Leitsatz
[1] Nur der Notar - nicht dagegen ein Urkundsbeteiligter - ist berechtigt, die Entscheidung der Aufsichtsbehörde über die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 18 Abs. 3 Satz 1 BNotO) mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 111 BNotO anzufechten.
Gesetze: BNotO § 18 Abs. 3; BNotO § 111 Abs. 1 Satz 1; BNotO § 111 Abs. 1 Satz 2
Instanzenzug:
Gründe
I.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ordnete in einem Zivilrechtsstreit, in dem die Antragsteller auf Zahlung von Anwaltsgebühren verklagt sind, die Vernehmung von Notar M. S. an. Er sollte als Zeuge zu den Umständen eines von ihm beurkundeten Kaufvertrages der Antragsteller mit K. und W. gehört werden. Während die Antragsteller Notar S. von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbanden, taten dies die Käufer K. und W. nicht. Notar S. fragte daraufhin bei dem Präsidenten des Landgerichts M. , der für ihn zuständigen Aufsichtsbehörde der Antragsgegnerin, an, ob er zur Aussage berechtigt sei. Der Präsident des Landgerichts entschied mit Schreiben vom , daß Notar S. zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Hiergegen haben die Antragsteller gerichtliche Entscheidung gemäß § 111 BNotO beantragt. Das Oberlandesgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren, die Entscheidung des Präsidenten des aufzuheben, weiter und beantragen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Notar S. dahin zu bescheiden, daß er bezüglich der im Beweisbeschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main unter Abschnitt A I genannten Beweisthemen nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet sei.
II.
Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Oberlandesgericht hat den Antrag zu Recht als unzulässig verworfen.
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann nur darauf gestützt werden, daß der angegriffene Verwaltungsakt den Antragsteller in seinen Rechten beeinträchtige, weil er rechtswidrig sei (§ 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO). Die Verletzung bloßer Interessen genügt nicht. Die Antragsberechtigung ist gegeben, wenn die behaupteten Tatsachen eine Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers möglich erscheinen lassen. Das setzt voraus, daß die Verwaltung nach dem Vorbringen des Antragstellers Rechtssätzen zuwider gehandelt hat, die ausschließlich oder zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom - NotZ 10/92 - BGHR BNotO § 111 Abs. 1 Satz 2 Notarvertreter 1, vom - NotZ 46/94 - NJW 1996, 123, 124 und vom - NotZ 17/96 - DNotZ 1997, 824 <zu § 25 Abs. 1 Satz 2 DDR-NotVO>). Daran fehlt es im Verhältnis zu den Antragstellern des Streitfalles.
Der angegriffene Bescheid des Präsidenten des Landgerichts erging aufgrund des § 18 Abs. 3 BNotO. Danach kann der Notar die Entscheidung der Aufsichtsbehörde nachsuchen, wenn im Einzelfall Zweifel über die Pflicht zur Verschwiegenheit bestehen; soweit die Pflicht verneint wird, können daraus, daß sich der Notar geäußert hat, Ansprüche gegen ihn nicht hergeleitet werden. Die Vorschrift dient nicht dem Beweisinteresse der Urkundsbeteiligten, sondern dem Schutz des Notars. Ihm ermöglicht § 18 Abs. 3 BNotO gerade, sich möglichen Beeinflussungsversuchen von Urkundsbeteiligten zu entziehen und die Entscheidung in die Hände der am Urkundsgeschäft selbst unbeteiligten Behörde zu legen (Eylmann/Vaasen, Bundesnotarordnung Beurkundungsgesetz 2000 § 18 BNotO Rn. 26). Diese hat - anders als bei der Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 zweiter Halbsatz BNotO - nicht das Recht, den Notar von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden. Sie stellt vielmehr nur fest, ob unter den gegebenen Umständen eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht. Im Verfahren nach § 18 Abs. 3 BNotO wird - zur Sicherheit des Notars - lediglich geklärt, ob im Einzelfall überhaupt eine Verschwiegenheitspflicht besteht (vgl. Senatsbeschluß vom - NotZ 4/86 - DNotZ 1987, 162, 163 <zu § 18 Abs. 2 BNotO a.F.>; Schippel, BNotO 7. Aufl. 2000 § 18 Rn. 63; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 4. Aufl. 2000 § 18 Rn. 108). Die Entscheidung der Aufsichtsbehörde kann - außer sonstigen Hauptverpflichteten (vgl. Schippel aaO Rn. 3) - nur der Notar nachsuchen; anderen Personen steht diese Befugnis nicht zu (§ 18 Abs. 3 Satz 1 BNotO; Schippel aaO Rn. 63; a.A. Wieczorek, ZPO 2. Aufl. 1976 § 376 Anm. A III c 1). Gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde kommt dementsprechend allein dem Notar die Antragsberechtigung im Sinne des § 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO zu.
2. Die Antragsteller werden dadurch, daß sie die nach § 18 Abs. 3 BNotO ergangene Entscheidung über die Verschwiegenheitspflicht nicht gemäß § 111 BNotO anfechten können, nicht rechtsschutzlos gestellt. Richtet sich der Notar - was ihm freisteht (vgl. Sandkühler aaO Rn 109) - nach der Entscheidung der Aufsichtsbehörde und verweigert er das Zeugnis (§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO), können die Antragsteller auf seiner Vernehmung bestehen. Dann hat das Zivilgericht den durch die Zeugnisverweigerung zwischen der beweisführenden Partei, hier den Antragstellern, und dem Zeugen entstandenen Zwischenstreit durch Zwischenurteil zu entscheiden (§ 387 ZPO; vgl. Stein/Jonas/Chr. Berger, ZPO 21. Aufl. 1999 § 387 Rn. 2). Dabei ist das Zivilgericht an die Entscheidung der Aufsichtsbehörde (§ 18 Abs. 3 BNotO) nicht gebunden (vgl. Schippel aaO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
UAAAC-01487
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja