Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BGB § 2039 Satz 1; ZPO § 264 Nr. 2
Instanzenzug: LG München I vom
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Beschädigung eines Zaunes auf dem Grundstück einer Erbengemeinschaft geltend, welcher er angehört. Er hat dabei in erster Instanz auf Zahlung an sich selbst geklagt.
Auf Seite 2 seines erstinstanzlichen Schriftsatzes vom hat er ausgeführt:
"Eine Erbengemeinschaft ist eine BGB-Gesellschaft, also eine Personengesellschaft. Hier kann jeder Teilhaber einzeln für die gesamte Gesellschaft in Anspruch genommen werden. Umgekehrt ist dies auch so, daß jeder Teilhaber für die Gesellschaft handeln kann, besonders wenn es sich um dringende Angelegenheiten handelt. Das ist hier gegeben. Zudem bin ich als Teilhaber durch die Schädigungen mit betroffen, da auch mein Vermögensanteil beschädigt wird. Ich bin deshalb sehr wohl legitimiert, die Klage einzureichen".
Das Amtsgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom darauf hingewiesen, daß er Leistung an alle Miterben oder Hinterlegung verlangen müsse. Als der Kläger daraufhin seinen Antrag nicht entsprechend umgestellt hat, hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt und in der Berufungsbegründungsschrift vom seinen Klageantrag auf Hinterlegung der Klagesumme zugunsten der Erbengemeinschaft umgestellt. Nach den Hinweisbeschlüssen des Berufungsgerichts vom und vom , daß dies unzulässig sei, hat der Kläger mit Schriftsatz vom angekündigt, nunmehr Antrag auf Zahlung an sich selbst und nur hilfsweise auf Hinterlegung zugunsten der Erbengemeinschaft stellen zu wollen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluß vom als unzulässig verworfen, weil der Kläger mit seiner Berufungsbegründung vom das Ersturteil hinsichtlich der dort ausgesprochenen Klageabweisung des von ihm persönlich geltend gemachten Anspruchs nicht angegriffen, sondern vielmehr unter Heranziehung desselben Sachverhaltes nunmehr Zahlung an die Erbengemeinschaft verlangt habe. Der Streitgegenstand der Leistungsklage sei die Frage, ob das Gericht die im Antrag bezeichnete Rechtsfolge aussprechen könne. Dadurch, daß der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr Zahlung an sich selbst, sondern an die Erbengemeinschaft verlangt habe, habe er die vom Gericht auszusprechende Rechtsfolge geändert und sein ursprüngliches Begehren auf Zahlung an sich selbst nicht mehr weiterverfolgt. Daher fehle es an einem rechtzeitigen Angriff gegen die Beschwer durch das Ersturteil. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom angekündigt habe, nunmehr Antrag auf Zahlung an sich selbst und nur hilfsweise auf Zahlung an die Erbengemeinschaft stellen zu wollen, sei die angekündigte Erweiterung des Berufungsantrages unzulässig. Zwar könne auch nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist die Erweiterung des Berufungsantrages erfolgen, dies gelte jedoch nur dann, wenn die Erweiterung des Berufungsantrages durch die Berufungsbegründung gedeckt sei. Im vorliegenden Fall beziehe sich die Berufungsbegründung gerade nicht darauf, daß der Beklagte nicht zur Zahlung an den Kläger persönlich verurteilt worden sei, sondern die Berufungsbegründung verfolge allein das Ziel, den Beklagten zur Zahlung an die Erbengemeinschaft verurteilen zu lassen. Der nunmehr angekündigte neue Antrag sei wegen Verfristung der Berufungsmöglichkeit nicht mehr zulässig.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers, mit der er seinen Antrag auf eine sachliche Entscheidung durch das Berufungsgericht weiterverfolgt.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) und auch im übrigen zulässig (§§ 574 Abs. 2 Nr. 2, 575, 576 ZPO).
Sie ist auch begründet, da das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zu Unrecht als unzulässig verworfen hat.
1. Die prozessualen Erklärungen der Parteien sind vom Revisionsgericht selbständig auszulegen (vgl. etwa - NJW 1991, 2630). Diese Auslegung ergibt im vorliegenden Fall, daß der Kläger bereits im ersten Rechtszug einen Anspruch der Erbengemeinschaft geltend gemacht hat, was sich insbesondere aus seinem Schriftsatz vom ergibt. Die vom Kläger darin geäußerte Rechtsauffassung ist zwar insoweit unrichtig, als er die Erbengemeinschaft als BGB-Gesellschaft bezeichnet. Entscheidend ist jedoch, daß er damit und mit dem Hinweis, "daß jeder Teilhaber für die Gesellschaft handeln kann" eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, ein Recht der Erbengemeinschaft im Prozeß geltend zu machen. Soweit der Kläger in seinen weiteren Ausführungen darauf hinweist, er sei zudem als Teilhaber durch die Schädigungen auch selbst betroffen, da auch sein Vermögensanteil beschädigt werde, so stellt dies lediglich eine laienhafte Begründung für die von ihm in Anspruch genommene Befugnis dar, das Recht der Erbengemeinschaft im eigenen Namen im Prozeß geltend zu machen, die sich jedoch bereits aus der gesetzlichen Bestimmung des § 2039 Satz 1 BGB ergibt. Ob der klagende Erbe Zahlung an sich selbst verlangen kann, ist hingegen eine Frage der materiell-rechtlichen Einziehungsbefugnis, die das Amtsgericht im vorliegenden Fall mangels Vorliegens einer entsprechenden Ermächtigung der Erbengemeinschaft verneinen durfte.
2. Soweit der Kläger seinen erstinstanzlichen Klageantrag auf Zahlung an sich selbst in seiner Berufungsbegründung umgestellt hat auf Zahlung an die Erbengemeinschaft, ist die Auffassung des Berufungsgerichts, es fehle wegen der damit verbundenen Klageänderung an einem rechtzeitigen Angriff auf die Beschwer durch das Ersturteil, von Rechtsirrtum beeinflußt. Da der Kläger nach wie vor einen Anspruch der Erbengemeinschaft geltend macht, ist der Übergang von dem ursprünglichen Antrag auf Zahlung an sich selbst, dem das Amtsgericht sachlich nicht entsprochen hat, zu einem Antrag auf Hinterlegung zugunsten der Erbengemeinschaft keine Klageänderung, sondern lediglich eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Beschränkung des ursprünglichen Klageantrages (vgl. - NJW-RR 1990, 505 m.w.N.; zur Zulässigkeit nach neuem Recht, vgl. BGHZ 158, 295, 305 ff.).
3. Der Beschluß des Berufungsgerichts konnte nach alledem keinen Bestand haben. Auf die Rechtsbeschwerde war er aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, welches auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2005 S. 955 Nr. 14
DAAAC-02563
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein