Leitsatz
[1] In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Betreibers einer Autowaschanlage sind folgende Klauseln wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden nach § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 BGB) unwirksam:
1. "Eine Haftung für die Beschädigung der außen an der Karosserie angebrachten Teile, wie z.B. Zierleisten, Spiegel, Antennen, sowie dadurch verursachte Lack- und Schrammschäden, bleibt ausgeschlossen, es sei denn, daß den Waschanlagenunternehmer eine Haftung aus grobem Verschulden trifft."
2. "Folgeschäden werden nicht ersetzt, es sei denn, daß den Waschanlagenunternehmer eine Haftung aus grobem Verschulden trifft."
Gesetze: AGBG § 9 Abs. 1 Bg; AGBG § 9 Abs. 1 Cf
Instanzenzug: LG Wuppertal vom AG Wuppertal
Tatbestand
Der Kläger nimmt die beklagte Gesellschaft, die eine Autowaschanlage betreibt, auf Schadensersatz wegen behaupteter Beschädigung seines Kraftfahrzeugs durch zwei Waschvorgänge in Anspruch.
Der Kläger war seit Jahren Kunde der Beklagten. Am benutzte er deren Waschanlage mit seinem Mercedes Benz S 500 L. Dieses Modell hat zwei seitliche Außenspiegel, die elektrisch nach hinten, das heißt in Richtung des Fahrzeugshecks, angeklappt und wieder nach vorn aufgeklappt werden können. Beim Einfahren in die Waschstraße waren die Spiegel unstreitig äußerlich unbeschädigt. Nach Beendigung des Waschvorgangs zeigte der Kläger der Beklagten an, daß der rechte Seitenspiegel im Gelenk beschädigt war und daß die Fensterscheibe und die Zierleiste der Beifahrertür im Drehradius des angeklappten Spiegels gelegene Kratzer aufwiesen. Die Beklagte nahm diese Schäden auf und meldete sie ihrer Betriebshaftpflichtversicherung. Der Kläger ließ die beschädigten Fahrzeugteile erneuern. Nach der Reparatur, am , benutzte er die Waschanlage der Beklagten erneut. Anschließend meldete er ein gleichartiges Schadensbild wie beim ersten Mal. Er ließ den Schaden wiederum reparieren.
Der Kläger behauptet, sein Fahrzeug sei vor den beiden Reinigungsvorgängen gänzlich unbeschädigt gewesen. Er sei mit angeklappten Spiegeln in die Waschstraße eingefahren. Die Beschädigungen seien durch den Waschvorgang verursacht worden. Der Spiegel sei beide Male von der Karosserie abgerissen und nur noch durch die Kabel gehalten worden; er sei nicht, wie die Beklagte behaupte, nach dem Waschvorgang abgeklappt und lediglich nicht mehr aufklappbar gewesen.
Der Kläger verlangt die Reparaturkosten von zweimal 1.928,44 DM, den Nutzungsausfall für die Reparaturdauer von jeweils zwei Tagen in Höhe von 195,-- DM pro Tag und eine allgemeine Unkostenpauschale von 40,-- DM ersetzt, insgesamt also 4.676,88 DM. Die Beklagte, deren Haftpflichtversicherung die Deckung ablehnt, hat die Zahlung mit der Begründung verweigert, es sei unmöglich, daß der Schaden durch einen Fehler der Waschanlage verursacht worden sei.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil nicht ausgeschlossen werden könne, daß der Außenspiegel beide Male schon vor dem Waschvorgang äußerlich nicht erkennbar im Gelenk beschädigt gewesen sei. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers wegen der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltenen Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zurückgewiesen, hat aber im Hinblick darauf, daß die Wirksamkeit einer derartigen AGB-Klausel umstritten sei, die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Gründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Berufung sei zwar möglicherweise insoweit zu folgen, als die Zweifel des Amtsgerichts daran, ob die Spiegel erst während des Waschvorgangs beschädigt worden seien, einen gewissen Spekulationscharakter hätten. Aber auch wenn man von einer Beschädigung durch den Waschvorgang ausgehe, müsse der Klage der Erfolg versagt bleiben, weil die Beklagte ihre Haftung für derartige Schäden in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt habe. Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte oder einer ihrer Bediensteten vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hätten, seien nicht gegeben. Insbesondere spreche kein Anschein dafür, daß die Waschanlage einen Defekt aufgewiesen habe, dessen unterlassene Beseitigung als grob fahrlässig eingestuft werden müßte. Denn es sei nicht ersichtlich, daß auch bei anderen Fahrzeugen Schäden ähnlicher Art aufgetreten seien. Die Haftungsbeschränkung sei nicht nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG unwirksam. Es würden nicht wesentliche Pflichten des Betreibers einer Waschanlage so eingeschränkt, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wäre. Der Kunde, der eine vollautomatische Waschanlage aufsuche, könne unschwer erkennen, daß Schäden durch die rotierenden Bürsten an den von der Karosserie abstehenden Teilen nicht immer ganz auszuschließen seien. Dieses Risiko gehe der normale Kunde ein. Er könne hiergegen durch eine Vollkaskoversicherung Vorsorge treffen.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Nicht begründet ist allerdings die Verfahrensrüge der Revision, daß das Berufungsurteil die Berufungsanträge nicht wiedergebe.
Die die Abfassung von Berufungsurteilen erleichternde Vorschrift des § 540 Abs. 1 ZPO, wonach das Urteil anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen nur die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit einer Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen und eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung zu enthalten braucht, bezieht sich nicht auf die Berufungsanträge. Diese muß das Berufungsgericht in sein Urteil aufnehmen. Sie brauchen allerdings nicht wörtlich wiedergegeben zu werden, sondern es kann genügen, daß aus den Ausführungen des Berufungsgerichts sinngemäß deutlich wird, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel und was der Berufungsbeklagte im Berufungsverfahren erstrebt hat (, NJW 2004, 1389 unter II 2; Urt. v. - VIII ZR 153/03, NZM 2004, 379).
Hier läßt das Berufungsurteil den Inhalt der Berufungsanträge - noch - erkennen. Es heißt darin, daß die Berufung sich gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts wende. Diese knappe Formulierung ist mit Rücksicht auf die Tatsache, daß, wenn der Kläger Berufung einlegt, dieser zumeist seinen vom erstinstanzlichen Richter abgewiesenen Klageantrag in vollem Umfang weiterverfolgt, dahin zu verstehen, daß der Kläger seine Berufung nicht beschränkt hat. Der Ansicht der Revision, daß sich aus den Gründen des Berufungsurteils der Umfang der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils nicht ergebe, kann daher nicht gefolgt werden. Auch der Inhalt des Berufungsantrags der Beklagten kann aus dem Berufungsurteil erschlossen werden. Aus dem Umstand, daß das Berufungsgericht ein streitiges Urteil, also kein Anerkenntnis- oder Versäumnisurteil erlassen hat, geht hervor, daß die Beklagte die Zurückweisung der klägerischen Berufung beantragt hat.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, daß dem Kläger wegen der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltenen Haftungsbeschränkungsklauseln kein Schadensersatzanspruch zusteht. Die Klauseln sind unwirksam.
a) Das Berufungsgericht hätte einen Schadensersatzanspruch allerdings im Ergebnis gleichwohl zu Recht verneint (§ 561 ZPO), wenn es an die Beweiswürdigung des Erstrichters, daß eine Beschädigung der Spiegel durch den Waschvorgang nicht erwiesen sei, gebunden wäre. Davon kann im Revisionsverfahren jedoch nicht ausgegangen werden.
(1) Der Anspruch des Klägers setzt voraus, daß die Spiegel erst durch den Waschvorgang beschädigt wurden. Nach dem auf das vorliegende Vertragsverhältnis anzuwendenden Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum geltenden Fassung (a.F.) kommt als vertraglicher Schadensersatzanspruch ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung in Betracht, der einen schuldhaften Verstoß gegen Vertragspflichten voraussetzt. Eine weitere, konkurrierende Anspruchsgrundlage würde sich aus unerlaubter Handlung ergeben, falls ein Verrichtungsgehilfe der Beklagten das im Eigentum des Klägers stehende Fahrzeug schuldhaft beschädigt hätte (§§ 823, 831 BGB). Als objektive Pflichtverletzung kommt nur ein Verstoß gegen die sich aus dem Werkvertrag über die Reinigung des Fahrzeugs ergebende Nebenpflicht (Schutzpflicht) des Waschanlagenbetreibers in Frage, das Fahrzeug vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren. Diese Pflicht hätte die Beklagte objektiv verletzt - wie sie auch das Eigentum des Klägers an den Spiegeln verletzt hätte -, wenn die Beschädigung des Seitenspiegels, die ihrerseits zu den weiteren Schäden an Fensterscheibe und Zierleiste führte, jeweils infolge eines von ihr zu verantwortenden Umstands durch den Waschvorgang verursacht worden wäre (OLG Hamburg DAR 1984, 260; Löwe/Graf v. Westphalen/Trinkner, AGBG, 2. Aufl., Bd. 3 S. 32.3-22 ff. Rdn. 7; Padeck, VersR 1989, 541, 556). Falls dies hingegen nicht der Fall war, sondern die Spiegel etwa einen äußerlich nicht erkennbaren Vorschaden hatten, scheiden ein vertraglicher Schadensersatzanspruch insgesamt und ein deliktischer Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Spiegel aus. Ein deliktischer Ersatzanspruch wegen der Kratzer an Fenster und Zierleiste würde mangels eines Verschuldens der Beklagten ebenfalls entfallen.
(2) Die Frage, ob das Berufungsgericht an die Beweiswürdigung des Erstrichters gebunden ist, daß eine Beschädigung der Spiegel durch den Waschvorgang nicht bewiesen sei, muß im Revisionsverfahren offenbleiben. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in der seit geltenden und auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung besagt, daß das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen hat, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Auch die Feststellung des Erstgerichts, eine bestimmte Tatsachenbehauptung treffe nicht zu, stellt eine festgestellte Tatsache im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO dar, und zwar auch dann, wenn sich der Erstrichter durch die Beweisaufnahme von der Richtigkeit der Behauptung nicht überzeugen konnte und deshalb eine Beweislastentscheidung getroffen hat (Hannich/Meyer-Seitz [Hrsg.], ZPO-Reform 2002, § 529 Rdn. 22; MünchKomm./Rimmelspacher, ZPO, 2. Aufl., § 529 Rdn. 5). Hier hat das Berufungsgericht seine Bindung dahingestellt sein lassen. In einer solchen Situation muß das Revisionsgericht, so es für die Entscheidung auf die betreffende Feststellung ankommt, die Sache in der Regel an das Berufungsgericht zurückverweisen (vgl. Sen.Urt. v. - X ZR 142/03 unter II 3, zur Veröffentlichung vorgesehen). Denn die Prüfung, ob Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstrichterlichen Feststellungen bestehen und ob sie durch konkrete Anhaltspunkte begründet sind, obliegt grundsätzlich dem Berufungsgericht, weil es dabei nicht nur um Rechtsfragen, sondern auch um Tatsachenfragen geht. Solange das Berufungsgericht über seine Bindung noch nicht entschieden hat, ist daher im Revisionsverfahren, auch wenn der Erstrichter eine gegenteilige Feststellung getroffen hat, von dem Sachverhalt auszugehen, den der Revisionsführer behauptet. Das ist hier die Beschädigung der Spiegel durch den Waschvorgang.
