Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: RBerG § 1; BGB § 134; BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1; BGB § 171 Abs. 1; BGB § 172 Abs. 1; BGB § 171 ff.; BGB § 164 ff.; BGB § 173; VerbrKrG § 9 Abs. 1
Instanzenzug: LG Hildesheim 8 O 5/04 vom OLG Celle 3 U 166/04 vom
Tatbestand
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückzahlung von Leistungen in Anspruch, die er auf einen Darlehensvertrag erbracht hat.
Am unterzeichnete der Kläger, ein damals 54 Jahre alter Diplom-Ingenieur, eine Beitrittserklärung zur "P. KG" mit einer Kommanditeinlage von 200.000 DM zuzüglich 5% Agio, die in Höhe eines Betrages von 130.000 DM fremdfinanziert werden sollte. Die Beitrittserklärung sieht vor, dass die M. Steuerberatungsgesellschaft mbH (nachfolgend: Treuhänderin) nach Maßgabe eines für die Beteiligung vorgesehenen Treuhandvertrages die Interessen des Klägers wahrnehmen soll. Mit notarieller Urkunde vom gab der Kläger ein Angebot auf Abschluss eines umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrages ab und erteilte der Treuhänderin eine Vollmacht, die sich auf alle den Beitritt zur Gesellschaft und die Finanzierung des Beteiligungsbetrages betreffenden Rechtshandlungen erstreckte. Nachdem die Treuhänderin das Vertragsangebot angenommen hatte, unterzeichnete sie am für den Kläger einen Annuitätendarlehensvertrag mit der Beklagten über 144.450 DM mit einem Disagio von 14.445 DM.
Aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Rückzahlung des ausgereichten Kredites kündigte die Beklagte mit Schreiben vom die Geschäftsverbindung und forderte den Kläger erfolglos zur Rückzahlung des noch offenen Darlehensbetrages auf. Am schlossen die Parteien eine so genannte "Abzahlungsvereinbarung", in der sich der Kläger zur Rückzahlung des Darlehens in monatlichen Raten verpflichtete. Nachdem der Kläger anfangs die vereinbarten Beträge geleistet hatte, lehnte er mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom weitere Zahlungen ab und forderte die Beklagte zugleich auf, die bis dahin insgesamt gezahlten 29.322,55 € nebst Zinsen zurückzuzahlen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr mit der Einschränkung einer Verurteilung Zug um Zug gegen Übertragung des kreditfinanzierten Anteils an der Gesellschaftsbeteiligung stattgegeben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Gründe
Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war, war über die Revision der Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I.
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Belang, im Wesentlichen ausgeführt:
Mangels eines wirksamen Darlehensvertrages habe der Kläger den geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten. Treuhandvertrag und Vollmacht seien wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nach Art. 1 § 1 RBerG, § 134 BGB nichtig. Zwar sei aufgrund der glaubhaften Aussage der Kreditsachbearbeiterin der Beklagten davon auszugehen, dass der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages eine notarielle Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vorgelegen habe. Der Beklagten sei jedoch die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages und der Vollmacht erkennbar gewesen, weshalb ein Vertrauensschutz ausscheide. Außerdem sei nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes für den hier vorliegenden Fall eines verbundenen Geschäfts ein Rechtsscheintatbestand zu verneinen.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in mehreren Punkten nicht stand.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem geltend gemachten Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten die Rechtswirksamkeit des Darlehensvertrages entgegen. Der Kläger ist bei Abschluss des Darlehensvertrages durch die Treuhänderin wirksam vertreten worden.
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der zwischen dem Kläger und der Treuhänderin abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag und die erteilte Vollmacht nichtig sind. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs oder eines Fondsbeitritts im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag mit derartig umfassenden Befugnissen ist nichtig. Die Nichtigkeit erfasst nach dem Schutzgedanken des Art. 1 § 1 RBerG in Verbindung mit § 134 BGB auch die der Treuhänderin erteilte umfassende Abschlussvollmacht (st.Rspr.; BGHZ 153, 214, 220 f.; , WM 2005, 828, 830 und vom - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521, jeweils m.w.Nachw. sowie , WM 2004, 2349, 2352 und vom - V ZR 220/04, WM 2005, 1598 f.).
2. Die Treuhänderin war jedoch gemäß §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 BGB der Beklagten gegenüber vertretungsbefugt. Nach den insoweit rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts lag der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages eine Ausfertigung der die Treuhänderin als Vertreterin des Klägers ausweisenden Vollmachtsurkunde vor (zu dieser Voraussetzung BGHZ 102, 60, 63; , WM 2005, 72, 75 und vom - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 832 m.Nachw.).
a) Die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Rechtsscheintatbestand sei in Fällen des kreditfinanzierten Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds und Vorliegen eines verbundenen Geschäfts nicht gegeben, ist rechtsfehlerhaft.
aa) Die Vorschriften der §§ 171 ff. BGB sind nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann anwendbar, wenn die einem Treuhänder erteilte Abschlussvollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig ist (, WM 2005, 828, 831 und vom - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1522, jeweils m.w.Nachw.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat - wie er mit Urteilen vom (BGHZ 161, 15, 24 ff.) und vom (XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 73 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat - auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des II. Zivilsenates vom (BGHZ 159, 294, 301 f. und II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1538) fest.
Die der Senatsrechtsprechung zugrunde liegenden Erwägungen gelten in gleicher Weise für die Kreditfinanzierung von Immobilien wie für kreditfinanzierte Immobilienfondsbeteiligungen (Senatsurteil vom - XI ZR 219/04, WM 2006, 1060, 1062). Entgegen der vom Berufungsgericht unter Hinweis auf die frühere, inzwischen aufgegebene Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vertretenen Auffassung kann auch bei letzteren die Anwendung der §§ 171 ff. BGB nicht mit der Begründung verneint werden, der Fondsbeitritt und der finanzierte Darlehensvertrag bildeten ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG und der Rechtsschein einer wirksamen Vollmacht könne dem einzelnen Anleger mangels eines Vertrauensverhältnisses zwischen Treuhänder und Anleger nicht zugerechnet werden.
bb) Ob die Feststellungen die Annahme des Berufungsgerichts tragen, dass Darlehensvertrag und Fondsbeitritt hier ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG bilden, kann offen bleiben. Diese Frage ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts für die Rechtsscheinhaftung eines Kreditnehmers aufgrund der Erteilung einer nichtigen Vollmacht rechtlich ohne Bedeutung. Weder regelt § 9 Abs. 1 VerbrKrG Vertretungsfragen, noch steht die Vorschrift systematisch in einem Zusammenhang mit den Vertretungsregelungen der §§ 164 ff. BGB. Die Rechtsscheinhaftung des Vertretenen bestimmt sich vielmehr ausschließlich nach den §§ 171 ff. BGB sowie nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht, die den schutzwürdigen widerstreitenden Interessen des Vertretenen einerseits und des Vertragspartners andererseits abschließend und angemessen Rechnung tragen (Senat BGHZ 161, 15, 24 f.; Senatsurteil vom - XI ZR 219/04, WM 2006, 1060, 1062; , WM 2005, 1764, 1766).
b) Auch die nicht näher begründete und nicht nachvollziehbare Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe vorliegend den Mangel der Vertretungsmacht gemäß § 173 BGB kennen müssen, ist rechtsfehlerhaft. Der Vorwurf fahrlässigen Verhaltens kann der Bank nur gemacht werden, wenn sie aus den ihr vorgelegten Unterlagen den rechtlichen Schluss ziehen musste, dass die Vollmacht unwirksam war (, WM 1985, 596, 597; , WM 2005, 72, 75, vom - XI ZR 116/04, Umdruck S. 9 und vom - XI ZR 84/04, Umdruck S. 11).
Davon kann im Jahre 1995 keine Rede sein, da der Geschäftsbesorgungsvertrag und die zu seiner Durchführung erteilte Vollmacht einer damals weit verbreiteten und seinerzeit nicht angezweifelten Praxis entsprachen (vgl. , WM 2004, 2349, 2352 und vom - V ZR 78/04, WM 2005, 1764, 1767). Hinzu kommt, dass die Vollmacht notariell beurkundet war und im Jahre 1995 nicht einmal ein Notar Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vollmacht haben musste (siehe BGHZ 145, 265, 275 ff.). Den vor dem Jahr 2000 ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ließ sich nichts entnehmen, was für einen Verstoß eines umfassenden Treuhand- oder Geschäftsbesorgungsvertrages und der mit ihm verbundenen Vollmacht des Treuhänders/Geschäftsbesorgers gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB gesprochen hätte (st.Rspr., vgl. etwa , WM 2005, 72, 75 m.Nachw. und vom - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1522). Besondere Umstände, die hier dafür sprechen könnten, dass die Beklagte die Nichtigkeit der Vollmachtserteilung ausnahmsweise hätte erkennen müssen, sind nicht ersichtlich.
III.
Das angefochtene Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, hatte der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und das klageabweisende landgerichtliche Urteil wieder herzustellen.
Fundstelle(n):
CAAAC-16018
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein