Leitsatz
1. Ein Satzungsgeber, der "Kampfhunde" wegen ihrer potenziellen Gefährlichkeit erhöht besteuern will, kann zu diesem Zweck Rasselisten aus einer der Gefahrenabwehr dienenden landesrechtlichen Regelung (hier: Landeshundeverordnung für Nordrhein-Westfalen) übernehmen, ohne eigene Erhebungen über die Gefährlichkeit der erfassten Hunderassen anstellen zu müssen. Er trägt dann gleichwohl die uneingeschränkte Verantwortung für die Vereinbarkeit seiner Hundesteuersatzung mit höherrangigem Recht, insbesondere auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz.
2. In einem solchen Fall kann der Antrag eines Steuerpflichtigen auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass eine von der erhöhten Steuer erfasste Hunderasse in Wahrheit kein höheres Gefährdungspotenzial aufweist als vergleichbare andere, nicht von der Liste erfassten Hunde vom Gericht nicht mit der Begründung abgelehnt werden, den Satzungsgeber treffe im maßgeblichen Besteuerungszeitraum keine Pflicht zur Überprüfung der sachlichen Richtigkeit der aus dem Landesrecht übernommenen Rasseliste.
Gesetze: GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 4; GG Art. 20 Abs. 3; GG Art. 105 Abs. 2 a; VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 3; VwGO § 133 Abs. 6
Instanzenzug: VG Düsseldorf VG 25 K 1546/02 vom OVG Münster OVG 14 A 1819/03 vom
Gründe
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützten Rügen führen nicht zur Zulassung der Revision (1. und 2.). Die angegriffene Entscheidung des Berufungsgerichts leidet jedoch an einem von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Wegen dieses Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruht, weist der Senat die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO im Interesse der Verfahrensbeschleunigung unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Berufungsgericht zurück (3.).
1. Die von der Beschwerde geltend gemachten Grundsatzrügen werfen keine Rechtsfragen auf, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren zugänglich wären (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Die erste Frage (Beschwerdebegründung S. 8), die die Vereinbarkeit der für gefährliche Hunde im Gemeindegebiet der Beklagten geltenden erhöhten Besteuerung von Hunden der Rasse Kuvasz mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zum Gegenstand hat, ist mit zahlreichen tatsächlichen Annahmen zur von der Beschwerde behaupteten Ungefährlichkeit dieser Hunderasse verknüpft, die vom Berufungsgericht so nicht festgestellt wurden. Die aufgeworfene Rechtsfrage könnte schon deshalb von dem in der Revision grundsätzlich auf die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts beschränkten Bundesverwaltungsgericht nicht geklärt werden.
b) Auch die zweite von der Beschwerde aufgeworfene Frage (Beschwerdebegründung S. 16),
ob ein Normgeber (...) darauf verzichten (kann), die Sachrichtigkeit einer Regelung und das Vorliegen des dieser Regelung zugrunde gelegten Lebenssachverhalts zu prüfen, wenn ein anderer, höherrangiger Normgeber bereits von der Sachrichtigkeit und einem bestimmten zugrundeliegenden Lebenssachverhalt bzw. von bestimmten Tatsachen ausgegangen ist,
ist wiederum unter anderem mit der tatsächlichen Annahme verknüpft, dass "der Lebenssachverhalt bzw. die Tatsachen wissenschaftlich nicht zu begründen sind, weil (dieser Normgeber) sich auf eine bloße, nicht wissenschaftlich überprüfte Annahme stützt", die vom Berufungsgericht so nicht festgestellt wurde und deshalb aus den gleichen Gründen wie die vorangehende Frage nicht zur Zulassung der Revision führen kann.
Soweit der Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts, der hinter der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage steht, einer Prüfung am Maßstab von Bundesrecht zugänglich ist, lassen sich die damit verbundenen Fragen im Übrigen ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es hierfür der Zulassung der Revision bedürfte.
aa) Der vom Berufungsgericht eingenommene Standpunkt, dass der örtliche Steuersatzungsgeber, der sich mit Lenkungsabsicht entscheidet, erhöhte Steuersätze für solche Hunde einzuführen, die nach den Vorgaben des Landesordnungsrechts wegen ihrer Rassezugehörigkeit als gefährlich gelten, und damit einer vom Landesrecht vorgegebenen Typisierung folgt, deshalb nicht gehalten sei, von sich aus weitere, eigene Untersuchungen darüber anzustellen, ob die durch die landesrechtlichen Rasselisten vorgenommene Typisierung von Hunden, bei denen ein erhebliches Gefährdungspotenzial vermutet wird, sachgerecht ist, verstößt nicht gegen höherrangiges Bundesrecht. Er ist insbesondere mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar.
Es steht außer Frage, dass ein Satzungsgeber Regelungen eines anderen Normgebers durch Verweisung oder wörtliche Aufnahme in seinen Normtext übernehmen kann, wenn er dieselbe oder eine vergleichbare Regelung erlassen und sich dabei den Wertungen der übernommenen Normierungen anschließen will. Dabei braucht der Satzungsgeber die der übernommenen Regelung zugrundeliegenden Erkenntnisse und Tatsachen nicht notwendig selbst erneut zu erheben und auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen, sofern es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie offensichtlich falsch sind. Nur wenn Letzteres der Fall ist, wäre er gehindert, gleichsam sehenden Auges eine in erheblicher Weise auf offensichtlich unrichtigen Annahmen begründete Regelung zu übernehmen. Selbst wenn die andere Norm - was die Beschwerde unter Berufung auf das (BVerwG 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347) geltend macht - etwa aus kompetenzrechtlichen Gründen nichtig sein sollte, wäre davon nicht notwendig die sachliche Richtigkeit der von diesem Normgeber getroffenen Auswahl der als mit besonderem Gefährdungspotenzial angenommenen Hunderassen und damit deren Verwertbarkeit für den kommunalen Satzungsgeber in Frage gestellt.
Mithin verlangen weder das Rechtsstaatsprinzip noch der hier in Rede stehende allgemeine Gleichheitssatz, dass jede Gemeinde komplexe und strittige Tatsachenfragen zum Gefährdungspotenzial bestimmter Hunderassen je für sich selbst erheben muss, bevor sie eine hierauf gestützte ordnungs- oder steuerrechtliche Regelung erlassen darf. Es dient im Gegenteil der Rechtseinheit und ist in hohem Maße verfahrensökonomisch, wenn die Gemeinden sich hierzu der Erkenntnisse des Normgebers auf Landesebene bedienen, sofern sie davon ausgehen können, dass die der dortigen normativen Konzeption zugrundeliegenden Annahmen - für den ordnungsrechtlichen Umgang mit gefährlichen Hunden - auch für ihren Regelungszweck - der steuerrechtlichen Lenkung der Population gefährlicher Hunde - nutzbar gemacht werden können. Ist dies der Fall, sind die Gemeinden auch nicht gehindert, auf dieser Grundlage vorgenommene normative Wertungen des Landesgesetz- oder -verordnungsgebers in ihren eigenen Rechtsetzungswillen aufzunehmen. Dies sieht das Berufungsgericht im Grundsatz offenbar ebenso.
bb) Mit dieser Auffassung wird auch nicht - wie die Beschwerde meint - das in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts immer wieder betonte Gebot in Frage gestellt, dass der Normgeber gehalten ist, insbesondere eine auf unsicherer Tatsachengrundlage erlassene Regelung gleichsam "unter Kontrolle zu halten", indem er sowohl die Auswirkungen der Regelung als auch den Erkenntnisfortschritt in tatsächlicher Hinsicht beobachtet und daraus gegebenenfalls die erforderlichen Konsequenzen zieht (vgl. etwa - BVerfGE 110, 141 <166>; BVerwG 11 C 8.99 - BVerwGE 110, 265 <276>; BVerwG 6 C 3.01 - BVerwGE 115, 189 <194 f.>). Nimmt nämlich ein Satzungsgeber die Regelung eines anderen Normgebers in sein eigenes Regelwerk auf, gilt sie kraft seiner Rechtsetzungsmacht mit der Folge, dass er von Anfang an in vollem Umfang verantwortlich ist für ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, auch soweit sie von der Richtigkeit etwa jener tatsächlichen Annahmen und Erkenntnisse abhängt, die der Regelung des Landesnormgebers zugrunde liegen. Dies umschließt auch die beschriebene Pflicht des Satzungsgebers, die übernommene Regelung unter Kontrolle zu halten und gegebenenfalls zu korrigieren. Auch hierbei kann er sich freilich etwaigen Reaktionen des anderen Normgebers auf mögliche neuere Erkenntnisse und Entwicklungen anschließen.
cc) Aus dieser uneingeschränkten Verantwortung des Satzungsgebers für die Rechtmäßigkeit der übernommenen Regelung folgt zugleich, dass Einwände gegen sie nicht - wie das Berufungsgericht meint - mit der Erwägung abgewehrt werden dürfen, hierauf könne es von vornherein nicht ankommen, weil die Vorschrift zulässigerweise von dem anderen Normgeber übernommen worden sei und der Satzungsgeber sie daher auch hinsichtlich der ihr zugrundeliegenden tatsächlichen Annahmen nicht auf ihre Richtigkeit habe überprüfen müssen. Dieser Standpunkt verkennt die aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip folgende eigene Verantwortung jedes Normgebers für das durch ihn gesetzte Recht. Zugleich "immunisiert" das Berufungsgericht dadurch die von dem Satzungsgeber erlassene Vorschrift gegen Angriffe auf ihre Rechtmäßigkeit. Das ist nicht vereinbar mit dem Anspruch des Bürgers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Denn im Grundsatz gebietet diese Rechtsschutzgarantie eine umfassende Nachprüfung des Verfahrensgegenstandes in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (vgl. - BVerfGE 61, 82 <111>, - BVerfGE 73, 339 <373>; BVerwG 3 C 24.03 - BVerwGE 120, 227 <231>). Diesen Anforderungen genügt ein Tatsachengericht nicht, wenn es - wie hier das Berufungsgericht - eine Beweisregel aufstellt, die im Ergebnis dazu führt, dass der von der übernommenen Vorschrift Betroffene - hier der mit einer erhöhten Hundesteuer für gefährliche Hunde Belastete - die Regelung ohne Rechtsschutzmöglichkeit hinnehmen muss, selbst wenn sie rechtswidrig ist. Das Berufungsgericht schneidet ihm durch seinen Rechtsstandpunkt den Einwand ab, dass die Listen von Hunderassen mit einem erheblichen Gefährdungspotenzial schon vom Landesverordnungsgeber unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zusammengestellt wurden und - ungeachtet dessen, dass der Satzungsgeber hierzu keine eigenen Ermittlungen anstellen musste - nun auch auf kommunalrechtlicher Ebene an dem gleichen Fehler leiden. Diese Verkürzung des Rechtsschutzes ist nicht zu rechtfertigen.
Die Vereinbarkeit seines Standpunktes mit Bundesrecht vermag das Berufungsgericht auch nicht dadurch zu erreichen, dass es eine eigene Überprüfungspflicht des kommunalen Satzungsgebers bei der Übernahme landesrechtlicher Regelungen dann annimmt, "wenn ohne weitere Prüfung offensichtlich wäre, dass die Liste der vom Zuchtverbot der LHV NRW betroffenen Hunde willkürlich wäre" (Beschlussabdruck S. 7 und entsprechend für die Rasseliste nach Anlage 2: Beschlussabdruck S. 14). Zwar eröffnet das Berufungsgericht mit der unter dieser Voraussetzung vorbehaltenen Nachforschungspflicht des kommunalen Satzungsgebers wohl auch dem Kläger die Möglichkeit, das Unterbleiben einer solchen Überprüfung im Prozess geltend zu machen. Abgesehen davon, dass das Berufungsgericht damit nach wie vor den grundsätzlichen Unterschied zwischen einer etwaigen Pflicht zur eigenen Tatsachenerhebung durch den Satzungsgeber und seiner uneingeschränkten Verantwortlichkeit für die Rechtmäßigkeit der Satzung verkennt, ist der Anwendungsbereich der von ihm geforderten Nachforschungspflicht mit der Begrenzung auf "offensichtliche Willkür" indes zu eng und so rechtlich nicht begründbar. Es ist zwar anerkannt, dass dem kommunalen Satzungsgeber ein beträchtlicher Einschätzungs- und Prognosespielraum bei der Auswahl der als abstrakt gefährlich eingeschätzten Hunde zusteht ( a.a.O., S. 157) und dass er hinsichtlich der Typisierungen und Pauschalierungen über eine "weitgehende Gestaltungsfreiheit" verfügt ( BVerwG 11 C 8.99 - BVerwGE 110, 265 <272>). Eine Beschränkung der gerichtlichen Überprüfung auf Fälle offensichtlicher Willkür lässt sich aus der Einräumung dieser Spielräume jedoch nicht ableiten. Dieser Verstoß gegen Bundesrecht führt - wie unter 3 auszuführen ist - letztlich zum Erfolg der Verfahrensrüge.
c) Die Beschwerde hat schließlich auch keinen Erfolg, soweit sie die Klärung der Frage für grundsätzlich bedeutsam hält (Beschwerdebegründung S. 18),
ob es mit Art. 90 EG vereinbar ist, wenn eine Hundesteuerregelung, die im Interesse einer Gefahrenvorbeugung in der Gemeinde die Zahl gefährlicher Hunde im Verhältnis zu den Hunden, die als weniger gefährlich eingeschätzten Rassen angehören, vermindern soll, die Haltung von Hunden, die aus dem Europäischen Ausland importierten Rassen zugerechnet werden, einem mehr als 5-fachen Steuersatz unterwirft, während vergleichbare inländische Hunde dieser Höherbesteuerung nicht unterworfen werden, obwohl es keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür gibt, dass die höher besteuerten Hunde wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Rasse gefährlicher sind als Hunde anderer Rassen.
Diese Frage kann schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen, weil sie von der tatsächlichen Annahme ausgeht, dass "es keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür gibt, dass Hunde wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Rasse gefährlicher sind als Hunde anderer Rassen", die das Berufungsgericht so nicht festgestellt hat. Dem Bundesverwaltungsgericht könnte sich daher in dem angestrebten Revisionsverfahren die auf der zitierten Annahme beruhende Rechtsfrage nicht stellen, da es als Revisionsgericht zur eigenen Tatsachenerhebung nicht berufen ist (vgl. BVerwG 10 B 21.04 - NVwZ 2005, 598 zu einer gleich lautenden Grundsatzrüge sowie die dortigen ergänzenden Hinweise).
2. Die von der Beschwerde behauptete Divergenz zwischen der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts und dem a.a.O., liegt nicht vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Weder hat das Berufungsgericht den auf S. 25 oben der Beschwerdebegründung umschriebenen Rechtssatz mit den dort enthaltenen Maßgaben auch nur sinngemäß aufgestellt, wie es die Beschwerde der Entscheidung entnehmen zu können meint, noch liegt dem von der Beschwerde herangezogenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts der auf S. 26 Mitte der Beschwerdebegründung wiedergegebene Rechtssatz zugrunde, wonach sich ein Normgeber "nicht auf ein Regelungsmodell eines anderen Normgebers verlassen" dürfe.
3. Die Beschwerde ist mit der geltend gemachten Verfahrensrüge begründet. Sie beanstandet hinreichend substantiiert im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO (vgl. Beschwerdebegründung S. 27 ff., insbesondere S. 27 Mitte und S. 28 f.) und im Ergebnis zu Recht, dass das Berufungsgericht dem im Schriftsatz vom gestellten Beweisantrag des Klägers,
durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis darüber zu erheben, dass Hunde der in § 2 Abs. 3 Satz 2 der Hundesteuersatzung des Beklagten aufgezählten Rasse Kuvasz nicht gefährlicher sind als Hunde anderer Rassen, ihnen insbesondere kein anderes genetisches Potenzial innewohnt, zu einem gefährlichen Hund zu werden, als Hunden anderer vergleichbarer Rassen und dass auch kein größerer Verdacht oder größeres Besorgnispotenzial gegenüber Hunden vergleichbarer, nicht aufgelisteter Rassen besteht, es handele sich bei Hunden der Rasse Kuvasz um gefährliche Hunde,
nicht nachgekommen ist, ohne hierfür eine verwaltungsprozessual tragfähige Begründung zu geben.
Das Berufungsgericht ist bei der Ablehnung dieses Beweisantrags zunächst davon ausgegangen, der Satzungsgeber der Hundesteuersatzung habe sich bei der Aufnahme der Rasse Kuvasz in die Rasseliste des § 2 Abs. 3 Satz 2 Anlage 2 der Hundesteuersatzung von den entsprechenden Bestimmungen der Landeshundeverordnung Nordrhein-Westfalen leiten lassen dürfen. Aus deren Anlage 2 habe er die Hunderassen übernommen, für die er von einem individuell widerlegbaren Gefährdungspotenzial ausgegangen sei. Der Satzungsgeber habe sich insoweit den Vorgaben des Landesrechts anschließen dürfen. Für eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit der Einbeziehung der Hunderasse Kuvasz in die Rasseliste sei nichts ersichtlich. Deshalb habe für den Satzungsgeber eine Überprüfungspflicht jedenfalls für die erste Zeit nach Erlass der Satzung nicht bestanden, da in diesem Zeitraum zunächst Erfahrungen hätten gesammelt werden müssen. Dies gelte jedenfalls bis zum In-Kraft-Treten des Landeshundegesetzes Nordrhein-Westfalen im Jahre 2003, das keine Sonderregelung für Hunde der Rasse Kuvasz mehr vorsehe. Da sich der Satzungsgeber den Vorgaben des Landesrechts rechtsfehlerfrei habe anschließen dürfen, komme es auf die vom Kläger gestellte Beweisfrage zur Gefährlichkeit der Rasse Kuvasz im Verhältnis zu anderen Hunderassen nicht an (Beschlussabdruck S. 14 f.).
Wie bereits im Zusammenhang mit der zweiten Grundsatzrüge allgemein ausgeführt wurde (oben unter 1. b), durfte der Satzungsgeber zwar grundsätzlich die Rasselisten der Landeshundeverordnung für die mit einem vergleichbaren Lenkungszweck erhobene Hundesteuer übernehmen, ohne selbst Erhebungen über die Gefährlichkeit der einzelnen Hunderassen anstellen zu müssen. Dies befreit den Beklagten jedoch nicht von der Verantwortung, für die Rechtmäßigkeit der Satzung auch im Hinblick auf die verwendeten Rasselisten einstehen zu müssen. Das verkennt das Berufungsgericht, indem es die Entscheidungserheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsache mit Blick darauf verneint, dass der Satzungsgeber jedenfalls in dem hier maßgeblichen Steuerjahr 2002 (noch) keine Überprüfung der übernommenen Rasselisten habe vornehmen müssen. Denn dem Einwand, dass die Aufnahme einer Hunderasse in eine nach Rassezugehörigkeit bestimmte Liste als gefährlich geltender Hunde von Beginn an nicht berechtigt ist - auch nicht mit Rücksicht auf die dem Steuersatzungsgeber durch die Rechtsprechung im Hinblick auf die in vielerlei Hinsicht noch ungeklärte Sachlage eingeräumten Prognose- und Einschätzungsspielräume - muss der Satzungsgeber in gleicher Weise standhalten, wie es der Verordnungsgeber der Landeshundeverordnung im Falle einer entsprechenden Klage tun müsste. Allein durch die Übernahme der Rasselisten aus der Landeshundeverordnung wird der Satzungsgeber der Hundesteuersatzung nicht für eine mehrjährige Übergangsfrist von der Auseinandersetzung mit einem solchen Einwand freigestellt. Ob und inwieweit der Satzungsgeber jedenfalls in den ersten Jahren nach dem Erlass einer auf Rasselisten beruhenden Hundesteuersatzung davon befreit ist, von Amts wegen eigene Erhebungen zur Gefährlichkeit der in die Rasselisten aufgenommenen Hunderassen anzustellen, ist in dem hier maßgeblichen verwaltungsprozessualen Zusammenhang mit der Frage, ob die Satzung mit höherrangigem Recht vereinbar ist und wie die tatsächlichen Grundlagen hierfür gegebenenfalls unter Beweis zu stellen sind, unerheblich.
Die Ablehnung der beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens ist auch nicht etwa deshalb rechtens, weil es nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts auf die unter Beweis gestellte Tatsache - die generelle Ungefährlichkeit von Hunden der Rasse Kuvasz - nicht ankam. Zwar kann eine unterbliebene Beweiserhebung nur dann einen Verfahrensfehler begründen, wenn es um eine entscheidungserhebliche Tatsache geht. Es besteht auch Übereinstimmung darin, dass für die Frage nach der Entscheidungserheblichkeit der Tatsache die materielle Rechtsauffassung des Tatsachengerichts maßgeblich ist. Hier indes betrifft die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, wonach es auf die unter Beweis gestellte Ungefährlichkeit der Hunderasse Kuvasz in dem maßgeblichen Steuerjahr nicht ankomme, die Frage der Beweiserheblichkeit selbst und ist nicht prozessuale Folge seiner materiellen Rechtsauffassung im Übrigen. Das Berufungsgericht kann nicht dadurch, dass es von seinem Standpunkt aus, wonach der Satzungsgeber unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG jedenfalls in den ersten Jahren nach Übernahme der landesrechtlich vorgegebenen Rasselisten keine eigenen Ermittlungen und Nachforschungen über die Gefährlichkeit der erfassten Hunderassen anstellen muss, in - wie oben ausgeführt - rechtlich nicht zulässiger Weise darauf schließt, dass deshalb auch im Verwaltungsprozess entsprechenden Beweisanträgen nicht nachgegangen werden muss, gleichzeitig die rechtliche Unerheblichkeit der zugrundeliegenden Tatsachenbehauptungen begründen und sich so gegen jede in diesem Zusammenhang ansonsten in Betracht zu ziehende Beweiserhebung und etwaige entsprechende Verfahrensrügen absichern. Die einen Verfahrensfehler grundsätzlich ausschließende Entscheidungsunerheblichkeit einer Tatsache darf mit anderen Worten nicht allein auf der unzutreffenden Rechtsauffassung des Tatsachengerichts von dieser mangelnden Entscheidungserheblichkeit beruhen.
Das Unterbleiben der beantragten Beweiserhebung ist schließlich auch nicht etwa deshalb verfahrensfehlerfrei erfolgt, weil das Berufungsgericht den beantragten Sachverständigenbeweis jedenfalls im Ergebnis zulässigerweise ablehnen durfte. Diese Frage lässt sich beim derzeitigen Stand des Verfahrens vielmehr nicht abschließend beurteilen. Zwar steht es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im tatrichterlichen Ermessen des Berufungsgerichts (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO in entsprechender Anwendung), die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens etwa wegen bereits vorhandener Erkenntnismittel oder im Hinblick auf die sonst ausreichend bestehende eigene Sachkunde abzulehnen (vgl. dazu etwa BVerwG 9 B 518.99 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60; BVerwG 1 B 326.01 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 69, S. 31, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht hat sich hier indes weder auf ein solches Ermessen noch auf eine besondere eigene Sachkunde berufen. Es hat die Ablehnung des Sachverständigenbeweises auch nicht etwa darauf gestützt, dass es sich um einen unzulässigen Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag in Bezug auf die behauptete Ungefährlichkeit der Hunderasse Kuvasz handele, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spreche (zu den Voraussetzungen eines nach diesen Grundsätzen unzulässigen Beweisantrags vgl. BVerwG, Beschlüsse vom und vom , jeweils a.a.O.).
Nach allem ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei ordnungsgemäßer Behandlung des Beweisantrags des Klägers zu einer anderen Beurteilung der Frage gelangt wäre, ob der Beklagte als Satzungsgeber Hunde der Rasse Kuvasz in die Liste der nach Anlage 2 zu § 2 Abs. 3 Satz 2 Hundesteuersatzung erhöht zu besteuernden Hunde aufnehmen durfte.
4. Für die weitere Behandlung des Falles weist der Senat auf Folgendes hin:
Die Frage, ob die Aufnahme des Kuvasz in die Rasseliste nach § 2 Abs. 3 Satz 2 Anlage 2 Hundesteuersatzung die Grenzen der Sachgerechtigkeit überschreitet, so dass die Heranziehung des Klägers zu einem erhöhten Steuersatz unter dem Blickwinkel der steuerlichen Belastungsgleichheit zu beanstanden ist, hängt in erster Linie von der Auslegung des Landesrechts ab. Dem Hinweis auf die einschlägige Verwaltungsvorschrift zur Landeshundeverordnung (Beschlussabdruck S. 14) ist nicht hinreichend sicher zu entnehmen, ob das Berufungsgericht insofern davon ausgeht und es billigt, dass der Kuvasz als Herdenschutzhund wegen seines genetisch bedingten Schutztriebes in die Rasseliste aufgenommen worden ist. Zu dieser Frage wird das Berufungsgericht eindeutig Stellung beziehen müssen, weil davon abhängt, welcher Art von Gefahren mit der Aufnahme in die Rasseliste der Anlage 2 der Landeshundeverordnung entgegengewirkt werden sollte. Davon kann abhängen, ob die Einholung eines Sachverständigengutachtens etwa wegen bereits vorhandener Erkenntnismittel oder im Hinblick auf die sonst ausreichend bestehende eigene Sachkunde vom Berufungsgericht abgelehnt werden darf.
In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht sich ferner Rechenschaft darüber ablegen müssen, welchen Lenkungszweck es der Hundesteuersatzung beilegt, wenn es um die Rasseliste geht, die aus der Anlage 2 der Landeshundeverordnung übernommen worden ist. Die Ausführungen der Berufungsinstanz zu dieser Frage sind in dieser Hinsicht ebenfalls mit Unklarheiten behaftet. Einerseits wird nämlich auf Vorentscheidungen Bezug genommen, die es billigen, wenn mit der erhöhten Hundesteuer "der legitime soziale (Lenkungs-)Zweck verfolgt (wird), im Interesse einer Gefahrenvorbeugung die Zahl solcher Hunde in der Gemeinde im Verhältnis zu den Hunden zu vermindern, die als weniger gefährlich eingeschätzten Rassen angehören" (Beschlussabdruck S. 12). Dieser Gedanke wird dann hinsichtlich der Rasseliste der Anlage 2 möglicherweise aufgegriffen, wenn es an anderer Stelle heißt, der potenzielle Hundehalter werde wegen des Risikos, ggf. den Nachweis der individuellen Ungefährlichkeit des Hundes nicht erbringen zu können, eventuell dazu bewegt, auf den Erwerb eines solchen Tieres zu verzichten, wenn nicht bereits zuvor durch die entsprechenden Wesenstests dieser Nachweis erbracht sei (Beschlussabdruck S. 14). Andererseits verweist das Berufungsgericht aber wiederholt auf die die Regelung des § 2 Abs. 4 Hundesteuersatzung (Beschlussabdruck S. 2, 13, 15), die aufzeigt, dass die Lenkungswirkung des erhöhten Steuersatzes bei den Hunden dieser Rasseliste möglicherweise eine völlig andere Zielrichtung hat als bei den Hunden der Rasseliste aus Anlage 1 der Landeshundeverordnung, weil es bei der Rasseliste der Anlage 2 - zumindest vorrangig - nicht darum gehen dürfte, eindämmend Einfluss auf die künftige Entwicklung der Hundepopulation im Gemeindegebiet zu nehmen. Tiere dieser Rassen sollen im Gemeindegebiet nur gehalten werden, wenn sie einen Wesenstest bestanden haben (Beschlussabdruck S. 14). Der erhöhte Steuersatz soll dann für die Hundehalter einen Anreiz schaffen, ihre Tiere dem Wesenstest zu unterwerfen, um auf diese Weise in den Genuss der - im Regelfall wohl zu erwartenden - Steuerersparnis zu gelangen. Dies hat nicht nur - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - Einfluss auf die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung (Beschlussabdruck S. 15). Damit wird zugleich nachvollziehbar, dass die Landeshundeverordnung und ihr folgend die Hundesteuersatzung den Gefahrenmomenten, die von der Hundehaltung ausgehen, durch ein deutlich abgestuftes Schutzniveau Rechnung tragen wollen. Neben die Rasseliste für "echte" Kampfhunde sollte offenbar eine Rasseliste für "fiktive" Kampfhunde treten, von denen abstrakte Gefahren in einem nicht vergleichbaren Umfange ausgehen, so dass bei Letzteren etwa auf ein Zuchtverbot verzichtet werden kann. Auch dies kann - wenn das Berufungsgericht nicht zu einer abweichenden Auslegung des Landesrechts gelangt - für die Beantwortung der Frage Bedeutung haben, ob im vorliegenden Fall die Einholung eines Sachverständigengutachtens etwa wegen bereits vorhandener Erkenntnismittel oder im Hinblick auf die sonst ausreichend bestehende eigene Sachkunde vom Berufungsgericht abgelehnt werden darf. Denn an den Nachweis der abstrakten Gefährlichkeit der Hunde dürfen auf dieser - niedrigeren - Stufe des Schutzkonzepts keine überspannten Anforderungen gestellt werden.
5. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 3 GKG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV-Beilage 2006 S. 96 Nr. 1
NJW 2005 S. 3656 Nr. 50
QAAAC-12111