BGH Urteil v. - X ZR 245/00

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 138 Abs. 1 a.F.; BGB § 166 Abs. 1 a.F.; BGB § 640 a.F.; BGB § 651; HGB § 377; HGB § 378; VOL/B § 14 Nr. 4 Abs. 1; VOL/B § 14 Nr. 4 Abs. 1 Satz 3

Instanzenzug: OLG Dresden vom

Tatbestand

Der Kläger, ehemaliger Mitarbeiter der Beklagten, verlangt von dieser Zahlung für die Lieferung und Installation von Hard- und Software in Höhe von 103.216,80 DM.

Die Beklagte führte eine Ausschreibung über diese Leistungen durch. Sie forderte den Kläger neben fünf weiteren Bietern am zur Abgabe eines Angebots auf. Die Beklagte, die bereits über HP Unix-Rechner verfügte, wollte AutoCAD-Software hinzuerwerben. Um nicht 15 neue Personalcomputer erwerben zu müssen, sollten die Bieter eine Möglichkeit aufzeigen, die AutoCAD-Software auf den einzelnen HP Unix-Rechnern mit dem inkompatiblen Betriebssystem Unix nutzbar zu machen.

Der Kläger unterbreitete der Beklagten am ein Angebot. Unter I. ... Terminalserver bot er "...Software: notwendige Server- und Clientlizenzen für ca. 15 gleichzeitige User" an sowie weiter eine CAD-Software für HP Workstations und eine AutoCAD-Software deutsche Version.

Die Beklagte erteilte dem Kläger den Auftrag. In der Folgezeit lieferte und installierte dieser die Hard- und Software bei der Beklagten. Am bestätigte der auf seiten der Beklagten beigetretene Streithelfer, damals deren technischer Ausbildungsleiter, die Übernahme der Ware mit dem Zusatz: "Migrationslizenz von ... fehlt, deshalb wird die komplette Dokumentation nachgereicht". Dies geschah am . Der Streithelfer unterschrieb den Lieferschein des Klägers mit der Bemerkung: "Freischaltung nach Servertestlauf muß bei C. erfolgen".

Mit Schreiben vom stellte der Kläger der Beklagten die Vergütung in Höhe von 103.216,80 DM in Rechnung. Die Beklagte überwies diesen Betrag. Am veranlaßte die Bank eigenmächtig dessen Rücküberweisung an die Beklagte. Mit Schreiben vom lehnte die Beklagte die Zahlung ab und forderte den Kläger auf, die gelieferten Gegenstände zurückzunehmen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Zahlung verpflichtet. Dazu hat er vorgetragen, er habe seine Leistung vollständig erbracht. Er habe die notwendige Software und die Lizenzen beschafft. Durch Rücksprache mit dem Streithelfer habe er bereits vor Angebotsabgabe erfahren, daß die Beklagte über verschiedene Server- und Klientlizenzen verfügte. Daher habe er seinem Angebot nur die bei der Beklagten fehlenden Lizenzen zugrunde gelegt. In der Ausschreibung sei keine Vorgabe, welche Software zu liefern sei, und keine Festlegung der Lizenzierung, ob Neukauf (Vollversion) oder Migration geschuldet war, erfolgt. Auch die preisgünstigere Migrationslösung sei ausreichend zur Vertragserfüllung.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 103.216,80 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem zu zahlen.

Die Beklagte und der Streithelfer haben um Klageabweisung gebeten.

Die Beklagte hat erwidert, der Streithelfer habe mit dem Kläger zu ihrem Nachteil kollusiv zusammengewirkt. Er habe veranlaßt, daß in die Ausschreibung die kurz zuvor erworbenen Softwarelizenzen unter Position I. ... der Leistungsbeschreibung aufgenommen werden. Darüber hinaus sei von ihm für die Terminalserver Software von der C. für 15 Benutzer eine Vollversion angegeben worden, obwohl insoweit wegen vorhandener Version nur ein Update erforderlich gewesen sei.

Dies alles habe der Streithelfer gegenüber dem Einkaufsleiter H. der Beklagten geheim gehalten. Aufgrund der allein ihm durch den Streithelfer vermittelten besonderen Kenntnisse sei der Kläger in der Lage gewesen, ein Update zu liefern, gleichwohl habe er eine Vollversion in Rechnung gestellt. Er sei zudem nicht autorisierter Vertriebspartner für die Lieferung der Lizenzen und habe daher der Beklagten keine Lizenzberechtigung verschaffen können. Er habe seine wahre Identität bei der Ausschreibung verheimlicht. Der Streithelfer habe eingeräumt, den Kläger informiert zu haben. Er habe daher mit seinen Informationen zugunsten des Klägers das Bieterverfahren verletzt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Dagegen hat sich der Kläger mit seiner Berufung gewandt und ergänzend vorgetragen, die vollständige Abnahme der vertragsgemäßen Leistung sei am 27. Januar und am erfolgt. Die Freischaltung bei C. habe am erfolgen können; allerdings habe die Beklagte einen weiteren Test durchführen wollen. Die Freischaltung sei nicht vom Kläger geschuldet, die Beklagte habe diese ohne besondere Mühe und Aufwand erwirken können.

Die Beklagte hat weiter vorgetragen, die Befugnisse des Streithelfers hätten sich darauf beschränkt, Auskünfte zu erteilen; er habe nicht den Leistungsgegenstand bestimmen und damit den Vertragsgegenstand ändern können. Die Lieferung sei nicht vollständig erfolgt. Am sei weder der Terminalserver noch die sonstige Software bei der Beklagten gewesen. Die vom Kläger gelieferte Software der H. sei nicht fehlerfrei. Die Freischaltung der Software der C. sei nicht erfolgt. Der Kläger habe den Freischaltcode nicht geliefert.

Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil abgeändert; unter Klageabweisung im übrigen hat es die Beklagte zur Zahlung von 100.816,80 DM nebst 5 % Zinsen seit dem Zug um Zug gegen Erbringung von zwei Schulungstagen verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückweisung der Berufung des Klägers auch im übrigen erstrebt. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.

Gründe

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß zwischen den Parteien ein Werklieferungsvertrag gemäß § 651 BGB in der bis zum geltenden Fassung (a.F.) über die Lieferung von Hard- und Software sowie deren Installation wirksam zustande gekommen und daß auf dieses Vertragsverhältnis Werkvertragsrecht anzuwenden ist. Es hat den Vertrag der Parteien dahin ausgelegt, daß sich der Kläger verpflichtet hat, sämtliche Server- und Klientlizenzen zur Verfügung zu stellen, die für den Betrieb des Terminalservers zu dem vorgegebenen Zweck erforderlich sind. In Anbetracht des Wortlautes der Ausschreibung und des Fehlens jeglichen Hinweises auf das Vorhandensein von Lizenzen bei der Beklagten sei die Auffassung des Klägers nicht naheliegend, daß nur diejenigen Lizenzen zu liefern seien, die angesichts der bereits vorhandenen Ausstattung der Beklagten notwendig seien; es ist demgemäß davon ausgegangen, daß nach dem Inhalt der Ausschreibung Vollversionen zu liefern waren.

Dieses Ergebnis der dem Tatrichter vorbehaltenen Würdigung greift die Revision nicht an; Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.

2. Die Vertragspartner haben diesen Umfang der Leistungspflichten des Klägers nicht geändert.

a) Das Berufungsgericht hat dies allerdings angenommen und ausgeführt, bei der Auslegung eines Vertrags sei auch auf die besonderen Absprachen zwischen den Parteien und ihr Verständnis des Vertragstextes abzustellen. Insoweit komme es auf die Kenntnis des Klägers und des Streithelfers an, dessen Kenntnis der Beklagten zuzurechnen sei. Die Grundsätze für die Willenszurechnung könnten auch dann herangezogen werden, wenn die Voraussetzungen einer rechtgeschäftlichen Vertretung nicht vorlägen. Dem Kläger sei aufgrund der telefonischen Mitteilung des Streithelfers vor Angebotsabgabe bekannt gewesen, daß bereits Software und Lizenzen bei der Beklagten vorhanden gewesen seien. Der Kläger und der Streithelfer hätten den in dem Vertrag gebrauchten Begriff "notwendig" übereinstimmend dahin verstanden, daß nur noch die zusätzliche Software und die entsprechenden Lizenzen angeboten werden sollten.

b) Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar anerkannt, daß § 166 Abs. 1 BGB a.F. erweiternd auch auf sogenannte Wissensvertreter anzuwenden ist (BGHZ 117, 104, 106 f. m.w.N.; , NJW 1996, 1205). Die Anwendung dieser Vorschrift ist nicht auf die rechtsgeschäftliche Vertretung beschränkt, sondern erstreckt sich analog auch auf den vergleichbaren Tatbestand der Wissensvertretung. Wissensvertreter ist dabei jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie gegebenenfalls weiterzuleiten. Der Geschäftsherr muß sich seiner im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie eines Vertreters bedienen (, NJW 1987, 3250).

Diese Grundsätze finden aber im Streitfall keine Anwendung. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts war der Streithelfer zwar Ansprechpartner der Beklagten gegenüber den Bietern im Ausschreibungsverfahren. Er war aber weder bevollmächtigt, für die Beklagte rechtsgeschäftlich wie ein Vertreter tätig zu werden, noch hat er Wissen in Wahrnehmung einer solchen Vertreteraufgabe erlangt. Um eine "Vertretung" des Wissens geht es hier nicht; Gegenstand der Berufung ist die Frage nach dem Inhalt der aus dem Vertrag resultierenden Pflichten des Auftragnehmers, zu deren Änderung der Streithelfer nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch aus der Sicht des Klägers nicht befugt war.

3. a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger habe seine vertragsgemäße Leistung - mit Ausnahme von unstreitig zwei Schulungstagen - vollständig erbracht; die Beklagte habe diese Leistung durch schlüssiges Verhalten abgenommen. Dazu hat es ausgeführt, der Streithelfer habe auf dem Lieferschein vom bestätigt, daß die Ware vollständig übernommen wurde mit Ausnahme der Migrationslizenz von ... , die mit der kompletten Dokumentation nachgereicht werden sollte. Ausweislich des Lieferscheins vom sei die Dokumentation zur Installation übergeben worden. Die Beklagte habe die Hard- und Software zu ihrer Zufriedenheit getestet und nutze die gelieferte CAD-Software der H. ohne Mängelrügen. Ein weiteres Indiz für die vollständige Lieferung der vertraglich geschuldeten Hard- und Software sei die Anweisung der Beklagten an die Bank zur Überweisung der Vergütung. Soweit die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom geltend gemacht habe, daß sie bei der Software CAD 400 nur das Update der Version 5.1 und nicht - wie geschuldet - der Version 5.3 erhalten habe, sei sie damit gemäß §§ 377, 378 HGB ausgeschlossen. Soweit die Beklagte beanstande, daß die Software der C. noch nicht freigeschaltet sei, sei dies keine Leistung, die der Kläger zu erbringen habe.

b) Diese Ausführungen tragen im Ergebnis die Annahme einer Abnahme durch schlüssiges Verhalten nicht.

aa) Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, daß eine Abnahme durch die Beklagte bei den Lieferungen am 27. Januar und nicht erfolgt ist, weil jedenfalls zu diesen Zeitpunkten die vertraglichen Leistungen des Klägers noch nicht vollständig erbracht waren. Die Revision stellt nicht in Abrede, daß die Beklagte die Entgegennahme der Lieferungen des Klägers bestätigt hat und daß sie Teile der gelieferten Hard- und Software nutzt. Mit Recht rügt die Revision aber, das Berufungsgericht habe verfahrensfehlerhaft Abnahme durch schlüssiges Verhalten angenommen, obwohl das Werk noch nicht vollendet gewesen sei, und macht damit erfolgreich eine mangelnde Fälligkeit der Vergütung geltend.

