BGH Urteil v. - XII ZR 170/01

Leitsatz

[1] Zur Wirksamkeit von Verfügungen über die Forderung auf Ausgleich des Zugewinns nach § 1378 Abs. 3 Satz 2, 3 BGB.

Gesetze: BGB § 1378 Abs. 3 Satz 2; BGB § 1378 Abs. 3 Satz 3

Instanzenzug: OLG Celle vom

Tatbestand

Der Kläger verlangt vom Beklagten Zahlung von 70.000 DM aus einem Vergleich.

Der Kläger ist der Schwiegersohn des Beklagten. Die im Mai 1993 geschlossene Ehe des Klägers mit der Tochter des Beklagten wurde, nachdem sich die Eheleute im April 1997 getrennt hatten, im Februar 2000 rechtskräftig geschieden.

Während der Ehe bewohnten der Kläger und seine Frau ein Hausgrundstück des Beklagten, auf dem der Kläger bis zu seinem Auszug Umbau- und Sanierungsarbeiten durchführte. Mit notariellem Vertrag vom verkaufte der Beklagte seiner Tochter dieses Hausgrundstück zum Preis von 123.500 DM; dabei behielt er sich das durch Vormerkung gesicherte Recht vor, von seiner Tochter jederzeit die Rückübertragung des Grundbesitzes verlangen zu können, falls diese ohne Genehmigung ihrer Eltern den Grundbesitz belasten oder veräußern sollte.

Im Zuge des Scheidungsverfahrens erwirkte der Kläger im Wege des Arrests zur Sicherung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich eine Vormerkung zur Eintragung einer Sicherungshypothek auf dem Grundstück. In einem auf die Beschwerde der Ehefrau anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung wurden Ausgleichsansprüche des Klägers wegen seiner Arbeitsleistungen und Investitionen in das Hausgrundstück erörtert. Die Verhandlung wurde vertagt, um der Ehefrau des Klägers und ihrem Prozeßbevollmächtigten Gelegenheit zu geben, den gesamten Vorgang mit den Eltern der Ehefrau zu besprechen. Im nächsten Verhandlungstermin - am - erschienen neben den Eheleuten und deren Prozeßbevollmächtigten auch der Beklagte und seine Ehefrau. Nach Erörterung der vom Kläger auf dem Hausgrundstück durchgeführten Umbauarbeiten erklärte der Beklagte zu Protokoll seine Bereitschaft, das Grundstück dem Kläger zum Preis von 365.000 DM zu verkaufen. Der Kläger erklärte, binnen einer Frist von zwei Wochen zu diesem Angebot Stellung nehmen zu wollen. Nach weiterer Erörterung erklärte der Beklagte - ausweislich des Protokolls - für den Fall, daß ein Kaufvertrag über das Grundstück in Höhe von 365.000 DM nicht zustandekomme, dem Kläger zur Abgeltung sämtlicher Zugewinnausgleichsansprüche gegen seine Tochter einen Betrag von insgesamt 70.000 DM zahlen zu wollen. Nachdem seine Versuche, den Hauskauf zu finanzieren, fehlgeschlagen waren, forderte der Kläger in einem an den Prozeßbevollmächtigten seiner Ehefrau gerichteten Schreiben vom den Beklagten auf, die in der mündlichen Verhandlung vom zugesagten 70.000 DM zu zahlen. Der Beklagte, dem dieses Schreiben alsbald weitergereicht wurde, lehnte mit Schreiben vom jede Zahlung ab und erklärte die Anfechtung seiner Erklärung wegen Drohung, Täuschung und Irrtums.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung des geltend gemachten Betrags verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er sein Klagabweisungsbegehren weiterverfolgt.

Gründe

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist zwischen den Parteien ein Vertrag eigener Art mit Elementen des Vergleichs (§ 779 BGB) und der befreienden Schuldübernahme (§ 414 BGB) zustande gekommen, der den Beklagten zur Zahlung des vom Kläger geltend gemachten Betrags verpflichtet.

