Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 544 Abs. 7; BGB § 164 Abs. 2
Instanzenzug: LG Hamburg 327 O 74/04 vom OLG Hamburg 11 U 221/04 vom
Gründe
I. 1. Die Klägerin verlangt vom Beklagten nach Kündigung mehrerer verzinslicher Darlehen deren Rückzahlung. Die Parteien streiten darüber, ob die Darlehen dem Beklagten persönlich - in seiner Eigenschaft als Einzelkaufmann in Firma "H. K. S. " - oder einer 1997 gegründeten gleichnamigen Kommanditgesellschaft gewährt wurden bzw. auf diese übergegangen sind. Die Klägerin gewährte dem Beklagten zunächst am ein Darlehen in Höhe von 100.000 DM und 1995 ein weiteres in Höhe von 55.000 DM. 1998 oder 1999 wurde ein undatierter "Darlehensvertrag" über 150.000 DM geschlossen, der "an die Stelle des Darlehensvertrages vom " treten sollte. Die Urkunde weist für den Darlehensnehmer einen Stempelaufdruck der Firma des Beklagten ohne den Zusatz "KG" auf und ist von dem Zeugen Kö. mit dem Zusatz "ppa" unterschrieben.
2. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel des Beklagten gegen seine antragsgemäße Verurteilung durch das Landgericht zurückgewiesen. Der Beklagte sei aus den Darlehensverbindlichkeiten mit Ausnahme eines unstreitigen Abzugsbetrags in Höhe von 5.000 DM weder durch Vereinbarung der Parteien noch anlässlich der Gründung der KG entlassen worden. Die bis 1996 gewährten Darlehen über 155.000 DM, so das Berufungsgericht, hätten nur dem Beklagten persönlich gewährt werden können, da die KG damals noch nicht existiert habe. Ob die Beträge für den Beklagten privat oder den Betrieb seiner Spedition bestimmt gewesen seien, könne dahinstehen, da auch in diesem Fall der Beklagte als Einzelkaufmann hierfür persönlich hafte. Der Vertrag von 1998/1999 über die Summe von 150.000 DM verdeutliche die Schuldnerstellung des Beklagten, indem dieser Vertrag nicht auf die KG, sondern die Einzelfirma des Beklagten laute. Der Unterschriftszusatz "ppa" schade insoweit nicht. Der Beklagte müsse sich mangels Zusatzes der neuen Firma daran festhalten lassen, persönlich mit seinem Vermögen mitzuhaften. Die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts griffen nicht, da sie nur eine Auslegungsregel darstellten, hier der Beklagte als Schuldner aber eindeutig benannt sei. Ein eventuell entgegenstehender Verpflichtungswille sei nach § 164 Abs. 2 BGB unbeachtlich; für eine befreiende Schuldübernahme durch die KG fehle es an einem substantiierten Vortrag.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt in entscheidungserheblicher Weise das Grundrecht des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und führt deshalb zur Aufhebung des Berufungsurteils nach § 544 Abs. 7 ZPO.
II. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Urteilsfindung in Erwägung zu ziehen (BVerfG NJW 2000, 131) und erhebliche Beweisantritte zu berücksichtigen (BVerfG NJW 2005, 1487 und NJW 1991, 285, 286). Die Nichtberücksichtigung eines entscheidungserheblichen Beweisangebotes verletzt den Anspruch der betroffenen Partei auf rechtliches Gehör, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfGE 50, 32, 36; 60, 250, 252; 65, 305, 307; 69, 141, 144).
1. Das Berufungsgericht hat gemeint, dem Beweisangebot des Beklagten dafür, dass die Darlehensvereinbarungen seit 1998 zwischen der KG und der Klägerin geschlossen worden seien, die Darlehensvaluta von der KG empfangen und im Einvernehmen mit der Klägerin in den Büchern der KG geführt worden sei, habe nicht nachgegangen werden müssen. Beim Zustandekommen eines Vertrages handele es sich um eine rechtliche Bewertung, die dem Beweis nicht zugänglich sei. Zum anderen fehle der Behauptung des Einvernehmens mit der Klägerin eine hinreichende Tatsachengrundlage, da sich der Beklagte für keinen der Verträge auf eine bestimmte Begebenheit bezogen oder einen konkreten Anlass geschildert habe, aus dessen Umständen sich ergeben könnte, dass die KG entweder schon ursprünglich anstelle des Beklagten Schuldnerin der Darlehensverbindlichkeiten werden sollte oder dass die Klägerin im Nachhinein auf die Verpflichtung des Beklagten verzichtet hätte.
Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Substantiierungspflicht des Beklagten überspannt. Eine Partei genügt dieser Pflicht, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind ( - VersR 1999, 1120 unter I und vom - II ZR 199/03 - BGH-Report 2005, 1589 unter II 2 b; Beschluss vom - XII ZR 275/02 - NJW 2005, 2710 unter II 2 a). Gemessen daran war der Beweisantrag des Beklagten hinreichend substantiiert. Ob schon der von seinem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gestellte Antrag, durch Einvernahme der Zeugen Kö. und F. über die Behauptung Beweis zu erheben, "dass die KG Darlehensnehmerin ist", hinreichend bestimmt war, kann letztlich dahinstehen. Jedenfalls der im Schriftsatz vom erneut gestellte und inhaltlich präzisierte Antrag enthält hinreichend substantiierten Tatsachenvortrag. Das Beweisangebot ergibt, dass es dem Beklagten auf den Beweis von Tatsachen ankam. Da der Vertrag von 1998/1999 "ppa" unterschrieben wurde, ergibt sich daraus, dass der als Zeuge benannte Prokurist Angaben zur Person des von ihm Vertretenen würde machen können.
Damit hat das Berufungsgericht bei der Auslegung der maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen die Vernehmung eines auch aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Zeugen mit unzutreffender prozessualer Begründung abgelehnt.
2. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
Das Berufungsgericht wird nach Beweisaufnahme die vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere den Vertrag von 1998/1999, erneut auslegen und dabei je nach deren Ergebnis gegebenenfalls auch eine befreiende Schuldübernahme durch die KG erwägen müssen. Hinsichtlich des Vertrages vom fehlen ferner bislang Feststellungen dazu, ob die Originalurkunde mit dem Zusatz "KG" unterschrieben wurde oder nicht. Insoweit obliegt der Klägerin der volle Beweis dafür, einen Vertrag ohne diesen gesellschaftsrechtlichen Zusatz abgeschlossen zu haben (vgl. - NJW 1992, 829 unter III 2).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
YAAAC-53606
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein