Leitsatz
In nach dem rechtshängig gewordenen Streitigkeiten über die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung dem Grunde nach richtet sich der Streitwert im Regelfall nach der zu erwartenden Künstlersozialabgabe in den ersten drei Jahren.
Gesetze: SGG § 197a Abs 1; GKG J: 2004 § 63 Abs 2 S 1; GKG J: 2004 § 47; GKG J: 2004 § 52 Abs 1; GKG J: 2004 § 1 Nr 4; GKG J: 2004 § 42 Abs 3; KSVG § 24
Instanzenzug: SG Karlsruhe S 5 KR 3875/04 vom LSG Stuttgart L 11 KR 4373/05 vom
Gründe
Die Beteiligten haben im Ausgangsverfahren über die Abgabepflicht der Klägerin zur Künstlersozialversicherung gestritten. Die gegen die Feststellung der Abgabepflicht gerichtete Klage ist vom Sozialgericht abgewiesen worden (Urteil vom ); das Landessozialgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung mit Urteil vom zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin hat zunächst Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt, diese aber unter dem zurückgenommen.
Gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 47 und § 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG) idF des Art 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom (BGBl I 718) hat das Prozessgericht den Streitwert von Amts wegen durch Beschluss festzusetzen, weil es sich vorliegend um ein Verfahren handelt, das nach dem rechtshängig geworden ist und in dem weder die Klägerin noch die Beklagte zu dem in § 183 SGG genannten kostenmäßig privilegierten Personenkreis gehören. Das Rechtsmittel ist nach dem eingelegt worden. Dabei ist der Streitwert gemäß § 1 Nr 4 iVm § 52 Abs 1 GKG nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, soweit in § 52 Abs 2 bis 7 GKG und weiteren Vorschriften des GKG nichts anderes bestimmt ist. Die Wertfestsetzung nach Ermessen ist hier eröffnet, weil es für Streitigkeiten über die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung keine im GKG festgelegten pauschalen Streitwerte gibt und es insbesondere nicht um eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt geht (§ 52 Abs 3 GKG). Der Streitwert darf dabei einen Betrag von 2.500.000 € nicht überschreiten (§ 52 Abs 4 GKG) und ist auf 5.000 € (Auffangstreitwert) festzusetzen, wenn der Sach- und Streitstand für eine abweichende Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet (§ 52 Ab 2 GKG).
Zur Ermittlung des wirtschaftlichen Interesses eines Klägers bzw einer Klägerin an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen hat der für vertragsärztliche, vertragszahnarztrechtliche und vertragspsychotherapeutische Zulassungsangelegenheiten zuständige 6. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in allen nach dem rechtshängig gewordenen Zulassungsverfahren das Einkommen von drei Jahren zu Grunde gelegt und zur Begründung insbesondere auf die Regelung des § 42 Abs 3 GKG verwiesen, wonach beim Streit um wiederkehrende Leistungen aus einen öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis und um andere wiederkehrende Leistungen (auch) vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen für den Streitwert maßgebend sei (vgl Beschluss vom - B 6 KA 41/04 R -, SozR 4-1920 § 52 Nr 1). Im Anschluss hieran hat der erkennende 3. Senat seine frühere Rechtsprechung im Interesse der Einheitlichkeit der gerichtlichen Wertfestsetzung modifiziert und geht nun für Zulassungsstreitigkeiten aus dem Bereich der Krankenhäuser, der Rehabilitationseinrichtungen und der nichtärztlichen Leistungserbringer ebenfalls davon aus, dass als Streitwert der dreifache Jahresbetrag des Einkommens maßgebend ist (vgl Beschluss vom - B 3 KR 36/05 B -, SozR 4-1920 § 52 Nr 2). Dabei gilt die Dreijahresfrist allerdings nur für solche Verfahren, in denen die Zulassung für mindestens drei Jahre streitig ist. Bezieht sich der Anspruch auf einen Zeitraum von weniger als drei Jahren, ist ein entsprechender Abschlag vorzunehmen (so bereits BSG SozR 3-1930 § 8 Nr 4). Der für Streitigkeiten aus der gesetzlichen Unfallversicherung zuständige 2. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung des 6. und 3. Senats dem Grunde nach angeschlossen und bei einem Streit um die Zuständigkeit eines bestimmten Unfallversicherungsträgers den dreifachen Jahresbeitrag des Unfallversicherungsträgers, gegen dessen Zuständigkeit das klagende Unternehmen sich wendet, zu Grunde gelegt, mindestens aber den vierfachen Auffangstreitwert (Beschluss vom - B 2 U 31/05 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Die Festlegung eines Mindeststreitwertes neben dem dreifachen Jahresbeitrag rechtfertige sich aus der Überlegung, dass die alleinige Orientierung an dem aktuellen Dreijahresbeitrag der langfristigen Bedeutung der sich in der Regel nicht ändernden Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers für ein Unternehmen nicht gerecht werde (BSG aaO, Umdruck S 5).
Diese Grundsätze der Wertfestsetzung sind in Fällen der vorliegenden Art entsprechend anzuwenden, in denen es um die Abgabepflicht in der Künstlersozialversicherung dem Grunde nach geht. Hier ist ebenfalls die Entscheidung einer Behörde streitbefangen, die als Grundlagenbescheid Rechtswirkungen für die Zukunft entfaltet und maßgeblich für die nachfolgenden jährlichen Abrechnungsbescheide ist. Allerdings kommt es nicht - wie bei den Zulassungsstreitigkeiten - auf das jeweilige Einkommen der Klägerin in dem Dreijahreszeitraum an, denn angestrebter wirtschaftlicher Erfolg ist nur die Vermeidung der jeweils noch festzusetzenden Künstlersozialabgabe. Diese beträgt im vorliegenden Fall ausweislich der Schätzung im Abrechnungsbescheid der Beklagten vom für die Jahre 2001 bis 2003 rund 10.000 €; dieser Betrag ist als maßgeblicher Streitwert für das abgeschlossene Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision festzusetzen. Der Senat sieht - anders als für den Bereich der Unfallversicherung - keine Veranlassung, zusätzlich einen bestimmten Mindeststreitwert, etwa den drei- oder vierfachen Auffangstreitwert, als Untergrenze für die Wertbe-rechnung zu Grunde zu legen, weil es in der Künstlersozialversicherung häufiger zu Veränderungen im Tätigkeitsbild eines Unternehmens kommt, die Auswirkungen auf die Abgabenpflicht haben können, und deshalb keine Beständigkeit der Beitragslast wie in der Unfallversicherung anzunehmen ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAC-15395