Ein Angebot des Beklagten zum Abschluß eines solchen Vertrags liege in dessen Erklärung vom ; das Angebot sei dadurch bedingt gewesen, daß der Kläger vorab versuchen sollte, die finanziellen Mittel für den vorrangig geplanten Kauf des Hauses seiner Ehefrau zu erlangen. Dieses Angebot habe der Kläger spätestens mit Schriftsatz vom , den der Beklagte auch erhalten habe, angenommen.

Dieser Vertrag sei als Schuldübernahme formfrei gültig. Es handele sich nämlich um das Angebot auf Übernahme einer dem Grunde nach bestehenden Forderung des Klägers auf Ausgleich des Zugewinns oder auf Ansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, verbunden mit dem Angebot auf Konkretisierung und Begrenzung der Forderung. Mit dem Angebot des Beklagten habe nicht losgelöst von dem Streit des Klägers mit seiner Ehefrau um den Zugewinnausgleich eine neue, eigenständige Schuld des Beklagten begründet, sondern eben dieser Streit der Eheleute beigelegt werden sollen. Aber selbst wenn in dieser Vereinbarung auch Elemente des Schuldversprechens angenommen würden, seien die dann nach § 780 BGB zu beachtenden Schriftformerfordernisse mit der Protokollierung des Angebots im Termin zur mündlichen Verhandlung, dem erneuten Vorspielen des Angebots aus der vorläufigen Aufzeichnung und der ausdrücklichen Genehmigung seiner Erklärung durch den Beklagten erfüllt.

Der Beklagte sei an sein Angebot auch gebunden; die von ihm behaupteten Gründe für eine Anfechtung seien konstruiert, die hierzu behaupteten Tatsachen teilweise offenkundig falsch.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger das Angebot, das der Beklagte am abgeben hat, mit seinem an den Prozeßbevollmächtigten der Tochter des Beklagten gerichteten Schriftsatz vom gemäß §§ 147, 148 BGB wirksam angenommen hat. Ebenso bedarf es keiner Prüfung, ob, wie das Oberlandesgericht - von der Revision unbeanstandet - meint, die vom Beklagten erklärte Anfechtung dieses Vertrags nicht durchgreift. Denn der Vertrag ist jedenfalls nach § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB unwirksam.

a) Nach dieser Vorschrift kann ein Ehegatte sich nicht vor Beendigung des Güterstandes, falls nicht die Voraussetzungen des § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB eingreifen, zu Verfügungen über seine Ausgleichsforderung verpflichten; erst recht kann er keine Verfügung über seine Ausgleichsforderung treffen (Staudinger/Thiele BGB (2000) § 1378 Rdn. 15; Erman/Heckelmann BGB 11. Aufl. § 1378 Rdn. 8: gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB). Eben dies hat der Kläger aber getan; denn die Abfindungsabrede umfaßt, wenn man deren revisionsrechtlich nicht angreifbare und von der Revisionserwiderung auch nicht in Zweifel gezogene Auslegung durch das Oberlandesgericht zugrunde legt, eine Verfügung über die dem Kläger zustehende Ausgleichsforderung: Mit der vereinbarten Abfindung hat der Kläger zum einen auf einen etwaigen weitergehenden Zugewinnausgleichsanspruch verzichtet. Zum andern hat er in einen Schuldnertausch eingewilligt. Das Oberlandesgericht geht insoweit zutreffend von einer befreienden Schuldübernahme aus (§ 414 BGB); eine solche Schuldübernahme ist eine abstrakte Verfügung über das Forderungsrecht, bewirkt zugunsten eines Dritten (vgl. MünchKomm/Möschel a.a.O. § 414 Rdn. 2), hier der Tochter des Beklagten.

b) Eine - nach Rechtskraft der Scheidung an sich denkbare - Bestätigung der zuvor unwirksamen Abrede nach § 141 BGB kommt hier nicht in Betracht: Zwar genügt, wenn die Nichtigkeit eines Vertrags aus der Nichtigkeit der Willenserklärung nur einer der Vertragsparteien resultiert, für § 141 BGB die Bestätigung nur durch eben diese Vertragspartei. Ist - wie im vorliegenden Fall - die Abrede dagegen als solche unwirksam, so muß die Bestätigung durch beide Vertragsparteien erfolgen (MünchKomm/Mayer-Maly/Busche a.a.O. § 141 Rdn. 10); dies gilt hier um so mehr, als § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB nicht nur den über die Ausgleichsforderung verfügenden Ehegatten schützt, sondern auch den anderen Ehegatten (vor Rechtshandlungen seines Ehegatten, durch die ein Drittinteresse an der Beendigung des Güterstandes und damit an der Eheauflösung begründet werden könnte, vgl. MünchKomm/Koch a.a.O. § 1378 Rdn. 20). An der - danach notwendigen - übereinstimmenden Bestätigung durch beide Vertragsparteien fehlt es, weil der Beklagte sich mit seinem Antwortschreiben vom gegen die Vereinbarung gewehrt und diese Haltung in der Folgezeit beibehalten hat.

c) Die Vereinbarung ist auch nicht nach § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB wirksam. Diese Vorschrift erklärt Abreden der Ehegatten über den Zugewinnausgleich für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens (hinsichtlich bereits zuvor getroffener Vereinbarungen vgl. - FamRZ 1983, 157, 159) für zulässig, bindet sie jedoch an die notarielle Beurkundung oder an die gerichtliche Protokollierung (§ 127a BGB). Die Voraussetzungen des § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB liegen indes nicht vor.

Zum einen fehlt es bereits an einer Vereinbarung der Ehegatten. Soweit die Revisionserwiderung in der Abrede "eine Vereinbarung unter den Ehegatten unter Einbeziehung eines Dritten" sehen will, ist dies mit den Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht zu vereinbaren, nach denen (nur) zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ein Vertrag mit den Elementen der Schuldübernahme und des Vergleichs zustande gekommen ist. Zum andern würde auch eine solche Vereinbarung unter den Ehegatten unter Einbeziehung eines Dritten nicht, wie die Revisionserwiderung meint, unter Satz 2, sondern unter Satz 3 des § 1378 Abs. 3 fallen. § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB will Dritte gerade aus der güterrechtlichen Vereinbarung "heraushalten" und damit - um der Ehe willen - jedes Drittinteresse an der Beendigung des Güterstandes ausschließen (vgl. Staudinger/Thiele aaO Rdn. 16). Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn Verträge mit Dritten auch dann unter Satz 3, nicht aber unter Satz 2 des § 1378 Abs. 3 BGB subsumiert werden, wenn beide Ehegatten an ihnen beteiligt sind.

Im übrigen wäre auch das Formerfordernis des § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht gewahrt. In der Form des § 127a BGB beurkundet ist nur das Angebot des Beklagten; die ebenfalls (und im Hinblick auf den Schutzzweck des § 1378 Abs. 3 Satz 2, 3 BGB: gerade) formgebundene Annahme des Klägers ist es nicht. Die Möglichkeit einer Bestätigung nach § 141 BGB ändert an der Formnichtigkeit (§ 125 Abs. 1 BGB) nichts: Die Unwirksamkeit des Vertrags ergibt sich aus der fehlenden Form der Annahmeerklärung. Mit der rechtskräftigen Scheidung ist zwar das Formerfordernis und damit der Nichtigkeitsgrund entfallen. Eine Bestätigung des Klägers würde jedoch - unbeschadet des § 141 Abs. 2 BGB - nur bewirken, daß dessen Annahme-Erklärung ex nunc wirksam wird. Das aber könnte einen Vertragsschluß wiederum nur herbeiführen, wenn der Beklagte an sein Angebot vom noch immer - also auch noch nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung im Februar 2000 - gebunden wäre. Das ist nicht der Fall.

3. Das angefochtene Urteil kann nach allem keinen Bestand haben. Da weitere Feststellungen weder notwendig noch zu erwarten sind, kann der Senat selbst abschließend entscheiden. Der Vertrag zwischen den Parteien ist nicht wirksam zustande gekommen. Das auf diesen Vertrag gestützte Zahlungsbegehren des Klägers ist deshalb nicht begründet und die Klage folglich abzuweisen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
RAAAC-06426

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein