäten, die von der Gewerbesteuer befreit sind, zwar zu einer Abfärbung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG oder zur Gewerblichkeit der Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens im Rahmen der Betriebsaufspaltung führen, es in diesen Fällen jedoch keines Schutzes des Gewerbesteueraufkommens bedarf und sich daher die Gewerbesteuerbefreiung auf den infolge „Abfärbung” oder Betriebsaufspaltung begründeten Gewerbebetrieb erstreckt (Senatsurteil vom IV R 43/00, BFHE 196, 511, BStBl II 2002, 152, und , BFHE 206, 179, BStBl II 2004, 607).
e) Der Senat vertritt jedoch die Auffassung, dass § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG der vorstehend beschriebenen Einschränkung nur dann unterliegt, wenn die gesamten (positiven oder negativen) Einkünfte des nutzenden Unternehmens von der Gewerbesteuer befreit sind. Erzielt das nutzende Unternehmen demgegenüber auch nicht gewerbesteuerbefreite Einkünfte, wie etwa Spielbanken aus nicht der Spielbankabgabe unterliegenden Tätigkeiten (§ 3 Nr. 1 GewStG), oder Privatschulen aus Leistungen, die nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungswesen dienen (§ 3 Nr. 13 GewStG i.V.m. § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes), so wird die Nutzungsüberlassung an ein solches Unternehmen von der teleologischen Reduktion nicht erfasst. Das folgt daraus, dass in einem solchen Fall der überlassene Grundbesitz jedenfalls zum Teil (s.o. II. 4. b) nicht nur dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen, sondern darüber hinaus der gewerbesteuerpflichtigen Tätigkeit eines solchen Gewerbebetriebs dient. Aus den unter II. 4. b aufgeführten Gründen kommt insoweit auch eine Bagatellgrenze nicht in Betracht.
6. Das Urteil des FG ist aufzuheben, weil es die Möglichkeit einer teleologischen Reduktion verneint hat. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG wird noch festzustellen haben, ob die S-KG auch steuerpflichtige Einkünfte erzielt hat. Das könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn sie selbst einen Restaurantbetrieb (Bar etc.) unterhalten hat oder wenn sie einen solchen Betrieb oder die für ihn erforderliche Fläche verpachtet oder vermietet hat und hierdurch (positive oder negative) Einkünfte erzielt hat, die nicht der Spielbankabgabe unterlegen haben. Hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die S-KG lediglich die Fläche für den Betrieb einer Bar untervermietet hat und dass die hieraus resultierenden Einnahmen einer Verwaltungsanweisung etwa des Landes Baden-Württemberg zufolge mit der Spielbankabgabe abgegolten wären. Es fehlen jedoch Feststellungen des FG zu der Frage, welche Art von Einkünften die S-KG im Zusammenhang mit dem Restaurantbetrieb erzielt hat. Im Anschluss hieran wird zu prüfen sein, ob die entsprechenden Einnahmen im Streitjahr auch im Land Y mit der Spielbankabgabe abgegolten waren.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BStBl 2007 II Seite 893
BB 2007 S. 2158 Nr. 40
BFH/NV 2007 S. 2197 Nr. 11
BFH/NV 2007 S. 2197 Nr. 11
BStBl II 2007 S. 893 Nr. 18
DB 2007 S. 2351 Nr. 43
DStR 2007 S. 1716 Nr. 39
DStRE 2007 S. 1347 Nr. 20
DStZ 2007 S. 715 Nr. 22
EStB 2007 S. 354 Nr. 10
EStB 2007 S. 354 Nr. 10
FR 2008 S. 43 Nr. 1
GStB 2007 S. 42 Nr. 11
GmbH-StB 2007 S. 334 Nr. 11
GmbHR 2007 S. 1170 Nr. 21
HFR 2007 S. 1132 Nr. 11
KÖSDI 2007 S. 15730 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2008 S. 1865
NWB-Eilnachricht Nr. 39/2007 S. 3406
SJ 2007 S. 10 Nr. 25
StB 2007 S. 405 Nr. 11
StuB-Bilanzreport Nr. 19/2007 S. 749
MAAAC-58396