BGH Urteil v. - VII ZR 490/00

Leitsatz

[1] Durch eine Sicherungsabtretung verliert der Zedent regelmäßig nicht die Befugnis, eine Nachfrist zur Erfüllung des Vertrages mit Ablehnungsandrohung zu setzen.

Der zur Beschaffung der Baugenehmigung verpflichtete Unternehmer haftet für die von ihm zu vertretende Verzögerung der Baugenehmigung und der Baufreigabe.

Gesetze: BGB § 413; BGB § 284; BGB § 285; EGBGB Art. 229 § 5

Instanzenzug: OLG Dresden LG Leipzig

Tatbestand

Die Klägerin begehrt wegen nicht rechtzeitiger Fertigstellung einer Eigentumswohnung von der Beklagten Rückabwicklung des Vertrages sowie weiteren Schadensersatz.

Am schlossen die Parteien einen notariellen Vertrag über den Erwerb einer von der Beklagten noch zu sanierenden Eigentumswohnung durch die Klägerin. In § 1 Nr. 1 wird darauf hingewiesen, daß die Baugenehmigung noch nicht erteilt ist. § 9 Nr. 1 enthält folgende Regelung:

"Der Verkäufer verpflichtet sich, das Bauvorhaben zügig abzuwickeln und den Kaufgegenstand voraussichtlich bis zum bezugsfertig zu erstellen.

Dieser voraussichtliche Termin verlängert sich um die vom Arbeitsamt anerkannten Schlechtwettertage - soweit an diesen nicht gearbeitet werden kann - sowie um etwaige Verzögerungen, die beruhen auf Streik, Aussperrung, höhere Gewalt oder andere für den Verkäufer unabwendbare oder vom Käufer zu vertretende Umstände."

Gemäß § 13 richten sich Rücktrittsrechte nach den gesetzlichen Bestimmungen, wobei die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beiderseits vorbehalten bleibt.

Die von der Beklagten am beantragte Baugenehmigung wurde am , der Baufreigabeschein am erteilt. Mit Schreiben vom teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß der Fertigstellungstermin vom nicht eingehalten werden könne und sie eine Toleranzzeit von zwei Monaten in Anspruch nehme. Die Klägerin setzte der Beklagten mit Schreiben vom eine Frist zur Vollendung der Bezugsfertigkeit bis und mit Schreiben vom eine weitere Frist bis zum . Nach Fristablauf werde sie die Leistung ablehnen. Mit Schreiben vom erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag und forderte die Rückzahlung des Erwerbspreises sowie weiteren Schadensersatz.

Zur Finanzierung des Objekts hatte die Klägerin mit der H.-Bank einen Darlehensvertrag geschlossen und dieser sämtliche Rechte und Ansprüche aus dem Vertrag abgetreten, begrenzt auf die Ansprüche, die der H.-Bank aus dem Darlehensvertrag zustanden.

Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von 179.728, 88 DM Zug um Zug gegen Rückgabe einer näher bezeichneten Bürgschaft stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision.

Gründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.

Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch nach § 326 Abs. 1 BGB nicht zu, weil sie nicht wirksam eine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung habe setzen können. Dieses Recht habe sie durch die Abtretung ihrer Ansprüche an die H.-Bank verloren; das gelte auch bei einer Sicherungsabtretung oder stillen Zession.

II.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Maßgeblich ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum geltenden Fassung (Art. 229 § 5 EGBGB). Die Klägerin kann von der Beklagten Rückabwicklung des Vertrages sowie Ersatz des weiteren Schadens gemäß § 326 BGB verlangen.

1. Die Klägerin war trotz der Abtretung der Ansprüche aus dem Vertrag an die H.-Bank zur Durchsetzung ihrer vertraglichen Rechte berechtigt.

a) Die Abtretung war eine Sicherungsabtretung. Im Darlehensvertrag wird auf die Abtretung Bezug genommen. Nach der Abtretungsvereinbarung sollte die H.-Bank nicht die Möglichkeit der sofortigen Befriedigung ihrer nur auf ratenweise Rückzahlung gerichteten Darlehensforderung erhalten. Das wird durch die Erklärung der H.-Bank vom bestätigt, wonach die Abtretung ausschließlich der finanziellen Absicherung des Darlehens dienen sollte.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Klägerin befugt, eine Nachfrist zur Erfüllung des Vertrages mit Ablehnungsandrohung zu setzen. Dieses Recht hat sie durch die Sicherungsabtretung nicht verloren. Die vertraglichen Gestaltungsrechte verbleiben, wie auch die Befugnis, die Forderung im eigenen Namen geltend zu machen (, NJW 1999, 2110 = BGHR BGB § 398 Sicherungsabtretung 6), beim Zedenten, sofern nicht der Inhalt der Sicherungsabrede, welche der Zession zugrundeliegt, dem entgegensteht (Staudinger/Busche (1999) § 413 Rdn. 13). Letzteres ist hier nicht der Fall. Nach dem Inhalt der Sicherungsabrede dient die Abtretung der Sicherung der Darlehensforderung der Bank. Dieser Sicherungszweck wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Klägerin nach Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung den Vertrag in ein Abwicklungsverhältnis umgestaltet. Dadurch erwirbt die Bank den Schadensersatzanspruch, der sie nunmehr absichert.

c) Es ist nicht entscheidungserheblich, ob ursprünglich eine stille Zession vorlag oder ob die Abtretung offengelegt wurde. Bei einer stillen Zession ist der Zedent berechtigt, Leistung an sich selbst zu verlangen. Bei offener Abtretung muß er Leistung an den Zessionar verlangen ( aaO).

2. Die Voraussetzungen des § 326 BGB liegen vor.

a) Die Leistung der Beklagten war spätestens am fällig.

Ein Unternehmer stellt dann ein Werk nicht rechtzeitig her, wenn er die für die Ablieferung bestimmte Frist überschreitet. Diese Frist kann sich aus der Parteivereinbarung oder den Umständen ergeben (§ 271 BGB). Der Wortlaut des Vertrages, die für die Herstellung notwendige Zeit und die besonderen Umstände des Einzelfalls sind heranzuziehen (, BauR 2001, 946 = ZfBR 2001, 322).

Die Beklagte hatte sich in § 9 Nr. 1 Abs. 1 des Vertrags verpflichtet, das Objekt voraussichtlich bis zum bezugsfertig zu erstellen. Dabei kann offenbleiben, ob der Termin vom verbindlich vereinbart sein sollte und nur bei Vorliegen unabwendbarer oder von der Klägerin zu vertretender Umstände (§ 9 Nr. 1 Abs. 2 des Vertrags) überschritten werden durfte oder ob durch die Verwendung des Wortes "voraussichtlich" der Beklagten ein zeitlicher Spielraum zugestanden werden sollte. Denn auch in diesem Fall war die Herstellungsfrist spätestens am , mithin fünf Monate nach dem , abgelaufen. Hiervon geht das Landgericht zu Recht aus. Die für die Herstellung notwendige Zeit betrug nach dem Vortrag der Beklagten zwölf Monate. In ihrem Schreiben vom hat sie eine Toleranzzeit von noch zwei Monaten für sich in Anspruch genommen. Daß einer der in § 9 Nr. 1 Abs. 2 des Vertrages genannten Fälle vorgelegen hätte, macht sie nicht geltend.

b) Die Klägerin hat mit ihrem Schreiben vom eine mit einer Ablehnungsandrohung verbundene Frist bis zum gesetzt. Diese Frist ist fruchtlos abgelaufen.

Die Beklagte hat zu vertreten, daß sie ihre Leistung nicht fristgerecht erbracht hat. Sie hatte es als vertragliche Pflicht übernommen, Baugenehmigung und Baufreigabeschein beizubringen. Dem ist sie nicht nachgekommen. Dafür muß sie einstehen. Die Entscheidung des , BauR 74, 274, 275 = NJW 74, 1080 steht dem nicht entgegen. Dieser Entscheidung lag zugrunde, daß der Auftraggeber für die Erteilung der Baugenehmigung zu sorgen hatte.

c) Die Beklagte hat zwar vorgetragen, sie habe die Genehmigungsbehörde laufend zur zügigen Erteilung der Baugenehmigung gedrängt. Diese wurde ihr am erteilt. Sie hat aber nichts zu ihrer Entlastung dargelegt, aus welchen Gründen der Baufreigabeschein erst über neun Monate später erteilt worden ist. Damit hat sie der ihr nach § 285 BGB obliegenden Darlegungslast nicht genügt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BB 2002 S. 697 Nr. 14
DB 2002 S. 2045 Nr. 39
YAAAC-03609

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein