Leitsatz
[1] a) Schuldet ein Elternteil nach dem Tod des anderen Elternteils seinem auswärts untergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch Betreuungsunterhalt, so ist der Betreuungsunterhalt grundsätzlich pauschal in Höhe des Barunterhalts zu bemessen. Für einen davon abweichenden Betreuungsbedarf trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich darauf beruft.
b) Von dem dann insgesamt geschuldeten Bar- und Betreuungsunterhalt sind die Halbwaisenrente und das Kindergeld in voller Höhe als bedarfsdeckend abzuziehen.
Gesetze: BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1; BGB § 1606 Abs. 3 Satz 2; BGB § 1610 Abs. 1; BGB § 1610 Abs. 2
Instanzenzug: AG Hamm 33 F 7/03 vom OLG Hamm 11 UF 183/03 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt für die Zeit von August 2001 bis Juli 2003.
Der Beklagte ist der Vater der am geborenen Klägerin. Nach dem Tod der Mutter wohnte die Klägerin zunächst mit ihren beiden Geschwistern M., geboren am , und J., geboren am , im Haushalt ihres Vaters. In der Zeit von August 2000 bis Juli 2003 wohnte die Klägerin mit Einverständnis des Beklagten im Haushalt ihrer Großeltern, von denen sie auch betreut wurde. Ende Januar 2003 zog auch die Schwester J. bei dem Beklagten aus.
Die Klägerin erhält seit dem Tod ihrer Mutter eine Halbwaisenrente in Höhe von monatlich 175,61 €. Diese und das volle Kindergeld leitete der Beklagte in der hier relevanten Zeit von August 2001 bis Juli 2003 an die Großeltern weiter.
Der Beklagte verfügt über ein bereinigtes Nettoeinkommen, von dem ihm nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts 490,25 € monatlich verbleiben.
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Unterhalt in Höhe von monatlich 181 €, wovon dieser einen Teilbetrag in Höhe von monatlich 34,38 € anerkannt hat. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung des anerkannten Betrages verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Klage und Berufung verurteilt, an sie für die Zeit von August 2001 bis Juni 2003 Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 90 € zu zahlen. Dagegen richten sich die - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revisionen beider Parteien.
Gründe
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verurteilung des Beklagten in dem von der Klägerin beantragten Umfang.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 535 veröffentlicht ist, hat der Klage in Höhe eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 90 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Der Beklagte schulde der Klägerin Barunterhalt jedenfalls in Höhe des Regelbetrages, der sich auf monatlich 269 € belaufe. Daneben schulde er der Klägerin weiteren Betreuungsunterhalt, der mit monatlich 150 € zu bemessen sei. Zwar werde in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass ein geschuldeter Betreuungsunterhalt pauschal in gleicher Höhe wie der Barunterhalt zu monetarisieren sei. Richtig sei es aber, den Betreuungsunterhalt konkret beziffern zu lassen, zumal ein Unterhaltspflichtiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Betreuung eines bei ihm lebenden Kindes einen Betreuungsbonus in Anspruch nehmen könne, wenn die Betreuung nur unter besonderen Erschwernissen zu bewerkstelligen sei. Der Betreuungsaufwand für die Klägerin sei nach dem erstmals in der Berufungsinstanz konkretisierten Vortrag mit einem Mindestbetrag von 150 € pro Monat zu bemessen. Denn die Klägerin sei in der hier relevanten Zeit 13 bis 15 Jahre alt gewesen, und die Großeltern hätten ihren Wohnbedarf gedeckt, den Haushalt versorgt, ihre Wäsche gewaschen, sie mit allem ausgestattet, was sie für die Schule und ihre sonstigen Bedürfnisse benötigt habe, sie bei den Hausaufgaben unterstützt und ihr als vertraute Person zur Seite gestanden. Der Betrag entspreche dem Betreuungsbonus, der regelmäßig einem Barunterhaltspflichtigen gewährt werde, der selbst Kinder dieses Alters betreue, auch wenn keine Besonderheiten in der Betreuungssituation vorliegen.
Auf den Gesamtbedarf der Klägerin in Höhe von 419 € (269 € + 150 €) seien die Halbwaisenrente und das volle Kindergeld anzurechnen. § 1612 b BGB sei auf den vorliegenden Fall anzuwenden, weil die Vorschrift die unterhaltsrechtlichen Auswirkungen der Zahlung von Kindergeld abschließend regele. Die Grenze des § 1612 b Abs. 5 BGB für eine Anrechnung des Kindergeldes sei nicht erreicht, zumal der Beklagte einschließlich des Betreuungsunterhalts einen einheitlichen Barunterhalt in Höhe von 419 € monatlich schulde, der 135 % des Regelbedarfs übersteige. § 1612 b Abs. 5 BGB könne nicht dahin ausgelegt werden, dass wegen der Verpflichtung zur Zahlung von Bar- und Betreuungsunterhalt zweimal 135 % des Regelbetrages gesichert sein müssten.
Der Beklagte sei in Höhe des verbleibenden Unterhaltsbedarfs von gerundet 90 € monatlich (419 € - 175,61 € - 154 €) leistungsfähig. Das gelte auch dann, wenn man ihm für die Zeit der Betreuung der Schwester J. einen Betreuungsbonus in Höhe von 150 € zurechne.
II.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision des Beklagten zwar stand. Die Revision der Klägerin hat hingegen in vollem Umfang Erfolg.
1. Der Beklagte schuldete der Klägerin für die hier relevante Zeit sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt. Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung. Zwar erfüllt ein Elternteil mit der Betreuung eines minderjährigen unverheirateten Kindes seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes. Hat der Unterhaltspflichtige - wie hier - das Kind aber nicht selbst erzogen, bleibt es bei seiner Unterhaltspflicht für den gesamten Lebensbedarf des Kindes. Nach §§ 1601, 1610 BGB haftet zwar regelmäßig auch der andere Elternteil für den Unterhalt des Kindes, was nach § 1606 Abs. 3 BGB wegen der anteiligen Haftung bzw. der Übernahme der Betreuung des Kindes zu einer Entlastung des barunterhaltspflichtigen Elternteils führt. Ist der andere Elternteil aber verstorben, bleibt es grundsätzlich bei der alleinigen Haftung des überlebenden Elternteils.
2. Streitig ist in Rechtsprechung und Literatur allerdings, wie der neben dem Barunterhalt geschuldete Betreuungsunterhalt zu bemessen ist, wenn das Kind nicht im Haushalt des Unterhaltsschuldners wohnt, sondern anderweit untergebracht ist.
a) Teilweise wird vertreten, dass der geschuldete Betreuungsunterhalt wegen der Gleichwertigkeit mit dem Barunterhalt pauschal in dessen Höhe zu monetarisieren sei (OLG Hamm [12. Senat für Familiensachen] FamRZ 2001, 1023; OLG Köln FamRZ 1992, 1219, 1220; OLG Hamm [8. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 107; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 11, 13, 287 f.; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 903; ähnlich Kuhnick, FamRZ 2002, 923, 927, der den gesamten Unterhaltsbedarf nach den Höchstbeträgen der Düsseldorfer Tabelle bemessen will, was bei der aktuellen Düsseldorfer Tabelle (FamRZ 2005, 1300) exakt dem doppelten Regelbetrag entspricht).
b) Andere Stimmen in Literatur und Rechtsprechung vertreten die Auffassung, dass der Betreuungsunterhalt grundsätzlich konkret darzulegen und zu beziffern sei (so wie das Berufungsgericht OLG Stuttgart FamRZ 2001, 1241; OLG Hamm [11. Senat für Familiensachen] NJW-RR 2004, 152; Duderstadt FamRZ 2003, 70, 73 f.; Göppinger/Wax/Kodal Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 1561; Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 3172 a).
c) Der Senat schließt sich der zuerst genannten Auffassung an, denn nur diese trägt der vom Gesetz vorgegebenen Gleichwertigkeit des Barunterhalts mit dem Betreuungsunterhalt Rechnung.
aa) Nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB erfüllt der Elternteil eines minderjährigen unverheirateten Kindes, bei dem dieses lebt, seine Unterhaltsverpflichtung in der Regel durch dessen Pflege und Erziehung. Die Vorschrift stellt klar, dass diese Betreuungsleistungen und die Barleistungen des anderen Elternteils grundsätzlich gleichwertig sind. Damit wird das Gesetz nicht nur der gerade für das Unterhaltsrecht unabweisbaren Notwendigkeit gerecht, die Bemessung der anteilig zu erbringenden Leistungen zu erleichtern. Es trägt auch der Tatsache Rechnung, dass eine auf den Einzelfall abstellende rechnerische Bewertung des Betreuungsaufwands zumindest unzulänglich bliebe. Insbesondere bestehen Bedenken, den Geldwert der Betreuung, ähnlich wie im Schadensersatzrecht beim Ausfall von Leistungen der Hausfrau und Mutter, durch den Ansatz der Aufwendungen, die für die Besorgung vergleichbarer Dienste durch Hilfskräfte erforderlich sind, oder durch ähnliche Schätzungen zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom - IVb ZR 75/86 - FamRZ 1988, 159, 161). Denn gerade im Unterhaltsrecht ist eine Pauschalierung dringender erforderlich als im Schadensersatzrecht, weil es sich hier um ein Massenphänomen handelt und deswegen schon aus Gründen der Praktikabilität erleichterte Berechnungsregeln für die gerichtliche Praxis notwendig sind. Die aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB abgeleitete Regel der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt gilt dabei für jedes Kindesalter bis hin zum Erreichen der Volljährigkeit.
Letztlich hat sich auch das Berufungsgericht der von ihm verlangten konkreten Bemessung des Betreuungsunterhalts verschlossen. Denn die Schätzungsgrundlagen sind aus mehreren Gründen für eine konkrete Bemessung des Betreuungsunterhalts ungeeignet. Zum einen stellt das Berufungsgericht zu Unrecht darauf ab, dass die Großeltern den Wohnbedarf der Klägerin gedeckt haben. Darauf durfte es bei der Bemessung des Betreuungsunterhalts schon deswegen nicht abstellen, weil der Wohnbedarf des Kindes nach ständiger Rechtsprechung des Senats von dem Barunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle abgedeckt ist (Senatsurteil vom - XII ZR 34/03 - FamRZ 2006, 99, 101 m.w.N.). Außerdem hat das Berufungsgericht auch keine Feststellungen zum Umfang der weiteren Betreuungsleistungen der Großeltern getroffen, die eine konkrete Bewertung dieser Leistungen ermöglichen könnten. Stattdessen hat auch das Berufungsgericht letztlich einen pauschalen Ansatz gewählt, indem es von einem in seinen Leitlinien festgelegten Mindestbetrag für einen Betreuungsbonus ausgegangen ist.
bb) Wegen der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt entlasten eigene Einkünfte des minderjährigen Kindes, z.B. durch Ausbildungsvergütung, grundsätzlich beide Eltern zur Hälfte. Die Einkünfte des minderjährigen Kindes sind also - nach Abzug eines ausbildungsbedingten Mehrbedarfs - nur zur Hälfte auf den Barunterhalt zu verrechnen, während die andere Hälfte als Ausgleich für die Betreuungsleistungen des anderen Elternteils dient (Senatsurteil vom aaO, 162; Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 96 ff.).
cc) Im Einklang damit sieht § 1612 b Abs. 1 BGB bei minderjährigen Kindern eine hälftige Aufteilung des Kindergeldes auf den barunterhaltspflichtigen und den betreuenden Elternteil vor. Das staatliche Kindergeld nach den Vorschriften des BKGG und den §§ 62 ff. EStG dient dem allgemeinen Familienleistungsausgleich. Es ist eine öffentliche Sozialleistung, die den Eltern gewährt wird, um ihnen die Unterhaltslast gegenüber den Kindern zu erleichtern. Da mit dem Kindergeld die Unterhaltslast im Ganzen, also die Unterhaltslast aller Unterhaltspflichtigen, erleichtert werden soll, muss es unterhaltsrechtlich, wenn mehrere Personen zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, ohne Rücksicht darauf, wer öffentlich-rechtlich als Empfangsberechtigter bestimmt ist und wem das Kindergeld ausbezahlt wird, allen Unterhaltspflichtigen zugute kommen. Deswegen muss, wenn das Kindergeld an einen von mehreren Berechtigten gezahlt wird, unter mehreren Unterhaltspflichtigen ein Ausgleich stattfinden, wobei dieser entsprechend den Anteilen der Unterhaltspflichtigen an der Erfüllung der Unterhaltspflicht vorzunehmen ist (Senatsurteil vom - XII ZR 34/03 - FamRZ 2006, 99, 101). Soweit das Gesetz in § 1612 b Abs. 1 BGB für minderjährige Kinder einen pauschal hälftigen Ausgleich des Kindergeldes vorgesehen hat, geht es ebenfalls von einer Gleichwertigkeit des Barunterhalts mit dem Betreuungsunterhalt aus.
dd) Zwar sind auch in Fällen auswärtiger Unterbringung Ausnahmen von der Gleichwertigkeit des Barunterhalts und des Betreuungsunterhalts denkbar, etwa wenn persönlichkeitsbedingt ein besonders hoher Betreuungsbedarf besteht oder wenn der Betreuungsbedarf im Einzelfall durch die Höhe der Betreuungskosten konkret feststeht. Dafür trägt aber derjenige Elternteil die Darlegungs- und Beweislast, der sich auf einen solchen Ausnahmefall beruft (Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 22; Kalthoener/Büttner aaO Rdn. 903; Göppinger/Wax/Kodal aaO Rdn. 1546 ff., 1563).
3. Auf den gesamten Unterhaltsbedarf der Klägerin sind ihre Halbwaisenrente und das Kindergeld in vollem Umfang anzurechnen.
a) Der Anspruch auf Verwandtenunterhalt setzt nach § 1602 Abs. 1 BGB die Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten voraus. Dieser Grundsatz ist für minderjährige unverheiratete Kinder durch § 1602 Abs. 2 BGB dahin eingeschränkt, dass sie den Stamm ihres Vermögens nicht anzugreifen brauchen. Eigenes Einkommen des Kindes mindert jedoch dessen Unterhaltsbedürftigkeit und damit auch seinen Unterhaltsanspruch. Das gilt grundsätzlich für Einkommen jeder Art, einschließlich der nicht subsidiären Sozialleistungen. Entsprechend ist auch die der Klägerin zustehende Halbwaisenrente in vollem Umfang auf ihren gesamten Unterhaltsbedarf anzurechnen (Senatsurteil vom - IVb ZR 552/80 - FamRZ 1980, 1109, 1111; Wendl/ Dose aaO § 1 Rdn. 440).
b) Daneben ist auf den vollen Unterhaltsbedarf der Klägerin auch ihr gesamtes Kindergeld anrechenbar. Denn das Kindergeld wird als öffentliche Sozialleistung gewährt, um den Eltern die Unterhaltslast gegenüber ihren Kindern zu erleichtern. Ist nach dem Tode eines Elternteils der andere in vollem Umfang unterhaltspflichtig, dient das Kindergeld folglich allein seiner Entlastung, so dass es dann grundsätzlich in vollem Umfang auf den geschuldeten gesamten Unterhaltsbedarf anzurechnen ist.
Darauf, ob § 1612 b Abs. 5 BGB hier einer vollen Anrechnung des Kindergeldes entgegensteht, soweit der Beklagte nicht in der Lage ist, 135 % des Regelbetrages zu leisten, kommt es nicht an. Denn selbst nach Abzug des vollen Kindergeldes verbleibt ein Unterhaltsbedarf der Klägerin in Höhe von 208,39 € (538 € - 175,61 € - 154 €), der den beantragten monatlichen Unterhalt von 181 € sogar übersteigt.
4. Der Beklagte ist in Höhe des von der Klägerin begehrten Unterhalts von monatlich 181 € auch leistungsfähig. Denn sein bereinigtes Einkommen belief sich nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts auf 490,25 € monatlich und reichte damit aus, um alle gleichrangigen Unterhaltsansprüche zu erfüllen.
a) Von diesem verteilungsfähigen Einkommen sind im Rahmen des hier geschuldeten Kindesunterhalts neben den gleichrangigen Ansprüchen auf Barunterhalt nur die Beträge abzuziehen, die der Beklagte zusätzlich in monetärer Form schuldet. Das gilt allein für den Betreuungsunterhalt der Klägerin, den der Beklagte - wie ausgeführt - neben dem Barunterhalt und in gleicher Höhe schuldet. Die persönliche Betreuung der Tochter J. wirkt sich auf die Berechnung des Kindesunterhalts hingegen nicht aus, weil sie nicht in monetärer Form geschuldet ist. Insoweit wäre auch der Ansatz eines Betreuungsbonus verfehlt, zumal der Beklagte im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet ist, alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Soweit einem Unterhaltspflichtigen nach der Rechtsprechung des Senats wegen einer überobligationsmäßigen Erwerbstätigkeit neben der Kindeserziehung zusätzlich zu seinem Selbstbehalt ein bestimmter Bonus belassen werden kann (Senatsurteil vom - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1156), beschränkt sich dieses auf die Bemessung des Ehegattenunterhalts.
b) Von dem verfügbaren Betrag in Höhe von monatlich 490,25 € schuldete der Beklagte neben der Klägerin auch der weiteren Tochter J. und dem Sohn M. Unterhalt. Der (Bar-)Unterhaltsbedarf des Sohnes M. belief sich wegen dessen eigener Einkünfte allerdings lediglich auf 22,50 € monatlich. Weil der Sohn außerdem im April 2002 volljährig geworden ist, war dieser Anspruch fortan nach § 1609 Abs. 1 BGB nachrangig und nicht mehr im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber der Klägerin zu berücksichtigen. Der (Bar-)Unterhaltsbedarf der weiteren minderjährigen Tochter J. belief sich zunächst auf monatlich 151 € (Regelbetrag von 228 € abzüglich hälftigen Kindergeldes von 77 €) und ist erst zum August 2002 auf monatlich 192 € (Regelbetrag von 269 € abzüglich 77 €) angestiegen.
Unter Berücksichtigung des von der Klägerin begehrten monatlichen Unterhalts in Höhe von 181 € verblieben dem Beklagten nach Abzug des Selbstbehalts und aller finanziell zu erbringenden Unterhaltsleistungen sogar monatlich für die Zeit bis April 2002 135,75 € (490,25 € - 22,50 € - 151 € - 181 €), für die Zeit von Mai bis Juli 2002 158,25 € (490,25 € - 151 € - 181 €) und für die Zeit ab August 2002 117,25 € (490,25 € - 192 € - 181 €). Damit reicht das verteilungsfähige Einkommen des Beklagten aus, um den Barunterhalt aller gleichrangigen Unterhaltsberechtigten und den zusätzlich monetär geschuldeten Betreuungsunterhalt für die Klägerin zu erfüllen.
5. Entgegen der Auffassung des Beklagten belastet der pauschal nach der Höhe des Barunterhalts bemessene Betreuungsunterhalt ihn auch nicht in unzumutbarer Weise. Seit dem Tod seiner Ehefrau schuldete der Beklagte der Klägerin zwar zusätzlich Betreuungsunterhalt, der hier - wie der Barunterhalt - in Höhe des Regelbetrages von 269 € monatlich zu bemessen ist. Auf diesen zusätzlichen Unterhaltsbedarf ist aber die Halbwaisenrente von monatlich 175,61 € anrechenbar, die der Klägerin seit dem Tod ihrer Mutter zusteht (Senatsurteil vom aaO). Zieht man von dem Bedarf auf Betreuungsunterhalt zusätzlich das hälftige Kindergeld mit monatlich 77 € ab, verbleibt eine zusätzliche Unterhaltspflicht des Beklagten von lediglich 16,39 € (269 € - 175,61 € - 77 €) monatlich. Nur diesen Betrag hat der Beklagte infolge des Todes seiner geschiedenen Ehefrau zusätzlich zu dem von ihm geschuldeten und um das hälftige Kindergeld geminderten Barunterhalt aufzubringen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2006 S. 3421 Nr. 47
AAAAC-16973
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja