BGH Urteil v. - XI ZR 121/02

Leitsatz

[1] Eine von einem Arbeitnehmer mit mäßigem Einkommen aus Sorge um den Erhalt seines Arbeitsplatzes für einen Bankkredit des Arbeitgebers übernommene Bürgschaft ist sittenwidrig, wenn sie den Arbeitnehmer finanziell kraß überfordert und sich der Arbeitgeber in einer wirtschaftlichen Notlage befindet.

Gesetze: BGB § 765; BGB § 138 Bc

Instanzenzug: OLG Rostock vom LG Rostock vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Bürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte war seit dem bei der neu gegründeten H. Baugesellschaft mbH i.G. (nachfolgend: H. GmbH) in M. als Bauleiter angestellt. Sein monatliches Nettoeinkommen, von dem er 356 DM Unterhalt für seine Tochter zu leisten hatte, betrug ab 2.222,70 DM. Nachdem die Gesellschaft Ende 1991 in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, verhandelte ihr Geschäftsführer mit der klagenden Sparkasse über die Gewährung eines kurzfristigen Kontokorrentkredits von 200.000 DM. Die Klägerin erklärte sich dazu nur unter der Voraussetzung bereit, daß die Gesellschaft hinreichende Sicherheiten stellt. Nach einem Gespräch mit der Klägerin über die Stellung von Arbeitnehmerbürgschaften am übernahmen der Beklagte und zwei andere Arbeitnehmer am je eine selbstschuldnerische Bürgschaft mit weiter Sicherungszweckerklärung bis zum Höchstbetrag von 200.000 DM. Die formularmäßige Bürgschaft umfaßt nach ihrer Nr. 2 die auf die Bürgschaftssumme entfallenden Zinsen, Provisionen und Kosten auch dann, wenn dadurch der Höchstbetrag überschritten wird. Die Einrede der Aufrechenbarkeit und § 776 BGB sind ausgeschlossen.

Kurze Zeit später gab die H. GmbH das von ihr betriebene Baugeschäft auf und stellte im April 1992 einen Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens, der mangels Masse abgelehnt wurde. Am kündigte die Klägerin das Darlehen, für das sie 17% Zinsen berechnete, fristlos. Nach ihrer Darstellung betrugen die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin zu diesem Zeitpunkt 121.831,92 DM.

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus dem Bürgschaftsvertrag auf Zahlung eines Teilbetrages von 70.000 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch. Der Beklagte, der nach eigenen Angaben über kein Vermögen verfügt, erachtet die Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung und anderer Umstände für sittenwidrig. Die Bürgschaft habe er allein aus Sorge um den Erhalt seines Arbeitsplatzes bei der Hauptschuldnerin übernommen. Außerdem sei er durch schönende Angaben der Klägerin, die die Bürgschaft als bloße Formsache verharmlost habe, über die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Ertragsaussichten der sanierungsbedürftigen Hauptschuldnerin getäuscht worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Gründe

Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.

Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Der Bürgschaftsvertrag über 200.000 DM sei nicht sittenwidrig. Zwar werde der Beklagte durch die Bürgschaft finanziell kraß überfordert. Von seinem Monatseinkommen sei nur ein Betrag von 564 DM pfändbar. Dieser reiche zur Zahlung der darlehensvertraglichen Zinsen nicht aus. Die finanzielle Überforderung des Beklagten könne eine Sittenwidrigkeit der Bürgschaft grundsätzlich aber nur dann begründen, wenn zusätzlich erschwerende, dem Gläubiger zurechenbare Umstände hinzukämen. Der Grundsatz, daß eine krasse finanzielle Überforderung des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen ein gewichtiges Indiz dafür sei, daß er sich entgegen seinen eigenen Interessen nur aus einer - durch die emotionale Verbundenheit mit dem Hauptschuldner bedingten - unterlegenen Position heraus auf das Geschäft eingelassen und der Gläubiger dies in verwerflicher Weise ausgenutzt habe, komme hier nicht zum Tragen. Die vom Beklagten gegenüber der Klägerin bei den Vertragsverhandlungen nicht einmal offengelegte Sorge um den Erhalt seines Arbeitsplatzes stelle keinen erschwerenden Umstand dar, der die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft begründe.

Aus der Entscheidung des (MDR 1998, 234) zur Sittenwidrigkeit einer Arbeitnehmerbürgschaft ergebe sich nichts anderes. Sie betreffe einen besonders gelagerten Ausnahmefall, in dem die verbürgte Verbindlichkeit so hoch sei, daß bereits bei Vertragsschluß feststehe, der Bürge werde, wenn sich das Risiko verwirkliche, auch bei günstigster Prognose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Forderung des Gläubigers nicht einmal zu großen Teilen tilgen können. Davon sei hier aber nicht auszugehen. Vielmehr habe der Beklagte sich nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin aufgrund seines Einsatzes eine baldige wirtschaftliche Gesundung der Hauptschuldnerin und höhere Bezüge versprochen. Außerdem habe bei den Vertragsverhandlungen eine Gesellschaftsbeteiligung des Beklagten und eine damit verbundene Einflußnahme auf die Unternehmensführung zur Diskussion gestanden. Für die Klägerin sei deshalb nicht auszuschließen gewesen, daß der Beklagte in Zukunft ein deutlich höheres Einkommen erziele und die laufenden Zinsen des verbürgten Kredits tragen könne.

Besondere Umstände, die die Bürgschaft als sittenwidrig erscheinen lassen könnten, lägen nicht vor. Für die Behauptung, durch verharmlosende Erklärungen der Klägerin und/oder eine ihr anzulastende Überrumpelung zum Vertragsschluß veranlaßt worden zu sein, sei der Beklagte beweisfällig geblieben.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.

Der Bürgschaftsvertrag über 200.000 DM ist, wie die Revision zutreffend rügt, wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

1. Zutreffend ist allerdings die auch von der Klägerin nicht ernsthaft in Zweifel gezogene Ansicht des Berufungsgerichts, die Höchstbetragsbürgschaft über 200.000 DM überfordere den Beklagten finanziell in krasser Weise.

Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann (siehe etwa , WM 2002, 1649, 1651 und vom - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797, jeweils m.w.Nachw.). Ob die von der Klägerin angesprochene Möglichkeit der Restschuldbefreiung, wie sie die seit dem geltenden §§ 286 ff. InsO vorsehen, Anlaß geben kann, die Grenze für eine finanzielle Überforderung anders festzulegen, kann offenbleiben. Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen (siehe etwa BGHZ 125, 206, 209; 140, 395, 399). Der Darlehensvertrag wurde indes bereits im Januar 1992, also vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung, geschlossen. Schon deshalb ist es nicht möglich, das in ihr normierte Verfahren zur Restschuldbefreiung zu berücksichtigen (siehe bereits Senatsurteil vom - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 225).

Bei Übernahme der Bürgschaft im Januar 1992 verdiente der Beklagte als Bauleiter bei der H. GmbH 2.222,70 DM netto im Monat. Der unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflicht pfändbare Teil von 564 DM reichte bei weitem nicht aus, die von der Klägerin berechneten laufenden Zinsen des verbürgten Geschäftskredits von 17% bis zum Vertragsende allein zu tragen. Hinzu kommt, daß sein Gehalt von dem finanziellen Leistungsvermögen der Hauptschuldnerin abhängig und davon auszugehen war, daß sie bei Eintritt des Sicherungsfalles entweder zahlungsunfähig oder überschuldet sein würde. Dies wird bei der vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ohne ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte erwogenen Möglichkeit, der Beklagte werde bei der Hauptschuldnerin künftig deutlich mehr verdienen und könne in der Lage sein, die laufenden Zinsen des verbürgten Kredits zu tragen, außer acht gelassen. Daß der Beklagte aufgrund seiner Ausbildung als Bauleiter oder in ähnlicher Stellung bei einem anderen Bauunternehmen in absehbarer Zeit wesentlich mehr verdienen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

2. Zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts, dem Beklagten komme ohne Hinzutreten weiterer belastender Umstände nicht die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; 151, 34, 37; , WM 1998, 2327, 2328, vom - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651, vom - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797 und vom - IX ZR 283/99, ZIP 2003, 1596, 1598) anerkannte widerlegliche Vermutung zugute, daß ein kraß finanziell überforderter, dem Hauptschuldner persönlich nahestehender Bürge die Bürgschaft nur aus einer durch die emotionale Verbundenheit mit dem Hauptschuldner bedingten unterlegenen Position heraus übernommen und der Gläubiger dies in verwerflicher Weise ausgenutzt habe. Die Vermutung beruht auf der Lebenserfahrung, daß sich ein Bürge bei Übernahme einer ruinösen Bürgschaft für einen Ehe- oder Lebenspartner, einen engen Verwandten oder Freund vor allem von Emotionen hat leiten lassen und der Kreditgeber diese ausgenutzt hat.

Zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer besteht in aller Regel kein von Emotionen geprägtes, einer Ehe, einer eheähnlichen Partnerschaft oder einer engen Verwandtschaft oder Freundschaft vergleichbares persönliches Näheverhältnis. Das gilt besonders, wenn der Arbeitnehmer - wie hier der Beklagte - einer von etwa 20 und bei Übernahme der Bürgschaft für den Arbeitgeber erst seit etwa einem Jahr tätig war. Bei einem Arbeitsverhältnis stehen nicht Emotionen, die die Fähigkeit zu rationalem Handeln erheblich beeinträchtigen, sondern die beiderseitigen, häufig gegensätzlichen Interessen der Arbeitsvertragsparteien im Vordergrund. Besondere Umstände, die hier eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

3. Dem Berufungsgericht kann aber nicht gefolgt werden, soweit es meint, die Bürgschaft sei wirksam, weil die Klägerin nicht in unzulässiger Weise auf die Entschließung des Beklagten durch die Tragweite der Haftung verharmlosende bzw. verschleiernde Erklärungen oder durch schönende Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse und Aussichten der Hauptschuldnerin eingewirkt habe. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sich auch im Bereich der Arbeitnehmerbürgschaften eine tatsächliche widerlegliche Vermutung für ein weitgehend fremdbestimmtes Handeln des Betroffenen ergibt. Jedenfalls liegen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hinreichende Umstände vor, die den Beklagten auch ohne derartige verbotene Handlungen der Klägerin an einer freien und eigenverantwortlichen Entscheidung hinderten und von ihr in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt wurden.

a) Bei der zu beurteilenden ruinösen Bürgschaft des Beklagten handelt es sich um eine Arbeitnehmerbürgschaft für Bankverbindlichkeiten der Arbeitgeberin, einer finanzschwachen GmbH. Diese hatte erst Anfang 1991 mit Hilfe erheblicher Kredite ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen und befand sich bei Aufnahme des verbürgten Kredits von 200.000 DM Ende 1991/Anfang 1992 in ernsten Liquiditätsschwierigkeiten. Diese waren so akut, daß die Arbeitgeberin den Geschäftsbetrieb trotz des gewährten Kredits bereits drei Monate später einstellen und Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung stellen mußte, der mangels Masse abgelehnt wurde. Der Beklagte stand damit bei Übernahme der Bürgschaft vor der Alternative, entweder dem über die Arbeitgeberin an ihn herangetragenen Sicherungsbegehren der Klägerin zusammen mit zwei anderen Arbeitskollegen nachzugeben oder den sofortigen Verlust seines Arbeitsplatzes in Kauf zu nehmen.

Ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse an der Gewährung des verbürgten Kredits hatte der Beklagte für die Klägerin erkennbar nicht. An der GmbH war er nicht beteiligt, von Gewinnen und Wertsteigerungen der GmbH profitierte er deshalb nicht. Der Vorschlag der Klägerin im Rahmen der Verhandlungen über den Bürgschaftsvertrag, er solle möglichst in naher Zukunft Gesellschafter werden, wurde vom alleinigen Gesellschafter der GmbH nicht aufgegriffen, die Übernahme der risikoreichen Bürgschaft von einer wesentlichen und werthaltigen Beteiligung an der Hauptschuldnerin nicht abhängig gemacht. Eine etwaige Vorstellung des Beklagten, von einer Sanierung der Hauptschuldnerin mit Hilfe des verbürgten Kredits künftig durch ein höheres Gehalt zu profitieren, war ersichtlich nichts weiter als eine vage Hoffnung.

Durch die Übernahme der Bürgschaft über 200.000 DM wurde der Beklagte, der mit 2.222,70 DM monatlich nur über ein mäßiges Nettoeinkommen verfügte, ohne Gewinnbeteiligung und ohne irgendeine Gegenleistung in einem Umfang mit dem wirtschaftlichen Risiko der Arbeitgeberin und dem Kreditrisiko belastet, der geeignet war, ihn für den Rest seines Lebens wirtschaftlich zu ruinieren. Wenn der Beklagte die ihn kraß überfordernde Bürgschaft dennoch übernahm, so geschah dies allein aus Angst um seinen Arbeitsplatz bei der Hauptschuldnerin und den Verlust seines Einkommens, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestritt. Dafür besteht in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, wie sie seit längerer Zeit vor allem auch in den neuen Bundesländern herrscht, eine tatsächliche, widerlegliche Vermutung (vgl. KG MDR 1998, 234, 235). Diese Angst, die sich der mit den dortigen Arbeitsmarktverhältnissen vertrauten Klägerin als Grund für die ersichtlich unüberlegte Übernahme der für ihn ruinösen Bürgschaft durch den Beklagten aufdrängte, hat den Beklagten daran gehindert, das Risiko der ruinösen, ohne jeden Ausgleich übernommenen Bürgschaft realistisch abzuschätzen, sich zu vergegenwärtigen, daß die Verpflichtung aus der Bürgschaft nicht mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der Hauptschuldnerin endet, und eine vernünftige Entscheidung zu treffen.

Das hat die dem Beklagten strukturell weit überlegene Klägerin ausgenutzt, um das mit der Ausreichung des Geschäftskredits über 200.000 DM verbundene Risiko (auch) dem Beklagten sowie zwei anderen Arbeitnehmern der nahezu illiquiden Hauptschuldnerin aufzubürden, obwohl sich die Fragwürdigkeit der Arbeitnehmerbürgschaften für sie aufdrängen mußte. Sie hat damit versucht, von der aufgezeigten Zwangslage des Beklagten und seiner Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes zu profitieren. Dies gibt, wie das Bundesarbeitsgericht (NJW 1991, 860, 861) für eine Vereinbarung über die Belastung eines am Gewinn nicht beteiligten Arbeitnehmers mit dem Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers entschieden hat, dem Bürgschaftsvertrag nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu beurteilenden Gesamtcharakter das Gepräge der Sittenwidrigkeit.

b) Hier kommt noch erschwerend hinzu, daß der formularmäßige Bürgschaftsvertrag mehrere den Bürgen unangemessen belastende Klauseln enthält. Die weite Sicherungszweckerklärung, die die Bürgschaft auf alle bestehenden und künftigen Forderungen der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung erweitert, verstößt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen §§ 3 und 9 AGBG (BGHZ 126, 174, 177; 130, 19, 24 ff.; 137, 153, 155 f.; 142, 213, 215 f.; 143, 95, 96 f.; 151, 374, 377; , WM 2002, 436, 438 und vom - IX ZR 171/00, WM 2003, 669, 670, für BGHZ vorgesehen). Die vorgesehene Erstreckung der Höchstbetragsbürgschaft auf Nebenforderungen über den Höchstbetrag hinaus ist mit § 9 AGBG unvereinbar (BGHZ 151, 374, 381 ff.). Der formularmäßige Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit benachteiligt den Beklagten ebenfalls unangemessen (§ 9 AGBG), wenn er - wie hier - auch für den Fall gilt, daß die Gegenforderung des Hauptschuldners unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist (, WM 2003, 669, 671, für BGHZ vorgesehen). Der Ausschluß des § 776 BGB verstößt ebenfalls gegen § 9 AGBG (BGHZ 144, 52, 55 ff.; , WM 2000, 1141, 1144). Daß diese unangemessenen Klauseln, die bei der nach § 138 Abs. 1 BGB erforderlichen Gesamtbetrachtung einen Verstoß des Bürgschaftsvertrages gegen die guten Sitten allein nicht zu begründen vermöchten, unwirksam sind, kommt der Klägerin nach dem Schutzzweck des AGB-Gesetzes bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit nicht zugute (BGHZ 80, 153, 172; 98, 174, 177; 136, 347, 355 f.).

III.

Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BB 2003 S. 2648 Nr. 50
DB 2004 S. 183 Nr. 4
DStR 2004 S. 146 Nr. 4
INF 2004 S. 11 Nr. 1
IAAAC-05405

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: nein