bb) Eine stillschweigende Abnahme der Leistung liegt vor, wenn der Besteller zwar nicht ausdrücklich, aber durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck bringt, daß er das von ihm entgegengenommene Werk als ein in der Hauptsache vertragsgemäßes Werk anerkennt. Ist das Werk objektiv als Erfüllung anzusehen, kann die Entgegennahme des Werks ein Indiz für die Annahme sein, der Auftraggeber billige die Leistung als im wesentlichen vertragsgemäß. Eine stillschweigende Werkabnahme einer speziellen EDV-Systemlösung setzt voraus, daß das Werk vollendet ist (Sen.Urt. v. - X ZR 83/90, NJW 1993, 1063, 1064). Ist die Leistung dagegen nicht vollständig erbracht, schließt dies zwar eine Abnahme des Werks im Sinne des § 640 BGB a.F. nicht notwendig aus. Allerdings müssen gewichtige Umstände vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, der Auftraggeber habe das Werk als vertragsgemäße Erfüllung anerkannt. Ein Abnahmewille kann in einem solchen Fall trotz Übernahme des Werkes nicht unterstellt werden.

cc) (1) Die Revision kann allerdings nicht mit Erfolg geltend machen, Abnahmefähigkeit des geschuldeten Werks liege schon deshalb nicht vor, weil der Kläger zwei Schulungstage nicht erbracht habe; Schulung sei bei einem Vertrag wie dem vorliegenden von wesentlicher Bedeutung. Das Berufungsgericht hat die Schulungspflicht als trennbare Nebenleistung des Vertrages bewertet und deshalb dem Umstand, daß der Kläger bislang zwei Schulungstage schuldig geblieben ist, keine die Abnahme der Hauptleistung berührende Bedeutung beigemessen. Umstände, die dafür sprechen könnten, die ausgebliebene Erfüllung der Schulungspflicht schließe die Abnahme der Hard- und Software aus, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht ersichtlich.

(2) Mangelnde Abnahmefähigkeit des Werks kann die Revision mit Erfolg auch nicht darauf stützen, der Kläger habe bei der Software CAD 400 nicht wie vereinbart das Update der Version 5.3, sondern lediglich die Version 5.1 geliefert; das Berufungsgericht verkenne, daß die Parteien die VOL/B vereinbart hätten, so daß durch die Anzeigepflicht gemäß § 14 Nr. 4 Abs. 1 Satz 3 VOL/B die Anwendung der §§ 377, 378 HGB ausgeschlossen sei.

Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwar davon auszugehen, daß die Parteien entsprechend den Ausschreibungsunterlagen die Anwendung der VOL/B vereinbart haben. Nach § 14 Nr. 4 Abs. 1 VOL/B erstrecken sich, soweit nichts anderes vereinbart ist, Gewährleistungsansprüche auf Mängel, die in einer Frist von sechs Monaten ab Gefahrenübergang auftreten. Der Auftraggeber hat dem Auftragnehmer solche Mängel aber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Dies ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geschehen. Danach hat die Beklagte weder bei der Anlieferung am noch bei der Übergabe der Dokumentation am und auch nicht in der Folgezeit das Fehlen der Version 5.3 gerügt, sondern sich erstmals mit Schriftsatz vom , also fast zwei Jahre nach Übergabe, hierauf berufen.

(3) Die Revision kann ferner nicht mit Erfolg ins Feld führen, dem erfolgreichen Test der Anlage am komme entgegen der Annahme des Berufungsgerichts keine indizielle Bedeutung zu, weil zu diesem Zeitpunkt nicht nur die Migrationslizenz für einen wesentlichen Teil der Software, sondern auch eine vollständige Dokumentation gefehlt habe.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Sen.Urt. v. - X ZR 83/90, NJW 1993, 1063, 1064; vgl. auch , NJW 1993, 2436, 2438) ist zwar die Dokumentation wesentlicher Bestandteil des Werks, so daß ohne Vorlage der Dokumentation in der Regel ein abnahmefähiges Werk nicht vorliegt. Es mag deshalb zutreffen, daß trotz des zufriedenstellenden Ablaufs des Tests am keine Abnahme stattgefunden hat. Dies schließt aber nicht aus, den erfolgreichen Test bei der Gesamtwürdigung der Umstände als Indiz für eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten zu bewerten.

(4) Ebenso hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei die Benutzung der Software der H. und die Abzeichnung der Lieferscheine als Indiz für die Vollendung des Werks und die Abnahme durch schlüssiges Verhalten gewertet. Mit Recht meint zwar die Revision, in der Abzeichnung von Lieferscheinen könne keine Abnahme gesehen werden, weil damit lediglich der Empfang der aufgeführten Ware bestätigt werde, nicht aber die Vollständigkeit der geschuldeten Waren oder gar die Erbringung der über eine reine Warenlieferung hinausgehenden Werkleistung des Klägers. Eine solche Bedeutung hat das Berufungsgericht der Unterzeichnung der Lieferscheine auch nicht beigemessen. Vielmehr hat es diese als Beleg dafür gewertet, daß der Kläger die Hard- und Software geliefert hat, deren Vollständigkeit die Beklagte nicht bestritten hat.

dd) Verfahrensfehlerhaft hat aber das Berufungsgericht angenommen, die vom Kläger geschuldete Software sei trotz Fehlens der Freischaltung vollständig erbracht, weil diese keine vertragliche Leistungspflicht des Klägers gewesen sei. Die Beklagte könne diese Freischaltung durch Anmeldung auf der Website der C. durch Eingabe der IPN-Nummer selbst bewirken, was die Beklagte nicht bestritten habe.

Der Kläger hat mit der Pflicht zur Lieferung der Software im Rahmen des Vertrages auch die Pflicht übernommen, alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die gelieferte Software in Betrieb genommen werden konnte. In Erfüllung dieser Lieferpflicht hatte der Kläger der Beklagten den zum Betrieb erforderlichen Code zu verschaffen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war für eine Freischaltung die Anmeldung auf der Website der C. erforderlich. Dies setzte aber voraus, daß der Kläger der Beklagten den Freischaltcode zugänglich machte. Daß dies geschehen ist, hat die Beklagte unter Beweisantritt bestritten. Gegenteilige Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Da das Berufungsgericht somit den zwischen den Parteien streitigen Sachverhalt unaufgeklärt gelassen hat, ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daß mangels Freischaltung jedenfalls ein wesentlicher Teil der vertragsgemäßen Software nicht betriebsbereit ist, so daß die Leistung des Klägers insgesamt noch nicht abnahmefähig erbracht ist.

c) Bereits aus diesem Grunde ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen nachzuholen hat. Dabei wird sich das Berufungsgericht gegebenenfalls auch mit der Frage befassen müssen, ob die Parteien die VOL/B vereinbart haben und Ansprüche der Beklagten wegen Mängel oder Falschlieferung ausgeschlossen sind.

4. a) Ersatzansprüche der Beklagten und eine Unwirksamkeit des Vertrages infolge kollusiven Zusammenwirkens des Klägers mit dem Streithelfer, dem damaligen technischen Leiter der Beklagten, hat das Berufungsgericht verneint, weil jedenfalls ein solches Zusammenwirken mit Wirkungen zum Nachteil der Beklagten nicht erkennbar sei. Soweit die Beklagte vortrage, der Streithelfer habe dem Kläger vor Angebotsabgabe mitgeteilt, welche Software bei der Beklagten bereits vorhanden sei, sei eine kollusive Absprache nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe zwar die Vollversion angeboten und möglicherweise auch abgerechnet. Es fehle aber die Kenntnis des Klägers vom Mißbrauch der Vertrauensstellung des Streithelfers. Habe der Kläger hingegen nichts von der vorhandenen Software und den Lizenzen gewußt, könne ein kollusives Zusammenwirken schon deshalb nicht angenommen werden. Selbst wenn der Streithelfer das Bieterverfahren verletzt habe, indem er dem Kläger Informationen gegeben habe, die er anderen Bietern vorenthalten habe, begründe dies noch kein kollusives Zusammenwirken. Es sei nicht erkennbar, daß sich das unredliche Verhalten des Streithelfers dem Kläger hätte aufdrängen müssen. Auch die Preisdifferenzen zwischen den Angeboten des Klägers und denen der Mitbieter lägen noch im Rahmen.

b) Auch diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand.

aa) Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß Vereinbarungen, welche Angestellte, Bevollmächtigte oder sonstige Vertreter einer Partei im Einverständnis mit dem Vertragsgegner zum eigenen Vorteil "hinter dem Rücken" des Geschäftsherrn und zu dessen Schaden treffen, gegen die guten Sitten verstoßen und nach § 138 Abs. 1 BGB a.F. nichtig sind. Voraussetzung ist, daß der Vertreter, der zur Wahrung der Interessen seines Geschäftsherrn verpflichtet ist, sich diesem gegenüber treuwidrig verhält und der Vertragspartner dies weiß (, NJW 1989, 26, 27 m.w.N.; vgl. auch , NJW 1993, 2807; , NJW 1996, 658; , NJW 1997, 2384). Die gleiche Folge muß gelten, wenn der Angestellte im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner zu dessen Vorteil durch Täuschung seinen Geschäftsherrn zum Abschluß eines Vertrages veranlaßt, der diesem zum Nachteil gereicht. Solches Zusammenwirken hinter dem Rücken und zu Lasten des Geschäftsherrn widerspricht den grundlegenden Regeln geschäftlichen Anstandes und kaufmännischer guter Sitten. Das sittenwidrige Zusammenwirken erfaßt dabei das gesamte Rechtsgeschäft. Das Sittenwidrige der kollusiven Absprache wirkt sich auch auf den Hauptvertrag aus, weil davon auszugehen ist, daß der Geschäftsherr bei Kenntnis des kollusiven Zusammenwirkens zwischen seinem Angestellten und dem Vertragspartner den Vertrag nicht geschlossen hätte.

bb) Als in dieser Weise gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB a.F. verstoßend erweist sich das hier mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich zu unterstellende kollusive Zusammenwirken des Streithelfers, des damaligen technischen Leiters der Beklagten, mit dem Kläger im Zusammenhang mit dem Ausschreibungsverfahren. Nach den Behauptungen der Beklagten, von denen im Revisionsverfahren auszugehen ist, hat die Beklagte eine Ausschreibung in der Vorstellung durchgeführt, neue Software zu benötigen. Ihr im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens mit der Information der Bieter betrauter Mitarbeiter informierte den Kläger vor Abgabe der Angebote darüber, daß die Lieferung neuer Software nicht notwendig sei, weil ein Teil bereits vorhanden sei. Gleichwohl unterbreitete der Kläger bei der Ausschreibung ein Angebot, das seinem Wortlaut nach Vollizenzen zum Gegenstand hatte und damit den Ausschreibungsunterlagen entsprach. Dieses Gebot wurde von dem ahnungslosen Einkaufsleiter der Beklagten als deren Vertreter angenommen, weil es als das preisgünstigste erschien.

Das Berufungsgericht hat diesem Verhalten des Streithelfers und des Klägers nur deshalb Relevanz abgesprochen, weil der Beklagten kein Nachteil entstanden sein soll. Dabei verkennt das Berufungsgericht, was die Revision mit Recht rügt, daß ein Nachteil zu Lasten der Beklagten bereits dadurch eingetreten sein könnte, daß die Beklagte auf Grund des kollusiven Zusammenwirkens des Klägers mit dem Streithelfer unter Umständen Software erhalten hat, die nicht ihren Vorstellungen entspricht und die mangels Vollizenzen jedenfalls nicht so werthaltig und weiterveräußerbar ist wie die allein notwendige und gelieferte Software. Der Mißbrauch, der den Schaden der Beklagten verursacht haben könnte, läge darin, daß der zuständige Mitarbeiter zwar einen Bieter informierte und diesem dadurch eine günstige Ausgangslage für sein Angebot verschaffte, nicht aber der Beklagten mitteilte, daß angesichts deren Ausstattung der Erwerb von Vollizenzen nicht erforderlich war. Auf Grund der Ausschreibungsunterlagen hätte der Kläger erkennen müssen, daß sein Informant zur Änderung der Ausschreibungsbedingungen nicht befugt war und daß er sich unter Ausnutzung unredlich erlangter Informationen durch die Art seines Angebots eine günstige Position im Ausschreibungsverfahren verschaffte.

c) Da bislang Feststellungen dazu fehlen, ob der Kläger mit dem damaligen technischen Leiter der Beklagten kollusiv zusammengewirkt hat, um dem Kläger zum Nachteil der Beklagten eine günstige Ausgangslage im Ausschreibungsverfahren zu verschaffen, wird das Berufungsgericht auch dies nachzuholen haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
FAAAC-05137

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein