BGH Beschluss v. - 3 StR 204/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StPO § 265; StGB § 251

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags und wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall als Versuch begangen, zur Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision, die er im Fall II. B. der Urteilsgründe wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Insbesondere weist die Beweiswürdigung zum Fall II. A. der Urteilsgründe keinen Rechtsfehler auf.

1. Zu diesem Fall hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte bedrohte den Uhrmachermeister J. R. in dessen Uhren- und Schmuckgeschäft mit einer Selbstladepistole und verlangte die Herausgabe von Geld oder Wertgegenständen. Als der Geschäftsinhaber dies lautstark verweigerte, geriet der Angeklagte in Wut und Panik, weil sein Vorhaben gescheitert war. Er schoß deshalb mehrmals in Tötungsabsicht auf R. , der an den Folgen eines Nahschusses in das Genick verstarb. Ohne Mitnahme von Beute verließ der Angeklagte fluchtartig das Geschäft.

Diesen Sachverhalt hat die Strafkammer als versuchte schwere räuberische Erpressung in Tatmehrheit mit Totschlag bewertet.

2. Dieser Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, hat sich der Angeklagte wegen versuchter räuberischer Erpressung mit Todesfolge in Tateinheit mit Totschlag strafbar gemacht.

Wer beim Versuch einer räuberischen Erpressung mindestens leichtfertig den Tod eines Menschen verursacht, ist wegen versuchter räuberischer Erpressung mit Todesfolge (§§ 22, 23 Abs. 1, 255, 251 StGB) zu bestrafen. Dies gilt auch dann, wenn der Täter - wie hier - den Tod vorsätzlich herbeigeführt hat (vgl. BGHSt 39, 100). Der Tatbestand des § 251 StGB setzt dabei nicht voraus, daß der Tod unmittelbar durch die Nötigungshandlung verursacht wird. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die den Tod des Opfers herbeiführende Handlung derart eng mit dem Tatgeschehen verbunden ist, daß sich in der Todesfolge die der Tat eigentümliche besondere Gefährlichkeit verwirklicht (vgl. BGH NStZ 1998, 511). Dies war bei der vorsätzlichen Tötung des Uhrmachermeisters R. durch den Angeklagten der Fall, da bei einer räuberischen Erpressung unter Verwendung einer Schußwaffe die Gefahr der Eskalation durch Gebrauch der Waffe besteht, wenn das Opfer die Forderungen des Täters nicht erfüllt.

Die Delikte der versuchten räuberischen Erpressung mit Todesfolge und des Totschlags stehen im Verhältnis der Tateinheit (BGHSt 39, 100, 108 f.). § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruches nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den Vorwurf der versuchten räuberischen Erpressung mit Todesfolge nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

3. Der Angeklagte ist vom Versuch der räuberischen Erpressung mit Todesfolge nicht mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten.

Zwar hat das Landgericht das Problem eines möglichen Rücktritts vom Versuch nicht ausdrücklich erörtert. Dies stellt aber unter den gegebenen Umständen des Falles keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar. Da nach den getroffenen Feststellungen das Vorhaben des Angeklagten, sich mittels einer Straftat Geld zu verschaffen, wegen des unerwarteten Widerstands des Tatopfers gescheitert war (UA S. 5), ging die Strafkammer erkennbar von einem fehlgeschlagenen Versuch aus, bei dem ein strafbefreiender Rücktritt ausscheidet (vgl. BGHSt 34, 53, 56; BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, fehlgeschlagener 1; Freiwilligkeit 22). Der in der Annahme eines fehlgeschlagenen Versuchs liegende Schluß des Tatrichters, der Angeklagte habe die räuberische Erpressung als nicht mehr durchführbar und deshalb als endgültig gescheitert angesehen, beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage, die sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt.

4. Wegen der Änderung des Schuldspruchs im Fall II. A. der Urteilsgründe waren die insoweit ausgesprochenen zwei Einzelstrafen von vier und zehn Jahren mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Dies bedingt auch die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Dagegen bleibt die im Fall II. B. verhängte Freiheitsstrafe von sieben Jahren bestehen. Der Senat schließt aus, daß sich die aufgehobenen Einzelstrafen auf diese Strafe ausgewirkt haben.

Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, das Vorliegen erheblich verminderter Schuldfähigkeit bei der Tötungshandlung neu zu prüfen. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich schon nicht, ob das Landgericht wegen der "Wut des Angeklagten, die sich in einem impulsiven und aggressiven Übermaßverhalten entladen habe" (UA S. 22), von einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit ausgegangen ist. Außerdem stellt es nicht ausreichend dar, daß die diagnostizierte dissoziale und impulsive Persönlichkeitsstörung das Gewicht einer schweren anderen seelischen Abartigkeit erreicht. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Persönlichkeitsstörung solche Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Angeklagten vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen wie krankhafte seelische Störung, was aufgrund einer Ganzheitsbetrachtung von Täter und Tat zu prüfen ist (BGHSt 37, 397, 401 f.; BGHR StGB § 21 Seelische Abartigkeit 31). Weiterhin wird die Möglichkeit einer Gesamtstrafenbildung mit der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des 22 - ausdrücklich zu erörtern sein.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
VAAAC-08425

1Nachschlagewerk: nein