BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 338/07

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art. 2 Abs. 2; GG Art. 104

Instanzenzug: OLG Oldenburg 2 UF 4/07 vom

Gründe

I.

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen eine geschlossene Unterbringung des Beschwerdeführers zu 3 in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Anstalt.

1. Aus der Ehe der Beschwerdeführerin zu 1 (Kindesmutter) und des Beschwerdeführers zu 2 (Kindesvater) ist als jüngstes von fünf Kindern der 13 Jahre alte Beschwerdeführer zu 3 (Kind) hervorgegangen. Die getrennt lebenden Kindeseltern haben die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind inne.

Am stellte das Jugendamt beim Amtsgericht M. einen Antrag auf geschlossene Unterbringung des Kindes in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie nach § 1631 b BGB. Das Jugendamt sei seit November 2006 als Erziehungsbeistand eingesetzt. Das Kind sei in den vergangenen Monaten strafrechtlich erheblich aufgefallen; unter anderem habe es im Dezember 2006 zusammen mit seinem Bruder in der Tiefgarage eines Einkaufszentrums Feuer gelegt. Ferner habe die Polizei mitgeteilt, dass das Kind gemeinsam mit seinem geistig behinderten, 15 Jahre alten Bruder in den vergangenen Tagen mit einer Axt bewaffnet in mehreren Geschäften Diebstähle begangen habe. Da seitens der Eltern aufgrund eigener Überforderung kein Einfluss auf die Kinder ausgeübt werde beziehungsweise werden könne, habe das Kind im Rahmen des Schutzauftrages nach § 8 a SGB VIII stationär in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht werden sollen. Die Kindesmutter habe die Zusammenarbeit verweigert. Das Kind sei deshalb mit polizeilicher Unterstützung vom Jugendamt in Obhut genommen worden, um es einer stationären Jugendhilfeeinrichtung zuzuführen. Während der Fahrt dorthin sei die Situation eskaliert. Das Kind habe die Jugendamtsmitarbeiter zunächst verbal, sodann durch Bespucken und Schlagen attackiert. Die Polizei habe daraufhin erneut angefordert werden müssen. Da sich das Kind in keiner Weise habe beruhigen lassen, habe es der Kinder- und Jugendpsychiatrie zugeführt werden müssen. Seitens der diensthabenden Psychologin und des Chefarztes sei die geschlossene Unterbringung des Kindes für erforderlich erachtet worden.

Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie erstellte am selben Tag eine kinder- und jugendpsychiatrische Stellungnahme. Das Kind habe zur Untersuchung in der Klinik unter körperlichem Einsatz des Polizisten aus dem Auto geholt werden müssen und Handschellen getragen. Es könne sich nicht auf ein Gespräch einlassen, beantworte keine der ihm gestellten Fragen, äußere lediglich einmal "lass mich in Ruhe". Es nehme keinen Blickkontakt auf, sein ganzer Körper sei unter starker Anspannung, es befinde sich im Gesamtzustand immer kurz vor aggressiven Durchbrüchen. Sobald eine Anforderung an es gestellt werde, verweigere es sich, so auch als es auf Station habe gehen sollen. Kognitiv sei das Kind deutlich eingeschränkt. Aus Sicht der Klinik liege bei dem Kind eine Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen vor. Zusammenfassend gehe zurzeit ein erhebliches Gefahrenpotential vom Kind aus, das seine Aggressionen überhaupt nicht mehr unter Kontrolle und auch nicht den Wunsch habe, diese zu kontrollieren. Aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht sei eine Unterbringung auf einer Station für besonders schutzbedürftige Jugendliche für die Dauer von vorläufig längstens sechs Wochen unbedingt notwendig, um weitere Fremd- und Eigengefährdung abzuwenden und eine kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik einzuleiten.

