BGH Beschluss v. - VI ZB 29/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO § 234; ZPO § 238 Abs. 2; ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4; ZPO § 544; ZPO § 574 Abs. 2; ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 97 Abs. 1

Instanzenzug: LG Frankenthal vom

Gründe

I.

Die von der Klägerin erhobene Schmerzensgeldklage ist durch Urteil des Amtsgerichts G. vom , ihr zugestellt am , abgewiesen worden.

Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin fertigte am die Berufungsschrift und beabsichtigte, diese vorab per Telefax an das Landgericht F. zu senden. Versehentlich faxte er jedoch die an das zuständige Landgericht F. adressierte Berufungsschrift am Abend des unter Verwendung der im "Ortsverzeichnis" aufgeführten Fax - Nummer des Amtsgerichts F. . Er war beim Heraussuchen der Nummer in die falsche Spalte geraten. Das Original der Berufungsschrift versandte er am im Postwege. Dieses Original ging am beim Landgericht F. ein. Das am um 21.11 Uhr auf dem Faxgerät des Amtsgerichts F. eingetroffene Fax ist am an das Landgericht gelangt.

Das Landgericht hat die Berufung wegen Versäumung der Berufungsfrist als unzulässig verworfen. Maßgeblich sei der Eingang des Fax beim Landgericht am . Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung sei bereits wegen Versäumung der Frist des § 234 ZPO unzulässig. Überdies sei er unbegründet. Auch bei umgehender Weiterleitung im normalen Geschäftsgang wäre das Berufungsfax frühestens am darauffolgenden Montag, dem , und damit nach Fristablauf zum Berufungsgericht gelangt.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft. Soweit sie sich gegen den die Berufung als unzulässig verwerfenden Teil des Beschlusses richtet, ist die Rechtsbeschwerde das nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsmittel. Soweit mit ihr zugleich die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs angegriffen wird, folgt die Statthaftigkeit aus § 238 Abs. 2 ZPO, wonach ebenfalls § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO anwendbar ist (vgl. - VersR 2002, 1257 f.). Der Statthaftigkeit steht auch nicht entgegen, daß der Wert der geltend gemachten Beschwer 20.000 € nicht übersteigt. Diese Wertgrenze gilt nach § 26 Nr. 8 EGZPO nur für die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO und kann auf die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß nicht entsprechend angewendet werden (vgl. - NJW 2002, 3783; vom - V ZB 31/02 - NJW-RR 2003, 132; vom - III ZB 17/02 - BGHReport 2003, 93).

2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.

a) Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie keine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann oder andere Auswirkungen auf die Allgemeinheit hat, die deren Interessen im besonderen Maße berühren (vgl. BGH, Beschlüsse vom - V ZB 16/02 - NJW 2002, 3029 und vom - XI ZR 71/02 - NJW 2003, 65, 67). Die in der Rechtsbeschwerde aufgezeigten Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sind nämlich durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits geklärt.

aa) Aus dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich, daß es für den rechtzeitigen Eingang darauf ankommt, wann das zuständige Gericht die tatsächliche Verfügungsgewalt über das eingegangene Schriftstück erhalten hat (vgl. BGH, Senatsbeschluß vom - VI ZB 28/96 - NJW-RR 1997, 892, 893 und Beschluß vom - IVb ZB 154/82 - VersR 1983, 59; 4 AZR ZR 388/00 - NJW 2002, 845, 846; BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 159/80, BVerfGE 57, 117, 120 f. und vom - 10 BvR 726/78, BVerfGE 52, 203, 206 ff.). Daraus ergibt sich, daß die beim Faxgerät eines anderen Gerichts eingehende Berufungsschrift zum Zeitpunkt des Empfangs noch nicht bei dem zuständigen Gericht eingegangen ist.

bb) Im übrigen ist seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 93, 99, 115) in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, daß ein unzuständiges Gericht grundsätzlich nur verpflichtet ist, fristgebundende Schriftsätze für das Rechtsmittelverfahren, die bei ihm eingereicht werden, im ordentlichen Geschäftsgang an das zuständige Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Zu Maßnahmen außerhalb des ordentlichen Geschäftsgangs besteht dagegen keine Verpflichtung (vgl. - VersR 1998, 608, 609; Beschlüsse vom - VIII ZB 50/97 - VersR 1998, 1437, 1438; vom - IX ZB 46/98 - VersR 1999, 1170, 1171; vom - NotZ 10/99 - NJW 2000, 737 f.; vom - III ZB 28/00 - NJW-RR 2000, 1730, 1731; vom - V ZB 32/00 - bei juris).

Ob im vorliegenden Fall nach diesen Grundsätzen verfahren worden ist, ist eine Frage des Einzelfalls und bedarf keiner höchstrichterlichen Beurteilung. Im übrigen hat das Berufungsgericht festgestellt, daß das Berufungsfax auch bei umgehender Weiterleitung im normalen Geschäftsgang nicht rechtzeitig zum Berufungsgericht gelangt wäre.

b) Aus diesen Gründen bedarf es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch keiner Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
IAAAC-02518

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein