BGH Beschluss v. - VI ZB 4/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 238; ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1

Instanzenzug: OLG Celle vom

Gründe

I.

Die Klägerin hat gegen das ihre Klage teilweise abweisende das ihr am zugestellt worden ist, mit Telefax vom Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Sie hat hierzu vorgetragen, daß die Berufungsschrift ausweislich der zur Glaubhaftmachung vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Auszubildenden L. am vor 18.00 Uhr durch Einwurf in den Briefkasten zur Post aufgegeben worden ist. Dies sei auch in den Akten vermerkt und vom Prozeßbevollmächtigten der Klägerin geprüft worden. Der Schriftsatz sei offensichtlich auf dem Postweg verloren gegangen.

Die Akte sei am zur Fristenkontrolle durch den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin auf dessen Schreibtisch gelegt worden. Dem Prozeßbevollmächtigten sei es aufgrund einer schweren Magen-Darm-Grippe, an der er in der Nacht zum überraschend erkrankt sei, unmöglich gewesen, die Frist selbst zu kontrollieren oder sich organisatorisch um eine ausreichende Fristenkontrolle durch die Kanzlei zu kümmern.

Das den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Es hat der Klägerin eine schuldhafte Fristversäumnis ihres Prozeßbevollmächtigten zugerechnet. Dieser habe versäumt, auch im Fall einer plötzlichen Erkrankung sicherzustellen, daß ein Vertreter vorhanden ist oder vom Büropersonal zum Zwecke der Erledigung fristgebundener Handlungen beigezogen werden kann. Gegen den am zugestellten Beschluß hat die Klägerin am Rechtsbeschwerde eingelegt. Diese hat sie nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist am begründet.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß den §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und im übrigen zulässig (vgl. §§ 574 ff. ZPO). Sie ist auch begründet.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hinreichend sichergestellt hat, daß im Falle seiner plötzlichen Erkrankung ein Vertreter vorhanden ist oder zum Zwecke der Erledigung fristgebundener Handlungen vom Büropersonal beigezogen werden kann. Er war nämlich nicht verpflichtet, sich nach dem Eingang des Schriftsatzes telefonisch zu erkundigen und eine gesonderte Fristenkontrolle durchzuführen, nachdem die Berufungsschrift wie von der Klägerin glaubhaft gemacht, zwei Tage vor Fristablauf von seiner Büroangestellten zur Post gegeben wurde und besondere Umstände, die zu einer Verlängerung der normalen Postlaufzeit führen könnten, ersichtlich nicht gegeben sind. Da die normale Postlaufzeit bei Briefen erfahrungsgemäß nicht mehr als zwei Werktage (Zustelltage) beträgt (vgl. § 2 Nr. 3 Satz 1 PUDLV), genügte es, die Berufungsschrift zwei Tage vor Ablauf der geltenden Berufungsfrist abzusenden (vgl. - NJW-RR 2003, 1000 und vom - IVa ZB 7/89 - VersR 90, 326, BVerfG NJW 1992, 38 ff. und NJW 1994, 1854 ff.). Der Prozeßbevollmächtigte durfte auf die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten und den rechtzeitigen Eingang der Berufungsschrift beim Berufungsgericht vertrauen (st.Rspr. vgl. Senatsbeschluß vom - VI ZB 60/02 - VersR 2004, 354, 355 m.w.N.). Zu weiteren Vorkehrungen, um den fristgerechten Eingang eines Schriftsatzes sicherzustellen, war er nach der Rechtsprechung nicht verpflichtet. Trifft ein Anwalt darüber hinaus Vorkehrungen zur Fristenkontrolle und unterlaufen ihm hierbei Fehler, so ist deshalb die Versagung der Wiedereinsetzung nicht gerechtfertigt (vgl. Senatsbeschluß vom - VI ZB 60/02 - aaO; - BRAK-Mitteilungen 2001, 215 m. Anm. Borgmann; vom - XII ZB 34/92 - NJW-RR 1992, 1020, 1021 und vom - IVa ZB 7/89 - VersR 1990, aaO).

Fundstelle(n):
ZAAAC-02547

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein