Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGG § 163; SGB VII § 2 Abs 1 Nr 2
Instanzenzug: SG Konstanz vom
Gründe
I
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Unfall des Klägers am ein Arbeitsunfall ist.
Der im Jahre 1980 geborene Kläger war als auszubildender Sägewerker beschäftigt. Er erlitt am eine schwere Augenverletzung, als er kurz nach 12.00 Uhr im Aufenthaltsraum seines Ausbildungsbetriebes während der Mittagspause eine Flasche Cola-Mix (0,5 l) öffnen wollte. Dabei schoss ihm der Deckel der Flasche ins Auge und verursachte eine schwere Augapfelprellung, die sich später nahezu vollständig zurückbildete. Am Unfalltag war der Kläger im Gatterkeller der Sägerei mit der Zerkleinerung von Restholz beschäftigt gewesen und dabei einer großen Staubbelastung ausgesetzt. Durch den gleichzeitigen Betrieb von Gatter, Hacker und Gebläse wurde das Sägemehl im ganzen Raum umhergewirbelt. Die Tätigkeit war geeignet, ein Durstgefühl hervorzurufen. Die Arbeit erforderte bei gleichzeitigem Betrieb von Gatter, Hacker und Gebläse das Tragen von Atemschutzmasken. Der Kläger hatte eine solche Schutzmaske nicht getragen. Seine erste Flasche Cola-Mix (0,5 l) am Vormittag vor dem Unfallereignis hatte er nicht vollständig leer getrunken.
Durch Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom lehnte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Leistungen aus Anlass des Unfalles ab, weil es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Die Einnahme von Mahlzeiten und Getränken sowie die Zubereitungshandlungen hierzu wie zB das Öffnen einer Flasche seien grundsätzlich dem unversicherten privaten Bereich zuzurechnen, und zwar auch dann, wenn die Mahlzeit oder das Getränk in einer Arbeitspause innerhalb des Betriebes eingenommen werde. Außergewöhnlich anstrengende und durstmachende Tätigkeiten, wie zB Arbeiten am Hochofen, extreme Hitze, extreme Staubentwicklung, könnten zwar ausnahmsweise einen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung begründen, nicht aber die Arbeit im Sägewerk. Im Übrigen sei das Trinken auch unabhängig von der Arbeit des Klägers erforderlich gewesen und zwei Flaschen Cola-Mix während einer Arbeitsschicht entsprächen auch dem durchschnittlichen Flüssigkeitsbedarf eines Menschen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Klägers diese Entscheidung sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, das Ereignis vom als Arbeitsunfall festzustellen (Urteil vom ). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe im Unfallzeitpunkt unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Einnahme einer Mahlzeit auch während einer Arbeitspause grundsätzlich nicht versichert, weil die Nahrungsaufnahme für jeden Menschen Grundbedürfnis sei und somit betriebliche Belange, etwa das betriebliche Interesse an der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers, regelmäßig zurückträten. Ausnahmen, in denen betriebliche Interessen die Nahrungsaufnahme wesentlich beeinflussten und dadurch den inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit begründeten, seien jedoch möglich und in der Rechtsprechung des BSG mehrfach anerkannt. So sei Versicherungsschutz angenommen worden, wenn die versicherte Tätigkeit ein besonderes Hunger- oder Durstgefühl verursacht habe, das ohne die betriebliche Tätigkeit gar nicht oder doch erst später aufgetreten wäre, die Nahrungsaufnahme also unmittelbar wesentlich der Wiedererlangung oder Erhaltung der Arbeitsfähigkeit diene. Was unter einem besonderen Durstgefühl zu verstehen sei, lasse sich der Rechtsprechung des BSG nicht ohne weiteres entnehmen. Jedenfalls könne entgegen der Auffassung des SG nicht auf gewöhnliche oder ungewöhnliche Trinkmengen abgestellt werden. Denn wie viel ein Versicherter getrunken habe, lasse sich im Nachhinein meist nicht mehr beurteilen. Die Rechtsprechung habe deshalb bislang maßgeblich auf die Art der verrichteten Tätigkeit abgestellt. Der erkennende Senat halte daran fest, dass Versicherungsschutz zu bejahen sei, wenn die betrieblichen Einflüsse zur Entstehung des Durstgefühls wesentlich mitgewirkt hätten und sich der Versicherte deswegen zum Trinken entschlossen habe. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Demgegenüber sei nicht entscheidend, dass der Kläger seine erste Flasche Cola-Mix am Vormittag vor dem Unfallereignis nicht vollständig leer getrunken habe. Der Unfallversicherungsschutz könne nicht deshalb versagt werden, weil der Kläger sein Durstgefühl nicht unmittelbar am Arbeitsplatz befriedigt, sondern damit bis zur Mittagspause gewartet habe. Maßgeblich sei allein, ob die Befriedigung des Durstgefühls der Erhaltung der Arbeitskraft diene. Das sei hier zu bejahen. Nicht entscheidend sei auch, ob der Kläger überdurchschnittlich viel getrunken habe oder hätte, wenn der Unfall nicht passiert wäre.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das vom LSG gefundene Ergebnis widerspreche der neueren Rechtsprechung des BSG, insbesondere der Entscheidung vom (B 2 U 20/99 R). Das BSG gehe in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Nahrungsaufnahme grundsätzlich dem persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzuordnen sei. Ausnahmen, in denen betriebliche Interessen die Nahrungsaufnahme wesentlich beeinflussten und dadurch den inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit begründeten, seien jedoch möglich und in bestimmen Fällen anerkannt. Voraussetzung sei stets, dass die Umstände der Nahrungsaufnahme durch die versicherte Tätigkeit maßgebend geprägt seien (BSG SozR 2200 § 548 Nr 82 - Grillen auf dem Rastplatz). Ein solcher Ausnahmefall liege auch vor, wenn die versicherte Tätigkeit ein besonderes Hunger- oder Durstgefühlt verursacht habe, das ohne die betriebliche Tätigkeit gar nicht oder doch erst später aufgetreten wäre. Dieses besondere Durstgefühl müsse im Einzelfall über das normale, allgemein übliche Maß hinaus so stark sein, dass es eine wesentliche Bedingung für die Getränkeaufnahme sei. Das durch betriebliche Umstände bedingte Durstgefühl müsse stärker sein, als es sonst im Regelfall im Arbeitsleben eintrete. Das LSG habe bei der Frage des Versicherungsschutzes unzutreffend allein auf die vorangegangene betriebliche Tätigkeit abgestellt und ein durch die versicherte Tätigkeit verursachtes, besonderes Durstgefühl bejaht. Da Essen und Trinken nur in eng begrenzten Ausnahmefällen unter Versicherungsschutz stünden, seien bei der Prüfung, ob ein solcher Ausnahmefall vorliege, alle Umstände des Einzelfalles zu beachten. Dementsprechend sei im vorliegenden Fall auch auf die konkrete Trinkmenge einzugehen. Die Umstände im vorliegenden Fall sprächen gegen ein erheblich größeres Durstgefühl. Der Kläger habe während der Arbeit am Vormittag lediglich einen Teil des Inhaltes einer 0,5 l-Flasche getrunken und habe während der Mittagspause eine weitere 0,5 l-Flasche öffnen wollen. Die Gesamtmenge von etwa 1 l liege im Rahmen der allgemein üblichen Trinkmenge. Der Getränkeverbrauch entspreche dem Grundbedürfnis jedes Arbeitnehmers und erfülle nicht die Voraussetzungen für ein besonderes, erhöhtes Durstgefühl.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückzuweisen, weil der angefochtene Bescheid der Beklagten rechtmäßig ist. Der Unfall des Klägers am ist kein Arbeitsunfall.
Gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). § 8 Abs 1 SGB VII definiert den Arbeitsunfall in Anlehnung an das bisher geltende Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO). Die zu § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ergangene Rechtsprechung und dazu erschienene Literatur kann daher für die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Arbeitsunfällen nach den Vorschriften des SGB VII weiter herangezogen werden, soweit nicht die wenigen - hier nicht relevanten - Änderungen des materiellen Rechts hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes bei einzelnen Verrichtungen (ua § 8 Abs 2 Nr 2 bis 5 SGB VII) entgegenstehen (BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 1, 2, 3, 6, 9).
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92; BSG SozR 2200 § 548 Nr 82 und 97; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19 und 26; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 2). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1 mwN; BSGE 61, 127, 128 = SozR aaO). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19).
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen und daher für den Senat bindend (§ 163 SGG) sind, ist der bei der Beklagten infolge Ausbildung (§ 2 Abs 1 Nr 2 SGB VII) versicherte Kläger im Aufenthaltsraum seines Ausbildungsbetriebes während einer Arbeitspause verunglückt, als ihm beim Öffnen einer Flasche Cola-Mix der Flaschendeckel ins Auge sprang und erhebliche Verletzungen verursachte. Am Morgen vor diesem Unfall hatte der Kläger im Gatterkeller der Sägerei unter großer Staubbelastung gearbeitet. Diese Tätigkeit war geeignet, ein besonderes Durstgefühl hervorzurufen.
Allein der Umstand, dass der Unfall auf dem Betriebsgelände oder gar unmittelbar am Arbeitsplatz eines Versicherten oder - wie hier - im für die Arbeitnehmer vorgesehenen Aufenthaltsraum eingetreten ist, begründet den inneren Zusammenhang noch nicht, denn allein der Aufenthalt des versicherten Arbeitnehmers dort reicht zur Annahme des Versicherungsschutzes nicht aus. In der gesetzlichen Unfallversicherung besteht mangels entsprechender gesetzlicher Regelungen außerhalb der See- und Binnenschifffahrt (vgl jetzt § 10 SGB VII) kein sog Betriebsbann, so dass auch im Falle der Einwirkung besonderer, dem Betrieb eigentümlicher Gefahren Unfälle bei eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht versichert sind. Vielmehr ist stets erforderlich, dass der Arbeitnehmer im Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachging, indem er betriebsdienliche Zwecke verfolgte oder zumindest eine Tätigkeit ausübte, die den Zwecken des Unternehmens zu dienen bestimmt war (vgl - SozR 3-2200 § 548 Nr 38 mwN). Nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt einer betriebsdienlichen Tätigkeit in diesem Sinne nachging.
Der Kläger befand sich im Aufenthaltsraum seines Ausbildungsbetriebes und wollte eine Flasche Cola-Mix öffnen, um zu trinken. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Aufnahme von Nahrung auch während einer Arbeitspause zwischen betriebsdienlichen Verrichtungen grundsätzlich nicht versichert, weil die Nahrungsaufnahme für jeden Menschen Grundbedürfnis ist und somit betriebliche Belange, etwa das betriebliche Interesse an der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers, regelmäßig zurücktreten (BSGE 11, 267, 268; 12, 247, 249 = SozR Nr 28 zu § 542 RVO aF; BSG SozR Nr 26 zu § 543 RVO aF; SozR Nr 41 und 52 zu § 542 RVO aF; BSG SozR 2200 § 548 Nr 20 und 86; Brackmann/Krasney, SGB VII, § 8 RdNr 71 mwN auf die weitere Literatur). Die Nahrungsaufnahme ist auch nicht bereits deshalb der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen, weil Essen oder Trinken in einer Werkskantine eingenommen wird ( - Breithaupt 1969, 755 = USK 6920; BSG SozR 2200 § 548 Nr 20; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 2; Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNr 75). In eng begrenzten Ausnahmefällen hat das BSG den inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit anerkannt, sofern betriebliche Interessen bzw Umstände die Nahrungsaufnahme wesentlich beeinflussen. So ist Versicherungsschutz angenommen worden, wenn die versicherte Tätigkeit ein besonderes Hunger- oder Durstgefühl verursacht hat, das ohne die betriebliche Tätigkeit gar nicht oder doch erst später aufgetreten wäre, die Nahrungs- oder Getränkeaufnahme also unmittelbar wesentlich der Wiedererlangung oder Erhaltung der Arbeitsfähigkeit diente (BSG SozR Nr 40 zu § 542 RVO aF und Nr 21 zu § 548 RVO; SozR 2200 § 548 Nr 20; Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNr 72 mwN). Versicherungsschutz ist ferner bejaht worden, wenn der Beschäftigte sich bei der Mahlzeit infolge betrieblicher Zwänge besonders beeilen musste ( - BG 1965, 273; - USK 68138 = BB 1969, 408; aaO; Brackmann/Krasney, aaO, mwN). Ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit ist darüber hinaus angenommen worden, wenn betriebliche Zwänge den Versicherten veranlassten, seine Mahlzeit an einem besonderen Ort oder in besonderer Form einzunehmen, wenn die Umstände der Nahrungsaufnahme somit durch die versicherte Tätigkeit maßgebend geprägt und ihr damit zuzurechnen waren. Das betraf den Fall eines Fernfahrers, welcher seinen Lastzug nicht unbeaufsichtigt stehen lassen wollte und bei der Essenszubereitung auf einem Rastplatz verunglückte (BSG SozR 2200 § 548 Nr 82), oder den Fall einer Kurteilnehmerin, die ihre Mahlzeit in der Kantine des Sanatoriums einnahm, sofern die Essenseinnahme dort angeordnet oder wenigstens dem Kurerfolg dienlich war ( - HV-Info 1991, 12 = USK 90173). Schließlich hat das BSG den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung während der Nahrungsaufnahme bejaht, wenn besondere betriebliche Umstände den Versicherten zwar nicht zwangen, aber wenigstens veranlassten, seine Mahlzeit an einem bestimmten Ort, etwa in einer Werks- oder Schulkantine einzunehmen, wenn also betriebliche Umstände die Einnahme des Essens in der Kantine wesentlich mitbestimmt hatten (BSGE 12, 247, 250, 251 = SozR Nr 28 zu § 542 RVO aF; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 2).
Nach den bindenden Feststellungen des LSG war die Tätigkeit des Klägers vor dem Unfall zwar geeignet, ein Durstgefühl hervorzurufen. Allein das reicht jedoch zur Annahme des inneren Zusammenhanges nicht aus. Vielmehr muss das durch die versicherte Tätigkeit verursachte besondere Hunger- oder Durstgefühl auch dazu geführt haben, dass der Versicherte abweichend von seinen normalen Ess- und Trinkgewohnheiten während seiner sonstigen betrieblichen Tätigkeit seinen Hunger oder Durst gestillt hat. Dabei muss er zu Schaden gekommen sein. Wie insbesondere die vom BSG entschiedenen Fälle der betrieblich bedingten besonderen Eile bei der Nahrungsaufnahme oder anderer besonderer Umstände (aaO) zeigen, hat das BSG den inneren Zusammenhang immer dann bejaht, wenn die (besonderen) Umstände der Nahrungs- und Getränkeaufnahme durch die versicherte Tätigkeit maßgebend geprägt waren. Nichts anderes hat für den Fall der Nahrungs- oder Getränkeaufnahme nach einer besonders hunger- oder durstmachenden betrieblichen Tätigkeit zu gelten, weil eine Abgrenzung der eigenwirtschaftlichen von der durch die besondere betriebliche Umstände veranlassten Nahrungsaufnahme nur möglich ist, wenn diese auf besondere Art und Weise erfolgt ist. Für den Fall einer besonders hunger- oder dursterregenden betrieblichen Tätigkeit muss sich die Nahrungsaufnahme abweichend von dem normalen Ess- und Trinkverhalten des Versicherten so abgespielt haben, dass eine Zuordnung zu der betrieblichen Tätigkeit objektiv nachvollziehbar ist. Das wäre zB der Fall, wenn der Versicherte unmittelbar während der besonders belastenden Arbeit isst oder trinkt. Derartige Umstände sind nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt indes nicht ersichtlich. Denn obwohl ihm am Arbeitsplatz ein Getränk noch zur Verfügung stand, hat der Kläger den zum Unfall führenden Trinkvorgang während einer Arbeitspause im Aufenthaltsraum des Betriebes vollzogen. Er wollte damit das Getränk gerade nicht unter besonderen, durch die durstmachende Tätigkeit geprägten Umständen zu sich nehmen.
Zwar hat das BSG in den vom LSG genannten Entscheidungen ausgeführt, dass "bei einem Versicherten, der infolge seiner Beschäftigung dursterregenden Einwirkungen ausgesetzt ist, bei der Befriedigung seines dadurch bedingten Durstgefühls der ursächliche (innere) Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit begründet ist" und dass das "durch die Art der betrieblichen Tätigkeit erzeugte Durstgefühl als rechtlich wesentlich anzusehen" sei (BSG SozR Nr 41 zu § 542 RVO aF = Breithaupt 1962, 18, 19; BSG SozR Nr 21 zu § 548 RVO). Indes bestand in diesen Fällen keine Notwendigkeit einer weiter gehenden Abgrenzung, weil die Versicherten an ihrem Arbeitsplatz trinken wollten bzw getrunken hatten. Dass die betriebliche Tätigkeit die zum Unfall führende Nahrungsaufnahme maßgebend beeinflusst haben muss, ist den Entscheidungen des BSG zur betrieblich bedingten besonderen Eile bei der Nahrungsaufnahme sowie zu der durch betriebliche Umstände veranlassten Nahrungsaufnahme an einem besonderen Ort oder in besonderer Form (vgl BSGE 12, 247, 250, 251 = SozR Nr 28 zu § 542 RVO aF; - BG 1965, 273; vom - 2 RU 173/66 - USK 68138; vom - 2 RU 264/66 - USK 6920; BSG SozR 2200 § 548 Nr 82; - HV-Info 1991, 12 = USK 90173) zu entnehmen. Diese rechtlichen Voraussetzungen waren auch in den Fällen der nach besonders dursterregender Arbeit beabsichtigten oder vollzogenen Nahrungs- oder Getränkeaufnahme am Arbeitsplatz ohne Weiteres erfüllt, so dass ihre besondere Formulierung dort entbehrlich war.
Auch anderen Entscheidungen des BSG zum Versicherungsschutz bei der Nahrungsaufnahme ist nicht zu entnehmen, dass es für die Annahme des Versicherungsschutzes ausreiche, wenn das Hunger- oder Durstgefühl durch besondere betriebliche Einwirkungen verursacht sei, ohne dass es auf die näheren Umstände der Nahrungsaufnahme ankomme. Der Entscheidung vom (SozR Nr 41 zu § 542 RVO aF) liegt der Sachverhalt zu Grunde, dass die betroffene Versicherte "während der Arbeitszeit an ihrem Arbeitsplatz aus einer Flasche Sprudelwasser ihren Durst stillen wollte". Gleiches gilt für den dem Urteil vom (USK 7462) zu Grunde liegenden Sachverhalt. Der Versicherte wollte dort "während der Arbeitszeit die Flasche holen, um daraus zu trinken". Nichts anderes ist ebenfalls dem im (SozR 2200 § 548 Nr 73) beurteilten Sachverhalt zu entnehmen. Zwar handelte es sich um eine Vorbereitungshandlung für die am nächsten Tag wieder zu verrichtende, besonderen Durst erregende Tätigkeit. Der dafür bereitzustellende Tee sollte jedoch während der staubbelasteten Arbeit am nächsten Tag zu sich genommen werden.
Nach alledem war auf die Revision der Beklagten das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
JAAAC-15275