a) Mit - nicht angegriffenem - Beschluss vom ordnete das Amtsgericht M. im Wege einstweiliger Anordnung wegen Gefahr im Verzug ohne vorherige Anhörung des Kindes die "vorläufige Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung" für die Dauer ihrer Erforderlichkeit, längstens jedoch bis zum an, erklärte seine Entscheidung für sofort wirksam und bestellte dem Kind eine Verfahrenspflegerin. Die vorläufige Anordnung der Unterbringung beruhe auf §§ 1631 b, 1693 BGB, § 70 h FGG. Nach dem ärztlichen Zeugnis vom leide das Kind an einer Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen. Es bestehe danach die Gefahr, dass es sich oder Dritten erheblichen Schaden zufüge. Das Gericht sei aufgrund der ärztlichen Ausführungen zu der Überzeugung gelangt, dass das Kindeswohl die getroffene Maßnahme erforderlich mache. Im Hinblick auf die Dauer der Maßnahme sei das Gericht den ärztlichen Ausführungen gefolgt. Die vorherige Anhörung sei wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidung nicht möglich gewesen.

b) Die gegen diesen Beschluss von den Kindeseltern im Namen des Kindes eingelegte Beschwerde wies das Oberlandesgericht Oldenburg mit dem angegriffenen Beschluss vom zurück und lehnte die Erstattung außergerichtlicher Kosten ab. Gemäß § 70 h Abs. 1 FGG könne durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme getroffen werden. § 69 f Abs. 1 FGG gelte dabei entsprechend, dessen Voraussetzungen vorlägen. Es bestünden zunächst dringende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen des § 1631 b BGB gegeben seien. Voraussetzung für eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung sei, dass diese im wohlverstandenen Interesse des Kindes liege. Dies sei hier der Fall. Das Kind habe mit einer Axt bewaffnet Diebstähle begangen. Bereits zuvor sei es durch eine Brandlegung in einer Tiefgarage aufgefallen. Beide Taten zeigten, dass vom Kind ein erhebliches Gefahrenpotenzial ausgehe. Dies werde durch die Stellungnahme der Kinder- und Jugendpsychiatrie bestätigt, wonach das Kind weder willens noch in der Lage sei, seine Aggressionen zu steuern. Beim Kind liege eine Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen vor. Zwar habe das Kind offensichtlich gegenüber seiner Mutter erklärt, es werde nicht zu einer Wiederholung derartiger Vorfälle kommen. Vor dem Hintergrund der beim Kind vorhandenen mangelnden Aggressionskontrolle genüge eine derartige Aussage jedoch nicht, um weitere Aggressionshandlungen auszuschließen. Die Verhaltensweisen des Kindes stellten nicht nur eine erhebliche Gefahr für Dritte, sondern auch für es selbst dar. Dies verstehe sich bei einer Brandlegung, die jederzeit außer Kontrolle geraten könne, von selbst. Bei bewaffneten Diebstählen liege die Gefahr für das Kind in möglichen Abwehrreaktionen der Opfer. Dabei weise das Herumschwingen einer Axt bei der Begehung von Diebstählen für alle Beteiligten ein hohes Gefahrenpotenzial auf, zumal ein 13-Jähriger über die entsprechenden Kräfte verfüge, um erhebliche Verletzungen beizufügen. Hinzu komme, dass das Kind sich bei Verursachung von Sach- und/oder Körperschäden erheblichen zivilrechtlichen Ersatzansprüchen aussetze. Es bedürfe deshalb unter kontrollierten Bedingungen einer medizinischen Einflussnahme auf das Kind, um dessen Sozialverhalten zu verbessern. Ein milderes Mittel als die Unterbringung in einer jugendpsychiatrischen Abteilung, die dem Kind die bestmögliche Versorgung zuteil werden lasse, bestehe nicht. Es habe auch nicht bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens abgewartet werden können, da mit einem Aufschub der Entscheidung Gefahr verbunden gewesen wäre. Darüber hinaus habe auch ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Kindes vorgelegen. Dessen Anhörung sei durch das Amtsgericht im Wege der Rechtshilfe, die Anhörung der Verfahrenspflegerin durch den Senat erfolgt. Für das weitere Verfahren werde darauf hingewiesen, dass "eine Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Eltern zu prüfen sein" werde, solange die Unterbringung gegen deren Willen erfolge. Wie sich aus dem Verfahren ergebe, seien die Eltern nämlich nicht verhindert im Sinne des § 1693 BGB, sie lehnten die Unterbringung vielmehr ab.

c) Aus den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens geht hervor, dass das Kind am im Wege der Rechtshilfe durch das Amtsgericht P. - das, ebenso wie die Klinik, in der das Kind untergebracht war, etwa 50 Kilometer vom Amtsgericht M. entfernt liegt - angehört wurde. Es äußerte, dass es lieber wieder zu Hause bei seiner Mutter und seinen Geschwistern sein möchte. Eine behandelnde Ärztin erklärte ergänzend, beim Kind liege eine Sozialstörung vor. Auf längere Sicht sollte es ihrer Ansicht nach in einer Einrichtung wohnen. Die Entwicklung des Kindes sei im Übrigen positiv. Am ersten Tag sei es sehr verweigernd gewesen. Am zweiten Tag sei jedoch bereits eine Besserung eingetreten. Es spiele mit den anderen Kindern und sei bislang nicht aggressiv gewesen.

Ausweislich der Akten des Ausgangsverfahrens wurden die Kindeseltern zu keinem Zeitpunkt von den Gerichten persönlich angehört.

2. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts wenden sich die Kindeseltern und das von diesen vertretene Kind mit ihrer Verfassungsbeschwerde vom . Das Kind rügt die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 104 GG.

Die Beschwerdeführer hatten darüber hinaus einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie die Aussetzung der Vollziehung der Beschlüsse der Gerichte und die unverzügliche Entlassung des Kindes in die Obhut der Eltern begehrt hatten. Das Amtsgericht hat vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über diesen Antrag seinen Beschluss vom mit Beschluss vom aufgehoben.

Die Beschwerdeführer erklärten daraufhin ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für erledigt und beantragten in der Hauptsache die Feststellung, dass die Grundrechtseingriffe rechtswidrig waren.

3. Die Beteiligten des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme, auch zum Gegenstandswert.

Der Stellungnahme des Jugendamts zufolge habe dieses am aufgrund der desolaten familiären Situation einen Antrag nach §§ 1666, 1666 a BGB gestellt. Am habe diesbezüglich ein Anhörungstermin stattgefunden, in dem sich die Eltern bereit erklärt hätten, für das Kind einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung in Form einer stationären (offenen) Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung zu stellen.

Die Regierung des Landes Niedersachsen verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer regt an, den Gegenstandswert hinsichtlich des Kindes auf 10.000 € festzusetzen.

II.

Die Verfassungsbeschwerde der Kindeseltern wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie mangels ordnungsgemäßer Rechtswegerschöpfung (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) unzulässig ist. Die Kindeseltern haben die fachgerichtliche Beschwerde zum Oberlandesgericht nur im Namen des Kindes, nicht aber in eigenem Namen eingelegt. Sie haben es damit verabsäumt, sich bereits fachgerichtlich um Abhilfe einer möglichen Verletzung in ihren eigenen Rechten zu bemühen.

III.

Der von den Kindeseltern im Namen ihres Kindes eingelegten Verfassungsbeschwerde gibt die Kammer statt.

1. Diese Verfassungsbeschwerde ist zulässig; insbesondere besteht das Rechtsschutzbedürfnis für die Verfassungsbeschwerde des Kindes trotz der Aufhebung des Unterbringungsbeschlusses des Amtsgerichts, durch die auch der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts in der Hauptsache gegen-standslos geworden ist, fort.

Erledigt sich im Verlauf des verfassungsgerichtlichen Verfahrens das eigentliche Rechtsschutzanliegen des Beschwerdeführers in der Hauptsache, so entfällt das Rechtsschutzbedürfnis unter anderem dann nicht, wenn der gerügte Grundrechtseingriff besonders schwer wiegt (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 f.>; 105, 239 <246>) und sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Beschwerdeführer nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (vgl. BVerfGE 81, 138 <140 f.>).

So liegt der Fall hier. Eine über fünf Wochen lange Freiheitsentziehung ist ein besonders schwerwiegender Eingriff; es würde der Bedeutung des Schutzes der persönlichen Freiheit, wie ihn das Grundgesetz garantiert, nicht entsprechen, wenn das Recht auf verfassungsgerichtliche Klärung einer behaupteten Freiheitsverletzung bei Wiedergewährung der Freiheit ohne weiteres entfiele (stRspr, vgl. BVerfGE 58, 208 <219>; 65, 317 <321>). Vorliegend handelt es sich zudem um ein erst 13 Jahre altes Kind. Die Unterbringung geschah ferner in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt unter Anwendung unmittelbarer polizeilicher Gewalt, welche auch eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens des Kindes zur Folge hatte, nachdem dieses sich unter anderem während der Fahrt zur Klinik im Polizeiauto erbrochen hat. Das Kind hat auch nachvollziehbar ein Rehabilitationsinteresse dargelegt, nachdem der die Genehmigung der geschlossenen Unterbringung aufhebende gerade nicht die Rechtswidrigkeit der geschlossenen Unterbringung feststellt, sondern nur die Erforderlichkeit der weiteren geschlossenen Unterbringung verneint hat.

Soweit das Land Niedersachsen dem Kind das Rechtsschutzbedürfnis für seine Verfassungsbeschwerde deswegen abspricht, weil die Kindeseltern ausweislich ihres in der Anhörung im Sorgerechtsverfahren am geäußerten Einverständnisses mit der Unterbringung des Kindes in einer offenen Jugendhilfeeinrichtung erkannt hätten, dass die Herauslösung des Kindes aus der Familie die beste Lösung für das Kind sei, verkennt dies, dass eine Unterbringung in einer offenen Einrichtung der Jugendhilfe einen weniger gravierenden Eingriff als eine Unterbringung in einer geschlossenen kinder- und jugendpsychiatrischen Anstalt darstellt. Mit einer geschlossenen Unterbringung aber haben sich die Eltern gerade nicht einverstanden erklärt.

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Freiheitsgrundrechts des Kindes geboten (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist (§ 93 c Abs. 1 BVerfGG).

a) Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts hat das Kind in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt.

aa) Die Freiheit der Person ist ein so hohes Rechtgut, dass sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden darf (vgl. BVerfGE 45, 187 <223>). Die Einschränkung dieser Freiheit ist daher stets der strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen. Dies schließt allerdings nicht von vornherein einen staatlichen Eingriff aus, der ausschließlich den Zweck verfolgt, einen psychisch Kranken vor sich selbst in Schutz zu nehmen und ihn zu seinem eigenen Wohl in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen. Die Fürsorge der staatlichen Gemeinschaft schließt auch die Befugnis ein, den psychisch Kranken, der infolge seines Krankheitszustandes und der damit verbundenen fehlenden Einsichtsfähigkeit die Schwere seiner Erkrankung und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen nicht zu beurteilen vermag oder trotz einer solchen Erkenntnis sich infolge der Krankheit nicht zu einer Behandlung entschließen kann, zwangsweise in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen, wenn sich dies als unumgänglich erweist, um eine drohende gewichtige gesundheitliche Schädigung von dem Kranken abzuwenden. Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos, weil schon im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei weniger gewichtigen Fällen eine derart einschneidende Maßnahme unterbleiben muss (vgl. BVerfGE 58, 208 <224 ff.>).

Nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG darf die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Person nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in unlösbarem Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 <322>; 58, 208 <220>). Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn für alle Freiheitsbeschränkungen, indem er neben der Forderung nach einem förmlichen Gesetz die Pflicht, die sich aus diesem Gesetz ergebenden Formvorschriften zu beachten, zum Verfassungsgebot erhebt (vgl. BVerfGE 10, 302 <323>; 29, 183 <195 f.>; 58, 208 <220>).

Inhalt und Reichweite der Formvorschriften eines freiheitsbeschränkenden Gesetzes sind von den Fachgerichten so auszulegen, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten, schon um einer Aushöhlung und Entwertung des Grundrechts über das Verfahrensrecht entgegenzuwirken. Jenseits dieser Grenzen verbleibt den Gerichten bei der Auslegung solcher Formvorschriften aber Raum, sich zwischen mehreren möglichen Deutungen des Gesetzes zu entscheiden. Die Gerichte sind nicht gehalten, unter Zurückstellung anderer Gesichtspunkte jeweils der Lesart den Vorzug zu geben, die das Individualrecht über das von der Verfassung Gebotene hinaus mit dem denkbar größten Schutz umgibt. Denn das Bundesverfassungsgericht ist im Verfahren der Verfassungsbeschwerde nicht berufen, anstelle der Fachgerichte den Regelungsgehalt der gesetzlich vorgeschriebenen Förmlichkeiten einer Freiheitsbeschränkung, über deren Inhalt und Reichweite Meinungsverschiedenheiten bestehen, im einzelnen verbindlich festzustellen. Ungeachtet des hohen Ranges des hier geschützten Grundrechts ist es auch in diesem Bereich in erster Linie Aufgabe der Fachgerichte, den Sinn des Gesetzesrechts mit Hilfe der anerkannten Methoden der Rechtsfindung zu ergründen und den Anwendungsbereich des Gesetzes zu bestimmen. Das Bundesverfassungsgericht kann erst korrigierend tätig werden, wenn das fachgerichtliche Auslegungsergebnis über die vom Grundgesetz gezogenen Grenzen hinausgreift, insbesondere wenn es mit Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf persönliche Freiheit nicht zu vereinbaren ist oder wenn es sachlich schlechthin unhaltbar ist und somit Willkür vorliegt (vgl. BVerfGE 65, 317 <322 f.>).

Die Freiheit sichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG setzt weiterhin Maßstäbe für die Aufklärung des Sachverhalts und damit für die Anforderungen in Bezug auf die tatsächliche Grundlage der richterlichen Entscheidung. Es ist unverzichtbare Voraussetzung rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfGE 70, 297 <308>; 83, 24 <32>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, NJW 1998, S. 1774 <1775>).

Das Gebot, den Kranken grundsätzlich vor Erlass einer einstweiligen Anordnung mündlich anzuhören, gehört zu den bedeutsamen Verfahrensgarantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (vgl. BVerfGE 58, 208 <220 f.>). Die Anhörung erschöpft sich, wie sich durch das Erfordernis mündlicher Anhörung erweist, nicht in der bloßen Gewährung rechtlichen Gehörs. Vorrangiger Zweck der Anhörung im Unterbringungsverfahren ist es vielmehr, dem Richter einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen und der Art seiner Erkrankung zu verschaffen, damit er in den Stand gesetzt wird, ein klares und umfassendes Bild von der Persönlichkeit des Unterzubringenden zu gewinnen und seiner Pflicht zu genügen, den ärztlichen Gutachten richterliche Kontrolle entgegenzusetzen. Der persönliche Eindruck des entscheidenden Richters gehört deshalb als Kernstück des Amtsermittlungsverfahrens (§ 12 FGG) zu den wichtigsten Verfahrensgrundsätzen des Unterbringungsrechts (vgl. BVerfGE 58, 208 <222 f.>). Unterbleibt die Anhörung zunächst wegen Gefahr im Verzuge, so ist sie vor diesem Hintergrund zumindest unverzüglich nachzuholen (vgl. auch BVerfGE 66, 191 <197>). Zu diesem Zweck müssen bei Unterbringungsmaßnahmen im Hinblick auf die ihnen eigene Eilbedürftigkeit andere weniger vordringliche Dienstgeschäfte notfalls zurückgestellt werden (vgl. BVerfGE 58, 208 <222>).

bb) Diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben hält die angegriffene Entscheidung bereits deshalb nicht stand, weil das Oberlandesgericht eindeutige formelle Verfahrensvorschriften verletzt hat.

aaa) Unter Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG hat das Oberlandesgericht - wie zuvor das Amtsgericht - verkannt, dass der für die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1631 b BGB erforderliche Antrag nur wirksam sein oder werden kann, wenn beziehungsweise sobald der Antragsteller Träger des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist.

(1) Grundsätzlich darf nach § 1631 b BGB nur der Aufenthaltsbestimmungsberechtigte ein Kind in eine geschlossene Einrichtung verbringen (vgl. auch BVerfGE 10, 302 <329>) oder es dort belassen. Nur dieser kann daher einen wirksamen Antrag auf Erteilung der familienrichterlichen Genehmigung der geschlossenen Unterbringung auf der Grundlage von § 1631 b BGB stellen. Inhaber des Aufenthaltsbestimmungsrechts waren - und sind bis heute - indes vorliegend die Kindeseltern und nicht das Jugendamt.

Dass das Jugendamt das Kind in Obhut genommen hatte, steht dem nicht entgegen. Eine mit Freiheitsentziehung verbundene Inobhutnahme eines Kindes durch das Jugendamt ist nach § 42 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII zulässig, wenn und soweit sie erforderlich ist, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Mit dieser Formulierung soll nach dem Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht werden, dass nur in den seltensten Fällen freiheitsentziehende Maßnahmen angezeigt sind (BTDrucks 11/5948, S. 80; Schellhorn/Fischer/Mann, SGB VIII, 3. Aufl. 2007, § 42 Rn. 32 a.E.). Das Jugendamt hat die Freiheitsentziehung ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit dem Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden (§ 42 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII). Damit ist der Genehmigungsvorbehalt des Familiengerichts nach § 1631 b BGB angesprochen, zu dem - sofern, wie hier, der Personensorgeberechtigte der Inobhutnahme widersprochen hat - eine Entscheidung nach §§ 1666, 1666 a BGB hinzutreten muss (vgl. Wiesner, SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 42 Rn. 65; Prütting/Wegen/Weinreich/ Ziegler, BGB, 2. Aufl. 2007, § 1631 b Rn. 4; Kunkel/Röchling, SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 42 Rn. 84 und 109 f.; Münder u.a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 5. Aufl. 2006, § 42 Rn. 69), weil es sich bei den Entscheidungen und Maßnahmen des Jugendamts zunächst nur um vorläufige Maßnahmen im Rahmen seiner öffentlich-rechtlichen Notkompetenz (vgl. Münder u.a., a.a.O., § 42 Rn. 32) handelt, während die sorgerechtlichen Maßnahmen vom Familiengericht zu treffen sind (vgl. BVerwGE 109, 155 <168>). Soweit § 42 Abs. 5 SGB VIII die Herbeiführung einer Entscheidung des Familiengerichts verlangt, ist diesem daher dadurch nicht die Aufgabe zugewiesen, die Rechtmäßigkeit der Inobhutnahme zu überprüfen oder deren Fortdauer anzuordnen; vielmehr hat das Gericht die notwendigen sorgerechtlichen Maßnahmen anzuordnen (vgl. OLG Bamberg, FamRZ 1999, S. 663 <664>).

(2) Das Amtsgericht hat sich - vom Oberlandesgericht gebilligt - in seinem Beschluss vom verfahrensfehlerhaft damit begnügt, die Fortdauer der vom Jugendamt im Wege der Inobhutnahme veranlassten geschlossenen Unterbringung nach § 1631 b BGB zu genehmigen, ohne zugleich den Kindeseltern zumindest auf der Grundlage von §§ 1666, 1666 a BGB einstweilen das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen sowie nach § 1697 in Verbindung mit § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB Ergänzungspflegschaft anzuordnen und das Jugendamt als Ergänzungspfleger auszuwählen.

Auf § 1693 BGB hat sich - wie das Oberlandesgericht, ohne indes die gebotenen Konsequenzen daraus zu ziehen, nicht verkannt hat - das Amtsgericht nicht stützen können, weil diese Vorschrift nur den Fall der tatsächlichen Verhinderung des Sorgeberechtigten erfasst, nicht aber den, dass dieser mit der geplanten Maßnahme nicht einverstanden ist; in diesem Fall muss das Familiengericht die nach den spezielleren §§ 1666, 1666 a BGB erforderlichen Maßnahmen ergreifen (vgl. Anwaltkommentar-BGB/Harms, 1. Aufl. 2005, § 1693 Rn. 3 m.w.N.). Ansonsten liefe der besondere Schutz, den diese - strengen - Vorschriften dem Sorgeberechtigten gewährleisten, leer.

Soweit das Land Niedersachsen der Ansicht ist, das Oberlandesgericht habe sich auch auf § 16 des Niedersächsischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (NPsychKG) stützen wollen, verkennt dies, dass für die Anordnung von Freiheitsentziehungen auf der Grundlage dieses Landesgesetzes nicht die Familien-, sondern die Vormundschaftsgerichte zuständig sind (§ 17 Abs. 1 Satz 1 NPsychKG). Das Oberlandesgericht hätte sich daher mangels Zuständigkeit nicht auf das NPsychKG stützen können. Es kann daher dahinstehen, ob eine solche "stillschweigende" Anwendung des NPsychKG - für die im Übrigen auch nichts ersichtlich ist - angesichts des Grundsatzes der Formenstrenge in Freiheitsentziehungssachen überhaupt statthaft wäre.

bbb) Formell fehlerhaft ist ferner im der durch den angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts unverändert aufrecht erhalten wurde - die Art der Unterbringungsmaßnahme nicht benannt worden, obwohl der dies fordernde § 70 f Abs. 1 Nr. 2 FGG auch bei einstweiligen Anordnungen gilt (vgl. Jansen/von Schuckmann/Sonnenfeld, FGG, 3. Aufl., 2005, § 70 h Rn. 30 m.w.N.). Der Beschluss, der eine vom Aufenthaltsbestimmungsberechtigten beabsichtigte geschlossene Unterbringung nach § 1631 b BGB genehmigt, muss zwar die konkrete Einrichtung nicht namentlich benennen, in der die geschlossene Unterbringung erfolgen soll. Er muss aber klarstellen, ob die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik oder in einer geschlossenen Einrichtung der Jugendhilfe genehmigt wird (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1963, S. 397 <398>; FamRZ 1995, S. 118 <119>; BayObLG, FamRZ 1992, S. 105 <106>; FamRZ 1993, S. 600; FamRZ 1994, S. 320 <322>; Jansen/von Schuckmann/Sonnenfeld, a.a.O., § 70 f Rn. 3; Keidel/Kuntze/Winkler/Kayser, FGG, 15. Aufl. 2003, § 70 f Rn. 3; Erman/Michalski, BGB, 11. Aufl. 2004, § 1631 b Rn. 17; RGRK-BGB/Wenz, 12. Aufl. 1999, § 1631 b Rn. 11). Nur so wird der unterschiedlichen Ausrichtung dieser beiden alternativen Arten der geschlossenen Unterbringung - deren Erforderlichkeit aus Kindeswohlgründen der Familienrichter bei seiner Genehmigungsentscheidung zu prüfen hat (§§ 1631 b, 1697 a BGB) - Rechnung getragen.

ccc) Das Oberlandesgericht hat es zudem verabsäumt, die vom Amtsgericht nicht mündlich angehörten sorgeberechtigten Kindeseltern nach der auch bei einstweiligen Anordnungen einschlägigen Vorschrift des § 70 d Abs. 1 Nr. 2 FGG im Beschwerdeverfahren persönlich anzuhören (vgl. Keidel/Kuntze/ Winkler/Kayser, a.a.O., § 70 d Rn. 12, § 70 m Rn. 23; Jansen/von Schuckmann/Sonnenfeld, a.a.O., § 70 d Rn. 2 und 24, § 70 m Rn. 44 ff.).

cc) Nachdem bereits die Verletzung dieser formellen Anforderungen das Freiheitsrecht des Kindes verletzt hat, kann dahinstehen, ob die sonstige Verfahrensgestaltung des Oberlandesgerichts den Anforderungen, die das Freiheitsgrundrecht an sie stellt, genügt hat. Es bestehen diesbezüglich verfassungsrechtliche Bedenken, ob das Gericht im Rahmen seiner Sachverhaltsaufklärung die Bedeutung und Tragweite des Freiheitsgrundrechts ausreichend beachtet hat und ob der Freiheitsentzug daher eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage gehabt hat.

(1) Das Oberlandesgericht hat davon abgesehen, das Kind persönlich anzuhören, und hat sich dabei auf die nachträgliche, durch das Amtsgericht im Wege der Rechthilfe veranlasste Kindesanhörung gestützt. Es ist fraglich, ob dies ausreichte, um dem Recht des Kindes aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ausreichend Rechnung zu tragen.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zu einem Fall der mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung eines nach damaliger Rechtslage Entmündigten befunden, dass die Verfassung es nicht in jedem Falle gebietet, eine Anhörung in der Beschwerdeinstanz zu wiederholen, solange hierzu nach dem Akteninhalt keine Veranlassung besteht (vgl. BVerfGE 65, 317 <323 f.>).

Vorliegend spricht aber viel dafür, dass die Anhörung des Kindes in der Beschwerdeinstanz deshalb erforderlich war, weil die Handhabung der Verfahrensvorschriften durch das Amtsgericht schon in erster Instanz wohl keinen wirksamen Grundrechtsschutz geboten hat. Es ist zweifelhaft, ob es der Bedeutung des Freiheitsgrundrechts noch ausreichend Rechnung trägt, die Anhörung eines geschlossen untergebrachten Kindes im Wege der Rechtshilfe durchführen zu lassen, wenn das erkennende Gericht nur etwa 50 Kilometer von der Klinik entfernt liegt, in der das Kind untergebracht ist. Bei einer solchen örtlichen Nähe ist es problematisch, die Anhörung einem anderen Richter zu überlassen als dem, der über die Fortdauer der Unterbringung zu erkennen hat. In Unterbringungssachen ist der persönliche Eindruck von hoher Bedeutung für die Sachentscheidung; nur er ermöglicht die erforderliche bestmögliche Überprüfung psychiatrischer Zeugnisse und Gutachten. Angesichts dessen spricht viel dafür, dass jedenfalls das Oberlandesgericht vor seiner Entscheidung das Kind zumindest durch den Berichterstatter persönlich hätte anhören müssen.

Da der nicht angegriffen ist, kann dahinstehen, ob auch die Übermittlung der Akten durch das Amtsgericht an das Rechtshilfegericht auf dem einfachen Postweg, anstatt die wesentlichen Aktenbestandteile unverzüglich per Fax zu übersenden, verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Diese Handhabung hat dazu beigetragen, dass das Kind erstmals am und damit erst acht Tage nach Beginn der Freiheitsentziehung richterlich hat angehört werden können. Es erscheint fraglich, ob dies noch dem von Verfassungs wegen bestehenden Erfordernis einer unverzüglichen Nachholung der zunächst wegen Gefahr im Verzug unterbliebenen Anhörung des Kindes entsprach.

(2) Das Oberlandesgericht hat schließlich auch keine aktuelle Stellungnahme der Klinik zur Erforderlichkeit der Fortdauer der Unterbringung eingeholt. Hierzu hätte vor allem deshalb Anlass bestanden, weil die behandelnde Ärztin schon anlässlich der Kindesanhörung am von einer positiven Entwicklung des Kindes gesprochen hatte. Insofern hat es Anlass zur Prüfung gegeben, ob jedenfalls eine geschlossene Unterbringung des Kindes noch erforderlich gewesen ist.

b) Die Voraussetzungen für eine Durchsetzungsannahme nach § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG liegen vor.

Die Durchsetzungsannahme setzt voraus, dass die geltend gemachte Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten besonderes Gewicht hat oder den Beschwerdeführer in existentieller Weise betrifft. Besonders gewichtig ist eine Grundrechtsverletzung unter anderem dann, wenn sie auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährten Schutzes beruht (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Dies ist hier angesichts der dargestellten Rechts- und Verfahrensfehler unter Berücksichtigung der Bedeutung des Freiheitsgrundrechts der Fall.

Soweit das Land Niedersachsen unter Bezugnahme auf BVerfGE 90, 22 <25 f.> der Auffassung ist, der Annahme der Verfassungsbeschwerde stehe es entgegen, dass im Falle der Aufhebung des angegriffenen Beschlusses bei erneuter Entscheidung kein anderes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre, greift dies nicht durch; denn zum einen ist dem Bundesverfassungsgericht diese hypothetische Prüfung in Fällen der Erledigung einer Verfassungsbeschwerde verschlossen und zum anderen ist jenes nicht zwingend: Mittels einer kurzfristigen Anhörung der Kindeseltern hätte das Amtsgericht unter Umständen schon damals deren Einverständnis mit einer Unterbringung des Kindes in einer offenen Einrichtung der Jugendhilfe erreichen können. Jedenfalls kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass bei ordnungsgemäßer Verfahrensgestaltung die Freiheitsentziehung schon früher als vorliegend beendet worden wäre.

c) Aus letzterem Grund hat die angegriffene Entscheidung auch auf dem Verfassungsverstoß beruht.

3. Die Feststellung der Grundrechtsverletzung ergibt sich aus § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; die Aufhebung der im Beschwerdeverfahren getroffenen Auslagenentscheidung und die Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang an das Oberlandesgericht folgt aus § 95 Abs. 2 BVerfGG.

Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt für das Hauptsacheverfahren aus § 34 a Abs. 2 BVerfGG und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aus § 34 a Abs. 3 BVerfGG (vgl. zu Letzterem BVerfGE 89, 91 <96 f.>).

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. auch BVerfGE 79, 365 ff.; 89, 91 ff.).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
MAAAC-49541