Leitsatz
[1] Das Verwenden einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeuges als Drohmittel bei § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, daß die Drohung von dem Bedrohten wahrgenommen wird.
Gesetze: StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten und die beiden nichtrevidierenden Mitangeklagten jeweils des schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB schuldig gesprochen und den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und die Mitangeklagten unter Einbeziehung von Vorverurteilungen zu Einheitsjugendstrafen von drei Jahren und sechs Monaten bzw. von fünf Jahren verurteilt.
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechtes rügt, hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht, sondern nur den des § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen die Angeklagten überein, eine Grillstube zu überfallen, wobei die Bedienung aufgrund Bedrohung die Wegnahme von Geld dulden sollte. Die Bedrohung sollte durch einen ca. 28 cm langen, spitz zulaufenden Schraubenzieher erfolgen. Während der Mitangeklagte D. G. im Fluchtfahrzeug wartete, gingen der Angeklagte und sein mitangeklagter Bruder leicht vermummt in die Grillstube. Der Bruder des Angeklagten ergriff die Bedienung und hielt "den mitgeführten Schraubenzieher, zum Teil mit seiner Jacke verdeckt, gegen die rechte Hüfte der Zeugin, um den Eindruck zu erwecken, er habe eine Pistole. Die Angeklagten gaben der Zeugin durch Rufen des Wortes 'Geld' zu verstehen, daß sie ihnen die Einnahmen herauszugeben habe. Die Zeugin, die zwar den Druck mit dem Schraubenzieher nicht bemerkt hatte, jedoch unter dem Eindruck des bedrohlichen Auftretens der Angeklagten stand, öffnete die Kassenlade, aus der die Angeklagten 315 € entnahmen" (UA S. 14). Die Angeklagten entfernten sich zunächst zu Fuß, um dann plangemäß von dem Mitangeklagten D. G. im Auto aufgenommen zu werden.
2. Die fehlerfrei getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht den Schuldspruch wegen schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. In den Fällen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB muß der Täter oder ein anderer Beteiligter das gefährliche Tatmittel zur Verwirklichung der raubspezifischen Nötigung verwenden, also zur Gewaltanwendung oder zur Drohung mit Gewalt gebrauchen (vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 250 Rdn. 7). Die Angeklagten haben den Schraubenzieher bei der Tat (Raub) aber weder zur Gewaltausübung noch zur Drohung verwendet. Mit dem Schraubenzieher wurde keine Gewalt angewandt, da mit diesem keine körperliche Zwangseinwirkung entfaltet wurde. Entgegen der Auffassung des Landgerichts wurde der Schraubenzieher aber auch nicht als Drohmittel verwendet. Denn eine Verwendung als Drohmittel setzt voraus, daß die Drohung das Opfer erreicht. Drohung ist das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines Übels, dessen Eintritt davon abhängen soll, daß der Bedrohte sich nicht dem Willen des Drohenden beugt. Drohung erfordert daher, daß der Bedrohte in diese Zwangslage versetzt wird, mithin Kenntnis von der Drohung erlangt. Da das Opfer im vorliegenden Fall den Schraubenzieher überhaupt nicht bemerkt hat und deshalb eine entsprechende qualifizierte Einwirkung auf den Willen der Zeugin gar nicht eingetreten ist, wurde der Schraubenzieher bei der Tat nicht als Mittel zur Drohung verwendet. Insofern liegt lediglich ein Versuch der Verwendung als Drohmittel vor, der jedenfalls hinter der Tatbestandsvollendung nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB zurücktritt.
3. Die Feststellungen ergeben eine Strafbarkeit gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB, weil die Täter mit dem hier näher beschriebenen Schraubenzieher ein gefährliches Werkzeug bei sich führten. Das Beisichführen einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeuges setzt keine Kenntnis des Opfers hiervon voraus.
Der Senat hat den Schuldspruch selbst (§ 354 Abs. 1 StPO) entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da die Anklage ihnen gerade schweren Raub gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB vorwarf.
Der Senat kann nicht ausschließen, daß der Tatrichter bei einem Strafrahmen von drei bis 15 Jahren statt fünf bis 15 Jahren Freiheitsstrafe zu einem dem Angeklagten günstigeren Ergebnis gelangt wäre. Deshalb war der Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.
4. Die Schuldspruchänderung und die Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch war gemäß § 357 StPO auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten zu erstrecken, da im vorliegenden Fall nicht sicher ausgeschlossen werden kann, daß sich auch bei diesen der gleichartige Rechtsfehler im Ergebnis zu ihrem Nachteil ausgewirkt hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
GAAAC-09749
1Nachschlagewerk: ja