b) Dann aber sind die gesetzlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers wegen positiver Vertragsverletzung erfüllt. Denn das neben der objektiven Pflichtverletzung erforderliche Verschulden der Beklagten wird nach § 282 BGB a.F. vermutet, wonach dem Schuldner der Entlastungsbeweis obliegt, daß er die Vertragsverletzung nicht zu vertreten hat. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beklagte diesen Entlastungsbeweis erbracht hat. Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276 BGB), wobei von Gesetzes wegen einfache (leichte) Fahrlässigkeit genügt. Das Berufungsgericht hat lediglich grobe Fahrlässigkeit der Beklagten verneint. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Ansicht, gegen die insbesondere hinsichtlich der Beweislast, die das Berufungsgericht ersichtlich entgegen § 282 BGB dem Kläger aufgebürdet hat, Bedenken bestehen (§ 559 Abs. 2 ZPO), der rechtlichen Überprüfung standhält. Denn das Berufungsgericht hat jedenfalls offengelassen, ob die Beklagte leicht fahrlässig gehandelt hat. Einfache Fahrlässigkeit ist daher im Revisionsverfahren zugunsten des Klägers zu unterstellen.
c) Der Schadensersatzanspruch des Klägers scheitert nicht daran, daß die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten eine Freizeichnung von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit enthalten. Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts halten die Freizeichnungsklauseln der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt: § 307 Abs. 1 BGB) nicht stand. Sie sind daher unwirksam.
(1) Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die unstreitig durch deutlichen Aushang Vertragsbestandteil geworden sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGBG; jetzt: § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB), enthalten u.a. folgende Klauseln:
"3. Der Waschanlagenunternehmer haftet dem Benutzer auf Ersatz etwaiger Schäden, soweit diese auf Umständen beruhen, die er durch Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte abwenden können.
4. Bei Eintritt eines Schadens durch den Waschvorgang in der Waschanlage haftet der Waschanlagenunternehmer für den unmittelbaren Schaden.
Folgeschäden werden nicht ersetzt, es sei denn, daß den Waschanlagenunternehmer eine Haftung aus grobem Verschulden trifft.
5. Eine Haftung für die Beschädigung der außen an der Karosserie angebrachten Teile, wie z.B. Zierleisten, Spiegel, Antennen, sowie dadurch verursachte Lack- und Schrammschäden, bleibt ausgeschlossen, es sei denn, daß den Waschanlagenunternehmer eine Haftung aus grobem Verschulden trifft."
Die Klausel Nr. 5 enthält eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobes Verschulden, die gegenständlich auf unmittelbare Schäden an außen an der Karosserie angebrachten Teilen sowie dadurch verursachte Lack- und Schrammschäden begrenzt ist. Daneben hat sich die Beklagte mit der Klausel Nr. 4 Abs. 2 für sämtliche Folgeschäden, unabhängig von der Art des unmittelbaren Schadens, ebenfalls von einfacher Fahrlässigkeit freigezeichnet.
(2) Die Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln dieses Inhalts für den Betrieb von Autowaschanlagen ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Die überwiegende Meinung hält sie für unwirksam (aus der Rspr. vgl. nur KG NJW-RR 1991, 698; OLG Hamburg DAR 1984, 260; aus der Lit. Erman/Roloff, BGB, 11. Aufl., § 307 Rdn. 62; v. Hoyningen-Huene, Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, Rdn. 193, 219; Löwe/Graf v. Westphalen/Trinkner, aaO Rdn. 4, 6; MünchKomm./Basedow, BGB, 4. Aufl., § 307 Rdn. 109; Padeck, aaO, S. 552 f.; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 307 Rdn. 76; Staudinger/Coester, BGB (1998), § 9 AGBG Rdn. 319 ff.; Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt, AGBG, 9. Aufl., Anh. § 9-11 Rdn. 149 f.). Nach anderer Ansicht sind derartige Klauseln wirksam (OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 153; OLG Bamberg NJW 1984, 929; OLG Düsseldorf WM 1980, 1128). Der Bundesgerichtshof hat sich zu dieser Frage noch nicht geäußert.
(3) Der erkennende Senat tritt der überwiegenden Meinung in der Literatur bei. Wenn der Betreiber einer Autowaschanlage seine Haftung für durch leichte Fahrlässigkeit herbeigeführte Beschädigungen des Fahrzeugs ausschließt, so liegt darin, auch wenn die Freizeichnung gegenständlich auf die besonders gefährdeten, außen an der Karosserie angebrachten Zubehörteile wie Scheibenwischer, Spiegel und Antennen beschränkt ist, eine unangemessene Benachteiligung der Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 309 Abs. 1 BGB).
Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen in diesem Sinne, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung mißbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGHZ 143, 104, 113 und ständig). Sinn und Zweck der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen bestehen in der Korrektur eines Zustands, der dadurch entstanden ist, daß der Kunde mit dem Verwender keine Vertragsverhandlungen mit dem Ziel der Abänderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geführt hat. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist deshalb dann als unangemessen zu bewerten, wenn sie von derjenigen Vertragsvereinbarung abweicht, zu der die Parteien gelangt wären, wenn sie über den streitigen Punkt verhandelt hätten (MünchKomm./Basedow, aaO Rdn. 37).
Bei Anlegung dieses Maßstabs erscheint ein vom Betreiber einer Autowaschanlage vorgenommener allgemeiner Haftungsausschluß für durch einfache Fahrlässigkeit herbeigeführte Beschädigungen des Fahrzeugs unangemessen, auch wenn er gegenständlich auf Außenteile beschränkt ist. Denn ein solcher Haftungsausschluß widerspricht dem berechtigten Vertrauen des Kunden darauf, daß sein Fahrzeug so, wie es ist, also mitsamt den außen angebrachten Teilen, unbeschädigt aus dem Waschvorgang hervorgehen wird, und seiner korrespondierenden Erwartung, daß er Schadensersatz erhalten wird, sollte doch einmal ein Schaden auftreten und dieser vom Waschanlagenbetreiber verschuldet sein. Dabei erwartet der Kunde Schadensersatz immer dann, wenn der Betreiber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, also auch bei einfacher Fahrlässigkeit. Diese Erwartung ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Risikobeherrschung gerechtfertigt, der für die Beurteilung der Angemessenheit einer Haftungsbeschränkung wichtig ist. Die Frage, ob und in welchem Maße die Verwirklichung des Risikos besser durch den Kunden oder besser durch den Verwender durch zumutbares eigenes Handeln verhindert werden kann, ist im vorliegenden Fall zu Lasten des Anlagenbetreibers zu beantworten, da nur er Schadensprävention betreiben kann, z.B. durch ständige Wartung, Kontrolle und Überwachung der Anlage und durch sorgfältige Auswahl des Bedienungspersonals, während der Kunde sein Fahrzeug der Obhut des Betreibers überantwortet, ohne die weiteren Vorgänge selbst beeinflussen zu können (KG und OLG Hamburg aaO; Padeck, aaO, S. 547, 552). Der Betreiber hat es auch in der Hand, bestimmte Fahrzeugmodelle, die er für schadensanfällig hält, von der Benutzung seiner Anlage auszuschließen und dadurch sein Risiko zu verringern.
(4) Die Bewertung des Haftungsausschlusses für einfache Fahrlässigkeit als unangemessene Benachteiligung umfaßt auch jedenfalls solche Folgeschäden, die, wie der hier geltend gemachte durch die Reparatur entstandene Nutzungsausfall und die Unkostenpauschale, vorhersehbar und typisch sind. Insoweit ist ein Grund für die unterschiedliche Behandlung von unmittelbaren und Folgeschäden nicht ersichtlich (OLG Hamburg aaO; Löwe/Graf v. Westphalen/Trinkner, aaO Rdn. 6; Staudinger/Coester, aaO Rdn. 321; Padeck, aaO, S. 553; weitergehend - ohne Beschränkung auf typische Folgeschäden - KG aaO; Erman/Roloff, aaO; Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt, aaO Rdn. 150).
(5) Da nach alledem ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht auszuschließen ist, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben.
III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind. Das Berufungsgericht wird über seine Bindung an die vom Erstrichter festgestellte Tatsache, daß die Ursächlichkeit des Waschvorgangs für die Beschädigung der Spiegel nicht erwiesen sei, und/oder über die Frage zu entscheiden haben, ob im Falle der Beschädigung durch den Waschvorgang der Beklagten ein Verschulden zur Last fällt.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
DB 2005 S. 1001 Nr. 18
TAAAC-04908
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja