Leitsatz
[1] Zur Abwägung zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und dem Recht auf freie Meinungsäußerung bei einer satirischen Fotomontage, die ein Thema von öffentlichem Interesse betrifft.
Gesetze: BGB § 823 Ah; BGB § 1004; KUG § 22; KUG § 23
Instanzenzug:
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung der Verbreitung einer Fotomontage, die sie im Jahr 2000 auf mehreren Seiten einer von ihr verlegten Publikation veröffentlicht hat. Sie zeigt den Kläger - damals noch Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG - auf einem von Rissen durchzogenen, bröckelnden "T" sitzend, welches dem Firmenemblem der Telekom entnommen worden war. Die Darstellung des Klägers selbst bestand aus zwei Teilen. Sein einem Foto entnommener Kopf saß auf einem fremden Körper. Für diese Anpassung war das Foto des Kopfes in einem zwischen den Parteien streitigen Umfang verändert worden.
Der Kläger will nicht hinnehmen, daß sein Gesicht insgesamt länger erscheine, die Wangen fleischiger und breiter, der Kinnbereich fülliger, der Hals kürzer und dicker und die Hautfarbe blasser.
Seine auf Unterlassung der Veröffentlichung bei Vermeidung von Ordnungsmitteln gerichtete Klage hatte vor dem Landgericht Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der erkennende Senat die Revision zugelassen, mit der die Beklagte ihr Begehren auf Abweisung der Klage weiterverfolgt.
Gründe
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB wegen rechtswidriger Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG). Diesem Recht sei der Vorrang gegenüber der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) einzuräumen, selbst wenn man unterstelle, daß es sich bei der Fotomontage um ein Kunstwerk handele. Weil der Kopf des Klägers mittels unterschwelliger Manipulation erheblich negativ verändert worden sei, nehme der durchschnittliche Betrachter an, der Kläger sehe tatsächlich so aus wie abgebildet. Diese nachteilige Veränderung werde nicht als satirisches Stilmittel wahrgenommen und habe auch nach Auffassung der Beklagten keine eigene satirische Aussage. Deshalb stelle sich die Abbildung auch unter Berücksichtigung der Abgrenzung zwischen dem Aussagekern der Satire und ihrer Einkleidung als unwahre Aussage über das Aussehen des Klägers dar, die diesen erheblich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Insoweit sei eine Einzelbetrachtung der Bestandteile der Darstellung - einerseits des satirisch verfremdeten "T"s, andererseits des ohne eigene satirische Aussage unterschwellig manipulierten Kopfes des Klägers - geboten, da die Bestandteile einer Einzelbetrachtung zugänglich seien und in Teilen grundrechtlich geschützte Rechte des Klägers verletzten. Hinzu komme, daß bei technischer Sicht das Bild vom Kopf des Klägers in den richtigen Proportionen hätte eingefügt werden können und dies die satirische Aussage der gesamten Fotomontage nicht verändert hätte. Diese Verletzung wiege bei der gebotenen Interessenabwägung schwerer als die durch die Kunstfreiheit geschützten Belange der Beklagten. Zudem sei das Interesse des Klägers an "wirklichkeitsgetreuer" Darstellung seines Porträts um so schutzwürdiger, je stärker die Darstellung den Anschein erwecke, der Wirklichkeit zu entsprechen.
II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Der Kläger hat weder nach §§ 823, 1004 BGB wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch wegen einer Verletzung des § 22 KUG einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der von ihm beanstandeten Fotomontage, da er diese Abbildung seiner Person als in eine satirische Darstellung gekleidete Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG hinnehmen muß.
1. Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Fotomontage um Kunst handelt, wie das Berufungsgericht unterstellt hat. Insoweit würde allein der Umstand, daß es sich bei der Veröffentlichung um eine satirische Darstellung handelt, noch nicht den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG eröffnen, weil Satire zwar Kunst sein kann, nicht aber jede Satire zugleich Kunst ist (BVerfGE 86, 1, 9; BVerfG, NJW 2002, 3767; anders wohl Gounalakis, NJW 1995, 809, 813, wonach Karikatur und Satire grundsätzlich den Schutz der Kunstfreiheit genießen). Die Eigenheit der Satire, mit Verfremdungen, Verzerrungen und Übertreibungen zu arbeiten, kann nämlich ohne weiteres auch bei Meinungsäußerungen verwirklicht sein, die nicht dem Kunstbegriff unterfallen (BVerfGE 86, 1, 9).
Das Berufungsgericht hat verkannt, daß die beanstandete Fotomontage in ihrer Eigenschaft als Satire jedenfalls unter dem Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG steht (vgl. Senatsurteil BGHZ 143, 199, 208).
2. Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das allgemeine Persönlichkeitsrecht, auf welches das Berufungsgericht die angegriffene Entscheidung stützt ebenso wie die §§ 22, 23 Abs. 2 KUG, die neben den §§ 823, 1004 BGB gleichfalls in Betracht zu ziehen sind (zuletzt BVerfG, NJW 2003, 1855, 1856).
a) Durch die Veröffentlichung der Fotomontage mit dem veränderten Abbild des Kopfes des Klägers wird dessen Recht am eigenen Bild berührt (zu § 22 KUG als besonderer Ausformung des Persönlichkeitsrechts vgl. - VersR 1985, 391, 392 und vom - VI ZR 23/93 - NJW 1994, 124, 125 - Greenpeace). Eine solche Montage unter Verwendung eines Bildes vom Kopf des Klägers stellt nämlich ein Bildnis im Sinne des § 22 KUG dar, ohne daß es insoweit auf den Grad der Verfremdung ankommt. Ausschlaggebend ist die Erkennbarkeit der abgebildeten Person, die hier außer Zweifel steht.
b) Daß das Bildnis ohne Einwilligung des Klägers verbreitet worden ist, berührt die Rechtmäßigkeit seiner Veröffentlichung nicht. Denn die Zustimmung des Klägers war gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entbehrlich, da er jedenfalls eine "relative Person der Zeitgeschichte" ist. Diese Ausnahmevorschrift gilt auch für satirische Bildveröffentlichungen (Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl. 2000, Kap. 43, Rdn. 16) und damit für die beanstandete Fotomontage. Diese illustriert in satirischer Weise eine Wortberichterstattung über ein die Öffentlichkeit interessierendes Thema, nämlich den Zustand der Deutschen Telekom AG und die Verantwortlichkeit des Klägers hierfür. Ein breites öffentliches Interesse wird dadurch hervorgerufen, daß das vom Kläger geleitete Unternehmen aufgrund seiner Größe über einen hohen Bekanntheitsgrad, durch die frühere Monopolstellung über eine hohe Kundendichte und durch die Propagierung der Beteiligung an ihr als "Volksaktie" über viele Anteilseigner verfügt. Die Verknüpfung des Klägers mit diesem Ereignis der Zeitgeschichte ist durch seine damalige Stellung als Vorstandsvorsitzender offensichtlich.
c) Die Einschränkung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG tritt jedoch nach § 23 Abs. 2 KUG zurück, wenn durch die Verbreitung des Bildnisses ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach einer Abwägung, in der darüber zu befinden ist, ob dem Stellenwert des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten, das die Rechte aus §§ 22 f. KUG umfaßt, gegenüber der Rechtsposition der Gegenpartei der Vorrang gebührt (BVerfG 2001, 1921, 1923; Senatsurteil vom aaO m.w.N.). Hierfür ist eine umfassende, am Einzelfall orientierte Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen; denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muß grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BVerfGE 101, 361, 388; BVerfG, NJW 2002, 3767, 3768; Senatsurteil vom aaO m.w.N.). Deshalb kommt es darauf an, ob dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers ein größeres Gewicht beizumessen ist als der Rechtsposition, auf die sich die Beklagte bei der fraglichen Veröffentlichung beruft, nämlich die Freiheit zu einer satirischen Darstellung als Äußerung der grundrechtlich gewährleisteten Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
3. Das Berufungsgericht meint, daß die Fotomontage nicht in den Schutzbereich des Art. 5 GG falle, weil die Veränderungen am Foto des Klägers keinen eigenen satirischen Gehalt hätten, sondern das Persönlichkeitsrecht des Klägers in einer Weise beeinträchtigten, die dieser nicht hinnehmen müsse. Diese Auffassung vermag der erkennende Senat nicht zu teilen.
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die rechtliche Beurteilung einer Satire zunächst die Trennung zwischen dem Aussagegehalt und dem satirischen Gewand erfordert, damit ihr eigentlicher Inhalt ermittelt wird (Senatsurteil BGHZ 143, 199, 209 m.w.N.). Dieser Aussagekern und seine Einkleidung sind sodann gesondert daraufhin zu überprüfen, ob sie eine Kundgabe der Mißachtung gegenüber der betroffenen Person enthalten. Zum Aussagekern der Fotomontage führt das Berufungsgericht aus, der durchschnittliche Betrachter verstehe die Abbildung im Zusammenhang mit der beigefügten Wortberichterstattung dahin, daß der Kläger selbstherrlich über den Problemen throne und nicht wahrnehme, was unter ihm geschehe, daß sich nämlich das von ihm geleitete Unternehmen in krisenhaften Schwierigkeiten befinde. Nach dieser Würdigung setzt sich die Darstellung kritisch mit dem Wirken des Klägers als Vorstandsvorsitzender auseinander. Diesen Aussagekern hält das Berufungsgericht ersichtlich für zulässig. Er wird vom Kläger nicht beanstandet und begegnet auch von seiten des erkennenden Senats keinen Bedenken.
b) Im Ansatz richtig unterscheidet das Berufungsgericht von diesem Aussagekern die satirische Einkleidung durch die Fotomontage. Durchgreifenden Bedenken begegnet jedoch seine Auffassung, durch die "unterschwellige Manipulation" am Foto des Klägers werde der geschützte Bereich der Satire verlassen. Dabei versteht das Berufungsgericht unter dem von ihm mehrfach verwendeten Begriff der "unterschwelligen Manipulation" ersichtlich die zum Zweck der Anpassung an den Körper der sitzenden Figur bewirkte Veränderung der unteren Gesichtshälfte des Klägers, die für den unbefangenen Betrachter nicht als solche erkennbar sei, jedoch eine unvorteilhafte und der Realität nicht entsprechende Wirkung habe. Das muß zwar nicht, wie die Revision aufzuzeigen versucht, in sich widersprüchlich sein, weil jedenfalls denkbar ist, daß beim Betrachter der Eindruck entsteht, daß das Foto der Wirklichkeit entspreche, soweit es um die Gesichtszüge des Klägers geht. Gleichwohl vermag dieser Aspekt ein Verbot der Fotomontage nicht zu rechtfertigen.
Zum einen erkennt das Berufungsgericht selbst, der durchschnittliche Betrachter sehe ohne weiteres, daß es sich um eine Fotomontage handele, weil er nicht annehmen werde, der Kläger habe sich tatsächlich auf einem bröckelnden und rissigen "T" fotografieren lassen. Wird also der Betrachter einer solchen Fotomontage eine in vollem Umfang realistische Abbildung gar nicht erwarten, so hat das Berufungsgericht bereits den Erwartungshorizont verkannt. Deshalb ist auch die vom Berufungsgericht gezogene Parallele zu einer unwahren Tatsachenbehauptung - nämlich dahingehend, der Kläger sehe so aus wie auf der Fotomontage abgebildet - bereits im Ansatz verfehlt.
Zum anderen sind die vom Berufungsgericht festgestellten Veränderungen derart geringfügig, daß sie nur bei besonders aufmerksamer Betrachtung unter Vergleich mit dem Originalfoto des Klägers bemerkbar sein dürften und wohl aus diesem Grund vom Berufungsgericht mehrfach als "unterschwellig" bezeichnet werden. Schon deshalb kann es zweifelhaft erscheinen, ob sie von der Intensität her überhaupt geeignet sind, das Persönlichkeitsrecht des Klägers nennenswert zu verletzen. Das bedarf aber hier keiner abschließenden Beurteilung, weil die Fotomontage infolge ihrer Eigenschaft als satirische Meinungsäußerung insgesamt in den Schutzbereich des Art. 5 Abs.1 GG fällt.
c) Dies will das Berufungsgericht mit der Begründung verneinen, daß die Veränderung vom Betrachter gar nicht als satirische Verfremdung wahrgenommen werde, sondern als eine unvorteilhafte realistische Abbildung des Klägers. Damit wird jedoch nicht nur die gebotene Gesamtbetrachtung der Fotomontage verfehlt, sondern auch der Rahmen der satirischen Einkleidung erkennbar zu eng gezogen und deren Bedeutung verkannt.
aa) Nach Auffassung des Berufungsgerichts wäre im Rahmen einer Fotomontage eine Veränderung der Gesichtszüge des Klägers nur dann zulässig, wenn ihr eine eigenständige satirische Aussage beizumessen wäre. Eine solche Betrachtungsweise liefe darauf hinaus, daß jeder Teil der Fotomontage eine eigenständige satirische Bedeutung haben müßte, wenn der Gesamtdarstellung der für die Satire geltende Schutz zugute kommen soll. Das kann jedoch schon deshalb nicht richtig sein, weil damit Teile der satirischen Einkleidung aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG herausgenommen würden, während im Gegenteil die satirische Einkleidung gegenüber dem Aussagekern erhöhten Schutz genießt. Ersichtlich hat das Berufungsgericht verkannt, daß die satirische Einkleidung weniger strengen Prüfmaßstäben unterliegt, als sie für die Beurteilung des Aussagekerns gelten, weil es der Satire wesenseigen ist, mit Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen zu arbeiten (BVerfGE 75, 369, 378; Senatsurteil BGHZ 143, 199, 210 f.). Ist sie im Fall der Wortsatire durch eine erkennbar unernste, durch Wortwitz bis hin zu Albernheiten geprägte Sprache gekennzeichnet, weil sie vordergründig zum Lachen reizen will, um zum Lesen anzuregen und hierdurch die Aufmerksamkeit des Lesers auf ihren Gegenstand zu lenken, so gilt Entsprechendes für eine Fotomontage der vorliegenden Art. Diese will ersichtlich die Aufmerksamkeit des Betrachters durch eine "ins Auge springende" Darstellung fesseln und muß hierfür den Kläger in einer vom Betrachter als komisch empfundenen Situation lediglich kenntlich machen, ohne daß es dazu einer in vollem Umfang der Realität entsprechenden und womöglich optisch vorteilhaften Abbildung bedarf. Ebenso wie bei einer Wortsatire die Grenzen des guten Geschmacks und des einwandfreien Sprachgebrauchs überschritten werden dürfen, weil eine Niveaukontrolle nicht stattfinden darf (BVerfGE 75, 369, 377; Senatsurteil BGHZ 143, 199, 210 f.), ist der Abgebildete bei einer Fotomontage der vorliegenden Art jedenfalls dann nicht vor einer karikierenden und möglicherweise qualitativ schlechten Darstellung geschützt, wenn diese nicht die von der Rechtsordnung gezogenen Grenzen, wie etwa das Verbot unzulässiger Schmähkritik oder der Beleidigung überschreitet (hierzu Senatsurteile BGHZ 139, 95, 101; BGHZ 143, 199, 208 sowie vom aaO S. 126). Davon kann nach Lage des Falles nicht die Rede sein. Auch das Berufungsgericht nimmt nicht an, daß die Veränderungen etwa in der Absicht erfolgt seien, den Kläger zu entstellen oder verächtlich zu machen, sondern meint lediglich, daß bei Anwendung besserer technischer Möglichkeiten eine Veränderung der Gesichtszüge nicht erforderlich gewesen sei, um die erstrebte satirische Wirkung zu erreichen. Das mag sein, kann aber nicht ausreichen, um der Fotomontage insgesamt den Charakter einer Satire abzusprechen. Insofern hat das Berufungsgericht an die Beurteilung der satirischen Einkleidung einen zu engen Maßstab angelegt.
bb) Zudem ist die von ihm vorgenommene "Einzelbetrachtung" der Bestandteile der Fotomontage bereits im Ansatz verfehlt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats dürfen nämlich die Einzelteile einer Satire nicht isoliert betrachtet werden, sondern sind im Gesamtzusammenhang zu bewerten (BVerfGE 86, 1, 12; Senatsurteile BGHZ 132, 13, 20; 139, 95, 102; vom - VI ZR 273/93 - NJW-RR 1994, 1242, 1243 und vom - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843 vgl. auch Gounalakis, NJW 1995, 809, 813; Kübler, in Festschrift für Mahrenholz, 1994, S. 303, 309; Mahrenholz in Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl. 1994, § 26 Rdn. 83, S. 1315). Dieser für die Ermittlung des Aussageinhalts entwickelte Grundsatz muß in gleicher Weise für die Beurteilung der Einkleidung gelten. Ebenso wie eine Äußerung in ihrem jeweiligen Kontext zu beurteilen ist, kann eine satirische Abbildung wie die vorliegende Fotomontage nicht in ihre Einzelteile zerlegt werden, um den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG zu bestimmen. Andernfalls könnte bei einer solchen isolierten Betrachtung einzelnen Teilen der Einkleidung der Schutz des Grundrechts versagt werden mit der Folge daß die gesamte Satire unzulässig wäre. Eine derart "sezierende Betrachtungsweise", gegen die sich die Revision mit Recht wendet, würde den Gestaltungsspielraum des Äußernden in grundrechtswidriger Weise verengen. Eine Aufspaltung, wie das Berufungsgericht sie vorgenommen hat, birgt deshalb schon von der Methode her die Gefahr in sich, die Ermittlung des satirischen Gehalts der Darstellung zu verfehlen, und ist deshalb fehlerhaft. Wenn das Berufungsgericht gleichwohl eine Einzelbetrachtung für zulässig hält und sich hierfür auf ein in NJW-RR 1990, 1116 abgedrucktes Urteil des OLG Düsseldorf stützen will, hat es offenbar übersehen, daß dieses Urteil vom Bundesverfassungsgericht gerade wegen Mißachtung des Gebots einer Gesamtbetrachtung aufgehoben worden ist (vgl. BVerfGE 86, 1, 12).
cc) Das Berufungsgericht kann sich für seine Auffassung auch nicht auf das in BGHZ 84, 237 abgedruckte Urteil des erkennenden Senats vom berufen, weil jener Fall einen ganz anders gelagerten Sachverhalt betraf. Dort hat der Senat ausgeführt, je stärker das entworfene Persönlichkeitsbild beanspruche, sich mit der sozialen Wirklichkeit des Dargestellten zu identifizieren, desto schutzwürdiger sei dessen Interesse an "wirklichkeitsgetreuer" Darstellung seiner Person. Diese Erwägungen treffen für eine Fotomontage satirischen Charakters schon vom Ansatz her nicht zu, weil diese gerade nicht beansprucht, sich mit der sozialen Wirklichkeit des Klägers zu identifizieren. Für sie ist kennzeichnend nicht die Aussage, der Kläger sehe so aus wie abgebildet, sondern sie stellt die Illustrierung der satirischen Aussage dar und macht von daher nur erforderlich, daß der Betrachter den Kläger wiedererkennt.
4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die gebotene Abwägung zwischen den Grundrechten der Parteien nicht zu einem Verbot der beanstandeten Fotomontage führen. Diese Abwägung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf. Wie bereits ausgeführt, wird der Kläger durch die vom Berufungsgericht festgestellten Veränderungen bei der Darstellung seines Kopfes innerhalb der Fotomontage nicht im Sinne einer Formalbeleidigung oder Schmähkritik beeinträchtigt. Insoweit ist es unerheblich, welche Bearbeitungsvorgänge im Einzelnen von der Beklagten vorgenommen worden sind, so daß dem entsprechenden Parteivortrag nicht weiter nachgegangen zu werden braucht. Ausschlaggebend ist, wie die Darstellung auf den durchschnittlichen Betrachter wirkt. Selbst wenn die Abbildung den Kläger weniger vorteilhaft zeigen mag als auf dem zur Montage verwendeten Ausgangsfoto, muß ihm eine damit verbundene Beeinträchtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit zugemutet werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 84, 237, 243), weil sie die Einkleidung einer satirischen Aussage als einer durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Meinungsäußerung darstellt und an deren Schutz teilnimmt. Insoweit fällt auch die oben bereits erwähnte Geringfügigkeit der Veränderungen am Foto des Klägers zugunsten der Meinungsfreiheit ins Gewicht, da bei Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen der Parteien auch die Intensität der Verletzung des Persönlichkeitsrechts im konkreten Fall zu würdigen ist (Senatsurteil vom aaO S. 126). Hinzu kommt, daß die konkrete Abbildung des Klägers nach seiner eigenen Auffassung keine persönliche Herabwürdigung zum Ausdruck bringt, sondern unstreitig nur zur optischen Anpassung der einzelnen Teile der Fotomontage erfolgt ist.
Einer etwaigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers steht jedenfalls gegenüber, daß die Fotomontage im Zusammenhang mit einem Artikel veröffentlicht wurde, der sich mit einem Vorgang von großem öffentlichen Interesse beschäftigt, wie bereits im Zusammenhang mit der Einordnung des Klägers als "relative Person der Zeitgeschichte" ausgeführt wurde. Da die Beklagte bei dieser Veröffentlichung im Rahmen ihrer Aufgabe gehandelt hat, über Vorgänge von allgemeiner Bedeutung zu berichten und zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen, kann ihr unter Abwägung der beiderseitigen Interessen und Grundrechtspositionen der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht versagt werden.
III.
Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Da für eine abschließende Entscheidung keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und in Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
VAAAC-03098
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja