Leitsatz
[1] Die Mitteilung einer von dem Notar einseitig ausgesprochenen Stundung unterbricht nur dann die Verjährung nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KostO, wenn dem Kostenschuldner eine den Anforderungen in § 154 Abs. 1, 2 KostO entsprechende Kostenberechnung vorliegt.
Gesetze: KostO § 17 Abs. 3 Satz 2
Instanzenzug: Kammergericht LG Berlin 82 T 356/03 vom KG Berlin 9 W 206/04 vom
Gründe
I.
Im Juli 2000 beauftragte die Kostenschuldnerin, die Maklerin ist, namens einer Kaufinteressentin den Kostengläubiger, schnellstmöglich einen Entwurf für einen Kaufvertrag über die Veräußerung mehrerer Grundstücke, die sich im Eigentum einer Erbengemeinschaft befanden, zu einem beabsichtigten Preis von 12 Mio. DM zu fertigen. Der Entwurf wurde auf Wunsch der Erbengemeinschaft, den die Kostenschuldnerin an den Kostengläubiger herantrug, mehrfach überarbeitet. Die Kaufvertragsverhandlungen scheiterten im Oktober 2000.
Der Kostengläubiger nahm zunächst die Erbengemeinschaft in Anspruch, die in einem Kostenbeschwerdeverfahren ihre Passivlegitimation bestritt. Der Kostengläubiger erstellte mit Datum vom eine Zahlungsaufforderung an die Kostenschuldnerin nebst beigefügter Kostenberechnung über 18.000 DM unter Hinweis auf §§ 32, 145 KostO; er erklärte jedoch zugleich, dass er die Kostenforderung bis zum Ablauf eines Monats nach dem rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens der Erbengemeinschaft gegen seine Kostenberechnung stunde. Das Verfahren endete mit einem zugunsten der Erbengemeinschaft.
Nach einer Zahlungsaufforderung des Kostengläubigers vom , verbunden mit der Androhung, eine vollstreckbare Ausfertigung zu erstellen, hat die Kostenschuldnerin Beschwerde gegen die Kostenberechnung vom eingelegt. Der Kostengläubiger hat im Beschwerdeverfahren auf einen richterlichen Hinweis die erste Kostenberechnung durch eine berichtigte Kostenberechnung ersetzt, in der neben §§ 32, 145 KostO auch § 36 Abs. 2 KostO zitiert wird. Die Kostenschuldnerin hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die gegen die Kostenberechnung gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - weiteren Beschwerde verfolgt die Kostenschuldnerin ihren Antrag auf Aufhebung der Kostenberechnung weiter. Das Kammergericht möchte die weitere Beschwerde zurückweisen. Es sieht sich daran aber unter anderem durch den (OLGR 2001, 146 ff.) gehindert und hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die weitere Beschwerde vorgelegt.
II.
Die Vorlage ist statthaft (§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
1. Das vorlegende Kammergericht ist der Ansicht, dass für eine Unterbrechung der Verjährung nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KostO die Mitteilung der Stundung durch den Notar an den Kostenschuldner unter Bezeichnung des Anspruchs genüge und die Erteilung einer den Erfordernissen des § 154 KostO entsprechenden Kostenberechnung nicht voraussetze. Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLGR 2001, 146, 150) die Auffassung, dass eine Unterbrechungswirkung auf Grund einer Stundung nur eintritt, wenn dem Schuldner eine dem § 154 KostO entsprechende Berechnung zugegangen ist.
a) Die beabsichtigte Abweichung bei der Auslegung einer bundesrechtlichen Vorschrift von der eines anderen Oberlandesgerichts rechtfertigt die Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG. Dem steht nicht entgegen, dass die Vergleichsentscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf bereits vor der Einführung des Vorlageverfahrens ergangen ist (Senat, Beschl. v. , V ZB 29/02, NJW-RR 2003, 1149, insoweit in BGHZ 153, 22 ff. nicht abgedruckt; Beschl. v. , V ZB 40/05, WM 2005, 1434, 1435). Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf beruht auch auf der abweichenden Beurteilung der Rechtsfrage.
b) An die von dem Kammergericht bejahte Erheblichkeit der Rechtsfrage für die Entscheidung über die weitere Beschwerde ist der Senat gebunden (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 99, 90, 92; 109, 396, 398; BGHZ 113, 374, 376; Senat, BGHZ 116, 392, 394).
III.
Die nach § 156 Abs. 2, 4 KostO zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO), weil dem Kostenanspruch des Gläubigers jedenfalls die Einrede der Verjährung entgegensteht.
1. Im Ansatz zutreffend - und von der weiteren Beschwerde auch nicht angegriffen - sind das Beschwerdegericht und das vorlegende Gericht davon ausgegangen, dass die Kostenansprüche aus der Anfertigung von Entwürfen nach § 145 KostO im Jahre 2000 entstanden sind und für diese die zweijährige Verjährungsfrist nach § 196 Abs. 1 Nr. 15 BGB a.F. galt, die am endete. Die Neuregelung mit Wirkung vom führte zu keiner Verlängerung der Verjährungsfristen. Wegen der insoweit gleichen Rechtsfolgen in Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB und § 161 Satz 1 KostO kann hier dahinstehen, welche Übergangsvorschrift in diesem Fall einschlägig ist (dazu: Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 11. Aufl., Art. 229 EGBGB Rdn. 2; Staudinger/Peters, BGB [2003], Art. 229 § 6 EGBGB, Rdn. 2; MünchKomm-BGB/Grothe, 4. Aufl., vor § 194 Rdn. 45; Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/ Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl., § 143 Rdn. 6 und Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO, § 17 Rdn. 41 ff.)
2. Unzutreffend ist jedoch die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts, dass die Verjährung durch eine der Kostenschuldnerin in dem Begleitschreiben vom zur Rechnung vom gleichen Tage gestellte Zahlungsaufforderung mit gleichzeitig ausgesprochener Stundung nach §§ 141, 17 Abs. 3 Satz 2 KostO unterbrochen worden sei.
a) Die in dem Schreiben vom enthaltene Zahlungsaufforderung unterbrach die Verjährung nicht, da die beigefügte Rechnung nicht den gesetzlichen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Kostenanforderung durch den Notar in § 154 Abs. 2 KostO entspricht.
Die Vorschrift verlangt die Bezeichnung der Kostenvorschriften, auf denen die Berechnung beruht (Zitiergebot). Dem genügt - wovon auch das vorlegende Gericht ausgeht - die Rechnung vom schon deshalb nicht, weil sie nicht neben dem einschlägigen Gebührentatbestand für Entwürfe, § 145 KostO, die für die Beurkundung vertraglicher Erklärungen maßgebende Vorschrift des § 36 Abs. 2 KostO zitiert (OLG Hamm ZNotP 2000, 408; LG Hannover NdsRpfl 2002, 18). Unabhängig davon, wie genau (nach Absätzen und Sätzen) die einschlägigen Gebührenvorschriften benannt sein müssen (dazu OLG Düsseldorf OLGR 2001, 146, 147; KG, JurBüro 1997, 98), führt die Nichtangabe des § 36 Abs. 2 KostO dazu, dass eine dem § 154 Abs. 2 KostO entsprechende Gebührenberechnung nicht vorliegt, weil es sich hierbei um eine zentrale Norm für die Auslösung des Gebührenanspruchs handelt. Eine Rechnung, die eine solche Norm nicht benennt, entspricht nicht dem von § 154 Abs. 2 KostO verfolgten Zweck, dem Schuldner eine Nachprüfung zu ermöglichen, auf Grund welcher gesetzlichen Bestimmungen er zur Zahlung verpflichtet ist (OLG Düsseldorf aaO).
Dieser Mangel hat in dem Beschwerdeverfahren zur Folge, dass die Rechnung als Grundlage für eine Einforderung der Kosten ausscheidet und ohne weitere Sachprüfung hätte aufgehoben werden müssen (BayObLG MittBay Not 2004, 298, 299; OLG Hamm ZNotP 2004, 166; KG DNotZ 1962, 428, 430; OLG Düsseldorf, aaO, S. 149). Der Umstand, dass der Kostengläubiger auf richterlichen Hinweis im Beschwerdeverfahren eine insoweit berichtigte Kostenrechnung erstellt hat, ist für die Entscheidung ohne Bedeutung, da die ein Jahr zuvor übermittelte Rechnung eine Unterbrechung der Verjährung nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KostO nicht herbeigeführt hatte. Die Erleichterung für den Notar, durch eine formlose Aufforderung zur Zahlung einen Neubeginn des Laufs der Verjährungsfrist herbeiführen zu können, ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Notar alles für die Einforderung Erforderliche unternommen hat und das Ausbleiben der Zahlung nur mehr auf dem rechtswidrigen Handeln des Kostenschuldners beruht. Daran fehlt es, wenn dem Kostenschuldner wegen Nichterfüllung der gesetzlichen Anforderungen des § 154 Abs. 2 KostO an die Durchschaubarkeit und Verständlichkeit notarieller Kostenrechnungen (vgl. , NJW 2003, 976) noch ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht (vgl. OLG Hamm DNotZ 1988, 458; Assenmacher/Mathias, Kostenordnung, 15. Aufl., "Verjährung", Nr. 2.1.2; Rohs/Wedewer, KostO, 3. Aufl., § 154 Rdn. 4 b).
b) Gleiches gilt für die mit der Zahlungsaufforderung von dem Kostengläubiger gleichzeitig ausgesprochene Stundung der Kostenforderung bis zum Ablauf eines Monats nach rechtskräftiger Entscheidung über die Kostenbeschwerde der Erbengemeinschaft.
Der Senat lässt dahinstehen, ob - wovon das vorlegende Gericht ausgegangen ist - auch eine ohne Initiative des Kostenschuldners ausgesprochene, allein im Interesse des Kostengläubigers liegende Stundung eine Unterbrechung der Verjährung nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KostO herbeiführt. Jedenfalls ist bei einer von dem Notar einseitig ausgesprochenen Stundung das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Kostenanforderung nach § 154 KostO als Voraussetzung für eine Unterbrechung der Verjährung unverzichtbar. Die Anforderungen für den Eintritt einer Unterbrechung der Verjährung nach § 17 Abs. 2 Satz 3 KostO können bei der Zahlungsaufforderung und bei der Stundung nicht unterschiedlich bestimmt werden. Der Senat teilt den gegenteiligen Standpunkt des vorlegenden Gerichts nicht und entscheidet die Rechtsfrage im Sinne der überwiegend vertreten Ansicht (vgl. neben der bereits erwähnten Vergleichsentscheidung des OLG Düsseldorf: KG DNotZ 1962, 428, 431; Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl., § 143 Rdn. 7c; Assenmacher/Mathias, Kostenordnung, 15. Aufl., "Verjährung", Nr. 2.3).
Die Unterbrechung der Verjährung auf Grund einer Stundung nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KostO verfolgt das Ziel, den Kostengläubiger, der seinem Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht gewährt, vor verjährungsrechtlichen Nachteilen zu schützen. Diesen Schutz verdient jedoch der Kostengläubiger dann nicht, wenn der Kostenschuldner wegen nicht ordnungsgemäßer Berechnung der Kosten ohnehin zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist und die Stundung damit für den Kostengläubiger kein Opfer darstellt.
§ 17 Abs. 3 Satz 2 KostO, welche Vorschrift dem Notar die Befugnis einräumt, durch die Mitteilung einer Stundung an den Kostenschuldner die Verjährungsfrist neu beginnen zu lassen, ist eine Ausnahmevorschrift, bei der die schutzwürdigen Interessen des Schuldners berücksichtigt werden müssen und die nicht zu einem Hinausschieben der Verjährung nach dem Belieben des Notars führen darf (vgl. OLG Köln, JMBl NW 1987, 11, 12 = KoRspr § 154 KostO Nr. 41 [Ls]). Das wäre jedoch die Folge, wenn der Notar auch ohne eine den Erfordernissen des § 154 KostO entsprechende Rechnung durch die Bewilligung einer Stundung gegen den Willen des Kostenschuldners den Neubeginn der Verjährung herbeiführen könnte. Der Kostenschuldner müsste dann eine Rückstellung für eine ungewisse, von ihm bestrittene Kostenschuld vornehmen, ohne seinerseits bereits eine gerichtliche Entscheidung über die Prüfung seiner Einwendungen nach § 156 KostO herbeiführen zu können. Eine Sachentscheidung des Gerichts im Beschwerdeverfahren nach § 156 KostO setzt eine ordnungsgemäße Berechnung voraus (Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/ Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl., § 156, Rdn. 10). Diese Prüfung kann auch nicht über eine negative Feststellungsklage nach § 256 ZPO erreicht werden (, NJW 1988, 563, 564). An den Kostengläubiger werden damit auch keine unzumutbaren Anforderungen gestellt. Die Erstellung ordnungsgemäßer, den gesetzlichen Anforderungen des § 154 KostO entsprechender Abrechnungen gehört zu den beruflichen Pflichten des Notars.
3. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist die Kostenschuldnerin aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht daran gehindert, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Für ein arglistiges Verhalten der Kostenschuldnerin (vgl. dazu KG DNotZ 1942, 381) fehlt es an Anhaltspunkten. Die Kostenschuldnerin hat den Kostengläubiger auch nicht davon abgehalten, die Verjährungsfrist einzuhalten, was einer Berufung auf die Einrede nach § 242 BGB entgegenstünde (OLG Hamm Rechtspfleger 1962, 26; OLG Düsseldorf OLGR 1994, 164, 165). Die Kostenschuldnerin hat ihre Kostenschuld stets bestritten und durch nichts zu erkennen gegeben, dass sie auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichten werde. Dem Kostengläubiger war dies bekannt; seine mit einer Stundung verbundene Zahlungsaufforderung vom diente gerade dazu, den Ablauf der Verjährungsfrist durch Herbeiführung einer Unterbrechung zu verhindern.
IV.
Die Entscheidung über die Erstattung der dem Kostenschuldner im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts erfolgt nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO.
Fundstelle(n):
DNotZ 2006 S. 223 Nr. 3
NJW 2006 S. 1138 Nr. 16
WM 2006 S. 197 Nr. 4
TAAAC-01739
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja